Protocol of the Session on August 28, 2003

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag „Zur Stabilisierung und Weiterentwicklung der Hochschulen im Land Brandenburg“ vom Mai 2001 fordert die jährliche Berichterstattung. Das ist gut so, denn Bildung und Wissenschaft nehmen im Land Brandenburg einen herausragenden Stellenwert ein. Das ist auch daran zu erkennen, dass trotz der angespannten Haushaltslage weitere Einsparungen im Wissenschaftsbereich verhindert werden konnten.

Meine Damen und Herren, die jährliche Berichterstattung nützt aber nur wenig, wenn nicht alle Bereiche in ihrer Entwicklung

beleuchtet werden. Vier inhaltliche Punkte umfasst der Antrag und mit einiger Enttäuschung muss festgestellt werden, dass hier nur eine Auswahl getroffen wurde, statt umfassend die jährliche Entwicklung darzustellen und fortzuschreiben.

So vermisst die SPD-Fraktion die detaillierte Ausführung zu Punkt 3 des Antrags. Er zielt auf ein engeres Zusammenwirken von Wissenschaft und Wirtschaft und bittet die Landesregierung, die anwendungsbezogene Forschung an den Hochschulen als wichtigen Bestandteil der regionalen Wirtschaftsförderung anzuerkennen. Besonders wichtig dabei sind die Förderung und Pflege intensiver Kooperationsbeziehungen zwischen Hochschulen und Wirtschaftsunternehmen. Die Tatsache, dass nichts dazu berichtet wurde - auch Frau Ministerin hat in ihrem Redebeitrag das Problem nur mit einem Satz gestreift -, muss nun aber nicht bedeuten, dass nichts unternommen wurde. Insofern möchten wir der Landesregierung Gelegenheit geben, über ihre Erfahrungen in diesem Zusammenhang zu berichten. Ich kann hier ankündigen, dass wir die Landesregierung bitten werden, bis zur Oktober-Sitzung des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kultur die fehlenden Informationen nachzuliefern. Insbesondere ist die SPD-Fraktion an Antworten zu folgenden Fragen interessiert:

Welche Maßnahmen hat die Landesregierung in den vergangenen zwei Jahren eingeleitet, um die regionale Wirtschaft enger mit den Hochschulen zu verknüpfen? Gibt es entsprechende Änderungen bei Wirtschaftsförderprogrammen? Wie wurden neue Kooperationen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft gefördert? Welche Probleme gibt es beim Zusammenwirken von Hochschulen und der Wirtschaft oder bei der Vergabe von Forschungs- und Entwicklungsaufgaben seitens der Wirtschaft an unsere Hochschulen?

In Punkt 2 des Antrags wurde die Abstimmung von Brandenburger Studienangeboten mit Berlin gefordert. In der Einleitung des Berichts erfahren wir auch, dass dies kontinuierlich geschieht. Schade, dass die Zusammenarbeit mit Berlin nicht genutzt wurde, um ein gemeinsames Lehrerbildungsgesetz für beide Länder auf den Weg zu bringen und dadurch die notwendige Kooperation mit Berlin zu vertiefen. Zur Reform der Lehrerbildung wurde in Brandenburg eine Expertengruppe eingesetzt, in der auch ein Vertreter der Berliner Senatsverwaltung mitgewirkt hat. Diese Expertengruppe sollte Empfehlungen für Gespräche mit Berlin über die Möglichkeit einer gemeinsamen Lehrerbildung in beiden Ländern erarbeiten.

Während Berlin kürzlich einen Gesetzentwurf zur Lehrerbildung vorgelegt hat, wird in Brandenburg geprüft und geprüft, derweil die Hochschulen an Förderangeboten für Studierende basteln, um auszugleichen, was an Brandenburger Schulen wegen vieler Umstände - vielleicht auch in der Lehrerbildung nicht klappt.

