Der Bericht enthält aber auch Problemfälle. Ich nenne insbesondere den Handyfall, eBay, Handwerkerdateien, die Videoüberwachung von Arbeitnehmern und die Übermittlung von Daten in Nicht-EU-Länder. Hier ist aus unserer Sicht der Gesetzgeber gefordert, sich vertiefende Gedanken zu machen. Ich möchte diese kurz anreißen. Nehmen wir den Handyfall. In technischer Hinsicht mag zwar der bekannte Spruch „Nichts ist unmöglich.“ gelten; unsere Fraktion sieht aber die Grenze deutlich überschritten, wenn es mittels eines Handys möglich wird, privat über das Handy eines Dritten Gespräche zu belauschen, ohne dass dieser etwas bemerkt.
Das Handy wird sozusagen zur Superwanze. Hier ist aus unserer Sicht eindeutig der Gesetzgeber gefragt.
Oder nehmen Sie eBay! Hier ergeben sich zwei Probleme. Die Mobilität der Verkaufsabwicklung nach eBay-Muster wird von unserem Recht noch nicht ausreichend erfasst. Insoweit - darauf weist der Bericht hin - muss ein ausdrückliches Einver
ständnis der Kunden zur Datenweitergabe sichergestellt sein. Das Einloggen Dritter muss technisch vermieden werden.
Was die Bewertung angeht, ist, wie der Bericht ebenfalls zu Recht ausführt, in jedem Fall eine Abwägung zu treffen. Grund: Wo eBay auftritt, tummeln sich bekanntlich auch schwarze Schafe. Man hat schon viel davon gehört. Das geht bis hin zur organisierten Kriminalität. eBay muss zugestanden werden, dem entgegenzuwirken.
Im Fall Handwerkerdateien kann im Ergebnis nichts anderes gelten. Zu unterlassen sind subjektive Werturteile und Mutmaßungen, die Dritten zugänglich gemacht werden. Harte Fakten müssen dem Betroffenen mitgeteilt werden, um Missbrauch vorzubeugen. Grund: unberechtigte negative Auskünfte über einen großen Personenkreis. Unzulässige Dateien können etwa andere Betriebe in den Ruin führen.
Unsere Fraktion steht der verdeckten Videoüberwachung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie der Datenübermittlung, auch konzernintern, in Nicht-EU-Staaten skeptisch gegenüber. In aller Regel darf dies nur mit Zustimmung der betroffenen Arbeitnehmer erfolgen. Etwas anderes mag gelten, wenn konkrete Verdachtsmomente für eine Straftat vorliegen. Hier aber sollte man es von einer Genehmigung, zumindest von einer Anzeige bei einer staatlichen Stelle abhängig machen.
Ich bedanke mich dafür, dass Sie die rote Lampe gesehen haben, und gebe das Wort der Fraktion der CDU, Herrn Abgeordneten Werner.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe die kontroverse und emotionsgeladene Debatte von vor gut einer halben Stunde noch gut im Ohr und ich habe mir noch einmal den Fragenkatalog der Großen Anfrage angesehen. Da frage ich mich wirklich, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der PDS, wie ernst Sie es vor dem Hintergrund dieser Fragestellung mit der informationellen Selbstbestimmung wirklich nehmen, nämlich vor dem Hintergrund, dass Sie uns immer erzählen wollen, was nach Ihrem Duktus, Ihrem Gusto informationelle Selbstbestimmung bedeutet. Ich komme nicht umhin, Ihnen zu sagen: Da passen Worte und Taten nicht mehr zueinander. Deswegen ist es völlig abwegig, verehrte Kollegin Kaiser-Nicht, wenn Sie hier davon sprechen, dass es für die Vertreter der Koalition eine lästige Pflichtübung sei, sich mit dem Datenschutzbericht zu beschäftigen.
Der Landesbeauftragte hat uns wieder einen sehr umfangreichen Bericht vorgelegt. Namens meiner Fraktion möchte ich mich zum einen für den Bericht, zum anderen aber auch für die Arbeit des Landesbeauftragten bedanken. Bitte leiten Sie diesen Dank auch an Ihre Mitarbeiter weiter.
Dass die Behörde des Landesdatenschutzbeauftragten notwendig ist, steht außerhalb jeglicher Diskussion. Sie hat die Notwendigkeit ihrer Existenz in vielen Fällen bewiesen. Die Bürger werden vor unrechtmäßigen Eingriffen in die informationelle Selbstbestimmung geschützt. Fehlerhaftes Verwaltungshandeln wird benannt und entsprechend korrigiert. Ob das betreffende Verwaltungshandeln nun absichtlich oder unabsichtlich zustande gekommen ist, sei dahingestellt. Es geht darum, dass unkorrektes Handeln eben diesem Kontrollmechanismus unterworfen werden muss.
