Protocol of the Session on March 3, 2004

Ich möchte einige Bemerkungen zu Ihrem Antrag machen. Im ersten Punkt fordern Sie, dass der Landtag die Landesregierung in ihren Bemühungen um die EU-Höchstförderung unterstützt. Das ist richtig, und da haben Sie uns auf Ihrer Seite. Nur ist die bereits vorgenommene Zweiteilung an dieser Stelle wenig hilfreich. Die Frage ist, ob man diese tatsächlich wieder gekippt bekommt.

Das Zweite sind die Erwartungen in Bezug auf die statistischen Effekte der Erweiterung. Ich weiß nicht, ob sich Politik tatsächlich an statistischen Effekten einer Erweiterung festmachen sollte. Politik sollte meines Erachtens deutlich darüber hinausgehen.

Das Dritte ist ein Berich: Nun sind Berichte nie verkehrt. Man sollte viele Berichte machen. Wichtiger ist allerdings, dass man auch zu verbindlichen Schlussfolgerungen und zu einem tatsächlichen Engagement der Landesregierung kommt.

(Beifall bei der PDS)

Lassen Sie mich am Schluss noch etwas Nachdenkliches sagen. Wenn man für die Verstetigung der Fördermittel kämpft wir sind voll dabei, das sollten wir tun und dafür sollten wir uns tatsächlich stark engagieren -, muss man sich die Frage gefallen lassen, warum es trotz der Fördermittel in immerhin über 14 Jahren nicht gelungen ist, im Land Brandenburg zu einer selbst tragenden wirtschaftlichen Entwicklung zu kommen und warum wir nach wie vor ein Bruttoinlandsprodukt von unter 75 % haben. Wir müssen uns also sowohl bezüglich der EUFörderung als auch darüber, wie die Potenziale des Landes Brandenburg besser genutzt, gefördert und ausgeschöpft werden, Gedanken machen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Frau Dr. Enkelmann. - Meine Damen und Herren, wir sind jetzt wirklich am Ende der Aussprache. Es gibt keinen Antrag mehr, auch nicht von der PDS-Fraktion, sodass wir jetzt zur Abstimmung kommen können.

Ich rufe zuerst den Antrag der Fraktion der PDS in der Drucksache 3/7070 zur Abstimmung auf. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich rufe den Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und der CDU, der Ihnen in der Drucksache 3/7141 vorliegt, auf. Wer diesem Entschließungsantrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Entschließungsantrag einstimmig angenommen worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 14 und rufe Tagesordnungspunkt 15 auf:

Bundesratsinitiative zur Änderung des Strafgesetzbuches in der Fassung der Bekanntmachung vom 13. November 1998 (BGBl. I S. 3322), zuletzt geändert durch das 34. Strafrechtsänderungsgesetz vom 22.08.2002 (BGBl. I S. 3390) - StGB

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 3/7084

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der DVU-Fraktion. Herr Abgeordneter Schuldt, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die DVU-Fraktion lag bereits im letzten Jahr mit ihrem Antrag zur

nachträglichen Sicherungsverwahrung auf der richtigen Linie. Das hat jetzt das Bundesverfassungsgericht bestätigt.

Ich möchte dies deswegen vorausschicken, weil nach mir einer der Redner der anderen Fraktionen uns bestimmt vorhalten wird, uns falle nichts Neues ein und wir würden jetzt schon unsere Anträge wiederholen. Aber dem ist nicht so.

