Wir müssen interministerielle Arbeit leisten. Die Verantwortung des Landes ist es, die „Kleinstaaterei“, Radwege nur bis zur Kreisgrenze zu bauen, zu verhindern. Deshalb mache ich auch kein anderes Förderprogramm, um diese Frage zu beantworten. Das jetzige Programm lässt es schon zu, zwar nicht jeden Wunsch unter Schmerzen zu erfüllen, aber die Verbindungslücken zu füllen.
Es ist also nicht der Tag, darüber zu reden, ob wir neue Programme für Radwege machen, nein, wir müssen die knapper werdenden Mittel dafür einsetzen, dass die überregionalen Verbindungswege für mehr Interessenten aus anderen Ländern erschlossen werden. Deshalb bitte ich darum, dieses Thema ein bisschen zu versachlichen. Wenn Sie, Herr Kliesch, zur Frage der Erhaltung von Natur und Naturqualitäten sagen, dass das mit baurechtlichen Fragen nicht im Kontext stehe, dann sollten wir mit aller Vorsicht an dieses Thema herangehen, sollten jedenfalls keine neuen Verwaltungs- bzw. Genehmigungsstrukturen schaffen. Ich meine, das Selbstbewusstsein der Kommunen wächst, sich im Sinne eines Naturkonsens im Ort auch gegen Wildwuchs von Baulichkeiten stärker zu wehren.
Deshalb sage ich konsequent: Wenn Sie von mir bei solchen Anfragen verlangen, Potenziale in Statistiken zu gießen - vergessen Sie es! Ich mache solche Statistiken in Anzahl von Arbeitsplätzen, in Anzahl von Wachstumspotenzialen, insbesondere bei einer Branche, die sehr kleingliedrig und vernetzt funktioniert, einfach nicht mit. Das ist nicht realistisch. Das
Angebot des Landes muss es sein zu sortieren, was überregional nutzbar ist, was wir überregional vermarkten können, um dann die organisatorische Leistung des Landestourismusverbandes, des Fachministeriums zu erbringen und die Abgrenzung für überregionale Tourismusangebote zu qualifizieren und damit natürlich auch mehr Interessenten aus der Stadt Berlin und aus anderen Regionen unseres Landes sowie dem Ausland nach Brandenburg zu ziehen.
Natur ist ein Markenzeichen unseres Landes Brandenburg. Die Natur muss nicht vor dem Tourismus geschützt werden - außer vor Naturrambos; das muss ich natürlich auch sagen -, sondern es kommt darauf an, dass wir uns in Aktionsplänen - so meine Antwort auf Ihre Erwartung - und in Kriterienkatalogen, Herr Kliesch hat die Viabono-Zertifizierung genannt, an dem naturgemäßen Spannungsfeld zwischen touristischer Bewirtschaftung von Natur einerseits und Naturbelassenheit und Naturschutz andererseits auf konkrete Projekte hin positionieren. Das ist der Weg. Das bekommen wir hier im Land höchstwahrscheinlich nur rahmenseitig geregelt; ausgefochten werden muss es in den Großschutzgebieten, in den Landschaftsschutzgebieten und in jenen - ich sage einmal - Uferregionen, die wir zugängig machen wollen, weil wir überzeugt sind, dass die Brandenburger klug sind und immer klüger werden in dem Sinne, die touristischen Potenziale für wirtschaftlichen Erfolg im Einklang mit dem Naturschutz zu nutzen. - Vielen Dank.
Ich danke Minister Junghanns und gebe das Wort noch einmal der Fraktion der PDS, Herrn Abgeordneten Domres.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Antworten auf die Große Anfrage fallen aus tourismuspolitischer Sicht eher dürftig aus. Beim Lesen der Antworten wurde ich den Eindruck nicht los, dass sie oberflächlich und mit wenig Engagement erarbeitet wurden. Einige Antworten - als exemplarisch dafür mag die Antwort auf die Frage 32 gelten - stellen geradezu eine Missachtung der Beteiligten und des Parlaments dar.
Die Antwort auf Frage 1 offenbart ein solides Maß an Oberflächlichkeit. Man fragt sich, ob Viabono in Brandenburg überhaupt eine Rolle spielt. Viabono ist eine wichtige Dachmarke für touristische Anbieter, welche die Chancen im speziell umweltorientierten Tourismus nutzen wollen und dafür intelligente Marketingkonzepte für nachhaltige Erholung entwickeln. Es gibt in Brandenburg Unternehmen, die sich beteiligen, und es würde immerhin die Möglichkeit bestehen, sich über Viabono bundesweiten Marketingaktivitäten anzuschließen. Die Philosophie, die dahinter steckt, lautet: umweltorientiert wirtschaften, mit Ressourcen sorgsam umgehen, sich an Maßnahmen des Umwelt- und Naturschutzes beteiligen, Bioprodukte als wichtige Ergänzung oder Grundlage seiner Küche sehen usw. Ich meine, das alles sind Punkte, die schon jetzt bei Brandenburger Unternehmen vorzufinden sind und ausgebaut werden sollten.
