Besonders auf der Zunge zergehen lassen muss man sich die Antwort der Landesregierung auf die Frage 32 zur Bedeutung der kommunalen Finanzausstattung für den Tourismus. Die Landesregierung antwortet hier:
„Die für die Entwicklung touristischer Infrastruktur in kommunalen Trägerschaften verfügbaren Förderprogramme erfordern in allen Fällen eine kommunale Beteiligung an der Finanzierung. Diese Beteiligung kann nur im Rahmen der kommunalen Finanzausstattung erfolgen...“
Nur, meine sehr verehrten Damen und Herren, die Kommunen haben angesichts der katastrophalen Kürzungspolitik dieser Landesregierung einfach dafür kein Geld mehr.
Summa summarum ist die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 61 nichts anderes als eine einzige nichts sagende Zusammenstellung zum Teil sich sogar noch widersprechender Allgemeinplätze. Auf so etwas können wir nun wirklich verzichten. - Ich bedanke mich.
Ich danke dem Abgeordneten Schuldt und gebe das Wort der Fraktion der CDU, Herrn Abgeordneten Bartsch.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Tourismus ist in Brandenburg ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Durch die Verbesserung des Radwegenetzes, durch die bessere Nutzung unserer Wasserstraßen, durch die Möglichkeiten, die die Seenlandschaft in Brandenburg bietet, und durch die vielen kulturellen Angebote verschafft dieser Wirtschaftszweig Tausenden Menschen einen Arbeitsplatz in dieser Region. Regionale Initiativen wie die „Flaeming-Skate“ haben sich weit über die Grenzen Brandenburgs herumgesprochen, locken zusätzliche Besucher ins Land.
Die Koalitionsfraktionen sind sich der Bedeutung des Tourismus für die Regionen des Landes und die wirtschaftliche Entwicklung bewusst. Trotz knapper Haushaltsmittel haben wir in den letzten Jahren bei den Beratungen im Parlament zum Haushalt die Zuführungen an die TMB gegenüber dem Haushaltsentwurf der Landesregierung erhöht. Mit den neuen tourismuspolitischen Leitlinien und den darin formulierten Zielen rücken nicht nur verschiedene touristische Gebiete in den Mittelpunkt unserer Politik, sondern auch der Thementourismus. Der Ökotourismus ist ein Feld des Thementourismus, wohl eines der umstrittensten Felder.
Die Landesregierung hat definiert, was sie unter Ökotourismus versteht. Die Definition ist aber nicht allgemein gültig. Aber auch die von der PDS herausgestellte Präferenz für diesen touristischen Zweig ist nicht unumstritten. So wagt mancher Be
obachter der Tourismusbranche die Aussage „Ökotourismus ist fast immer Etikettenschwindel“. So weit will ich nicht gehen, aber viele Angebote unter diesem Etikett sind nicht gerade naturfreundlich.
Meine Damen und Herren, in der letzten Woche - ich denke, viele von Ihnen haben den Beitrag des RBB gesehen - wurde in den Medien berichtet, dass das Land Brandenburg Touristen an Reisegebiete des Nachbarlandes Polen verliert. Als Grund für diese Abwanderung des touristischen Interesses wird der Umgang mit unseren Schutzgebieten gesehen. Die Position der CDU war es immer - wir halten diese Position nach wie vor für richtig -, dass Naturschutzpolitik für und mit den Menschen gemacht werden muss und nicht gegen sie.
Wenn die touristischen Angebote in den Schutzgebieten stark eingeschränkt sind und es dort schwer ist, Bootsausflüge zu machen oder zu angeln, wenn das Radwegenetz nicht in einen tourismusfreundlichen Zustand gebracht wird, werden die Menschen diese Gebiete nicht bereisen. Denn was sollen sie dort tun?
Die Landesregierung schreibt, dass man den Besuchern geführte Touren anbietet. Einige werden diese Touren gern nutzen, aber wenn man naturnahen Urlaub machen will, sucht man die Ruhe und nicht gerade Gruppendynamik.
Ich unterstütze daher die Aussage der Landesregierung in der Antwort auf Frage 6, dass man bestrebt ist, das Radwegenetz in den Schutzgebieten tourismusgerecht auszubauen. Hier ist das möchte ich deutlich unterstreichen - die Vernetzung der einzelnen Strecken sehr wichtig. Einzelstrecken mit einer Länge von 10 km sind wenig attraktiv.
