Protocol of the Session on March 31, 2004

Zum Gedächtnisschwund in der Begründung zu Ihren Anträgen, hier: bei Zinsen für Kreditmarktmittel, eine weitere Reduzierung um 25 Millionen biete immer noch genügend Sicherheit für den Haushalt. Sie müssen sich endlich entscheiden: Ist der Haushalt, wie von Ihnen immer wieder behauptet, höchst unsicher bzw. verfassungswidrig; dann helfen selbst diese nicht ausgegebenen 25 Millionen nicht mehr. Oder ist der Haushalt ohne 25 Millionen Euro immer noch genügend sicher; dann ist er ja wohl kaum verfassungswidrig. Sie müssen Ihre Begründung einmal lesen. Was stimmt denn nun, die aus Ihrem Gedächtnis entschwundene Behauptung der Unsicherheit bzw. Verfassungswidrigkeit oder die Tatsache, dass der Haushalt trotz Ihrer Minusforderung in Höhe von 25 Millionen immer noch sicher - sprich: verfassungskonform - ist?

(Zurufe von der PDS)

Im Übrigen macht jeder eingesparte und jeder nicht ausgegebene Euro den Haushalt innerhalb der Verfassung sicherer.

Lassen Sie mich auf den Antrag eingehen, in dem Sie für die Landkreise 35 Millionen Euro mehr zur Finanzierung der Schülerbeförderung fordern. Übrigens haben Sie dabei die kreisfreien Städte völlig vergessen.

Zunächst einmal will ich auf Ihre Behauptung entgegnen: Der Landeszuschuss für die Schülerbeförderung wurde nicht gestrichen, sondern nur seine Zweckbindung aufgehoben. Die Landkreise erhalten allerdings die Auflage, ihren Haushalt durch die Erhebung von Elternbeiträgen zu entlasten. Die Gestaltung der Höhe dieser Beiträge obliegt der Verantwortung der Kreistage aufgrund ihrer Satzungen.

Ich habe Sie bereits an die kreisfreien Städte erinnert, auf die Sie in Ihrem Antrag überhaupt nicht eingehen. Sie appellieren an den „Verfassungsgrundsatz der Herstellung gleicher Lebensbedingungen“. Mit anderen Worten gesagt: Das Schulgesetz, aber auch der Auslöser der gesamten Problematik, das erste Entlastungsgesetz, Artikel 2, seien verfassungswidrig. Klagen Sie beim Verfassungsgericht, dann werden wir Klarheit darüber haben, ob die Unterschiede zwischen Stadt und Land, auch die Entfernung zu Schulen, gegen die Verfassung verstoßen.

Herr Innenminister, ich habe bereits auf den Auslöser bzw. die Ursache dieser Diskussion hingewiesen: auf das erste Entlastungsgesetz. Für mich und meine Kollegen kann ich sagen, dass wir der Auffassung sind, dass derjenige Verantwortung übernimmt bzw. zuständig ist, der die Auswirkungen verursacht. Deshalb bin ich erstaunt darüber, dass Sie sich auf meine Frage, weshalb Sie sich zu diesem Thema im März-Plenum nicht öffentlich positionierten, für nicht zuständig erklärt haben. Heute haben Sie Gelegenheit, das nachzuholen. Vielleicht hat mein Brief dazu beigetragen.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auf ein Problem aufmerksam machen, welches gerade angesichts bevorstehender Wahlen an Größe gewinnt. Wie können wir Eltern die Notwendigkeit der Zahlung von Elternbeiträgen für die Schülerbeförderung mit der finanziellen Notlage des Landes, der Kommunen erklären, wenn wir, aber vor allem Sie, verehrte Kollegen von der CDU, den Eindruck erwecken, unsere Gesetze zu den Kommunalfinanzen versprächen mehr, als sie halten könnten? In diesem Zusammenhang wird der Eindruck erweckt hören Sie gut zu, damit nicht wieder gesagt wird, wir streuten Sand in die Augen -,

(Zurufe von der PDS)

dieses FAG brächte jetzt und auf Dauer 250 Millionen Euro mehr für die Kommunen. Ich denke, Ehrlichkeit ist das Gebot der Stunde - und das gerade vor Wahlen.

