Protocol of the Session on September 25, 2003

Darüber hinaus wurden die Marketinginstrumente der

Tourismus-Marketing Brandenburg (u. a. in den Reise- journalen 2002 und 2003) genutzt, um Naturreisen in Brandenburg in den deutschlandweiten Fokus zu bringen. Insbesondere im Bereich des Berliner Marktes ist es durch gezielte Pressearbeit gelungen, das Thema 'Lust auf Natur' in Brandenburg zu platzieren.“

Die Fragen und die Antworten machen eines sehr deutlich: Die Tourismuswirtschaft Brandenburgs wirtschaftet mit und in der Natur. Folgt der Leser den Fragen und den Antworten, so gewinnt er den Eindruck, dass es nur auf die Verwaltungen von Naturparks, Großschutzgebieten und anderen Gebieten ankommt, wenn es darum geht, dass der Naturtourismus in Brandenburg eine Basis hat und sich entwickelt.

Ich möchte das ernsthaft bezweifeln, denn all die Fragen und Antworten drehen sich in Wirklichkeit viel stärker um den Begriff der nachhaltigen Tourismusentwicklung in Brandenburg. Nach vielen Diskussionen und eigenem Erleben vertrete ich immer mehr die Auffassung, dass Wirtschaftlichkeit, soziale Verantwortung und der Schutz der Natur nur dann zum Tragen kommen, wenn die Menschen, die hier wirtschaften - jeder Einzelne, auch wir im Bereich der Abgeordneten -, dafür Verständnis aufbringen.

Im März 2002 gründeten solche Spitzenverbände wie der ADAC, der Deutsche Tourismusverband und der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband den Viabono-Trägerverein. Das Ziel des Viabono-Trägervereins ist es, eine wirksame Förderung des nachhaltigen Tourismus in Deutschland zu etablieren. Unter der Marke „Viabono“ wird die Nachfrage nach umweltorientierten Reiseangeboten gebündelt und verstärkt. Die vom Bundeswirtschaftsministerium unter anderem unterstützte Gesellschaft Viabono GmbH vergibt Lizenzen an Hotels, Campingplätze und Ferienwohnungen, die, streng geprüft, den Gästen die Gewissheit von Qualität, von mehr Natürlichkeit und mehr Genuss beim Reisen in Deutschland geben.

Ich erwähne diese Initiative nur, um zu verdeutlichen, dass touristische Angebote auch im Sinne der Nachhaltigkeit gemacht und nachgefragt werden können. Das lässt sich nur schwer - ich glaube, auf Dauer gar nicht - anordnen. Es ist eben für ein Hotel einfacher, die Kräuter beim Großhandel zu holen, als seinen eigenen Kräutergarten anzulegen und zu pflegen oder mit regionalen Anbietern stabile Lieferbeziehungen zu pflegen. Selbst für uns hier im Haus ist es oft schwierig, wirtschaftliche Entwicklung, die wir alle wollen, auch im Tourismus, im Sinne von Nachhaltigkeit zu verstehen und zu diskutieren.

Die Frage 4 lautet:

„Welche Möglichkeiten müssen geschaffen werden, um Natur 'zu begreifen'?“

Diese Frage ist für mich schwer zu verstehen. Ich hoffe, dass es mehr Möglichkeiten gibt als die, die die Landesregierung in ihrer Antwort aufgezählt hat. Natürlich bedürfen insbesondere die freien Verbände einer besonderen Anerkennung, auch wenn deren finanzielle Ausstattung seitens des Landes gering bzw. manchmal gar nicht vorhanden ist. Das deckt sich wieder mit dem, was ich vorher sagte: Es ist viel wichtiger, den Begriff der Nachhaltigkeit bei den Menschen als Bedürfnis zu wecken, als Institutionen zu finanzieren, die anderen erklären, was nachhaltig ist, ohne selbst ökonomisch zu wirtschaften. Dieser

Widerspruch wird immer wieder deutlich und führt letztlich zu einer Kontrastellung dieser beiden Interessengruppen.