Meine Damen und Herren, ich möchte gern auf die Frage 17 zu sprechen kommen. Hier wünscht die PDS Informationen zum Stand der Wegausschilderung im Land Brandenburg. Wie in der Diskussion zur Novelle der Bauordnung sehr deutlich geworden ist, ist die Beschilderung von touristischen Angeboten oder auch der Hinweis auf ein Unternehmen immer noch ein Problem im Land Brandenburg. Auffassung meiner Fraktion ist es, dass wir in diesem Bereich noch nicht die bestmögliche Lösung gefunden haben. Ich freue mich, dass die Landesregierung schreibt, dass hier Verbesserungen angedacht sind.
Das Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr hat bereits in der Sommerpause angekündigt, dass auf touristische Attraktionen in den Regionen auch an den Autobahnen besser aufmerksam gemacht werden soll. Ich hoffe, dass die interministerielle Arbeitsgruppe, die zu dieser Thematik eingesetzt ist, die erarbeiteten Vorschläge mit der TMB abstimmt und schnell zu Ergebnissen kommt. Der Ärger, den die jetzigen Regelungen für die Beschilderung bei den Gewerbetreibenden auslösen, macht es erforderlich, hier umzudenken.
Ich weiß, dass einige argumentieren, dass das Landschaftsbild durch die Beschilderung verschandelt wird, diese also einen Eingriff in die Natur darstellt. Ich möchte aber zu bedenken ge
ben, dass die zusätzlichen Abgase durch das Nichtauffinden des gewünschten Ziels einen gefährlicheren Eingriff in die Natur darstellen als einige zusätzliche Hinweisschilder.
Meine Damen und Herren, es ließe sich noch viel zur Thematik Tourismus sagen. Ich möchte das Thema auch gern breiter diskutieren, als hier von der PDS zur Aussprache vorgeschlagen ist. Für mich ist beispielsweise der Wassertourismus ein zentrales tourismuspolitisches Thema, mit dem sich die Landespolitik stärker auseinander setzen sollte. Hier liegen unglaubliche Potenziale. Aber wir müssen auch die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen.
Beispielsweise - dieses Thema haben wir in der vergangenen Woche im Wirtschaftsausschuss behandelt - fehlt es an Wassertankstellen. Nun mag es für Umweltfans nicht unbedingt ein Anliegen sein, zusätzliche Motorbootfahrer für unser Land zu gewinnen. Für meine Fraktion ist es aber eines. Durch diese Touristen werden auch Arbeitsplätze im Land Brandenburg geschaffen. Mit dem Ausbau des Wassertankstellennetzes tragen wir dazu bei, dass der Eingriff in die Natur durch diese Touristen möglichst gering ausfällt. Denn nicht unbedingt das Motorbootfahren schadet unseren Gewässern, sondern die unprofessionelle Betankung. Ich meine, die Ausschüsse sind die richtigen Orte, um das Thema Tourismus zu diskutieren und Vorschläge für weitere Verbesserungen zu erarbeiten. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke dem Abgeordneten Bartsch. - Ich gebe das Wort an die Landesregierung. Herr Minister Junghanns, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Thema Ökotourismus. In der Tat haben die Vereinten Nationen mit ihrem besonderen Anliegen das Jahr 2002 zum „Jahr des Ökotourismus“ ausgerufen und dabei das Verständnis der Welttourismusorganisation zugrunde gelegt, die unter Ökotourismus vor allem den Tourismus in naturbelassenen, unzerstörten Gebieten fasst. Dabei kommt einer aktiven Naturvermittlung bzw. der Umweltbildung ein besonderer Stellenwert zu. Diese Überschrift gibt den Rahmen. Aber man muss schon versuchen, für das Land Brandenburg eigene Inhalte zu finden bzw. diese Begriffswelt mit dem hiesigen Verständnis zu erweitern und zu qualifizieren. Ich will das tun, auch in der Reflexion auf das, was bis dato in der Diskussion gesagt worden ist.
Nähern wir uns einmal von der Subjektseite dem Ökotourismus, so bewegen wir uns im Spannungsfeld des Verständnisses: Ist der Ökotourist der Mensch, der sockenlos mit Korksandalen auf der Streuobstwiese liegend zwischen den Lippen Margaritenblüten dreht, also der Naturromantiker, der sich auch schutzlos der Mückenstechlust aussetzt, um damit seine besondere Naturverbundenheit unter Beweis zu stellen? Oder ist es der, der im Flecktarn mit Machete ausgerüstet, sich als Naturrambo betätigt, also gegen alle im Internet zusammengesammelten Naturgefahren gewappnet ist und sein Naturleben als Überlebenstraining tituliert?
