Bevor ich den Tagesordnungspunkt 3 aufrufe, möchte ich auf etwas zurückkommen, was eigentlich seine Wurzeln in der gestrigen Sitzung hat. Wir haben den Antrag zur Ostbahn, Drucksache 3/6286, nicht so behandelt, wie es beantragt worden war. Deshalb müssen wir den § 100 der Geschäftsordnung in Anspruch nehmen. Diese Bestimmung besagt allerdings, dass es unzulässig ist, von der Geschäftsordnung abzuweichen, wenn fünf oder mehr Abgeordnete dagegen stimmen.
Deshalb frage ich Sie: Ist jemand dagegen, dass wir diesen Tagesordnungspunkt noch einmal aufrufen, um im beantragten Sinne über die Überweisung abstimmen zu können? - Das ist nicht der Fall.
Ich stelle noch einmal den Antrag der PDS-Fraktion, Drucksache 3/6286, der sich auf die Weiterentwicklung der Ostbahn (Berlin - Kostrzyn) bezieht, zur Abstimmung. Wer der Überweisung dieses Antrages an den Ausschuss für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr zustimmt, der möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist zu diesem Antrag eine neue Abstimmungssituation entstanden, die wir registrieren, und der Ausschuss hat den Auftrag des Plenums, sich dieses Antrages anzunehmen und ihn zu bearbeiten. - Herzlichen Dank.
Dritter Bericht zur Stabilisierung und Weiterentwicklung der Hochschulen im Land Brandenburg (gemäß Beschluss des Landtages vom 17. Mai 2001 - DS 3/2752-B)
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung. Frau Ministerin Wanka, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ihnen liegt der Dritte Bericht der Landesregierung zur Stabilisierung und Weiterentwicklung der Hochschulen im Land Brandenburg vor. Um im Hochschulbereich konkurrenzfähig zu bleiben und einen sichtbaren Beitrag zur Strukturentwicklung und damit zur Stärkung Brandenburgs zu leisten, müssen die Hochschulen des Landes insbesondere exzellente, hoffentlich gut nachgefragte Studiengänge anbieten, Spitzenforschung betreiben, sowohl Grundlagenforschung als auch angewandte Forschung, und den Wissenstransfer in die Wirtschaft und die Schaffung zukunftsfähiger Arbeitsplätze massiv unterstützen.
Die Landesregierung schafft für diese Ziele, glaube ich, kontinuierlich und zielgerecht die erforderlichen Rahmenbedingungen. Ich gehe kurz auf fünf Punkte ein.
Erstens: Die Autonomie der Hochschulen wird systematisch gestärkt. Grundprinzip ist: Der Staat mischt sich dort ein, wo es möglich und sinnvoll ist, nicht mehr und nicht weniger.
In dem Bericht finden Sie die expliziten Maßnahmen, die wir ergriffen haben, wie die Professorenvertretung, eine veränderte Lehrverpflichtungsverordnung, neu eingesetzt, immer mit größeren Freiheitsgraden für die Hochschulen, nur Vorgabe der Rahmenbedingungen.
Mit neuen Steuerungselementen, künftig beispielsweise auch mit Zielvereinbarungen, werden dann die Aufgaben der Hochschulen zwischen Land und Hochschule abgestimmt und Festlegungen zur Aufgabenerfüllung bzw. Erfüllung der Zielvereinbarungen getroffen.
Zweitens: Ein Grundprinzip ist es, den Wettbewerb zwischen den Hochschulen zu fördern. Dabei ist klar: Man braucht zwischen den Hochschulen ein bestimmtes Maß an Kooperation, aber auch an Wettbewerb. Die Entscheidung, welche Hochschule neue, zusätzliche Studienplätze aus der Titelgruppe 60 erhält, wurde und wird in einem wettbewerblich orientierten Verfahren, welches transparent ist, getroffen. Das Verfahren ist auch sehr gut von den Hochschulen angenommen und akzeptiert worden. Auch die leistungsorientierte Mittelvergabe, die in dem Bericht ausführlich vorgestellt wird, fördert den Wettbewerb und die Schwerpunktsetzung an den Hochschulen. Sie wird auch zu einer Stärken- und Schwächenanalyse der Hochschulen und zu einer Differenzierung der Hochschulen führen.
