Protocol of the Session on March 4, 2004

Das Wort hat jetzt zunächst die PDS-Fraktion. Für sie spricht die Abgeordnete Wehlan.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Anliegen des vorliegenden Gesetzentwurfs über die Strukturreform der Flurneuordnungsverwaltung wird von meiner Fraktion unterstützt. Die Flurneuordnung und die Landentwicklung umfassen wichtige Instrumente zur Gestaltung unserer ländlichen Räume. Sie wissen, dass es mit deren Gesamtsituation nicht zum Besten bestellt ist. Arbeitslosigkeit, Entleerung und Überalterung sind in diesem Zusammenhang immer wieder fallende Schlagworte.

Mit dieser Zustandsbeschreibung will sich zumindest die Fraktion der PDS nicht abfinden. Entsprechende Leitlinien zur integrierten Entwicklung des ländlichen Raums haben wir bereits vor einem Dreivierteljahr vorgelegt. Fakt ist, dass die in den vergangenen Jahren in diese Bereiche gelenkten finanziellen Mittel nicht die erhofften und erwünschten Effekte im erforderlichen Umfang gebracht haben. Dies ist umso bedauerlicher, als mit der bestehenden Agrarstruktur im Bereich der landwirtschaftlichen Produktion zumindest eine gute Ausgangsposition vorhanden war und ist, um die uns andere Regionen weiter westwärts durchaus beneiden.

Aber die Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte ist das eine, die Akkumulation von Einnahmen, die Veredelung vor Ort und die Entwicklung von kleinen und mittelständischen Betrieben sind das andere. Letzteres ist bis auf positive Entwicklungen im Bereich des ländlichen Tourismus nicht oder nicht ausreichend gelungen.

Herr Birthler hat sich sehr kurz gefasst. Ich möchte deswegen noch einmal auf ein Problem hinweisen, das uns auch im Zusammenhang mit diesem Strukturgesetz ein Stückchen mehr umtreiben wird. Mit der Flurneuordnung sind jetzt zum einen die Zielsetzungen Neuordnung der Eigentumsverhältnisse und Zusammenführung von Grund und Boden und zum anderen die sich daraus ergebenden Folgemaßnahmen zur Gestaltung der ländlichen Räume, die ja Konfliktpotenzial in sich bergen, sowie auch Schaffung von Rechtssicherheit verbunden. Letzteres gilt insbesondere auch für die Förderung aus dem EUHaushalt, dem Bundeshaushalt und natürlich aus unserem Landeshaushalt. Die schmerzhaften Rückzahlungsforderungen der EU wegen mangelhafter Nachweisführung bei Abgrenzung auf der Fläche sind uns allen sicherlich noch in guter Erinnerung.

Das vorliegende Gesetz ist auch eher aus der Not geboren, um den geplanten Personalabbau im öffentlichen Dienst zu realisieren, und nicht so sehr, um die Aufgabenerfüllung zu optimieren. Aber vielleicht ist das ja gerade ein positiver Nebeneffekt. Aus unserer Sicht erscheinen die vorgesehenen Verlagerungen von Aufgaben und fachkompetentem Personal in den Bereich der Teilnehmergemeinschaften durchaus sinnvoll und zweckmäßig.

Ich möchte auch hervorheben, dass dem sozialen Aspekt der Beschäftigten des öffentlichen Dienstes in vorbildlicher Weise Rechnung getragen wurde. Rückkehrklausel und Dienstvereinbarung geben die Sicherheit, dass auch die Betroffenen dem Anliegen folgen werden. Ohnehin ist es nach Jahren der Strukturdebatte an der Zeit, Fakten zu schaffen, die aber natürlich auch Akzeptanz finden müssen.

Diesen positiven Eindruck werden wir uns von den Betroffenen

im Fachausschuss bestätigen lassen, um zu einer abschließenden Bewertung zu gelangen.

Abschließend noch der Hinweis auf ein Problem, mit dem sich auch schon mehrere Kleine Anfragen befasst haben. In der Vergangenheit gab es aus den Reihen der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure immer wieder Hinweise, die die ungleichmäßige öffentliche Auftragsvergabe betrafen. Insofern macht mir die Konstruktion eines Dachverbandes schon ein bisschen Kummer. Ich halte es für erforderlich, dafür Sorge zu tragen, dass sich in diesem sensiblen Bereich der mit hoheitlichen Aufgaben beliehenen Stellen keine Unregelmäßigkeiten einstellen. Immerhin geht es bei diesen Verfahren auch um viel Geld.

Mit Aussagen zu Effekten der Mittelverwendung im ländlichen Raum hatte ich meinen Redebeitrag begonnen, mit genau diesem Hinweis möchte ich ihn auch beenden. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an die Koalitionsfraktionen. Herr Helm, bitte.

Herr Präsident! Verehrte Abgeordnete! Auch ich möchte mich kurz fassen. Diese Gesetzesvorlage ist die logische Konsequenz aus der Verwaltungsreform innerhalb des Landes und speziell des MLUR mit dem Ziel der Verschlankung der Verwaltungsstrukturen, der Straffung der Verwaltungsabläufe und der Entwicklung von Finanzierungsvarianten zugunsten des Landeshaushalts.

