Zum Thema Kita: Die SPD-Fraktion hat dem Minister seinerzeit nach ausführlichen Beratungen Unterstützung zugesagt. Aber verstehen Sie das bitte nicht falsch. Wir haben auch immer gesagt: Dies ist keine blinde, nichtkontrollierende Unterstützung bei der Korrektur von Haushaltsstellen - was er übrigens nie
verlangt hat; das ist eine Sache der Haushälter -, sondern unsere Aufgabe, unsere Form der Unterstützung ist die Hilfe bei der Suche nach Lösungen als Antwort auf die vielfältigen Fragen, Ängste, Sorgen und Nöte, die in dieser Debatte öffentlich vorgetragen worden sind. Wir haben dazu Randbedingungen formuliert, ihm mit auf den Weg gegeben und gesagt: Wenn es gelingt, diese einzuhalten, werden wir dich aufdiesem Weg auch ganz aktiv begleiten. - Unsere Abgeordneten - das ist ja ihre politische Aufgabe - haben diesen Weg in vielen Gesprächen im Land - in den Arbeitskreisen, mit Vertretern des Ministeriums, im Ausschuss - begleitet. Aus Kenntnis der Situation in den Einrichtun gen und der Verhältnisse in den Wahlkreisen können und wollen wir ein Kita-Gesetz formen, das weder den Vergleich mit anderen Bundesländern scheuen muss noch die Entwicklung unserer Kinder beeinträchtigt.
Ich verwahre mich bei dieser Debatte gegen jede Form von Ideologisierung. Es gibt Extreme auf beiden Seiten. Sie äußern sich in den Debatten mit solchen Sätzen wie „Frauen müssen zurück an den Herd!" oder "Ohne unsere Kitas werden alle Kinder kriminell."
Solche Sätze bekomme ich zu hören, aber sie gehören nicht in diese Debatte, weil sie die Möglichkeit, vernünftige Lösungen zu finden, stark einengen. Das wäre auch eine Missachtung der Leistung der Erzieherinnen in unseren Kindereinrichtungen. die da ganz sicher eine wertvolle Arbeit leisten,
was Gruppenerziehung angeht, was Schulvorbereitung angeht. was auch die Rücksichtnahme auf den jeweiligen Nachbarn angeht, aber es wäre genauso eine Missachtung der Leistung der Familien, die ihre Kinder selbst erziehen und als Familie den besonderen Schutz des Grundgesetzes genießen, wo übrigens auch die Pflicht zur Kindererziehung normiert ist. Ich empfehle Ihnen zur Lektüre Artikel 6 des Grundgesetzes.
Meine Damen und Herren! Was wir zurzeit im Lande vorfinden, ist ein relativ ausgewogenes System von Kinderbetreuung in den unterschiedlichen Jahrgangsstufen.
Dieses zu erhalten, weiterzuentwickeln und kostengünstiger zu gestalten muss unsere Aufgabe sein. Dazu brauchen wir eine ideologiefreie Sachdebatte, in der klare Fragen gestellt und vernünftige Antworten gefunden werden, eine Debatte, in der wir uns dem Vergleich mit anderen Ländern in Deutschland stellen, die den verantwortungsvollen Umgang mit dem Geld unserer Mitbürger ermöglicht. Auch das dürfen wir hier nicht aus dem Auec verlieren.
Ich sage einmal als Postulat: Es sind keine Änderungen zu erwarten, wenn wir bedarfsgerechte Finanzierung der Einrichtungen als kritiklose Erstattung aller auflaufenden Kosten missverstehen. Die Kosten der verschiedenen Einrichtungen müssen miteinander verglichen werden und es muss die Motiva
tion, mit den Mitteln vernünfti g umzugehen, entwickelt werden. Der Umstieg auf Pauschalen nach Kinderzahlen, was der Minister ins Spiel gebracht hat, ist hierzu ein ausgesprochen vernünftiger Vorschla g. Es gibt - weil vorhin die Frage gestellt wurde: Gibt es denn überhaupt Einsparpotenziale, wenn im Wesentlichen doch alles so bleibt, wie es ist? - selbstverständlich eine ganze Reihe von Mechanismen, mit deren Hilfe bei gleicher Qualität kosten günstiger gearbeitet werden kann. Der größte Brocken sind wahrscheinlich die zurückgehenden Kinderzahlen an sich im Lande Brandenburg. die allerdings das - haushälterisch gesprochen - erforderlich niedrige Niveau - sonst wünsche ich mir natürlich mehr Kinder im Lande Brandenburg - etwas später erreichen, als der Haushaltsplan es im Augenblick vorsieht.