Drittens: Der Qualitätssicherung wird mehr Bedeutung beigemessen. Das ist sehr wichtig. Wir machen es zum Beispiel durch die Akkreditierung von Studiengängen, die Evaluation von Lehre und Forschung, die regelmäßige Überprüfung, auch durch das Infragestellen von Strukturen und solche Hinweise wie auf die Möglichkeit, Studiendekane einzuführen. Die Qualitätssicherung der Lehre explizit stärker zu verankern ist ganz wichtig, vor allen Dingen dann, wenn man bei der Mittelvergabe doch stärker gehalten ist, nach quantitativen Komponenten zu verteilen.
an Bedeutung. Die Mittelvergabe steht in direktem Bezug zu den Studierendenzahlen, aber auch zu den Absolventenzahlen. Das heißt, es fehlt nicht einfach Masse - diese kann man an die Hochschulen ziehen -, sondern es geht um die Frage, wie es den Hochschulen möglich ist, in einer bestimmten Zeit die Studenten zum Studienerfolg zu bringen. Dieser Zusammenhang zwischen Studienerfolg und Finanzzuweisung regt den Wettbewerb der Hochschulen an, auch, wie wir gestern diskutiert haben, den Wettbewerb um die besten Studienanfänger. Die Novelle des Hochschulgesetzes soll dort größere Freiräume schaffen.
Ob sich junge Leute, vor allen Dingen Brandenburger, dafür entscheiden, in diesem Land ein Studium zu beginnen und dann auch wirklich bis zum Abschluss in Brandenburg zu bleiben, hängt ganz wesentlich von den Rahmenbedingungen des Studiums ab. Das Spektrum der Rahmenbedingungen, über die berichtet wurde, reicht vom Schnupperstudium über die Studieneingangsberatung, ein Tutorensystem bis zur Nachwuchsförderung. Aber auch die Leistungen des Studentenwerks, ob im Bereich Wohnraum, ob im Bereich soziale Beratung, spielen eine wichtige Rolle und sind im Bericht dargestellt.
Fünftens: Die Möglichkeiten zur Veränderung der Hochschulstruktur werden erweitert. Man kann die Herausforderungen nicht meistern, wenn die Hochschulen nicht flexibel und anpassungsfähig sind. Das heißt, vieles, was wir auch im Gesetz festgelegt haben, wodurch wir jetzt durch die Erprobungsklausel Freiräume schaffen, hat das Ziel, dass in den Hochschulen verantwortungsbewusst diskutiert und entschieden wird: Wie viel Entscheidungsbefugnis geben wir Einzelpersonen? Wo sind Gremien? Wie schaffen wir das auch in den Hochschulen immer noch zu findende Prinzip kollektiver Verantwortungslosigkeit durch allzu viele Gremien ab? Solche und andere Fragen stellen sich die Hochschulen und sie bedürfen der gemeinsamen Erörterung und Beantwortung.
Im vorjährigen Bericht der Landesregierung sind wir eingegangen auf Maßnahmen zur Studienplatzerweiterung, auf die Vorbereitung der leistungsorientierten Mittelvergabe und auf die verbesserte Zusammenarbeit von Wissenschaft und Wirtschaft. Diesmal sind Schwerpunkte des Berichts erstens die Weiterentwicklung der Lehrerbildung im Land Brandenburg, zweitens die Studienbedingungen an den Hochschulen des Landes, drittens Maßnahmen zur Stärkung der Hochschulautonomie und zur Deregulierung, viertens neue Steuerungsinstrumente zur Stärkung der Finanzautonomie der Hochschulen.
Ich will an dieser Stelle - auch aus Zeitgründen - den Bericht natürlich nicht referieren, sondern vielleicht noch ein, zwei Bemerkungen zu dem machen, was als neues Steuerungsinstrument im Bericht genannt wird, was gerade in der akuten Phase der Umsetzung ist. Es geht um das so genannte Steuerungsinstrument der Zielvereinbarung.
Bei der neuen leistungsorientierten Mittelvergabe gibt es eine Grundzuweisung, eine Leistungszuweisung und dann bleibt ein zurzeit noch relativ kleiner, 2 bis 3 % großer Teil der Gesamtzuweisungen von 220 Millionen Euro, der für die Strukturentwicklung an den Hochschulen vorgesehen ist. Wie macht man das klug? Wie kommt man zu Zielvereinbarungen zwischen Hochschule und Land? Es gibt Erfahrungen aus unterschiedlichen Bundesländern. Es gibt keinen Königsweg. Es ist sehr schwierig, aus einem Fonds über so etwas Selektives wie Zielvereinbarungen gerecht zu verteilen.