Es gibt aber auch andere Sichtweisen auf die einzelnen Dinge, wie die Stellungnahme der Landesregierung zeigt. Die Schwierigkeit ist immer zu sehen in der Abwägung zwischen dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung auf der einen Seite, also den Rechten und Pflichten, die aus dem Datenschutzgesetz erwachsen, und den Notwendigkeiten, die sich aus staatlichem Handeln ergeben, auf der anderen Seite. Ich möchte das an einigen Beispielen deutlich machen.
Zunächst zum Beispiel Rasterfahndung. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 ist das leider Gottes ein Schwerpunktthema. Es ist schlimm genug, dass es zu solch einem Ereignis kommen musste, ehe zum Schutz unserer Bevölkerung gehandelt wurde. Wenn hier - ich sage: unabsichtlich über das Ziel hinausgeschossen worden sein sollte, indem Daten möglicherweise ein paar Tage länger als notwendig gespeichert wurden, so muss ich ebenfalls wieder die Frage nach der Abwägung stellen. Da ist mir der Schutz der Bevölkerung wesentlich lieber als eine eventuelle Kritik an der um ein paar Tage überzogenen Speicherung. Inzwischen ist das „Problem“ ja auch beseitigt; die Daten sind gelöscht.
Die biometrischen Daten in Ausweisen wurden angesprochen. Auch vor dem Hintergrund der Terroranschläge ist genau zu prüfen, wie damit in Zukunft umgegangen werden soll.
An mehreren Stellen des Datenschutzberichts wurde die Videoüberwachung angesprochen. Darüber kann man durchaus geteilter Meinung sein. Ich selbst gehe oftmals über den Bahnhofsvorplatz in Potsdam, wenn ich von der Eisenbahn komme oder wieder hingehe. Ich bin froh, dass ich dort nicht überfallen werde, dort nicht Opfer einer Straftat werde, weil die Videoüberwachung dort zu entsprechenden Erfolgen geführt hat.
bin ich froh darüber, dass dort Videoaufnahmen gemacht wurden, sodass die Fotos von potenziellen Straftätern, also von Menschen, die dort tatsächlich Straftaten begangen haben, auch in der Öffentlichkeit aushängen
- Ja, da müsste man vielleicht noch etwas an der Technik tun, damit man diese Leute noch besser erkennt.
Ein anderes Stichwort, das in diesem Zusammenhang auftaucht, ist Genua. Man kann ja Globalisierungsgegner sein, aber die Leute, die dorthin gehen und Steine werfen, sind potenzielle Hooligans und Randalierer, die überall umeinander ziehen. Da ist es mir auch völlig egal - diese Bemerkung sei mir hier gestattet -, welche Straftaten dort gespeichert wurden. Sicherlich ist es ein bedauerlicher Fehler, wenn eine andere Straftat in der Datenspeicherung auftaucht. Letztendlich konnte der Straftäter dadurch aber erkannt und dingfest gemacht werden.
Die Verlängerung der Höchstspeicherdauer - ich sage ganz ausdrücklich „Höchstspeicherdauer“, weil man die Daten ja nicht 15 Jahre aufheben muss - habe ich ebenfalls für notwendig erachtet vor dem Hintergrund dessen, was alles mit Terrorismus zu tun hat. Wir haben dadurch ja Erkenntnisse gewonnen dahin gehend, dass es Schläfer gibt, die erst nach Jahren aktiv werden.
Sicherlich gäbe es zu dem vorliegenden Datenschutzbericht noch vieles zu sagen. Es gäbe noch viele Stichworte, die ich hier aufgreifen könnte. Allein, die Redezeit reicht dazu nicht aus. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Werner, und gebe das Wort der Landesregierung. Bitte, Herr Minister Schönbohm.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kaiser-Nicht, Sie haben bei Ihrer Einleitung einen bemerkenswerten Satz gesagt, nämlich dass dies hier zur Pflichtübung verkomme. Ich frage mich, was Sie damit meinen. Wir tun unsere Pflicht. Ich persönlich würde lieber eine Kür machen, aber ich tue natürlich meine Pflicht. Übung heißt doch das ständige Wiederholen von Vorgängen, bis es klappt. Von daher weiß ich gar nicht, was da verkommen soll. Das ist Bestandteil unserer Auseinandersetzung, die wir hier führen.
Jetzt möchte ich mich zunächst einmal beim LDA für den Bericht bedanken, auch wenn ich nicht mit allen Punkten einverstanden bin. Darauf werde ich gleich noch eingehen.
In dem Bericht werden Ausführungen zur allgemeinen Entwicklung des Datenschutzes sowie zu datenschutzrechtlichen Einzelfällen in der Verwaltung des Landes gemacht. Außerdem werden in dem Bericht die Erfahrungen zum Akteneinsichtsrecht dargelegt.