Mit der Kampagne „Lust auf NaTour“ wurde ein Markenzeichen für den Brandenburger Landtourismus geschaffen, das es auszubauen gilt. Das erfordert zuallererst, die notwendigen
Rahmenbedingungen zu schaffen. Sehr deutlich betont wurde in einigen Antworten, dass das Wachstumspotenzial, das durch den Ökotourismus im Land erschlossen werden kann, vorhanden ist. Ich hoffe, dass dies als Chance gesehen wird, um Arbeit, Einkommen und Beschäftigung gerade im ländlichen Raum zu sichern.
Es ist richtig, die Zusammenarbeit der Großschutzgebietsverwaltungen mit Anbietern und Verbänden muss weiter ausgebaut und die touristischen Angebote in Brandenburg müssen stärker vernetzt werden. Es ist daher nicht zu verstehen, wieso die Frage 13 so dürftig beantwortet wurde.
Ich finde es schade, dass die Landesregierung auf eine Bewertung des erreichten Standes bei der Vernetzung regionaler Angebote verzichtet hat. Gerade die Vernetzung wird immer wieder als Chance gesehen, den Tourismus als Wirtschaftsfaktor zu stärken.
In der Antwort auf Frage 7 wird auf die geschaffene touristische Infrastruktur verwiesen. Hierzu möchte ich Folgendes anmerken:
Zum einen gilt es nach wie vor, den Lückenschluss bei Rad-, Reit- und Wanderwegen als Priorität zu sehen. Zum anderen ist aufgrund der miserablen Finanzausstattung der Kommunen die Unterhaltung sowie die Pflege und Wartung touristischer Infrastruktur zu thematisieren. Es gibt einige Beispiele im Lande, bei denen aufgrund leerer Gemeindekassen Radwege zuwachsen, weil keine Randstreifenpflege mehr durchgeführt wird, oder bei denen Radwege nicht mehr befahrbar sind, weil die Unterhaltung bzw. die Reparatur für die Kommune nicht mehr finanzierbar ist.
Zur Frage 17. Hier räumt die Landesregierung noch Handlungsbedarf in Bezug auf die Wegeausschilderung ein. Die Verbesserung und die Kontrolle der Beschilderung müssen eine permanente Aufgabe sein. Das Zusammenspiel von ehrenamtlichen Helfern und kommunalen Akteuren bietet hier Chancen. Aber auch hier gilt: Ohne Moos nix los. Auch das Ehrenamt ist nicht zum Nulltarif zu haben; zumindest die Sachkosten müssen erstattet werden. Dass jedoch das Ehrenamt in erster Linie sehr viel preiswerter als kommerzielle Gesamtlösungen ist, wurde von der Landesregierung bisher nicht verinnerlicht.
Natürlich hätte ich mir tiefer gehende Antworten zu Schlussfolgerungen aus dem „Jahr des Ökotourismus“ gewünscht. Ich befürchte, dass diese einfach nicht gezogen wurden nach dem Motto: Aus den Augen aus dem Sinn.
Ich möchte daher vorschlagen, im Lande einen Aktionsplan zur Weiterentwicklung des Ökotourismus zu gestalten. Die PDS würde einen solchen Aktionsplan unterstützen.
Lassen Sie mich zum Schluss auf die Antwort zur Frage 21 eingehen. Hier wurde gefragt, wie die Landesregierung das künftige Potenzial für naturnahen Tourismus in Brandenburg und den derzeitigen Stand bewertet. Die Landesregierung antwortet darauf:
„Der Wald- und Wasserreichtum Brandenburgs hat für den naturnahen Tourismus eine herausragende Bedeutung. Schon jetzt bildet diese Ressource einen der beliebtesten Erholungsräume für Brandenburger und Berliner Bürger.“
„Dabei kommt es wesentlich auf eine nachhaltige Regionalentwicklung, das heißt im Hinblick auf die Erhaltung von Natur und Landschaft, an, um dieses zukunftsträchtige Potenzial dauerhaft zu sichern.“
Ich frage mich, warum diese Antwort nicht auch für die KyritzRuppiner Heide gilt. Hier ist genau dieses Potenzial vorhanden. Die Landesregierung und die Koalition setzen aber mit der Unterstützung der Einrichtung des Bombodroms genau die nachhaltige Regionalentwicklung aufs Spiel, die sie gemäß der Antwort sichern wollen.
Da hilft auch der wohl aus wahltaktischer Sicht getroffene Parteitagsbeschluss nichts. Es ist schon bezeichnend, wenn SPDLandesgeschäftsführer Klaus Ness über „Antenne Brandenburg“ sagt:
„Allerdings bedeutet dieser Beschluss nicht, dass sich die Landesregierung mit Ministerpräsident Matthias Platzeck an der Spitze konkret gegen die Bundeswehrpläne einsetzen wird.“
Das war am Montag. Herr Platzeck, ich fordere Sie auf, Ihr Doppelspiel als Parteivorsitzender und als Ministerpräsident zu beenden. Das Amt des Ministerpräsidenten verlangt Glaubwürdigkeit. Die PDS fordert die Landesregierung daher erneut auf: Unterstützen Sie die Bürgerinitiativen und die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern im Kampf gegen den Luft-Boden-Schießplatz und sagen Sie Nein zum Bombodrom in der Kyritz-Ruppiner Heide! - Danke sehr.
Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Domres, und beende damit die Aussprache im Rahmen des Tagesordnungspunkts 6. Ich stelle fest, dass Sie die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 61 - Drucksache 3/6209 - zur Kenntnis genommen haben.
Meine Damen und Herren, wir beginnen mit dem Nachmittagsteil der heutigen Plenarsitzung. Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:
Unterrichtung des Landtages Brandenburg über die Wirtschaftlichkeit des Projektes Chipfabrik in Frankfurt (Oder)
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Antragstellerin. Bitte, Frau Dr. Schröder, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erlauben Sie mir eine Vorbemerkung: Politik darf in Zeiten knapper Kassen und Rekordarbeitslosigkeit nicht erpressbar werden durch falsche Arbeitsplatzversprechen eigennütziger Investoren. Politik darf nicht blind werden, muss Risiken erkennen und ermessen und Folgeabschätzungen vornehmen. Das Projekt Chipfabrik ist hierfür exemplarisch.
Zur Sache: Nach Selbstauskunft des IHP soll die dort entwickelte Silizium-Germanium-Technologie inzwischen mit 200 Gigahertz takten. Damit hätten die Forscher des Instituts einen Geschwindigkeitsrekord für diese Silizium-Germanium-Bipolartechnologie erreicht.
Doch das IHP wird damit ganz sicherlich nicht ins Guinnessbuch der Rekorde eingehen; denn inzwischen erproben IBM, Infineon und andere bereits eine Betriebsfrequenz von 210 bis 230 Gigahertz. Das IHP ist hier also keineswegs allein führend.
Das IHP behauptet auch, einen kompletten BiCMOS-Prozess mit 200 Gigahertz- Bipolartransistoren beherrschen und externen Kunden zur Prototypherstellung zur Verfügung stellen zu können. Ein Prototyp ist jedoch keine Serienproduktion, so wie das Modell eines Hauses noch kein bewohnbares Haus ist. Ein Prototyp ist ein Urbild, ein Muster, ein erstes Modell - weiter nichts. Daraus werden noch keine 1 300 Arbeitsplätze.
Die vom Institut für Halbleiterphysik entwickelte Produktionstechnologie wurde bisher nur in einer Pilotlinie getestet. Sie ist bis heute in der Massenproduktion nicht erprobt. Daher ist überhaupt nicht sicher, dass sich diese spezielle Technologie im Wettbewerb mit alternativen Verfahren auch wirklich durchsetzen kann. Nach nunmehr drei Jahren nutzlos verstrichener Zeit kann deshalb nicht mehr von einem wettbewerbsrelevanten Technologievorsprung ausgegangen werden.
Das alles sind Faktoren, die immer wieder ausgeblendet werden. Ich bezweifle daher, dass Communicant ab 2004 marktfähige Chips in Serienproduktion wirtschaftlich und kostengünstig herstellen und Gewinn bringend verwerten kann. Das jedoch wäre die Voraussetzung für die versprochenen 1 300 Arbeitsplätze am Standort Frankfurt (Oder).
Die Chipfabrik entpuppt sich also heute mehr denn je als eine schillernde Seifenblase zweier CDU-Wirtschaftsminister, deren fehlenden Inhalt sie ihren SPD-Ministerkollegen durch immer neue unhaltbare Versprechen schmackhaft machen wollen. Dabei ist es nur noch eine Frage der Zeit, wann diese Seifenblase mit lautem Knall zerplatzt.
Meine Damen und Herren, nach Einschätzung von Lizenzexperten und Branchenkennern wird Communicant nie und nimmer wirtschaftlichen Nutzen aus dem IHP-Know-how ziehen können, selbst dann nicht, wenn die entwickelte Technologie tatsächlich in eine effiziente Massenfertigung überführbar wäre.
Erstens: Communicant muss im Falle der wirtschaftlichen Umsetzung des Prozesses an Intel in jedem Fall 6 % vom Umsatz nicht etwa vom Gewinn - abführen, und zwar ohne jegliche Kündigungsmöglichkeit.
Chipsätze zu entwickeln und zu verkaufen, die mit IntelMikroprozessoren kompatibel sind. In einem solchen Fall fielen zusätzliche Lizenzgebühren an Intel an. Andernfalls könnte Intel Communicant verklagen, Patentrechte des Marktführers zu verletzen.
Drittens: Die Tatsache, dass Communicant nach den vorliegenden Verträgen nur Chips fertigen darf, die nicht mit Intel-Chips kompatibel sind, bedeutet, dass die Betreiberfirma neben Intel so gut wie keine Marktchancen hat.