Die Einrichtungen haben die Möglichkeit, miteinander in einen Erfahrungsaustausch zu treten, denn wenn ich auf die Frage, was ein Kita-Platz im Lande kostet, höre. die Spanne reicht von 400 bis 3 000 DM, frage ich mich doch: Ist da schon überall richtig hingeguckt worden oder kann man dort noch voneinander lernen?
Es geht um die Nutzung und die Inanspruchnahme verkürzter Betreuungszeiten; darüber ist schon diskutiert worden. Es geht um die Inanspruchnahme neuer Betreuungsformen. die noch nicht so weit verbreitet sind: Tagespflege, 11. und 12. Klasse.
Es geht auch uni die Investitionsseite. Die Kita-Baustandards sind seit etwa zwei Jahren nicht mehr in Kraft. Dennoch werden sie von einigen Behörden im Land nach wie vor angemahnt. Die Information über die Außerkraftsetzung wird nach unten nicht durchgereicht, jedenfalls nicht vollständig, und führt zu Ausgaben, die nicht mehr sinnvoll sind.
Lassen Sie mich als letzten Punkt Fol gendes sagen: Natürlich muss man auch das Augenmerk auf die Ausgestaltung der Elternanteile legen. Die Streu- bzw. Bandbreite, die wir insoweit im Land vorfinden, ist sehr groß. Es ist unser ausdrücklicher Wunsch, dass die Eltemanteile sozial gestaffelt bleiben.
Alles in allem soll der Staat mit seinem Gesetz einen Rahmen setzen. Er wird darin nicht jede Einzelheit regeln können. Aber kommunaler Klugheit. Ortskenntnis und Organisationsfähigkeit soll der Staat nicht im Wege stehen.
Von Ihnen, meine Damen und Herren von der PDS-Fraktion, habe ich zu diesem Thema leider noch keine konstruktiven Vorschläge gehört.
Sie haben sich dieser Aufgabe wieder einmal verweigert Wenn Sie das unter Verlassen des Brandenburger Weges verstehen
- ich weiß, dass Sie das nicht mehr gern hören dann fürchte ich, dass der Weg. den Sie einschla gen, in die Irre führt, jedenfalls nicht Brandenburg nach vorn bringt.
des sagen: Ehrlichkeit von Politikern ist ja zurzeit in der Öffentlichkeit ein ganz wichtiges Thema. Ich halte sie auch für ein hohes Gut. Wenn wir in der öffentlichen Debatte die Öffentlichkeit mit falschen Argumenten konfrontieren. um sie auf unsere Seite zu bringen, so hat das mit Ehrlichkeit nichts zu tun.
Wenn Sie, Frau Kerstin Kaiser-Nicht, Frau Blechinger einen ideologischen Ansatz vorwerfen, dann frage ich mich, was für eine Show Sie hier gerade abgezogen haben.
Zu einer ehrlichen Debatte gehört auch. nicht in der Öffentlichkeit, zum Beispiel in „Vor Ort"-Sendungen, die Sorgen und die Befürchtungen der Betroffenen in der Weise zu missbrauchen, dass man sie als bereits gefasste Beschlüsse der Landesregierun g darstellt. So, Frau Kerstin Kaiser, Nicht!
Ich danke dem Abgeordneten Fritsch. - Das Wort geht an die Fraktion der DVU, an Frau Abgeordnete Fechner.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Vergangenheit hat es sehr viele sachliche. aber auch unsachliche Diskussionen zum Thema „Kürzungen im Kita-Bereich" gegeben. Auch wir sind der Meinung, dass eine weitere Verschuldung des Landes nicht erfolgen sollte. Ebenso ist verständlich, dass in fast jedem Bereich Einsparungen vorgenommen werden müssen.