In der Vergangenheit wurden viele Diskussionen hinsichtlich der Struktur und des Bestands der Ämter für Flurneuordnung geführt. Auch deren Kommunalisierung stand zur Debatte. Dieses Ansinnen ist vom Tisch. Das vorliegende Gesetz regelt die Zuständigkeiten innerhalb des Bereichs der Flurneuordnung und ganz besonders die Rolle der Teilnehmergesellschaften, die im Verfahrensgebiet, sozusagen vor Ort, tätig sind und den planerischen Vollzug organisieren. Das direkte Unterstellungsverhältnis zum MLUR wird gewährleistet. Die Flurbereinigungsverwaltung orientiert sich jetzt vorrangig auf die Kernaufgaben der Bodenordnung, auf die streng hoheitlichen behördlichen Vollzugsaufgaben.

An dieser Stelle möchte ich nur darauf hinweisen, dass das eine ständige Aufgabe bleibt; denn das ganze Land Brandenburg ist wegen des noch nicht abgeschlossenen Strukturwandels und aufgrund der Eigentumsstrukturen im Prinzip neu zu ordnen. Ich kann nur hoffen, dass auf den anderen Verwaltungsebenen des Landes mit der gleichen beispielgebenden Konsequenz verfahren wird, wie sie bereits vom Minister dargestellt wurde.

Weitere Details bzw. ungeklärte Fragen können im Fachausschuss noch ausgiebig erörtert werden. Wir stimmen der Überweisung zu. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Damit sind wir bei der DVU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Claus.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Die Landesregierung hat es genau richtig erkannt: Die Finanzpolitik unseres Landes steht vor großen Herausforderungen. Die Frage aber lautet: Brauchen wir mehr oder weniger Bürokratie? Die zentrale Frage muss also lauten: Wie kann die öffentliche Verwaltung organisiert werden, damit sie auch in der Zukunft in der Lage ist, für Sicherheit auf den Straßen zu sorgen, unsere Umwelt und unsere Gesundheit zu schützen, Forschung und Entwicklung zu betreiben, eine komplexe Infrastruktur vorzuhalten, Recht zu sprechen usw.

Angesichts des schärfer werdenden Standortwettbewerbs zwischen den Regionen in Europa, der gestiegenen Ansprüche an den Staat und einer Steuer- und Abgabenlast, die für viele die Schmerzgrenze bereits überschritten hat, muss die Antwort lauten: Die öffentliche Verwaltung muss ihre Leistungen schneller, besser und kostengünstiger erbringen. Nur so kann das Ziel der Modernisierung der Landesverwaltung in Brandenburg, wie sie unsere Fraktion schon seit langem fordert, erreicht werden.

Den Wildwuchs an Bürokratie zu beschneiden und damit den Staat wieder schlagkräftiger zu machen ist keine neue Idee. Diese Idee ist auch nicht in Brandenburg entstanden. Vieles von dem, was im Gesetzentwurf der Landesregierung geschrieben steht, entspricht dem ganz normalen, schon aus technischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten notwendigen Modernisierungsprozess. Jede private und jede öffentliche Verwaltung muss sich dieser Aufgabe stellen, wenn sie wettbewerbsfähig und kostengünstig sein oder bleiben will. Im Rahmen des Politikfeldes der ländlichen Entwicklung muss dies gerade auch für die Flurneuordnung gelten. Mit der Angliederung der bisherigen Flurneuordnungsbehörden, der Ämter für Flurneuordnung und ländliche Entwicklung, an das bisherige Landesamt für Verbraucherschutz und Landwirtschaft soll die aufgabenkritische Optimierung im Ergebnis konsequenter weiter verfolgt und es soll im Sinne der Vorgaben der EU eine weitere Verringerung der Zahl der Bewilligungsstellen erreicht werden.

Bei allen Debatten, in denen es in letzter Zeit ausschließlich um das Geld geht, sollte man aber nicht vergessen, dass es einmal ein Konzept zur integrierten ländlichen Entwicklung gab, das gleichwertige Lebens- und Arbeitsbedingungen im ländlichen Raum zum Ziel hatte. Mit unserem Konzept sollte einmal eine Erfolgsgeschichte für das Land Brandenburg geschrieben werden. Es gab zahlreiche Kommunen, die sich auf diesen Weg begaben und gute Erfolge vorzuweisen hatten.

Der Weg in die Zukunft ist für viele Gemeinden im ländlichen Raum unseres Landes längst Vergangenheit, bevor sie richtig angefangen hat, und das nicht nur wegen der Gemeindegebietsreform. Unsere Fraktion kann immer wieder nur betonen: Wir wollen eine Regional- und Strukturförderung, die nicht künstliche Gegensätze zwischen dem ländlichen Raum und städtischem Gebiet aufbaut. Im Land Brandenburg bestehen - Sie wissen es selbst - vielfach auch nicht auflösbare Beziehungen zwischen dem ländlichem Raum einerseits und den Städten andererseits. Die Entwicklungen beider Bereiche hängen eng zusammen und müssen daher auch parallel betrachtet werden. Deshalb kommt es überhaupt nicht darauf an, unter welcher Hausnummer sich Förderinstrumente wiederfinden, sondern es geht darum, dass sie zielgerichtet eingesetzt werden.