(Genau! bei der PDS)

Dieses FAG bringt tatsächlich etwa 100 Millionen Euro mehr in die kommunalen Haushalte. 120 Millionen Euro der öffentlich dargestellten 250 Millionen Euro sind kommunales Geld, weil es den Kommunen aus den Verrechnungen des Steuerverbundes ohnehin zusteht. Die restlichen 25 Millionen Euro zu den 250 Millionen Euro sind allgemeine Steigerungsraten.

Im Umkehrschluss heißt das: Wenn ich sage, den Kommunen steht eine Rückzahlung aus dem Steuerverbund zu, dann steht sie auch dem Land zu, wenn der Steuerverbund ergibt, dass das Land zu viel gezahlt hat. Die 140 Millionen Euro bringen wir gar nicht in Ansatz. Die Kommunen erhalten dadurch eigentlich 80 Millionen Euro geschenkt. Auch das muss gesagt werden.

Wenn wir bei den Eltern für Verständnis für die Zahlung von Beiträgen zur Schülerbeförderung werben wollen - ich rede nur von Verständnis, nicht von Zustimmung -, dürfen wir nicht den Eindruck erwecken, ein FAG würde die kommunalen Haushalte, speziell die Haushalte der Kreise, derartig auffüllen, dass sie alle Sorgen los seien. Dieser falsche Eindruck, der mit der Summe von 325 Millionen Euro und in einzelnen Berechnungen sogar mit 408 Millionen Euro in landesweiten Gesprächen mit kommunalen CDU-Mandatsträgern sowie durch gesteuertes, voreiliges Veröffentlichen in der Presse verstärkt wurde, wurde leider auch durch Sie, Herr Innenminister, in Ihrem Brief an die Kommunen nicht korrigiert.

(Zuruf bei der PDS: Unerhört! Wahlkampf!)

- Das lassen Sie einmal unsere Sorge sein.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

Wir sollten nicht das Wahlergebnis im Herbst - das gilt auch für Sie, meine Damen und Herren von der PDS - zum Maßstab unserer parlamentarischen Arbeit machen, indem wir Zahlen und gesetzliche Grundlagen miteinander vermischen. Nein, unser Maßstab, zumindest der Maßstab der SPD-Fraktion in diesem Haus, ist Ehrlichkeit gegenüber den Eltern, den Bürgerinnen und Bürgern,

(Zuruf von der PDS: Seit wann denn das?)

auch wenn wir unbequeme und belastende Maßnahmen ergreifen müssen.

(Beifall bei der SPD - Klein [SPD]: Das ist wohl wahr!)

Wie gesagt: Nur mit Ehrlichkeit werden wir zumindest Verständnis erwecken.

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Schluss Ihres Beitrags.

Sehr wohl, Herr Präsident. - Für uns gilt das selbst um den Preis des Verlusts der Zustimmung und gegebenenfalls des Verzichts von Stimmen. Ehrlichkeit ist uns wichtiger.

(Beifall bei SPD und CDU - Klein [SPD]: Genau!)

Das Wort erhält die DVU-Fraktion. Für sie spricht die Abgeordnete Hesselbarth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kommunen Brandenburgs stecken in der schwersten Finanzkrise seit Bestehen dieses Landes. Bundes- und Landespolitik bürden den Kommunen immer neue Lasten auf, ziehen sich aber immer weiter aus ihrer finanziellen und politischen Verantwortung zurück. Schülerbeförderung sei hier als Stichwort genannt. Seit Jahren spitzt sich die desaströse Finanzlage der Kommunen immer weiter zu und ein Ende ist leider nicht in Sicht.

