Die Landesregierung, aber auch Herr Mehdorn konnten sich hier gelassen zurücklehnen. Schließlich konnten sie sich auf die Gestaltung spezialgesetzlicher Vergabevorschriften nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz und dem Regionalisierungsgesetz verlassen. Es gibt dem Bundesland quasi einen Freibrief für den Schutz bestimmter SPNV-Riesen. Dabei handelt es sich nach Auffassung meiner Fraktion um eine in höchstem Maße wettbewerbswidrige Rechtslage und - rechtspolitisch betrachtet - um eine bundesrechtliche Lücke im allgemeinen Vergaberegime.
Dass es sich hierbei um ein gesetzgeberisches Versehen des Bundesgesetzgebers handelt, hat folgenden Grund: Die Bahnstrukturreform Anfang der 90er Jahre wäre bereits ein bedeutender Anlass gewesen, die vergaberechtliche Situation dem allgemeinen Trend zur Öffnung des freien Wettbewerbs anzupassen. Da die Bahnstrukturreform jedoch nicht auf die Öffnung des SPNV-Bereichs für den Markt abzielte, ist das damals nicht passiert. Im Sinne der Sicherstellung der öffentlichen Daseinsvorsorge wurde mithin nach § 15 Abs. 2 AEG dem Land ein freies Ermessen hinsichtlich der Auschreibung von SPNVLeistungen eingeräumt.
Das Vergaberechtsänderungsgesetz 1998 wäre ein weiterer Anlass gewesen, subjektive Bieterrechte im Sinne der Beachtung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes auch im SPNV zu verankern. Da diese Vergaberechtsnovelle allerdings nur die Umsetzung zwingender europarechtlicher Vorgaben darstellte, wurde der SPNV-Bereich ausgeklammert, weil es sich dabei nicht um nach Europarecht ausschreibungspflichtige Tatbestände handelte.
Dementsprechend hat das Oberlandesgericht Brandenburg den Nachprüfungsantrag als unzulässig verwerfen müssen. Schließlich sind - ausgehend von der von mir soeben beschriebenen vergaberechtlichen Situation - auch die §§ 1 a Nr. 2 Abs. 2 und 8 a sowie 28 a der VOL nicht als bewusste Entscheidung des Gesetzgebers für eine Ausschreibungspflicht in diesem Bereich zu werten. Ebenso konnte die Einführung des § 4 Abs. 3 der Vergabeordnung nicht als Ausweitung des allgemeinen Vergaberegimes auf SPNV-Leistungen gewertet werden.
Die Rechtslage ist derzeit eindeutig, nämlich eindeutig unbefriedigend, finden wir. Fakt ist dennoch, dass die Spruchkörper angesichts der im Verhältnis zum allgemeinen Vergaberecht völlig konträren Regelungen des Eisenbahngesetzes vor schwierige Auslegungsprobleme gestellt waren.
Dass eine zu schließende Gesetzeslücke vorliegt, zeigt auch der Wortlaut des § 4 Abs. 3 der Vergabeordnung. Offensichtlich ging auch die Bundesregierung bei Einführung dieser Vorschrift von einer Ausschreibungspflicht für SPNV-Leistungen aus. Wettbewerbspolitisch und im Sinne der Bahnkunden ist nach Auffassung meiner Fraktion dieser Schritt längst überfällig. Deswegen bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.
Danke sehr. - Bevor Herr Abgeordneter Homeyer für die Koalition spricht, möchte ich die zweite Welle der Schüler aus Doberlug-Kirchhain begrüßen. Herzlich willkommen zu unserer heutigen Plenarsitzung!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Offensichtlich nimmt die antragstellende Fraktion einen Beschluss des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 2. Sep
tember 2003 zum Anlass, eine Bundesratsinitiative zu fordern eine Bundesratsinitiative zu einer Thematik, die nicht in unserem originären Zuständigkeitsbereich liegt, höchst umstritten ist und bereits einer Lösung zugeführt wird.