Erfreut konnten wir zur Kenntnis nehmen, dass inzwischen über 37 000 Studierende an unseren Hochschulen eingeschrieben sind. Die Nachfrage ist ungebrochen, nicht zuletzt wegen neuer, innovativer Studiengänge. Aber das wurde von meinen Vorrednern schon ausgeführt.

Unser Augenmerk richten wir weiterhin auf gute Studienbedingungen. Unser Ziel sind gut ausgebildete Hochschulabsolventen - möglichst in der Regelstudienzeit. Betreuungsrelationen, Ausstattung und Öffnungszeiten von Bibliotheken und Labo

ren, Fremdsprachenangebote und Leistungen der Studentenwerke sind ebenfalls wichtige Voraussetzungen für ein Studium in der Regelstudienzeit. Sie machen die Hochschulen attraktiver, nicht nur für Brandenburger, sondern auch für ausländische Studierende. Deshalb sollte auch niemand bei der Haushaltsaufstellung auf die Idee kommen, in diesen Bereichen Kürzungen vornehmen zu wollen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke auch. - Bevor ich dem folgenden Redner das Wort erteile, möchte ich Gäste aus der Stadt Brandenburg herzlich begrüßen, die an unserer heutigen Plenarsitzung teilnehmen. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Nun geht das Wort an den Abgeordneten Claus. Er spricht für die DVU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Herr Dr. Niekisch, wie Sie gestern richtig bemerkten, sind wir flexibel. Sie wissen, dass Herr Nonninger, der Mitglied in dem betreffenden Ausschuss ist, erkrankt ist. Deshalb habe ich die Rede hier übernommen.

(Beifall bei der DVU)

Gemäß dem Beschluss vom Mai 2001 sind die Wirtschaft und die Industrie aufgefordert worden, das Hochschulsystem als maßgeblichen Bestandteil der Brandenburger Wissenschaft und Forschung zu stärken und weiterzuentwickeln. Der Bericht enthält zwar viele Allgemeinplätze, aber ich vermisse leider exakte Angaben darüber, welche konkreten Beiträge Wirtschaft und Industrie geleistet haben sollen.

Ich möchte seitens unserer DVU-Fraktion betonen, dass es doch in erster Linie Aufgabe des Staates ist, für ein funktionierendes Hochschulsystem zu sorgen. Dafür sind auch die notwendigen finanziellen Mittel bereitzustellen. Entscheidend ist bei allen Reformen der Landesregierung, ob die Verbesserung der Situation erreicht wurde.

Der diesjährige Bericht ist untergliedert in vier Themenpunkte. Der erste Punkt geht auf die Lehrerbildung ein. Dort steht nur - was eigentlich schon jeder weiß -, welche Voraussetzungen die Lehrer erfüllen müssen, wo sie was studieren können und wie die Landesregierung versuchen will, junge Brandenburgerinnen und Brandenburger für den Lehrerberuf zu gewinnen.

In Punkt 2 gehen Sie auf die Entwicklung an den Hochschulen in Brandenburg ein. Dort berichten Sie hauptsächlich über die Bachelor- und Masterstudiengänge, ebenso über die Rahmenbedingungen für Studenten. Dort steht zum Beispiel, wie viel Mahlzeiten im Jahr 2002 ausgegeben wurden, wie viel Wohnplätze es gab, wie hoch die Mieten sind usw.

In Punkt 3 geht es um die Stärkung der Hochschulautonomie und um Delegierungen. Sie schreiben von der Lehrverpflichtungsverordnung, die ab Oktober 2002 in Kraft ist, und legen

dar, dass die Entscheidungsbefugnis jetzt in vollem Umfang an die Hochschulen übertragen wurde.

Des Weiteren berichten Sie über die Hochschulpersonalzuständigkeitsverordnung und über die Übertragung der Befugnisse von Professorenstellenvertretungen auf die Hochschulen. Damit können die Hochschulen selber die Personalwirtschaft sicherstellen, sodass sich das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur jetzt dort herauszuhalten hat. Das gibt es schon seit Juli 2001.