Nach aktueller Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts haben mehrere Bundesländer genau das auf Landesebene eingeführt, was wir bereits zur Plenarsitzung im letzten März als Bundesratsinitiative beantragt haben. Sie haben jedoch damit ihre Gesetzgebungskompetenz überschritten, indem sie die Möglichkeit einer nachträglichen Sicherungsverwahrung landesgesetzlich zu verankern versucht haben. Dass dies nicht geht, hat jetzt das höchste Gericht eindeutig festgestellt und darüber hinaus auch, dass es nunmehr an der Zeit ist, die rechtspolitische Notwendigkeit der Einführung einer nachträglichen Sicherungsverwahrung durch Bundesgesetz zu klären. Eine Sicherungsverwahrung wird dann angeordnet, wenn sich eine besondere Gefährlichkeit des Straftäters für die Öffentlichkeit herausstellt. Sie tritt nach der derzeitigen Gesetzessituation aber erst nach der eigentlichen Strafe in Kraft. Fragwürdig dabei ist, dass diese besondere Gefährlichkeit strafprozessual durch das Gericht schon zum Zeitpunkt der Verurteilung festgestellt oder - rechtsstaatlich höchst problematisch - ein Vorbehalt ausgesprochen werden muss.

Dieses Prognoserisiko hat in der Vergangenheit nicht selten dazu geführt, dass Verurteilte nach Vollstreckung der Freiheitsstrafe in Freiheit zu setzen waren, obgleich sich erst im Laufe der Strafhaft herausgestellt hat, dass sie tatsächlich besonders gefährlich sind. Dass diese Prognose quasi als Momentaufnahme zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung äußerst spekulativ ist und daher so gut wie nie ins Schwarze trifft, ist nicht nur allgemeine strafprozessuale Erfahrung, sondern per se logisch. Aus diesem Grunde haben die von dem eingangs erwähnten Verfassungsgerichtsurteil betroffenen Länder - Bayern, Sachsen-Anhalt, Baden-Württemberg und Thüringen - jeweils ein Gesetz erlassen. Auch dieses lässt eine nachträgliche Sicherungsverwahrung zu, das heißt die Anordnung der Sicherungsverwahrung auch nach Rechtskraft des Strafurteils, wenn sich während der Verbüßung der Haftstrafe entgegen der Prognosesituation zum Zeitpunkt der Verurteilung herausstellt, dass der Delinquent eine besondere Gefahr für die Allgemeinheit darstellt.

Gegen dieses Gesetz hatten im letzten Jahr zwei Häftlinge vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt und die Karlsruher Richter mussten ihnen leider sogar Recht geben, nicht etwa deswegen, weil diese landesgesetzlichen Regelungen schon an sich grundrechtswidrig sind, sondern aus ganz formalen Gründen, nämlich deswegen, weil den Bundesländern die formale Gesetzgebungskompetenz für derartige Entscheidungen fehlt.

Damit hat das oberste Gericht auch final festgestellt, dass die Einführung einer nachträglichen Anordnung von Sicherungsverwahrung ausschließlich der Bund regeln kann. Aus genau diesem Grunde erspare ich mir heute, noch einmal auf die von mir schon im März 2003 erörterte rechtspolitische Diskussion über das zweigleisige System von Strafen und Maßregeln einzugehen; denn das hat sich mithin erübrigt.

Ich erspare mir auch eine weitere Diskussion über die rot-grüne Erfindung der Vorbehaltsentscheidung bei der Verhängung

der Sicherungsverwahrung; denn unabhängig von der Vereinbarkeit mit Artikel 2 des Grundgesetzes sehen Strafrichter und Rechtslehrer eine derartige Lösung aus den erwähnten Gründen als unzweckmäßig und wenig schlagkräftig an.

Genau diese Unzweckmäßigkeit hat gerade die genannten Bundesländer dazu veranlasst, hier zu versuchen, genau das landesgesetzlich zu regeln, was eigentlich bundesrechtlich eingeführt werden muss. Daher bitte ich heute noch einmal um Zustimmung zu unserem Antrag. - Bis bald.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke dem Abgeordneten Schuldt und gebe für die Fraktionen der SPD und der CDU Herrn Abgeordneten Homeyer das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die nachträgliche Sicherungsverwahrung ist ein Thema, das nicht nur in der richterlichen Praxis oder der juristischen Literatur, sondern auch in der Politik eine wichtige Rolle spielt. Doch die Argumente hierzu sind meines Erachtens lange genug ausgetauscht worden. Das Bundesverfassungsgericht entschied am 06.02.2004 auch und völlig zu Recht, dass für die rechtliche Ausgestaltung der Sicherungsverwahrung die ausschließliche Zuständigkeit beim Bundesgesetzgeber liegt. Genau dies haben Sie auch in der Begründung zu Ihrem Antrag formuliert, Herr Kollege Schuldt.