Klar haben wir definiert, welche Strukturentwicklungen wir wünschen, solche, die zur Erhöhung der Studiennachfrage führen, die die Leistungsfähigkeit der Hochschulen auf wesentlichen Aufgabengebieten stärken, die zu einer weiteren Differenzierung der Angebote der Hochschulen auch in Bezug auf die Berliner Hochschulen führen.
Wir haben mit den Hochschulen einen Plan vereinbart, wie wir mit Zielvereinbarungen umgehen. Alle Hochschulen des Landes haben in diesem Sommer von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, eigene Vorschläge für Zielvereinbarungen für einen Dreijahreszeitraum von 2004 bis 2006 vorzulegen. Gegenwärtig finden die ersten Gespräche mit den Hochschulen über diese Entwürfe statt. Es gibt einen Vereinbarungsprozess, in dem den Wünschen und Vorstellungen der Hochschulen auch Wünsche und Anforderungen des Landes entgegengesetzt werden. Wir müssen in diesem Vereinbarungsprozess zu einem Kompromiss kommen. Wir müssen das Berichtswesen zu den Zielvereinbarungen ausgestalten und auch auf dem Wege der Kontrollmechanismen Neuland beschreiten. Ich glaube, wir sind dabei auf einem ganz guten Weg, weil wir versuchen, diese schwierige Problematik sehr intensiv diskursiv mit den Hochschulen zu behandeln. Es gibt in diesem Fall keine Vorbilder, die man einfach kopieren kann, sondern wir müssen zu eigenen Lösungen kommen.
Ich wünsche mir, dass der Bericht im Ausschuss - dort ist mehr Zeit dafür - intensiv diskutiert wird, und würde mich freuen, wenn auch der eine oder andere Abgeordnete des Landtags, der nicht speziell in diesem Bereich arbeitet, nicht in diesem Ausschuss tätig ist, einen Blick in die interessanten Passagen des Berichts werfen würde. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat auftragsgemäß ihren Dritten Bericht zur Entwicklung der Hochschulen vorgelegt. Ich orientiere mich im Folgenden an den vier Schwerpunkten, die darin enthalten sind, die ich im Übrigen für sehr angemessen halte.
Erstens zur Lehrerbildung: Manches im Bericht hätte ich mir konkreter gewünscht, dennoch - das will ich betonen - wird deutlich, dass etwas in Bewegung gekommen ist und dass das durchaus in eine Richtung geht, die auch wir von der Opposition teilen. Dafür sehe ich - die Anmerkung gestatten Sie mir über einige Ungenauigkeiten hinweg, zum Beispiel über die, dass das vorgesehene Zentrum für Lehrerbildung nicht, wie im Bericht erwähnt, im Januar gegründet wurde, sondern erst sechs Monate später, am 13. Juni.
Vor allen Dingen sind wir nun natürlich gespannt, wie die Ziele, die formuliert sind und die wir auch teilen, tatsächlich umgesetzt werden. Ich halte es für ganz wichtig in der Lehrerbildung, dass die Abstimmung mit allen, die an Lehrerbildung beteiligt sind, in Berlin und Brandenburg endlich in Gang kommt.
Zweitens zu den Studienbedingungen: Positiv möchte ich auch hier vermerken, dass das Studienangebot attraktiver geworden ist, dass Bachelor- und Masterstudiengänge in Gang gekommen sind und dass die Studentenwerke gute Arbeit leisten. Dass heute mehr Studierende BAföG empfangen, ist allerdings eine Sache, die dem Bund zu verdanken ist.
Negativ sehe ich, dass sich viele Studierende nach wie vor ihren Lebensunterhalt nebenbei verdienen müssen und damit natürlich kaum eine Chance haben, wirklich in der Regelstudienzeit mit dem Studium fertig zu werden. Dazu kommt, dass die Betreuungsrelation in Brandenburg in einigen Bereichen schon jetzt unter dem an sich ja schlechten Durchschnitt in der Bundesrepublik liegt und die Tendenz leider auch noch etwas fallend ist.
Ich möchte auch erwähnen, dass sich aus meiner Sicht das Bibliotheksproblem trotz des vorliegenden Konzepts noch nicht erledigt hat und jetzt die Hochschulen damit belastet werden sollen.