In Punkt 4 geht es um die Stärkung der Finanzautonomie der Hochschulen. Dort geht es darum, dass es jetzt mehr Wettbewerb zwischen den Hochschulen über das leistungsorientierte Verteilungsmodell geben wird, also über die Grundzuweisungen, leistungsbezogene Zuweisungen und über die Zuweisungen für Strukturentwicklung.

Man kann sagen, dass das eigentlich ein umfangreicher Bericht ist. Dieser Bericht müsste aber auch an Lehrer im Land Brandenburg verteilt werden, sodass auch sie sich weiterbilden und qualifizieren können. Ebenso muss dieser Bericht an den Hochschulen ausgelegt werden, sodass auch die Hochschüler davon erfahren, und darf nicht nur an wenige Stellen verteilt werden.

Der Erfolg der Hochschulen muss sich letztlich daran messen lassen, ob die Hochschulabsolventen im nationalen wie auch im internationalen Vergleich hervorragende Leistungen erbringen und ob der allgemeine Bildungsstandard der Bevölkerung angehoben wird.

Minister Reiche würde jetzt zu diesem Thema sagen: „Lebenslanges Lernen“. Wir leben in einer Zeit, in der Bildung und Ausbildung den höchsten Stellenwert haben. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält die CDU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Dr. Niekisch.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es liegt vor der Dritte Bericht der Landesregierung zur Umsetzung des Beschlusses des Landtags von Brandenburg zur Stabilisierung und Weiterentwicklung der Hochschulen unseres Landes.

Ich kann feststellen: Beide Anforderungen, um die es hier geht, sind erfüllt worden. An ihnen wird mit Hochdruck und in guter Qualität gearbeitet. Wir haben stabilisiert, weiterentwickelt und gestärkt, und das Ministerium für Wissenschaft unter Führung der Ministerin, vor allen Dingen die Wissenschaftsabteilung, hat in Zusammenarbeit mit den Hochschulen und den Fachhochschulen in den letzten Jahren unglaublich viel geleistet und aus einer Mark und einem Euro oftmals einen mehrfachen Nutzeffekt für die Wissenschaft, für die Forschung und für die Studenten des Landes herausgeholt. Das kann, glaube ich, nicht oft genug unterstrichen werden.

Wir haben stabilisiert und weiterentwickelt bei der Lehrerbildung in Brandenburg, bei den Studienbedingungen an den

Hochschulen des Landes, bei der Stärkung der Hochschulautonomie und natürlich auch der Finanzautonomie der Hochschulen. Denn es gibt wohl nichts Schöneres als eine Hochschule, die auf eigenen Füßen steht. Ich habe immer noch die Modelle aus vorigen Jahrhunderten, die ich einmal studiert habe, vor Augen. Zum Beispiel hatte die Universität in Leipzig eigene Dörfer, eigene Wirtschaftsunternehmen, konnte völlig frei wirtschaften und damit auch Stellen schaffen. Es wäre schön, wenn wir in Zukunft ein Stück weit dazu zurückfänden.

Auch bei der Lehrerbildung, die qualifiziert und weiterentwickelt wurde, ist ein großer Schritt getan und ein Beitrag zur Beseitigung der PISA-Schande für das Land Brandenburg geleistet worden. Es sind die Ausbildungsgänge wie Lehramt für die Bildungsgänge Sekundarstufe I und Primarstufe an allen allgemein bildenden Schulen, an Gymnasien, Lehramt für berufliche Schulen und auch für Sonderpädagogik ausgebaut worden. Man kann sagen, dass die Potsdamer Universität, die hier eine durchaus gute Tradition hat, ihren großen Profilbereich gefunden und sich mit der Lehrerbildung profiliert hat. Wir haben in der Unterrichtspraxis den Schwerpunkt der Reflexion bei der schulpraktischen Ausbildung verstärkt. Alle Studienseminare nehmen seit dem Jahr 2000 in der Regel zweimal jährlich Lehramtskandidaten auf. Die Reform der Lehrerbildung kann ich jetzt nicht im Einzelnen referieren. Die Lehrerbildung ist sehr stark flexibilisiert und modularisiert worden. Vor allen Dingen das an der Universität Potsdam 2003 eingerichtete Zentrum für Lehrerbildung hat sich sehr gut und sehr erfolgreich entwickelt.