Das Bundesverfassungsgericht setzte dem Bundesgesetzgeber für eine solche Regelung eine Frist bis Ende September 2004. Angesichts des überragenden Schutzinteresses der Bevölkerung sieht sich die Bundesjustizministerin nunmehr in der Pflicht, wie sie am 12. Februar dieses Jahres vor dem Deutschen Bundestag ausführte. Sie kündigte anlässlich dieser Debatte die kurzfristige Vorlage eines Gesetzentwurfs zur nachträglichen Sicherungsverwahrung rückfallgefährdeter Straftäter an. Da sich der Gesetzentwurf bereits in der Erarbeitung befindet, erübrigt sich eine Bundesratsinitiative hierzu. Wir lehnen deshalb Ihren Antrag ab.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem Abgeordneten Homeyer und gebe das Wort der Fraktion der PDS, Herrn Abgeordneten Sarrach.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ziel der Bundesratsinitiative ist die Änderung des § 66 a Abs. 1 Strafgesetzbuch im Hinblick auf den Beurteilungszeitpunkt durch das Gericht. Abweichungen ergeben sich hierbei bezogen auf den Wortlaut der Fassung seit Einführung am 21. August 2002, der lautet:

„... so kann das Gericht die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, wenn...“

und im Sinne des Antrages künftig wie folgt lauten soll:

„... so befindet das Gericht über die Anordnung der Sicherungsverwahrung auch zu einem späteren Zeitpunkt während des Vollzuges, wenn...“

Die Begründung für diese Änderung liegt in der Behauptung einer Lücke, da Tatsachen für die Einschätzung als so genannter gefährlicher Täter erst während der Haft zutage treten könnten, dann aber keine staatliche Sanktionsbefugnis mehr bestehen würde oder könnte.

Maßnahmen zur Sicherung der Rechtsgemeinschaft vor solchen Tätern sind aber durch die Änderung des § 66 Strafgesetzbuch und die Einführung des § 66 a StGB, der den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung erst jüngst eingebracht hat, keineswegs versperrt, sondern - im Gegenteil - gestärkt. Freilich muss das Gericht unter gegebenen Voraussetzungen den Vorbehalt in sein Urteil aufnehmen.

Der vorliegende Regelungsvorschlag aber verzichtet in nach rechtsstaatlichem Empfinden unerträglicher Weise auf die Formulierung jenes Vorbehaltes. Er ersetzt die mit Blick auf das Sicherungsinteresse der Allgemeinheit und den gebotenen rechtsstaatlichen Schutz auch des Täters gefundene ausgewogene Formulierung durch eine relativ unbestimmte Möglichkeit für das Gericht, irgendwann während des Vollzuges die Anordnung doch noch auszusprechen, und untermauert dies mit der Autorität des Bundesverfassungsgerichts. Die genannte Balance erlangt damit gefährliche Schlagseite. Die Norm und entsprechend auch ihre Anwendung wird unbestimmt und unklar und kann somit verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügen.

Weiter ist zu bedenken, dass mit „Gericht“ aktuell das „Tatgericht“ gemeint ist, dass nach der Änderung kraft verfahrensrechtlichen Sachzusammenhangs jedoch die Strafvollstreckungskammer angesprochen ist.

Der im geltenden Recht der Sicherungsverwahrung ausgedrückte Zusammenhang von Anlasstat und Würdigung der Täterpersönlichkeit bei der Beurteilung durch die Tatsacheninstanz, wie eben auch vom Bundesverfassungsgericht betont, wird durch die mittels Neuformulierung erzielte Überführung in die verfahrensleitenden Hände der Strafvollstreckungskammern unterhöhlt.