Was unsere Fraktion befürchtet hat, ist auch eingetreten. Das für private Vorhaben der Dorfentwicklung und der ländlichen Regionalentwicklung zur Verfügung stehende Finanzvolumen ist so gering, dass man die Pläne im Prinzip wegwerfen kann.

Mit dem uns vorliegenden Gesetzentwurf soll unter anderem eine enorme Kostenentlastung der Verwaltung erreicht werden, ohne zugleich den ohnehin schon außerordentlich engen Personalbestand im Bereich der Flurneuordnung im Lande Brandenburg per saldo weiter zu verkürzen. Wenn es Ihnen, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, ernst damit ist, wird unsere Fraktion einer Strukturreform der Flurneuordnungsverwaltung nicht entgegentreten. Wir werden natürlich einer Überweisung zustimmen. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Wir sind am Ende der Rednerliste. Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung.

Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs der Landesregierung - Drucksache 3/7060 (Neudruck) - an den Ausschuss für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung. Wer diesem Überweisungsansinnen folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist das so beschlossen.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 6 und rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Bericht zur Umsetzung des Staatsvertrages über den Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverband (OSGV) (gemäß Beschluss des Landtages vom 13. Dezember 2000 - DS 3/2163-B)

Bericht der Landesregierung

Drucksache 3/7027

Da soeben vereinbart wurde, auf eine Debatte zu verzichten, ist der Bericht der Landesregierung zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 7 und rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Gemeinschaftsaufgabe nach Artikel 91 a des Grundgesetzes „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (Anmeldung zum Teil III des 33. Rahmenplanes) Anmeldung der Landesregierung gemäß § 10 Abs. 3 der Landeshaushaltsordnung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Haushalt und Finanzen

Drucksache 3/7055

Da vereinbart wurde, auf eine Debatte zu verzichten, ist damit die Anmeldung der Landesregierung zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 8 und rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Gemeinschaftsaufgabe nach Artikel 91 a des Grundgesetzes „Ausbau und Neubau von Hochschulen“ (An- meldung zum 34. Rahmenplan für den Hochschulbau) Anmeldung der Landesregierung gemäß § 10 Abs. 3 der Landeshaushaltsordnung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Haushalt und Finanzen

Drucksache 3/7056

Es wurde vereinbart, auch zu diesem Tagesordnungspunkt auf eine Debatte zu verzichten. Damit ist die Anmeldung der Landesregierung zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 9 und rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Bundesratsinitiative zur Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes vom 27. Dezember 1993 (verkün- det als Art. 5 des Eisenbahnneuordnungsgesetzes; BGBl. I S. 2378, 2396; berichtigt 1994 BGBl. I S. 2349), in Kraft getreten am 1. Januar 1994, zuletzt geändert durch Art. 4 Abs. 2 lit. d Gesetz zur Neuregelung des Rechts der Verkehrsstatistik vom 12. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2518, 2525)

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 3/7086

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der antragstellenden Fraktion. Frau Abgeordnete Hesselbarth, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Schienenpersonennahverkehr ist keine staatliche Ikone, auch kein goldenes Kalb, sondern ein Dienstleistungsprodukt wie jedes andere auch. Das Oberlandesgericht Brandenburg, speziell der mit der Vergabe von Rechtssachen befasste Senat, hatte am 2. September letzten Jahres über einen Nachprüfungsantrag des Unternehmens Connex zu entscheiden. Es wurde die Zulässigkeit des im Jahr 2003 seitens der Landesregierung mit der Deutschen Bahn AG geschlossenen Vertrages über SPNV-Leistungen angefochten. Nach dem allgemeinen Vergaberegime, sprich: in Anwendung des Gesetzes über Wettbewerbsbeschränkungen und der Vergabeordnung, wäre die Sache eindeutig zu entscheiden gewesen, und zwar die Feststellung der Zulässigkeit des Antrags und die Ungültigmachung des SPNVVertrages, verbunden mit der Verpflichtung für die Landesregierung, Eisenbahnleistungen öffentlich auszuschreiben.

Die Landesregierung, aber auch Herr Mehdorn konnten sich hier gelassen zurücklehnen. Schließlich konnten sie sich auf die Gestaltung spezialgesetzlicher Vergabevorschriften nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz und dem Regionalisierungsgesetz verlassen. Es gibt dem Bundesland quasi einen Freibrief für den Schutz bestimmter SPNV-Riesen. Dabei handelt es sich nach Auffassung meiner Fraktion um eine in höchstem Maße wettbewerbswidrige Rechtslage und - rechtspolitisch betrachtet - um eine bundesrechtliche Lücke im allgemeinen Vergaberegime.