Zur Entwicklung der Studienbedingungen an unseren Hochschulen: Man kann sagen, dass unser Studienangebot nicht nur moderner, sondern auch vielfältiger geworden ist. Es gibt zum Studienjahresbeginn 2002/03 immerhin eine Steigerung von 131 auf 143 Studiengänge. Wir haben also noch Dinge hinzubekommen, ob es Phonetik, Sozialarbeit, Architektur, Medieninformatik oder Kulturwissenschaften sind. All das kann man jetzt auch im Land Brandenburg studieren. Damit binden wir aus dem In- und Ausland qualifizierte Studenten an uns.

Auch der Betreuungsschlüssel Student/wissenschaftliches Personal ist gut geworden. In Potsdam zum Beispiel kommen 22,5 Studenten auf einen Professor oder wissenschaftlichen Mitarbeiter. 20 sind es im Landesdurchschnitt. Besonders gut ist dieser Schlüssel in Cottbus. Dort kommen auf einen Wissenschaftler 9,6 Studenten. In Wildau und an der FH Brandenburg sind es etwas mehr, aber das hat spezielle Gründe.

Insgesamt kann man sagen, dass neben diesen strukturellen Verbesserungen auch die Spitzenforschung weiter unterstützt wird. Jetzt nenne ich das Stichwort Technologiezentrum Golm, das wir dringend brauchen, damit viele qualifizierte Forscher, die von den Universitäten und Instituten, gerade hier in Potsdam, hervorgebracht werden, nicht nach Berlin oder anderswo hingehen, sondern hier bleiben, hier Firmen gründen und Geld verdienen. Es geht auch um die Biologische Bundesanstalt. Ich schaue in Richtung Staatskanzlei, Wirtschaftsministerium, Wissenschaftsministerium und auch Landwirtschaftsministerium: Helfen Sie, dass das Gezerre zu Ende geht, dass wir in Golm das Technologiezentrum bekommen

(Beifall des Abgeordneten von Arnim [CDU])

und in Nähe der Obstgüter, der Landwirtschaft und vor allem

des Bundessortenamtes die Biologische Bundesanstalt bekommen, die dorthin gehört.

(Beifall des Abgeordneten Neumann [CDU])

Alles steht unter den Stichworten „Effizienz“ und „Klasse statt Masse“. Bei der PDS, so wissen wir seit gestern, ist es eher umgekehrt. Auch die Maßnahmen zur Stärkung der Hochschulautonomie, also Deregulierung, haben sich Schritt für Schritt ausgezahlt.

Meine Damen und Herren, zu Beginn der Legislaturperiode 1999 gab es in unserem Land gerade einmal 130 000 Studenten. Heute sind es knapp 138 000 Studenten. Es gibt also auch einen quantitativen Zuwachs, aber nur deswegen, weil wir die Qualität und die Attraktivität gesteigert haben. Der vorliegende Bericht spiegelt das in guter Weise wider. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Wir sind am Ende der Rednerliste. Ich schließe die Aussprache. Damit ist der Bericht der Landesregierung, Drucksache 3/5988, zur Kenntnis genommen.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 3 und rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Konzept zur Weiterführung der Funktionalreform nach Abschluss der Gemeindestrukturrefom (gemäß Beschluss des Landtages vom 29. Mai 2002 DS 3/4389-B

Konzept der Landesregierung

Drucksache 3/6250

Die Aussprache wird mit dem Beitrag der Landesregierung eröffnet. Herr Innenminister, Sie haben das Wort.