wenn die Erzieherinnen auch bestäti gen, dass es besser wäre für Kinder, den ganzen Tag in der Kita zu verbringen,
und es sei Ausgrenzung von Kindern - das ist wörtlich gefallen wenn sie nach sechs Stunden nach Hause abgeholt werden - so, als ob es normal wäre, dass Kinder sich zu Hause nicht wohl fühlen, dem kann ich schwer abnehmen, dass es ihm wirklich um das Wohl der Kinder geht.
Meine Damen und Herren, die Arbeit, die in Kindertagesstätten geleistet wird, ist wichtig. Sie ermöglicht es Eltern, berufstätig zu sein. Wer in diesen Einrichtungen tätig ist, ist am Wohl und an der Entwicklung der ihm anvertrauten Kinder interessiert. Gerade darum sollten wir niemanden in der Vorstellung bestärken, er müsste oder er könnte die Familie ersetzen.
Gestern haben die Fraktionen der SPD und der CDU einen Beschluss gefasst. in dem die genannten Grundsätze zur Änderung des Kita-Gesetzes ihren Niederschlag gefunden haben und in konkrete Handlungsaufträge an die Regierung umgesetzt wurden. Dabei haben wir Anregungen aus öffentlichen Diskussionen und Anhörungen aufgenommen. Wir werden die Gespräche auch in Zukunft fortsetzen, um die Veränderungen in der Kinderbetreuung zu begleiten. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
Ich danke Ihnen. Frau Abgeordnete Blechinger. - Das Wort erhält die Fraktion der PDS, Frau Abgeordnete Kaiser-Nicht. Ich meine, wer in der Kindererziehung tätig ist, weiß, wie
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts vermeintlicher Informationsdefizite oder gar böswilliger Fehldeutungen der euten Absichten der Koalition will die CDU-Fraktion nun endlich für Aufklärung sorgen. Mit anderen Worten: Regierung und Koalition fühlen sich vom Volk leider missverstanden. Das kann ich für die PDS-Fraktion nicht feststellen.
Unsere Position ist: Hände weg vom uneingeschränkten Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für alle Kinder zwischen null und zwölf, keine Kürzung der Landeszuschüsse und Öffnuneszeiten, keine Erhöhung der Elternbeiträge! Ich bin in den letzten Wochen weder Kindern, Jugendlichen, Eltern und Erzieherinnen noch Kommunalpolitikern und -politikerinnen vor Ort begegnet, die das nicht verstanden oder abgelehnt hätten.
Sie können den Leuten doch auch nicht erzählen: Wir wollen den Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz einschränken, wir wollen ein Viertel der Mittel für Kindertagesstätten im Land streichen, aber es wird sich für fast niemanden etwas ändern, außer für die Arbeitslosen vielleicht. - Das kauft Ihnen niemand ab und es wird auch nicht akzeptiert - zu Recht. Sie vernichten qualifizierte Frauenarbeitsplätze. Sie erschweren die Vereinbarkeit von Elternschaft und Berufstätigkeit, Sie schieben den Kommunen die Folge kosten in die Tasche.
Land garantiert nicht mehrheitsfähige Vorstellung vom Kindeswohl den Kindern, Müttern, Vätern, Pädagoginnen und Pädagogen überhelfen. Sie alle begreifen offensichtlich nur nicht, was für sie gut ist - nach Meinung der CDU. Vor dem Hindergrund eigener und historischer Erfahrungen kann ich vor einem solchen Anspruch nur warnen.
Uns wurde im Dezember in diesem Hause erklärt, es gebe noch keinen Haushaltsentwurf und demzufolge keinen Grund für Diskussionen oder für Aufregung. Im Januar haben Sie erklärt, dass Ihnen nichts wichtiger ist als das Wohl des Kindes. Inzwischen geht es aber im Klartext um „Abrechnungsklarheit", angeblich unproblematische „demographische Veränderungen" und die „Gleichberechtigung von Tagesmüttern". Sie erfinden sogar den „bedarfsgerechten Rechtsanspruch" für Eltern.
Und was passiert derweil im Land? Der Jugendamtsleiter im Landkreis Potsdam-Mittelmark weist in einem Schreiben vom 26. Januar dieses Jahres bereits alle Träger von Kitas im Kreis in vorauseilendem Gehorsam an:
„Verträge, die länger als bis zum Halbjahr 2000 laufen, und Betreuungsverträge mit mehr als sechs Stunden sollten Sie vorsorglich zum Halbjahr 2000 kündigen."