Beide Typen gibt es auch in Brandenburg. Aber in Brandenburg lässt sich unter dieser Subjektbetrachtung der Ökotourismus nicht fassen. Diese Extreme füllen das Thema nicht aus, das uns so sehr am Herzen liegt. Ökotourismus umfasst nach unserem Dafürhalten das ganz normale Bedürfnis von immer mehr Menschen weltweit, so auch in unserer Region, ihre freie Zeit naturnah, naturverbunden und aktiv zu gestalten und zu verbringen.
Ich nehme gern die klugen Worte von Theodor Heuss zu Rate, der zum Tourismus einmal gesagt hat: Der Sinn des Reisens ist es, an ein Ziel zu kommen. Der Sinn des Wanderns per Rad, per pedes, zu Pferde, zu Boot ist, unterwegs zu sein. Danach ist das Ziel, Natur zu erleben. Natur ist in unserem Land Bewegungsraum für viele Mitmenschen. Ich möchte hervorheben: für junge und alte Menschen und vor allen Dingen für Familien, die in unserem Land zu Hause sind oder die unser Land besuchen.
Insofern beschränkt sich der Tourismus - das möchte ich betonen - nicht nur auf Schutz- und Großschutzgebiete, sondern erfasst den Umgang mit Natur im Allgemeinen, und die Akteure in der Branche sind sich dessen bewusst, dass man nicht den eigenen Ast absägt, auf dem man sitzt, wenn man mit dieser Marke für seine Erlebniswelt wirbt.
Frau Dr. Enkelmann, es ist ein Treppenwitz der Geschichte, wenn Sie im Zusammenhang mit den aktuellen Diskussionen um das Naturschutzgesetz ein Indiz dafür gefunden haben wollen, dass sich die CDU im eklatanten Widerspruch zu den Naturschutzinteressen auf der einen Seite und den touristischwirtschaftlichen Interessen auf der anderen Seite bewege, indem sie die gegenwärtige Kritik an einzelnen Passagen des Naturschutzgesetzes laut werden lasse. Im Gegenteil! Ich möchte noch einmal klarstellen: Diese Auseinandersetzung, wenn sie denn überhaupt so stattfindet, wie Sie sie beschreiben,
wird nicht über die Frage, Naturschutz ja oder nein geführt, sondern über die Frage der angewandten Instrumentarien naturschutzrechtlicher Regelungen, um damit das Verständnis für Naturschutz zu erhöhen.
Sie werden auch verschiedene Hinweise dafür finden, dass sich Ökotouristikorganisatoren stark an naturschutzrechtlichen Regelungen schrammen, wenn es darum geht, touristische Nutzungen in Gang zu setzen, und man dabei im Einvernehmen handeln soll, also die genehmigende Behörde sich mit der mit Naturschutz befassten Behörde über das wirtschaftliche Interesse zu einigen und der Unternehmer der Tourismusbranche es wirtschaftlich auszutragen hat. Das ist ein Thema, das wir an anderer Stelle noch zu diskutieren haben.
Es ist auf alle Fälle überhaupt nicht akzeptabel, dass Sie hier versuchen, an dieser Front eine Widersprüchlichkeit in der klugen Politik der CDU zu erkennen.
Das Gegenteil ist der Fall. Die vorliegende Beantwortung der Frage - das darf ich an dieser Stelle ein wenig zusammenfassen - gibt einen Hinweis darauf, welche Entwicklungen sich in unserem Land vollziehen.
Wenn es um Maßnahmen und Aktivitäten geht, die an verschiedenen Stellen angefragt worden sind, dann möchte ich für alle Beteiligten noch einmal klarstellen: Angebote, wenn es um touristische Übernachtungen oder andere Leistungen geht, machen die Akteure der Branche. Die Angebote und die Maßnahmen, die wir auf Landesebene zu realisieren haben - ich komme darauf noch zu sprechen -, sind solche, die die Angebote von Akteuren der Tourismusbranche miteinander in einer Form vernetzen, dass sie in der Region und über die Region hinaus handelbar und anbietbar sind. Diese Maßnahmen machen wir natürlich mit besonderer Verve und mit besonderem Engagement.
Die Tourismus- und Marketing GmbH Brandenburg hat mit der Kampagne „Lust auf NaTour“ im deutschen Kontext ein wirklich akzeptiertes und angenommenes Produkt in die Welt gestellt, das deutschlandweit Beachtung gefunden hat. Es ist vom Bundesministerium für Wirtschaft als führendes Angebot im Jahr des Ökotourismus bewertet worden.