Drittens zur Stärkung der Hochschulautonomie: Auch hier finde ich die Tendenz eigentlich richtig und unterstütze die einzelnen Maßnahmen mit den Einschränkungen, die ich bereits gestern erwähnt habe. Aber ich möchte auch anmerken, dass es laut Hochschulgesetz im Kern natürlich ein Stück weit darauf hinausläuft, die Autonomie der Hochschulleitung, des Präsidenten, und weniger die der Hochschule als Ganzer zu stärken. Ich meine, insgesamt geht es dann aber doch noch in die richtige Richtung.
Damit viertens zu den neuen Finanzregelungen: Auch hier meine ich, dass man das neue Modell grundsätzlich ausprobieren kann. Ich habe einige Fragen dahin gehend, ob das wirklich wirkungsvoll ist, und auf diese möchte ich eingehen. Das bedeutet aber nicht, dass wir das nicht unterstützen.
Als Vorteil sehe ich zum Beispiel, dass die Finanzierung jetzt transparenter und besser nachvollziehbar geworden ist, vor allen Dingen für die Hochschulen. Ich finde, auch manches Detail, auf welches ich jetzt nicht eingehen kann, ist hierbei ganz gut durchdacht.
Meine Skepsis kommt eher aus dem Grundsätzlichen. Wir haben es hier mit intellektuellen Leistungen zu tun. Ich weiß nicht, ob diese ausreichend quantifizierbar sind, um tatsächlich darauf im Wettbewerb bauen zu können. Sie haben es versucht, aber ich weiß auch, dass alle Modelle - Ost wie West -, mit denen das bisher versucht wurde, gescheitert sind.
Auf den Widerspruch zwischen dem Finanzierungsmodell und dem neuen Hochschulgesetz - Buhlen um Studierende in dem einen Fall, Studierendenauswahl in dem anderen - habe ich gestern bereits hingewiesen und will es jetzt nicht weiter thematisieren.
Auf das Problem, Studierende, die in der Regelstudienzeit studieren, zum Wettbewerbskriterium zu machen, habe ich ebenfalls bereits hingewiesen. Wenn die Studierenden nebenbei arbeiten müssen, haben Sie nicht die Chance dazu. Sie machen also etwas zum Wettbewerbskriterium, was die Hochschulen
Das Hauptproblem des Studienmodells sehe ich in der Motivation, die davon ausgehen könnte. Ist es wirklich motivierend, wenn die Hochschulen in den Wettbewerb mit anderen Hochschulen treten, dabei möglicherweise sogar richtig erfolgreich sind, und trotzdem nicht in die Lage kommen, ihre Finanzausstattung gravierend zu verbessern, auf das Niveau zu heben, das eigentlich angemessen wäre?
Mit dem gedeckelten Haushalt, den wir in diesem Bereich haben - von dem sinkenden rede ich noch gar nicht -, ist noch ein ganz anderes Problem verbunden. Stellen Sie sich vor, alle Hochschulen würden sich gleich gut nach dem Modell entwickeln, alle würden besser werden. Das führte dazu, dass alle das Gleiche bekämen wie vorher. Oder nehmen Sie den anderen Fall: Eine Hochschule entwickelt sich zwar richtig gut nach dem Modell, aber schlechter als andere. Das führt bei gedeckeltem Haushalt dazu, dass diese Hochschule sogar weniger bekommt. Das ist nicht gerade motivierend. Wir schicken die Hochschulen möglicherweise in ein Windhundrennen ohne wirkliche Siegchance.
Dennoch würde ich sagen, wir sollten das Modell probieren. Wenn es uns dann möglicherweise noch gelingen würde, eine ausreichende Grundausstattung für die Hochschulen zu organisieren und als Wettbewerbssituation permanent die Möglichkeit zu schaffen, Mittel immer wieder neu zu verteilen - was nicht unbedingt heißt, immer mehr Mittel; man kann einen revolvierenden Fonds nehmen -, würde ich die Chance des Modells noch für besser halten. Es bleibt eben dabei, dass eine bessere Verwaltung des Mangels durchaus lindernd wirken kann, aber den Mangel nicht ausgleicht.
Dann sind wir im Konsens. Herzlichen Dank. - Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Für sie spricht die Abgeordnete Müller.