In Beantwortung einer Dringlichen Anfrage erläuterte Verkehrsminister Szymanski gestern den aktuellen Verfahrensstand. Hiernach wird angestrebt, die derzeit umstrittene Rechtssituation innerhalb der nächsten sechs Wochen einer Klärung zuzuführen. Diese Auskunft hätte Sie eigentlich dazu veranlassen müssen, Ihren Antrag zurückzuziehen, meine Damen und Herren von der DVU-Fraktion. Es ist natürlich Ihr gutes Recht, dies nicht zu tun. Wir jedoch sehen angesichts der aktuellen Situation keinen Grund für eine solche Bundesratsinitiative.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch die PDSFraktion stimmt diesem Antrag nicht zu. Ich ergreife dennoch das Wort. Hintergrund sind die gestrige Beantwortung meiner Dringlichen Anfrage durch den Verkehrsminister sowie die Tatsache, dass die PDS-Fraktion von Beginn an eines deutlich gemacht hat: Der Bahnvertrag ist nicht transparent ausgehandelt, ermöglicht zu wenig Wettbewerb und ist unter anderem deshalb zu teuer. Dem Monopol Deutsche Bahn AG kommt ohne jede Not zu viel Geld zugute.
Nachdem das Oberlandesgericht Brandenburg aufgrund der Klage von Connex sein Urteil gesprochen hatte, war allen klar, dass die Ausschreibung gesetzlich geregelt werden muss. Im EU-Recht ist es gesetzlich geregelt. Die Landesregierung wäre gut beraten gewesen, EU-Recht konsequent anzuwenden und den Bahnvertrag entsprechend auszuhandeln, um Wettbewerb zu ermöglichen und Landesmittel einzusparen.
Der Verkehrsminister sagte gestern, er sehe keine Notwendigkeit, Konsequenzen aus der Kritik der EU-Kommission zu ziehen, die eine Korrektur des gemeinschaftswidrig abgeschlossenen Verkehrsvertrages des Landes Brandenburg mit der DB Regio anmahnt. Es sind noch vier Wochen Zeit. Innerhalb dieser Frist werden die unterschiedlichen Positionen von Land und EU deutlich werden.
Wir haben uns gestern über die Finanzierung der Schülerbeförderung und die Wiederherstellung des alten Zustandes gestritten. Es ging um die Frage, ob das Geld für die Zuschüsse zur Schülerbeförderung wieder in den Landeshaushalt bzw. in das GVG eingestellt werden soll. Da kann man nur sagen: Ein besser ausgehandelter Verkehrsvertrag bringt ohne jede Mühe 30 Millionen bzw. 60 Millionen Euro pro Jahr, um hier Schülerbeförderungszuschüsse zu finanzieren,
wenn nämlich das Land Brandenburg wie NRW oder Schleswig-Holstein nicht 8,70 Euro pro Zugkilometer zahlt, sondern eben 7,70 Euro oder 6,70 Euro, wie diese anderen Länder es tun, oder sogar noch darunter bleibt. Deshalb hier noch einmal die Aufforderung an die Landesregierung, sehr kritisch mit sich ins Gericht zu gehen und eine Neuverhandlung des Bahnvertrages vorzusehen. Dann haben wir ohne Not das Geld für die Schülerbeförderung wieder rein und das Land kann seine Landesaufgabe zur Schülerbeförderung wahrnehmen. - Schönen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Tack, eigentlich wollen Sie unseren Antrag ablehnen, aber eigentlich stimmen Sie ihm auch zu. Herr Homeyer, Ihre Ausführungen lassen meines Erachtens viel Spielraum für Phantasie und Mutmaßungen darüber, warum sich die Landesregierung nachhaltig an den Tropf der DB Regio AG hängen lässt.
Dass wir mit unserem Antrag direkt ins Wespennest gestoßen haben, zeigt, dass sich auch Brüssel mit der Klage der Firma Connex dieser Sache angenommen hat und die Landesregierung - unabhängig davon, ob Sie heute unserem Antrag zustimmen oder nicht - jetzt richtig Ärger bekommen wird. Sie werden noch an uns denken, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, wenn Ihr Vertrag mit der DB Regio für nichtig erklärt wird. Dann wird Ihnen, denke ich, die Ignoranz vergehen.