Warum ausgerechnet im Kita-Bereich so gravierend gespart werden soll, ist für die Fraktion der Deutschen Volksunion nicht nachvollziehbar, denn die richtige Erziehung und Fürsorge gerade in den ersten Lebensjahren ist für die weitere Entwicklung eines Menschen sehr wichtig. Dass sich der Aufenthalt eines Kindes in einer Kindereinrichtung in der Regel sehr vorteilhaft auf seine Entwicklung auswirkt, wird wohl niemand bestreiten.
Meine Damen und Herren, ebenso wird wohl niemand von Ihnen bestreiten, dass auch der soziale Kontakt für den weiteren Werdegang eines Menschen sehr wichtig ist. Aus diesem Grund kann es auch nicht sein, dass in Zukunft die Kinder arbeitsloser Eltern keinen Anspruch auf einen Kita-Platz haben sollen.
Natürlich ist es auch verständlich, dass es Leute gibt, die der Meinung sind, dass ein Elternteil, der zu Hause ist, auch die Betreuung des Kindes übernehmen kann. Ja, dieser Gedanke ist auch für die Fraktion der Deutschen Volksunion in diesem Landtag in gewisser Weise nachvollziehbar. Aber wie ich bereits anfangs erwähnte, sollte man hierbei nicht vergessen, wie
Allerdings könnten wir es akzeptieren. dass für Kinder die Betreuungszeit verkürzt wird, wenn ein Elternteil oder beide arbeitslos sind - wenn nicht folgendes Problem damit verbunden wäre; wer arbeitslos ist oder war, kennt das Problem: Um Leistungen des Arbeitsamtes zu erhalten, muss man vermittelbar sein. Wer aber für die Kinderbetreuun g ganz- oder halbtags zuständi g, ist, ist nicht vermittelbar und kann somit keine Leistungen des Arbeitsamtes beziehen. Wovon leben dann die Betroffenen? Von der Sozialhilfe und damit wiederum vom Staat! Das würde bedeuten, dass auf der einen Seite Geld eingespart wird, das auf der anderen Seite wieder ausgegeben werden muss. Auch sollte man bedenken, dass die Betroffenen für die Vermittlung einer eventuell freien Stelle dem Arbeitsamt nicht zur Verfügung stehen. Um aber auch den arbeitslosen Menschen, die für die Betreuung eines Kindes zuständig sind. die Chance zu geben, eine Arbeit zu finden, müsste für dieses Problem zunächst eine Lösung gefunden werden. Es darf nicht sein, dass den Arbeitslosen mit Kindern durch solche Regelungen, wie sie geplant sind, der Wiedereinstieg in das Arbeitsleben unmöglich gemacht wird und dadurch der soziale Abstieg vorprogrammiert ist.
Dies hätte auch für die Kinder dieser Arbeitslosen negative Auswirkun gen. Es ist nun einmal leider so, dass die meisten Kinder aus den sozial schwachen Schichten später auch wieder diesen angehören werden. Im Land Brandenburg gab es im Jahr 1998 fast 59 000 Personen, die Sozialhilfe bezogen. Der Anteil der bis 18-Jährigen betrug 38 %. Von diesen wiederum betrug der Anteil der Kinder bis sieben Jahre fast 50 IV°. Was dies auf lange Sicht gesehen den Staat bzw. das Land kostet, vermag ich nicht genau zu beziffern, aber der bei der Kinderbetreuung eventuell eingesparte Betrag dürfte um Etliches übertroffen werden.
Auch müsste die Frage geklärt werden, wie die bisher völlig unterentwickelte Tagespflege von Kindern auf die Beine gestellt werden kann und wie der Bedarf für einen Betreuungsplatz künftig definiert werden soll. Aus diesen Gründen sehen wir auch den Einführungstermin der Gesetzesnovellierung, den I. Juli dieses Jahres, als ziemlich verfrüht an.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Neulich las ich in der Presse, dass sich Herr Fritsch von der SPD an seinen Schreibtisch gesetzt und gerechnet habe. Er sei zu dem Ergebnis gekommen, dass sich ein Großteil der geplanten Einsparungen aufgrund des beständigen Rückgangs der zu betreuenden Kinder von ganz allein ergeben werde. Mit dieser Meinung liegt er möglicherweise gar nicht so verkehrt. Vielleicht sollten sich die Verantwortlichen noch einmal zusammensetzen und über alle nicht nur von mir gerade angesprochenen Fragen diskutieren, bevor eine Novellierung des Kita-Gesetzes in Betracht gezogen wird. - Ich danke.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Fechner. - Das Wort geht an die Landesregierung. Herr Minister Reiche, bitte schön!