Die Eltern werden sich das nicht gefallen lassen - ohne Gesetz, ohne Haushalt. ohne Parlamentsbeschluss. Das haben Sie erreicht. meine Damen und Herren der Landesregierung! Alles zum Wohle der betroffenen Kinder natürlich!
Das ist Anpassung der ostdeutschen an die westdeutschen Lebensverhältnisse. Herr Minister - das ist so -, auf Kosten von Kindern und Familien in einer frauenfeindlichen Variante, die in diesem Lande nicht akzeptiert wird, außer bei der Landesregierung sowie der SPD und der CDU im Landtag.
Die Eltern des Landes haben von der CDU soeben ihr Fett wegbekommen. Also: Elternwille und Elternentscheidung spielen keine Rolle mehr. Aber, Frau Blechinger, der kleine Prinz sagt auch: Du sollst mit dem Herzen sehen - und nicht mit dem Geldbeutel.
Selbst Herr Reiche übernimmt nun die Verunsicherung von Kindergarten- und Hortkindern ganz persönlich, wie man der Presse von gestern entnehmen konnte. Diskriminierung wird sozusagen zur Chefsache. Er hat einem elfjährigen Mädchen gesagt, das eine arbeitslose Mutter und keinen Vater hat: „Dann wirst du wohl zu denen gehören, die Pech haben und keinen Hortplatz mehr haben." Das ist ein unsäglicher Zynismus und ein politischer Skandal!
Aufklärung tut Not. Lassen Sie sich aufklären und klären Sie einander auf, was in Ihren Wahlprogrammen stand, wie sich, Frau Blechinger, ein Personalschlüssel errechnet - was Sie neulich in Eggersdorf noch nicht wussten -, wie viel die Kommunen in Kindergärten und Horte investiert haben und was der Bildungsauftrag von Kindertagesstätten bedeutet!
Sehr verehrte Abgeordnete, in Kommentaren zum Kinder- und Jugendhilfegesetz steht eindeutig: Das Kindeswohl an sich ist „ein unbestimmter Rechtsbegriff, den der Staat für alle beliebigen Zwecke einsetzen kann". - Nach Ihrer Rede, Frau Blechinger, drängt sich mir der Eindruck auf, die CDU-Fraktion will ihre eigene, ganz spezifische - ideologische - und in diesem
Sie als Partei? Gleiches Wohl für Kinder in allen Lebenslagen? Für das Wohl des Einzelkindes ist gesorgt, aber für das Kind arbeitsloser Eltern, für das Kind in einem Dorf, wo die Kita die letzte Möglichkeit zu spielen ist?
Für das Wohl eines behinderten Kindes, dessen Anspruch auf Förderung und Integration nicht mit einer Stechuhr abgerechnet werden kann, für das Wohl des Kindes von Aussiedlern, dessen Mutter arbeitslos ist und wo das Kind schon frühzeitig im Kindergarten Deutsch lernt,
was auch für die Familie ein Inteerationsfaktor ist, das Wohl des zehnjährigen Jungen, den Sie nicht nur mit den Problemen um die umfangreichen und schwieri gen Hausaufgaben in der fünften Klasse, sondern auch mit dem Fernseher allein lassen, und den sechzehnjährigen Jungen im einzigen Jugendtreff des Wohngebietes?
Die PDS-Fraktion erwartet von Ihnen keine neuen Sprachregelungen oder Formelkompromisse, sondern wir prüfen Ihre Politik an den Maßstäben Chancengleichheit, Betreuungsqualität, Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Sicherun g, des Wunsch- und Wahlrechtes der Eltern. Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf wird die Chancengleichheit ausgehebelt, wird die Betreuungsqualität heruntergefahren,
wird das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern gänzlich gestrichen - also, lesen kann ich noch: Der Vorrang der Tagespflege für Kinder bis unter zwei Jahren ist eindeutig vermerkt. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird ausgehöhlt, indem der Rechtsanspruch mit einer Betreuungszeit von sechs bzw. vier Stunden erfüllt ist. Das sind die Fakten und mit denen müssen Sie sich auseinander setzen.
Sie verpacken das Ganze optisch ganz gut in die Erfüllung einer kommunalen Forderung, nämlich: Leistungsverpflichtung soll grundsätzlich auf die Gemeinden übertragen werden. Quasi als „Sahnehäubchen" sollen die Landeszuschüsse pro Kind gewährt werden, nicht für die tatsächliche Inanspruchnahme von Kitaoder Tagespflegeplätzen. Die heutige Presse ist darauf zum Teil schon hereingefallen.