Seit dem vorigen Jahr schien sich Licht am Ende des Tunnels zu zeigen, als endlich auf vehementen Druck der kommunalen Spitzenverbände die Bundesregierung die lange überfällige Gemeindefinanzreform ankündigte. Durch eine Reform der Gewerbesteuer sollten die Gemeinden Finanzzuwächse in Höhe von 3,5 bis 4 Milliarden Euro erlangen und durch die Zusammenlegung der Arbeitslosen- und Sozialhilfe eine Entlastung in gleicher Größenordnung erfahren.

Hinsichtlich der Gewerbesteuer ging es vor allem um das Schließen von Steuerschlupflöchern, insbesondere für Großunternehmen, die sich bekanntlich seit Jahren immer mehr aus ihren Steuerpflichten zurückziehen konnten. Es ging des Weiteren um die Verbreiterung der Steuerbasis auf die Berufsgruppen der Freiberufler und Selbstständigen, die bisher keiner Gewerbesteuerpflicht unterlagen.

Infolge dieser geplanten Entlastungspolitik seitens der Bundesregierung wurde auch eine eindeutige Entlastung der Brandenburger Kommunen in Höhe von mindestens 80 Millionen Euro erwartet. Zumindest versprach die Landesregierung im Zuge der Verhandlungen zum Haushalt 2004 den Kommunen diese Summe und darüber hinaus - sollte die entsprechende Entlastung nicht eintreten - die Kompensation aus Landesmitteln. Dazu wurde im Dezember 2004 im Finanzausschuss ein einstimmiger Beschluss gefasst, welcher durch die Verabschiedung des Haushalts im Dezember auch bestätigt wurde.

In Berlin kreißte der Berg und ein Mäuslein wurde geboren. Die Nettogewerbesteuer 2004 wird zwar im Vorjahresvergleich um 18,8 % steigen; dieser Anstieg ist jedoch überwiegend durch die Senkung der Gewerbesteuerumlage im Zuge des bis Ende 2003 verabschiedeten Gesetzes zur Reform der Gewerbesteuer verursacht. Lediglich der 1 Milliarde Euro große Zuwachs bei der Bruttogewerbesteuer 2004 ist auf sonstige geringfügige Verbesserungen im Gewerbesteuerrecht und auf eine leichte Konjunkturerholung zurückzuführen.

Weiterhin kritisch ist aber die Entwicklung beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer, der 2003 760 Millionen Euro weniger erbrachte als im Vorjahr. Auch hier wurde ein bereits in mehreren Jahren abgesenktes Niveau nochmals reduziert.

Bei den Schlüsselzuweisungen muss ein Verlust von schätzungsweise 1,1 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr hingenommen werden - und das bei steigenden Ausgaben im Bereich der Pflichtaufgaben. Die kommunale Finanzkrise setzt sich also deshalb auch im Jahre 2004 fort.

Für die Brandenburger Kommunen bedeutet diese Entwicklung auf Bundesebene eine Entlastung um lediglich 25 Millionen Euro. Die Landesregierung indes nahm dies zum Anlass, trotz der von ihr gemäß dem Haushalt 2004 veranlassten Kürzungen von 160 Millionen Euro nach bereits gekürzten 140 Millionen Euro im Haushalt 2003 den finanziell zugrunde gerichteten Kommunen des Landes lediglich die Differenzsumme von 55 Millionen Euro zu kompensieren. Dabei hätten die Kommunen zum Überleben eine wesentlich höhere finanzielle Entlastung nötig.

Unsere DVU-Fraktion wäre daher grundsätzlich durchaus geneigt gewesen, den von der PDS-Fraktion vorgelegten Änderungsanträgen zuzustimmen. Allerdings sind die von Ihnen, meine Damen und Herren von links außen, vorgelegten Deckungsvorschläge wie immer reine Luftbuchungen und völlig unrealistisch. Allein aus diesem Grunde müssen wir diese Änderungsanträge ablehnen.