Gleichzeitig wird ein Nachtatverhalten in einen Quasi-Zusammenhang mit der Ausgangsverurteilung gerückt, ohne dass eine gleich qualifizierte Überprüfung erfolgt. Außerdem deutet der Vorschlag auf eine Tendenz, den notwendig fragmentarischen und infolgedessen auch statischen Charakter des Strafrechts durch eine „Gleitnorm“ auszuhebeln, die das Strafrecht damit systemwidrig zu einem flexiblen Instrument macht. So wird die Rechtskraft von Strafurteilen unterhöhlt und es geraten damit rechtsstaatliche Garantien in der Strafprozessordnung und folglich zentrale Errungenschaften des Rechtsstaates in Gefahr.

Hier rächt sich auch der Hinweis auf das Bundesverfassungsgericht. Dieses hatte nämlich am 5. Februar 2004 über die Sicherungsverwahrung zu befinden. Es hat ausgeführt, dass Freiheitsentziehungen in berechenbarer, messbarer und kontrollierbarer Weise zu regeln seien und Artikel 104 Abs. 1 Satz 1

Grundgesetz insoweit für den Bereich der Freiheitsentziehung die sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Bestimmtheitsanforderungen konkretisiere.

Weiter heißt es im Zusammenhang mit dem Wegfall einer Höchstfrist dort:

„Im Hinblick auf die Intensität des Grundrechtseingriffs bei der Freiheitsentziehung muss der Gesetzgeber in diesen Fällen nicht nur bestimmen, unter welchen tatbestandlichen Voraussetzungen überhaupt die freiheitsentziehende Maßregel der Sicherungsverwahrung angeordnet werden kann, sondern darüber hinaus auch sicherstellen, dass Entscheidungen über die Freiheitsentziehung aufgrund einer Prognose keine von vornherein unbegrenzte Wirkung zukommen darf.“

Das bedeutet aber: Die Sicherungsverwahrung darf auch nicht wie ein Damoklesschwert die ganze Zeit unbestimmt über dem Straftäter hängen. Wo da ein Gewinn an Verfahrensklarheit, wie von der Antragstellerin beschworen, erwachsen soll, bleibt schleierhaft. Vielmehr ist es sinnvoll, dass Gerichte gewissenhaft prüfen, ob sie sich eine Sicherungsverwahrung vorbehalten. Zudem kann ein in Haft gezeigtes Verhalten eine Anlasstat für neuerliche strafrichterliche Befassung sein, sodass eine Neubewertung aufgrund neu eingetretener Tatsachen in geordneten Strafverfahren mit allen Folgen einschließlich der Anordnung der Sicherungsverwahrung stattfinden kann.

Dem kann im sensiblen und eingriffsintensiven Strafrecht auch nicht etwa der Hinweis auf Prozessökonomie und Entlastung der Justiz entgegengehalten werden. Vorausgesetzt ist freilich ein Handeln, das dem Tatsbestand des § 66 Abs. 3 StGB genügt.

Verstöße gegen Vollzugsauflagen, wie sie vom Bundesverfassungsgericht gerügte landesrechtliche Vorschriften zum Teil enthielten, reichen allerdings gewiss nicht aus. Hier bestehen insoweit aber von der Allgemeinheit und von einem Rechtsstaat hinzunehmende Lücken. Nur als Nachsatz sei darauf hingewiesen, dass die Bundesjustizministerin den ihr vom Bundesverfassungsgericht zugespielten Ball aufgenommen und erklärt hat, man arbeite auf Bundesebene an einer Regelung im Sinne einer Nachbesserung. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke dem Abgeordneten Sarrach und gebe das Wort noch einmal an die Fraktion der DVU, an den Abgeordneten Schuldt, weil die Landesregierung Redeverzicht angezeigt hat.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass die hier debattierte Rechtsfrage nicht einfach ist, haben Sie bestimmt auch an den Ausführungen meiner Vorredner Homeyer und Sarrach gemerkt.

Aber ich möchte noch einmal feststellen: Noch in der mündlichen Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts im Oktober 2003 hatte sich auch Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, Herr Sarrach, nicht für zuständig gefühlt, während viele Bun