Ich sage an dieser Stelle unmissverständlich: Sie unterschlagen, dass die Landeszuschüsse deutlich zurückgefahren werden. Faktisch reichen Sie damit den Druck und die Verantwortung für einen Abbau von Kita-Plätzen an die Gemeinden weiter. Man kann den heutigen Standard nicht mit weniger Landesmitteln halten. Ich frage Sie mit den Worten des ehemaligen Präsidenten des Landesrechnungshofes: Wozu diese provozierende Aktivität? Doch sicher nicht zum Kindeswohl.
Ich danke der Abgeordneten Kaiser-Nicht. - Das Wort geht jetzt an die Fraktion der SPD, an Herrn Abeeordneten Fritsch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Hauptfrage. mit der wir uns beschäftigen, heißt eigentlich: Kann man das Thema Sparen im Landeshaushalt, Konsolidierung des Landeshaushaltes mit dem Thema Kinderbetreuung in Verbindung bringen oder muss man das Thema Kinderbetreuung von vornherein aus diesen Betrachtungen ausschließen? Ich denke, die Debatte, die bisher geführt wurde, hat gezeigt, dass es durchaus Ansätze gibt,
die die Frage zulassen: Gibt es hier Reserven, die verantwortlicher mit dem öffentlichen Geld umgehen und die Qualität der Betreuung nicht in dem eben zu Gehör gebrachten Maße absinken lassen? Das erforderliche Einsparvolumen des Landeshaushalts rührt nicht nur von der Kreditaufnahme der vergangenen Jahre her, sondern hat auch damit zu tun, wie sich der Länderfinanzausgleich ab 2004 gestalten wird.
In dem Sparpaket, das die Landesre gierung beschlossen hat, gibt es eine Vielzahl von Themen - etwa 105 oder 110 -, die alle mehr oder weniger präzise den zeitlichen Umsetzungsrahmen betreffen und mit Einsparvolumina untersetzt sind. Beim Thema Kita ist relativ präzise auf die Jahreszahlen und die Beträge zurückgegriffen worden. Wir wissen natürlich, dass das Leben nicht wie ein Kippschalter funktioniert - man macht einmal klick und dann ist ein neuer Zustand da. Wir haben es hier mit Übergangs- und Umstellungsproblemen zu tun. Das ist ja auch Gegenstand der heutigen Debatte.
Die Konsolidierung des Landeshaushaltes - und wenigstens da sollten wir uns alle einig sein - ist nicht Selbstzweck, sondern die Erhaltung der Handlungsfähigkeit für die folgenden Jahre und die nächste Generation ist das Ziel. Handlungsfähi gkeit, was heißt das eigentlich? Handlungsfähigkeit heißt, wir wollen auch in Zukunft die Dinge haben - und das heißt auch finanzieren können -, die uns wichtig sind: Kulturan gebote. Sportangebote und dauerhaft finanzierbare Kindereinrichtungen im Lande. Die Schulausstattung. das Gesundheitswesen. den ÖPNV, die Infrastruktur insgesamt wollen wir auch in den folgenden Jahren und Jahrzehnten finanzierbar halten.
All diese Themen sind wichtig. Jedes dieser Themen hat eine Lobby im Land und jedes dieser Themen muss bezahlt werden. Deshalb muss das Land seinen Haushalt in Ordnung bringen und seine Einnahmen organisieren. Das heißt, der Gleichklang von Ausgaben und Einnahmen muss hergestellt werden. Diesen Gleichklang stellen wir her, indem wir auf der einen Seite die Einnahmen steigern und auf der anderen Seite die Ausgaben zurückfahren, bis sich beides trifft. Dazu brauchen wir Investitionen, damit Steuern fließen, denn die Haupteinnahmen des Staates sind nun einmal Steuern. Die Einnahmen kommen im Wesentlichen, wenn ich jetzt einmal die Umsatzsteuer beiseite lasse, aus den Lohn- und aus den Gewerbesteuern - um auch gleich der Diskussion vorzubeugen, ob wir auch große Betriebe mit wenig Arbeitskräften fördern sollten oder lieber nicht, die im Lande auch sehr lebhaft geführt wird.
Verantwortliche Politik muss, sobald sie die Entwicklung überschauen kann, rechtzeitig dafür die Weichen stellen und nicht erst reagieren, wenn es zu spät ist. Was Vogel-StraußPolitik in dieser Frage zur Folge hat, haben uns die letzten Jahre der DDR mit ihrem Ende überdeutlich gemacht.