Die Gesetzentwürfe der Landesregierung zum Nachtragshaushalt sowie zur Änderung des Gemeindefinanzierungsgesetzes 2004 werden wir im Interesse der Kommunen unseres Landes selbstverständlich nicht ablehnen. Doch ist uns als DVU-Fraktion die Entlastungssumme von 55 Millionen Euro deutlich zu gering. Deshalb werden wir uns hier der Stimme enthalten. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält die CDU-Fraktion, für die zunächst der Abgeordnete Lunacek sprechen wird.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute in 2. Lesung den Nachtragshaushalt und das Gemeindefinanzierungsgesetz. Wir haben in diesem Zusammenhang in den letzten Wochen erneut die schwierige Finanzlage der Kommunen erörtert. Eine Vielzahl von Kommunen konnte trotz leicht verbesserter Einnahmen im Jahre 2002 die Haushalte nicht ausgleichen.

Wir haben in der letzten Woche den Kommunalbericht des Landesrechnungshofs zur Kenntnis bekommen. Bei genauer Analyse der kommunalen Haushalte ist erkennbar, dass die Kommunen ihre Haushalte zum Teil durch Substanzverzehr ausgleichen. Sie alle wissen, dass das auf Dauer nicht funktionieren kann. Es darf nicht sein, dass eine ganze Reihe von Kommunen von Kassenkrediten lebt, sich damit über den Tag rettet, damit von der Substanz zehrt und in Rücklagen gehen muss, wodurch der Handlungsspielraum für die Zukunft immer geringer wird.

Die Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen auf Bundesebene ist, wie hier schon angesprochen wurde, nicht zu den gewünschten Ergebnissen gekommen. In den nachfolgenden Verhandlungen innerhalb der Bundesregierung gab es dann eine kommunale Entlastung, die für Brandenburg 25 Millionen Euro ausmachte. Wir hatten uns mehr versprochen. Aus diesem Grunde sind wir jetzt gezwungen, von Landesseite her zu handeln. Wir werden den Kommunen mehr Geld geben, obwohl die finanzielle Lage auch auf Landesebene außerordentlich schwierig ist. Es muss also gehandelt werden und das tun wir jetzt mit der Vorlage des Nachtragshaushalts.

Die Bürgermeister und Landräte sollen wissen: Wir sind an ihrer Seite,

(Unruhe bei der PDS)

der Innenminister ist an ihrer Seite, die Koalition ist an ihrer Seite, die Koalitionsfraktionen sind an ihrer Seite

(Anhaltende Unruhe bei der PDS)

und deshalb werden wir das heute tun.

Die Finanznot der Kommunen hat ihre Ursache in den immer weiter zurückgehenden Einnahmen. Die Kommunen sind an den Steuereinnahmen des Landes zu 25,3 % beteiligt. Dieser Satz ist in den letzten Jahren konstant geblieben. Da aber die Steuereinnahmen in den letzten drei Jahren zurückgegangen sind, gilt dies automatisch auch für die Zuweisungen an die Gemeinden. Damit wird schon das Spannungsfeld sichtbar, in dem wir uns befinden: die sachgerechte Ausstattung der Kommunen auf der einen Seite und die miserable Einnahmesituation des Landes auf der anderen Seite. Beiden, Land und Gemeinden, geht es zurzeit finanziell schlecht. Die Ursache dafür ist die schlechte wirtschaftliche Lage in Deutschland.

Dieses Problem wird nicht durch die PDS gelöst werden können. Die PDS hat auf ihrem Wahlparteitag am Wochenende dargestellt, dass sie eine Erhöhung der Nettoneuverschuldung will.

(Unruhe bei der PDS)

Das ist ein Weg in die Irre.

(Anhaltende Unruhe bei der PDS)