Der LDA greift, wie hier schon ausgeführt worden ist, wiederum das Thema der Rasterfahndung als Folge der Terroranschläge vom 11. September 2001 auf und geht dabei insbeson
dere auf die Frage der fehlenden Risikoanalyse ein. Der in dem Bericht formulierte Vorwurf einer nicht ausreichenden datenschutzrechtlichen Risikoanalyse ist aus meiner Sicht so nicht nachvollziehbar. Der LDA hat die Rasterfahndung von Beginn an mit zahlreichen Beratungs- und Kontrollbesuchen begleitet. Das Verfahrensverzeichnis hat ihm frühzeitig vorgelegen. Forderungen nach einer Risikoanalyse wurden im Zusammenhang mit der Errichtung der Datei nicht erhoben. Vielmehr wurde das Fehlen einer Risikoanalyse erst im Januar 2003, also kurz vor Löschung der letzten 330 Datensätze, thematisiert.
Des Weiteren beschäftigt sich der LDA mit der ebenfalls in Zusammenhang mit den Terroranschlägen stehenden Novellierung des Verfassungsschutzgesetzes. Er kritisiert dabei insbesondere die Verlängerung der Höchstspeicherfrist von für die Aufgabenerfüllung der Verfassungsschutzbehörden notwendigen Daten. Er thematisiert in diesem Zusammenhang die Ermittlungstätigkeit der Verfassungsschutzbehörden im Vorfeld der Anschläge. Den Vorwurf gegen die Sicherheitsbehörden kann ich nicht nachvollziehen und trete ihm auch entgegen.
Ein weiterer Bereich, mit dem sich der Bericht beschäftigt, ist die Videoüberwachung. In diesem Zusammenhang geht der LDA auf die unterschiedlichen Bedingungen bei der Videoüberwachung durch Polizei, Kommunen, Landkreise oder auch Private ein, wobei datenschutzrechtliche Mängel in diesem Zusammenhang nicht festgestellt wurden. Das finde ich persönlich erfreulich.
Im Allgemeinen kann man aus dem Bericht ableiten, dass das Verständnis der Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung für die Belange des Datenschutzes auch in diesem Berichtszeitraum weiter zugenommen hat. Vom LDA konnten keine groben Verstöße gegen die Bestimmungen des Datenschutzrechts festgestellt werden.
Zu dem Antrag der Fraktion der PDS möchte ich einige Bemerkungen machen. Zunächst wird in dem Antrag dazu aufgefordert, dass die vorgeschriebenen Risikoanalysen und Sicherheitskonzepte in allen Behörden des Landes erstellt und umgesetzt werden. Wir haben durch eine IT-Richtlinie festgelegt, dass dies in eigener Zuständigkeit und Verantwortung der Behörden gemacht wird und jede Behörde dafür zuständig ist.
Des Weiteren fordern Sie zu einer Bundesratsinitiative auf. Dazu kann ich nur sagen, dass nach den geltenden Gesetzen gegen den unlauteren Wettbewerb und den Kartellgesetzen die Angebotsunterlagen zu den geschützten Geheimnissen gehören. Das können und wollen wir nicht auflösen. Insoweit möchte ich Sie bitten, Ihren Antrag zurückzuziehen.
Im Teil B des Datenschutzberichts wird im Wesentlichen das Akteneinsichts- und Informationsgesetz beleuchtet. Der LDA kritisiert, dass die Landesregierung den Landtagsbeschluss vom 18. April 2002 noch nicht umgesetzt hat. Ich kann Ihnen hierzu mitteilen, dass mit dem Zweiten Gesetz zur Entlastung der Kommunen von pflichtigen Aufgaben entsprechend dem Landtagsbeschluss eine Frist für die Überarbeitung von Anträgen unter Hinweis auf die Möglichkeit, den LDA anzurufen, in das AIG aufgenommen worden ist. - Herr Dr. Dix, Sie sehen, dass ständiges Bohren doch etwas bewirkt.
Zusammen mit der Stellungnahme hat das Ministerium des Innern als Aufsichtsbehörde nach § 38 des Bundesdatenschutzge
Lassen Sie mich noch einige wenige Anmerkungen machen. Es gibt ein natürliches Spannungsverhältnis zwischen dem LDA und den Fachressorts, weil die Dinge aus der Sicht der jeweiligen Aufgabe unterschiedlich wahrgenommen werden. Der Datenschutzbeauftragte sollte akzeptieren, dass die Fachministerien, auch das MdI, legitime Aufgaben haben. Bei der Bewertung der Bedeutung des Datenschutzes und der Bewertung der Bedeutung der Aufgaben des Fachressorts kann es unterschiedliche Einschätzungen geben. Daraus ergibt sich das Spannungsverhältnis. Ich glaube, wir haben gelernt, damit gemeinsam umzugehen. Wenn die Spezialisierung dazu führt, dass es hier zu unterschiedlichen Beobachtungen kommt, dann, glaube ich, ist es das Wichtigste überhaupt, dass beide Seiten rechtzeitig miteinander sprechen. Ich meine, man sollte manchmal auch etwas mehr Gelassenheit an den Tag legen und auch mehr Vertrauen haben; denn wir haben eine Verwaltung, die nach Recht und Gesetz arbeitet, auch dann, wenn man über bestimmte Sachverhalte unterschiedlicher Auffassung ist. Wenn es uns gelingt, das gemeinsam umzusetzen, dann ist das auch zum Wohl unserer Bürger.