Die Gäste im Rahmen des Landurlaubs erwarten in Brandenburg - das hat eine Umfrage gezeigt - Natur, Wald, Landschaft, familiäre Atmosphäre, Ruhe, Erholung, Freizeit in der Natur. 90 % der Befragten gaben das im Rahmen einer Gästebefragung als ihre Erwartungen an. Die Segmente Radtourismus, Wassertourismus und Reittourismus gehören zu den wichtigsten Standbeinen der Tourismuswirtschaft in Brandenburg. Gut ausgebaute Radwege und Radwegesysteme im Nationalpark Unteres Odertal, im Biosphärenreservat Spreewald, im Naturpark Niederlausitzer Heidelandschaft erschließen diese Gebiete für Radfahrer. In anderen Gebieten sieht es noch nicht so gut aus.

Als beispielgebend für die Verbesserung der touristischen Infrastruktur im Wassertourismus werden die Aktivitäten im Naturpark Uckermärkische Seen eingeschätzt. Das System von Informationstafeln und Hinweisschildern, Pegelmess- und Informationssystemen zum Pegel sowie Biwakplätzen mit Toiletten ist beispielhaft für unser wasserreiches Land. Dass diese Systeme privat finanziert wurden, nämlich vom WWF, sei hier besonders erwähnt.

Interessant ist die Antwort auf die Frage zum Reittourismus. Nach der Novellierung des Landeswaldgesetzes wird das Reiten auf allen Wegen, ausgenommen Rad- und Wanderwegen sowie gesondert gesperrten Wegen, gestattet sein. Wir hoffen, dass dann die seit Jahren vor Ort bestehenden Konflikte gelöst werden können. Viele Reiterhöfe haben sich für eine Verbesserung dieser Wirtschaftsbedingungen eingesetzt, haben mit uns gesprochen und hoffen auf unsere Unterstützung. Wie in vielen Bereichen ist die Verständigung, die Zusammenarbeit der Akteure vor Ort, die Grundlage für die Weiterentwicklung des Reittourismus in Brandenburg.

Die wirtschaftlichen Möglichkeiten in dieser Branche sind noch nicht ausgeschöpft. Brandenburg hat beim Landurlaub im Vergleich zum Bundestrend noch Wachstumspotenziale. Nach Angaben von pro agro, Verband zur Förderung des ländlichen Raumes im Land Brandenburg e. V., gibt es für den Landurlaub 6 300 Betten, davon 2 140 in landwirtschaftlichen Betrieben. Vielleicht ist nach diesem Sommer auch eine Möglichkeit darin zu suchen, sich noch mehr darauf zu orientieren, um die Verluste in der ländlichen Produktion durch Einnahmen in der Tourismuswirtschaft zu kompensieren. Herr Helm, nehmen Sie es mir nicht übel: Manch ein Landwirt würde wirklich dringend gebraucht, um in seinem Dorf auf dieser Ebene tätig zu werden, denn das würde zur Verschönerung unserer Dörfer beitragen. Die Maschinen und die Kenntnisse sind bei diesen Unternehmen ja vorhanden. Warum wir dann aber nur einen Anteil von 0,4 % haben - bundesweit beträgt er 5,2 % -, muss dringend untersucht werden. Allein die Aussage, wir hätten da noch Wachstumspotenziale, reicht bei solch einem Missverhältnis nicht aus.

Die Frage nach der Marketingstruktur führt zur TMB, dem LTV und unseren 13 Reisegebietsorganisationen. Es wird festgestellt, dass das Marketing deutlich verbessert wurde, und bemerkt - hören Sie jetzt genau zu -, dass die Organisationsstruktur deutlich optimiert werden muss. Im Mittelpunkt dieser Optimierung sollen die Reisegebiete stehen - so glaube ich jedenfalls den Satz zu verstehen -, sie sollen eigene wirtschaftlich

vermarktbare Angebote erstellen oder an solchen Vorhaben mitwirken. Das ist nämlich die große Schwäche unserer Reisegebiete, dass das mit ihrer Leistungskraft bisher nicht erreichbar ist. Deswegen sind Tendenzen zur Zusammenarbeit, zur Vernetzung dieser Institutionen immer richtig, auch wenn es 13 Reisegebiete sind, die wir alle mal wollten.

Unter der Überschrift „Schlussfolgerungen“ hat der Fragesteller den Versuch unternommen, über die Antworten Entwicklungstendenzen im Tourismus mit Forderungen an die Landespolitik zu verbinden. Dabei kommt es in der Antwort der Landesregierung sehr oft - viel zu oft - zu Pauschalsätzen wie:

„Die Nachfrage nach naturnahem Tourismus wird sich, auch aufgrund wachsender Angebote, weiter positiv entwickeln.“

Sehr bedeutsam, dieser Satz! Meine Damen und Herren, da stellt sich doch die Frage: Was sind das für Angebote, wer macht sie? - Eine Antwort darauf gibt es nicht.