Welchen Stellenwert diese Angebote eines naturverträglichen und naturnahen Tourismus haben, möchte ich an folgenden Eckzahlen deutlich machen:
1,3 Millionen Übernachtungen werden insbesondere im ländlichen Raum und in naturnahen Angebotskategorien registriert. Eine spezielle Umfrage im Rahmen der landesweiten permanenten Gästebefragung hat ergeben, dass bei über 90 % der Gäste unseres Landes beim Landurlaub insbesondere die Aspekte Natur, Wald, Landschaft, familiäre heimische Atmosphäre, Ruhe, Erholung, Freizeit in der Natur Spitzenplätze einnehmen.
Aussagen über die Besucherzahlen in den Großschutzgebieten können gegenwärtig zwar nur die betreuten Einrichtungen erfassen, aber sie sind eindrucksvoll. 1 666 Naturführungen und Erlebnisveranstaltungen mit 34 173 Teilnehmerinnen und Teilnehmern wurden durchgeführt. 15 Jugendtreffen haben stattgefunden. 180 Projekttage waren zu erleben. Aus Schulen haben 4 521 Jugendliche diese Angebote genutzt. Es ist gut darstellbar, dass dieses Angebot, Natur in Brandenburg zu erleben, eine große Resonanz findet.
Dazu gehören natürlich insbesondere die vom Vorredner dargestellten Notwendigkeiten zur Vernetzung der Angebote, wenn es darum geht, Wassertourismus oder Radtourismus zu gestalten und zu überregionalen Zielen zu führen und diese verschiedenen Verkehre, die Lebensadern des Tourismus, auch mit Ausschilderungen zu sichern.
Ich bin der Überzeugung, dass das Thema „Lust auf Natur“ ich bin auch kein Freund des Begriffs Ökotourismus - zu einem Markenzeichen unseres Landes werden kann auf dem Weg zu unserem Ziel, nicht permanent auf dem Niveau der Gästebefragung bzw. der Gästefrequentierung stehen zu bleiben, sondern im überregionalen Wettbewerb um Touristen in unserem Land noch bessere Ergebnisse zu erzielen. Deshalb ist die Schlussfolgerung, die dazu führen soll, diese Produkte auf Landesebene wieder gängig zu machen, dass wir uns auf Angebotsschwerpunkte verständigen müssen.
Es gibt eine Initiative, die schon länger diskutiert wird, nämlich die Wassersportinitiative in Nordbrandenburg. Das kann wirklich einmal zu den großen Themen unseres Landes werden.
Jetzt kann ich doch aber die Erfolgsaussichten dieses Themas nicht daran messen, wie viel Naturschutzwacht- oder Lehreinrichtungen ich noch habe.
Die Struktur dafür bieten der Tourismusverband des Landes Brandenburg und die kreislichen Einrichtungen. Meine Erwartung an diese Einrichtungen ist, dass sie von der Landkreisbetrachtung weggehen und im Rahmen eines räumlichen Gesamtverständnisses zur Zusammenarbeit finden. Deshalb ist es auch mein Anliegen, nicht etwa durch die Bündelung der Tourismusaktivitäten im Wirtschaftsministerium der Große der Tourismuswirtschaft zu sein, sondern mir liegt daran, im tiefen Verständnis für die Verflochtenheit der Maßnahmen in dieser Branche dafür Sorge zu tragen, dass das weiterhin eine ressortübergreifende Aufgabe bleibt.
Wenn der straßenbegleitende Radweg einer ist, der beim Verkehrsressort angesiedelt ist, und der durchs Dorf führende Radweg bei der Dorfentwicklung angesiedelt ist, dann sehe ich meine besondere Verantwortung darin, in der interministeriellen Arbeitsgruppe sicherzustellen, dass diese einzelnen Versatzstücke der Radwanderwege zu überregionalen Wegen zusammengeführt werden. Das ist leistbar.
Das ist leichter umzusetzen, als darum zu streiten, das Budget, das ich eventuell für Radwege einsetzen könnte, vom Verkehrsminister zu bekommen. Er kann planungs- und finanztechnisch viel besser regeln, dass im Zuge des Neubaus einer Straße auch ein Radweg vorgesehen wird. Da bin ich also dezidiert anderer Auffassung als Sie.
Wir müssen interministerielle Arbeit leisten. Die Verantwortung des Landes ist es, die „Kleinstaaterei“, Radwege nur bis zur Kreisgrenze zu bauen, zu verhindern. Deshalb mache ich auch kein anderes Förderprogramm, um diese Frage zu beantworten. Das jetzige Programm lässt es schon zu, zwar nicht jeden Wunsch unter Schmerzen zu erfüllen, aber die Verbindungslücken zu füllen.