Tatsache ist jedenfalls: Die bisher praktizierte Vergabe von Teilnetzen an Konkurrenzunternehmen, die sich in den Angeboten von Connex zum Beispiel in Bezug auf die Verbindungen Gera - Berlin - Rostock und Zittau - Cottbus - Usedom widerspiegeln, verläuft sehr halbherzig. Diese halbherzige Marktöffnung entspricht nicht der allgemeinen Entwicklung in allen Leistungsbereichen des Eisenbahnverkehrs hin zum freien Wettbewerb. Dass das Land bereits im ersten Jahr der Regionalisierung die Ausschreibung von Teilnetzen auf den Weg gebracht hat und weitere Wettbewerbsvorgaben folgten, zum Beispiel die Vergabe von vier ostbrandenburgischen Regionalbahnstrecken an die Ostdeutsche Eisenbahn GmbH ab Dezember dieses Jahres, haben wir überhaupt nicht in Abrede gestellt.
Tatsache ist allerdings, dass die Landesregierung einerseits ihre angebliche Unterstützung für die Entwicklung von Wettbewerb auf der Schiene wiederholt in der Öffentlichkeit erklärt - wie auch gestern in der Fragestunde geschehen -; andererseits aber kommentieren Sie das infrage stehende Urteil mit Genugtuung mit der floskelhaften Begründung, dass der Wettbewerb auf der Schiene im SPNV-Bereich nur schrittweise eingeführt werden soll. Deswegen wurden im Verkehrsvertrag mit der DB Regio mehr oder weniger geringfügige Abbestellquoten für den Wettbewerb aufgenommen mit dem angeblichen Ziel, langfristig etwa knapp die Hälfte der Leistungen im Regionalverkehr zur Ausschreibung zu führen.
Das alles nenne ich deswegen halbherzig, weil dadurch an der marktbeherrschenden Stellung der Deutschen Bahn AG und ihrer Tochtergesellschaften und letztlich damit auch an den bestehenden Wettbewerbsverzerrungen nicht groß gerüttelt werden soll. Dass im Land Brandenburg bis 2012 die Vergabe aller Regionalverkehrsleistungen im Wettbewerb erreicht werden soll, ist angesichts der bestehenden gegenseitigen Abhängigkeit zwischen der Landesregierung und dem Eisenbahnriesen nach Auffassung meiner Fraktion reines Wunschdenken.
Deshalb und nur deshalb muss eine bundesgesetzliche Klarstellung erfolgen, und zwar in dem Sinne, dass hier niemand aus dem allgemeinen Vergaberecht und damit von den bestehenden Wettbewerbsbeschränkungsverboten ausgenommen und besonders privilegiert werden darf. Nur nach obligatorischen Ausschreibungen lassen sich auch im SPNV-Bereich Transparenz und diskriminierungsfreier Wettbewerb zwischen mehreren Bietern herstellen und der „böse Schein“ von Mauscheleien im Vergabeverfahren vermeiden. Nur durch Herstellung von fairen Bedingungen des freien Wettbewerbs lassen sich schließlich starre Preispolitik und einseitige, nicht verbrauchergerechte Angebotspolitik zulasten der SPNV-Nutzer wirksam vermeiden. Nur das kann Ziel einer sachgerechten Politik im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge sein. Das sind zugleich auch die zwingenden Voraussetzungen für die notwendigen strukturpolitischen Synergieeffekte mit der Konsequenz einer strukturpolitischen Dynamik. Deshalb lassen wir als DVU-Fraktion die eben gehörten Ausflüchte nicht gelten und bleiben bei unserem Antrag. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Die Fraktion der DVU beantragt die Überweisung ihres Antrags, Drucksache 3/7086, an den Ausschuss für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr. Wer diesem Überweisungsansinnen folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Überweisung abgelehnt.
Damit kommen wir zur Abstimmung über den Antrag in der Sache. Wer dem Antrag in der Sache zustimmt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Damit ist der Antrag auch in der Sache abgelehnt.
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der antragstellenden Fraktion. Bitte, Frau Abgeordnete Hesselbarth.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir brauchen eine Steuerreform, und zwar eine, die die Bezeichnung Reform auch verdient. Was die rot-grüne Bundesregierung derzeit fabriziert, ist keine Reform, wenn man unter Reform Verbesserung versteht, sondern sogar ein steuerpolitischer Rückschritt. Die Tendenz, in der Steuergesetzgebung geistige Windstille durch blinden Aktionismus zu ersetzen, hat sich unter der Regierung Schröder in dramatischer Weise fortgesetzt. Hinzu treten handwerkliche Fehler bei der Umsetzung der politischen Vorgaben des Gesetzgebers und bei der Formulierung der Gesetzesnormen. Sie sind kombiniert mit fragwürdigen gesetzlichen Ansinnen ohne ausdrückliche Rücksprache mit Praktikern des angewandten Steuerrechts.
Als Ergebnis bleibt festzustellen, dass trotz aller Lippenbekenntnisse der politisch Verantwortlichen der Steuerpflichtige stetig hoffnungsloser und verzweifelter dort gelassen wird, wo er sich seit Jahrzehnten in dieser Republik befindet, nämlich im undurchdringlichen Steuerdschungel. Es wird höchste Zeit, diesem Zustand durch den mit unserem Antrag vorgeschlagenen Weg ein Ende zu bereiten. Die deutsche Wirtschaft kann nur dann aus ihrer derzeitigen Talsohle herauskommen, wenn es gelingt, sowohl Unternehmen als auch die privaten Haushalte fiskalisch deutlich zu entlasten und deren Liquidität und Kaufkraft zu stärken. Dazu ist eine deutliche Steuersenkung insbesondere im Bereich des Einkommensteuerrechts nötig.
Dies hat inzwischen auch die Bundesregierung erkannt. Doch die von allen Fachleuten geforderte Vereinfachung des Steuerrechts durch Beseitigung von Ausnahmetatbeständen und Subventionen mit veraltetem Steuerhintergrund lässt sich nicht mit einem kühnen Wurf bewerkstelligen. Transparenz ergibt sich nicht nur durch Streichung und Ausdünnung bisheriger Subventionen und Ausnahmeregelungen, sondern auch durch die Beseitigung von strukturellen Erhebungsdefiziten, hier insbesondere im Bereich der Kapitaleinkünfte sowie der privaten Veräußerungsgewinne von Wertpapieren und Immobilien.
Diese Maßnahmen führen durch die Beseitigung lückenhafter Besteuerung über die Verbreiterung der Bemessungsgrundlage zu größerer Steuergerechtigkeit. Ist es schließlich gelungen, die Bemessungsgrundlage zu verbreitern, so ist es erforderlich und auch gerecht, die Steuersätze auf breiter Front zu senken, wie in unserem Antrag vorgeschlagen, um das Prinzip nachhaltiger Besteuerungspolitik auch im Hinblick auf angemessene Ressourcenschonung umzusetzen.
Im Gegensatz zum steuerpolitischen Flickwerk der SchröderRegierung haben wir mit unserem Antrag auch eindeutige Deckungsmöglichkeiten in Form der Abschaffung überholter oder einfach nicht mehr bezahlbarer steuerlicher Subventionstatbestände vorgelegt. Unser Vorschlag zur Neugestaltung des Einkommensteuertarifs deckt sich im Übrigen zum Teil mit dem Steuerkonzept Ihres Parteifreundes Friedrich Merz, meine Damen und Herren von der CDU-Fraktion.
Zur Erläuterung der einzelnen Paragraphen unseres Einkommensteuerkonzepts komme ich noch im zweiten Teil meiner Rede. Ich hoffe, Herr Klein, Sie haben zumindest diesmal unseren Antrag ausnahmsweise einmal gelesen oder, was ich kaum glaube, sogar durch Ihren Referenten prüfen lassen; denn die neuerliche Behauptung, auch dieser Antrag sei deckungs