Hier kommen meiner Meinung nach sowohl in den Fragen als auch in den Antworten die wirtschaftlich tätigen Akteure viel zu kurz. Wie geht es zum Beispiel einem Unternehmen, das Ziegen hält, aus Ziegenmilch Käse herstellt und seine Produkte direkt vermarktet? Welche Auswirkungen hat diese Tätigkeit auf die Tourismuswirtschaft vor Ort? Wie kommt das Unternehmen mit der Naturparkverwaltung zurecht? Wie sehen die Konflikte der Tourismuswirtschaft und des Naturschutzes aus? Wie geht es Fischern und Landwirten im Spannungsfeld zwischen dem Erhalt der Kulturlandschaft und dem Naturschutz?

Wir alle hören von Auseinandersetzungen, von unüberbrückbaren Konflikten zwischen Wirtschaft, der Tourismuswirtschaft im Besonderen, und dem Naturschutz mit seinen Institutionen. Die Große Anfrage geht leider darauf nicht ein. Wir alle wissen von diesen Grundkonflikten, die letztlich ihre Ursache darin haben, dass die Tourismuswirtschaft besonders die Kulturlandschaft und eine artenreiche Natur benötigt, aber die Nutzung oft schädigende Auswirkungen auf Flora und Fauna hat. Das kann man auch nicht durch einen Begriff, wie „Ökotourismus“ verschleiern. Nicht staatliche Organisationen haben darauf auch international hingewiesen.

Wir Abgeordneten ändern demnächst eine Reihe von Gesetzen, die direkte Auswirkungen auf den Umgang mit der touristischen Basis, nämlich unserer Natur, in Brandenburg haben. Vieles - was auch immer, denke ich - soll unbürokratischer werden. Interessant dazu sind die Frage 22 und die Antwort darauf. Es wird gefragt:

„Wie soll aus Sicht der Landesregierung bei der... Novellierung wichtiger Gesetze mit Bezug zur Natur, wie dem Naturschutz-, Wald-, Jagd-, Wasserhaushaltsgesetz und der Bauordnung gesichert werden, dass sich die infrastrukturelle Erschließung mit der Bewahrung des naturräumlichen Potenzials in Übereinstimmung befindet?“

In der Antwort dazu heißt es unter anderem:

„Mit der jeweiligen Novellierung ist keine Änderung bzw. Verschlechterung vorgesehen.“

Was können wir mit diesem Satz der Landesregierung anfangen?

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Sie beim Wort nehmen!)

Betrachten wir nur die schon beschlossene Novellierung der Brandenburgischen Bauordnung, so stellen wir fest, dass dort zum Beispiel der Bau privater Bootsstege genehmigungsfrei gestellt wird. Was hat das für Auswirkungen? Wirklich keine Verschlechterung oder Veränderung der bestehenden Situation? Ich kann das nicht bestätigen. In den letzten Jahren entstand insbesondere an den Ufern der Bundeswassersstraßen, an wunderschönen Seen, in Städten und Dörfern eine Vielzahl von privaten Bootsstegen. Da wurden Uferzonen mit Toren und Maschendraht, mit Stacheldraht verbaut und die Gemeinden hatten keine Möglichkeit, über das gemeindliche Einvernehmen auf diese landschaftszerstörenden Bauten Einfluss zu nehmen.

Den Gemeinden wird empfohlen: Regelt das doch über Satzungen oder Bauleitplanungen. - Der Versuch geht fehl. Wer soll die Kosten dafür tragen? Des Weiteren haben die Bauten ja auch noch Bestandsschutz.

Ich spreche hier nicht gegen Bootsstege, ich bin sogar der Meinung, dass zentrale Bootsanleger in vielen Orten dringend notwendig sind. Es geht um die landschaftszerstörende Wirkung solcher Schandbauten. Es hat niemand das Recht, unsere Uferzonen einzuzäunen und den Gästen den Eindruck zu vermitteln, wir wären so rücksichtslos und achteten unsere Natur nicht.

Gerade aus südlichen Bundesländern wird immer wieder gesagt: Achtet darauf, dass diese Uferzonen, diese wunderschönen Seen erwander- und erlebbar bleiben. - Wir haben da missliche Erfahrungen gemacht.