Herr Präsident! Liebe Kollegen Abgeordnete! Liebe Eltern! Liebe Mitarbeiterinnen von Kindertageseinrichtungen! Und natürlich auch: Liebe Kinder! Wir haben eine schwere Zeit der Diskussion hinter uns und eine solche Zeit ganz gewiss auch noch vor uns. Ich habe in den letzten Wochen viele Kindertagesstätten besucht und überall mit den Menschen geredet. In dieser Zeit ist zweierlei gelungen: Zum einen ist ein Stück weit das Verständnis für die Notwendigkeit dieser Entscheidungen gewachsen. Zum anderen ist es meinen Gesprächspartnern gelungen, viele gute und tragfähige Vorschläge für die Verbesserung des Diskussionsvorschlages zu unterbreiten. Damit wurde es möglich, den Vorschla g wesentlich zu verbessern. Ich bin sowohl meiner Fraktion als auch der CDU-Fraktion und insbesondere den Frauen in diesen Fraktionen dankbar, denn sie haben sehr gute Vorschläge erarbeitet, die in die jetzt getroffenen Beschlüsse auch Eingang gefunden haben.
Wir haben gemeinsam ein Konzept entwickelt. Ich sage Ihnen zu, dass ich es mit Ihrer Unterstützun g auch im Kabinett durchsetzen werde. Sie haben gesagt. Sie seien bereit, es mitzutragen, aber weniger nicht. Daran werden wir uns als Regierung auch halten.
Es ist ganz deutlich und klar zu sa gen - auch für die Menschen im Land -, dass der bedarfsgerechte Rechtsanspruch für Eltern von Kindern zwischen null und zwölf Jahren in Brandenburgs Zukunft verbindlich ist. Das heißt. dass jedes Kind im Alter von zwei bis zehn Jahren für sechs bzw. vier Stunden in die Kindertagesstätte oder in den Hort gehen kann, ohne dass der Nachweis des Bedarfs notwendig ist. Das heißt, dort haben wir diesen uneingeschränkten Rechtsanspruch. Das ist fast dreimal so viel wie in allen anderen Bundesländern in Deutschland. außer im Land Sachsen-Anhalt, das den Rechtsanspruch. den wir im Jahr 1993 eingeführt haben, ebenfalls eingeführt hat, Wir werden gemeinsam sehen, wie lange dieser Rechtsanspruch finanziert werden kann.
Bedarf ist vorhanden, und zwar zum einen für die Null- bis Zweijährigen und zum anderen für die Zehn- bis Zwölfjährigen, aber auch über die Kemzeit von vier bzw. sechs Stunden hinaus. Bedarf ist vorhanden, wenn durch Arbeit, durch Ausbildung oder durch eine andere familiäre Situation, zum Beispiel die Erwerbssuche, dieser Bedarf eintritt.
Viele Gespräche habe ich zu diesen Fragen mit meinem Kollegen Ziel, der gemeinsam mit seiner Staatssekretärin für Familien und Frauen im Land Brandenburg zuständig ist, geführt. Auch er hat, nachdem wir gestern so beschlossen haben, gesagt: Nun ist der Alarm - er hat ihn selbst gegeben - nicht mehr nötig, sondern wir können sagen, den Bedarfen im Lande wird mit dem Beschluss von gestern Rechnung getragen. Das heißt, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und das Wohl der Kinder sind in Zukunft gesichert.
Die Formulierung, die ich mit den Eltern und den Mitarbeitern und mit den Kollegen in den Fraktionen entwickelt habe, wird Eingang in das Gesetz finden und wird als § 1 Abs. I wie eine Präambel, wie ein Leitsatz über diesem novellierten Gesetz stehen.