(Beifall bei der SPD)

Im Landeswaldgesetz, meine Damen und Herren, gibt es ähnliche Dinge.

Herr Abgeordneter Kliesch, fangen Sie kein neues Thema mehr an, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Die Erhöhung der Zahl der Kahlschlagsflächen muss verhindert werden. Auch die Bootsstege müssen genehmigungspflichtig im Sinne des Naturschutzgesetzes bleiben. Einigen wir uns darauf.

Zum anderen müssen wir feststellen - damit schließe ich -, dass all diejenigen im Tourismus, die privat wirtschaften, mehr Aufmerksamkeit unsererseits bedürfen. Wir setzen uns immer mit Folgendem auseinander: Zuerst werden diejenigen unterstützt, die wirtschaftlich selbstständig aktiv tätig sind, und dann diejenigen, die von der Administration eingestellt sind, um die Verwaltung auszuführen. - Danke sehr.

(Beifall bei der SPD - Frau Dettmann [SPD]: Das ist rich- tig!)

Ich danke dem Abgeordneten Kliesch und gebe das Wort an die Fraktion der DVU, Herrn Abgeordneten Schuldt.

Ehe Herr Schuldt vorn ist, kann ich wieder junge Gäste im Landtag begrüßen. Sie kommen vom Steenbeck-Gymnasium in Cottbus. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Bitte schön, Herr Schuldt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Tourismus in Brandenburg ist ein Wirtschaftsfaktor. Er hat sich inzwischen zu einer tragenden Säule der brandenburgischen Wirtschaft entwickelt. Die Branche erwirtschaftet inzwischen einen jährlichen Bruttoumsatz von rund 2,55 Milliarden Euro und mehr als 90 000 Brandenburgerinnen und Brandenburger beziehen ihr gesamtes Einkommen oder zumindest einen Teil davon aus dieser Branche. Deshalb muss aus Sicht eines an wirtschaftlichen Ergebnissen orientierten Tourismus eine Konzentration auf Tourismusarten und touristische Projekte erfolgen, die umsatzstark, wachstumsstark und imageprägend für Brandenburg sind, die national und international auf Resonanz stoßen, die interessante Nischen erschließen und dafür die besonderen Potenziale Brandenburgs nutzen.

Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage 61 der PDS-Fraktion leistet zur Evaluierung dieser Projekte und Produkte allerdings keinen Beitrag. Ich gebe Ihnen dafür einige Beispiele.

Auf Frage 7 nach der Entwicklung natur- und landschaftsverträglicher Angebote im Bereich Urlaub auf dem Bauernhof wird mitgeteilt, dass es bei diesen Urlaubs- und Freizeitformen eindeutig Wachstumspotenziale gibt. Welche Maßnahmen zu deren Steigerung ergriffen werden sollen, teilt die Landesregierung allerdings nicht mit.

Auf Frage 8, wie viele Arbeitsplätze mit dem Aufbau des Ökotourismus entstanden sind, kann die Landesregierung noch nicht einmal eine Antwort geben.

Auf Frage 11 zu gemeinsamen regionalen Entwicklungskonzepten teilt die Landesregierung mit, dass Reisegebiete eine erfolgreiche Vermarktung benötigen. Es wird weder mitgeteilt, wie eine solche Vermarktung stattfinden soll, noch, bei welchem Reisegebiet welche Strategie Anwendung finden soll.

Frage 12, welche Regionen in Zukunft besondere Unterstützung der Landesregierung benötigen, wird überhaupt nicht beantwortet, ebenso wenig Frage 13, mit welchen Maßnahmen eine Vernetzung regionaler touristischer Angebote bewirkt werden soll.

Die langwierige Ausführung auf Frage 14 nach gezielter Brandenburger Tourismuswerbung sagt nicht das Geringste über den Erfolg der durchgeführten Werbemaßnahmen aus.

Auf Frage 16 bleibt man die Antwort schuldig, wie die Landkreise ihre Aufgaben im „Jahr des Ökotourismus“ wahrgenommen haben.

Auf Frage 23 nach den zukünftigen wirtschaftlichen Potenzialen des Ökotourismus kann ohne konkrete Zahlen geantwortet werden.

Besonders auf der Zunge zergehen lassen muss man sich die Antwort der Landesregierung auf die Frage 32 zur Bedeutung der kommunalen Finanzausstattung für den Tourismus. Die Landesregierung antwortet hier: