Protocol of the Session on June 26, 2003

Wir haben nun nach drei Jahren ein Ergebnis. Ich bin zufrieden, dass wir es geschafft haben und habe beim Abschluss gesagt: Ich mache drei Kreuze, dass die Arbeit erledigt ist. Ich war in jeder Legislaturperiode Vorsitzender eines Ausschusses, welche ich

(Beifall bei SPD und CDU)

meines Wissens zu einem relativ guten Ende geführt habe. Mein erster Ausschuss war der wohl spektakulärste, nämlich der mit dem ehemaligen Bauminister Wolf, der so genannte Baufilzausschuss, welcher am meisten Spaß gemacht hat.

Ich möchte noch auf eines hinweisen: Ohne die Assistenz von Frau Bley hätte ich mehr graue Haare bekommen und es zeitlich wahrscheinlich nicht geschafft. Ich bedanke mich für ihre Hilfe.

(Beifall bei SPD und CDU sowie vereinzelt bei der PDS)

Ich bedanke mich bei allen Ausschussmitgliedern, die mir nach zwei oder drei Stunden, wenn ich noch schneller wurde und mich verhaspelt habe, Gnade gewährten. Wir haben uns gegenseitig unterstützt. Ich hoffe, dass die Arbeit in anderen Ausschüssen auch so friedlich und vernünftig wie im Untersuchungsausschuss verläuft. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das Wort geht an die PDS-Fraktion. Für sie spricht die Abgeordnete Tack.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Vorsitzender des Untersuchungsausschusses, auch wir danken Ihnen für Ihre Arbeit und Ihr kooperatives Wirken. Ein herzlicher Dank geht auch an die Kollegen der Landtagsverwaltung, die uns unterstützt haben.

(Beifall bei der PDS und vereinzelt bei der SPD)

Herr Muschalla, Sie haben das Fazit der Mehrheit der Mitglie

der des Untersuchungsausschusses dargestellt: Ein Fehlverhalten oder ein Mitverschulden aufseiten des BBF-Gesellschafters Brandenburg oder der für das Land in diesem Zusammenhang handelnden Personen liegt nicht vor.

Gegen ein solches Fazit gibt es vehementen Widerspruch vonseiten der PDS-Vertreter im Untersuchungsausschuss. Wir haben unsere Argumentation im Minderheitenvotum dargelegt. Wir sehen sehr wohl eine Mitschuld der Brandenburger Regierungsvertreter am Scheitern der Privatisierung im Jahre 1999. Das ergibt sich eindeutig - das können Sie nachlesen - aus der Beweismittellage und den Zeugenaussagen.

Wenn man Ihrem Fazit, dem Fazit der Mehrheit, folgt, es habe keine Mitverantwortung gegeben, dann stellt sich zwangsläufig die eine oder andere Frage: Welche Aufgaben übernehmen die Vorsitzenden und Mitglieder von Aufsichtsräten, wenn sie angeblich keine Verantwortung dafür haben, was diese Gremien entscheiden und ob und wie die Geschäftsführung kontrolliert werden soll?

Ich stelle Ihnen - Sie alle waren daran beteiligt - die weitere Frage: Warum sonst wurden Vertreter des Landes Brandenburg wie Ministerpräsident Stolpe, Minister Linde, Finanzministerin Simon und die Wirtschaftsminister Dreher und Fürniß vom Parlament zu Vorsitzenden bzw. Mitgliedern der Aufsichtsräte der BBF, der PPS und von weiteren Tochtergesellschaften gewählt, wenn sie angeblich überhaupt keinen Einfluss und demzufolge keine Verantwortung für die Entwicklung und die Fehlentscheidungen der Flughafenholding und ihrer Töchter hatten?

Diese entscheidenden Fragen haben Sie anders beantwortet als wir. Die Vertreter wurden gewählt, um in den Gesellschaften das Landesinteresse wahrzunehmen. Zumindest steht das in der Begründung; das lässt sich nicht immer eindeutig nachweisen.

Meine Damen und Herren! Wir stellen fest - jetzt wollen wir Klartext reden -, dass die Regierungsvertreter wider das eigene Interesse handelten. Sie gingen von falschen Ausgangspunkten aus und orientierten sich an falschen Zielstellungen - das alles auf der Grundlage des Konsensbeschlusses von 1996. Das war das eigentliche Dilemma. Das Handeln der Kolleginnen und Kollegen war geprägt vom Wunschdenken hinsichtlich eines Großflughafens. Wie sich herausgestellt hat, verfolgten sie damit eine Politik jenseits der Realität.

Beginnend mit den Grundstücksspekulationen um das Baufeld Ost und der damit dauerhaft hohen Verschuldung der BBF führte die Kette von selbst verschuldeten Fehlentscheidungen - auch von Brandenburger Regierungsvertretern! - in den Aufsichts- und Entscheidungsgremien 1999 zum Scheitern der Privatisierung. Damit nicht genug! Infolge der fortwirkenden Fehler aus dem Scheitern kam es zu einem erneuten Scheitern der Privatisierungsverhandlungen mit dem Konsortium aus Hochtief und IVG, was der Ministerpräsident am 22. Mai dieses Jahres hier eingestanden hat.

Die Brandenburger Regierungsvertreter haben es - trotz der sich abzeichnenden Probleme und der krisenhaften Situation in der BBF - eindeutig unterlassen, darauf hinzuwirken, dass alternative Vorschläge geprüft werden. Auch die Forderungen des Bundesrechnungshofes und der Landesrechnungshöfe wurden leider außer Acht gelassen.

Der Untersuchungsausschuss legte unseres Erachtens offen, dass das Handeln der Regierungsvertreter - auch Berlins und des Bundes - von organisierter Verantwortungslosigkeit gekennzeichnet war. Sonst hätte es zu anderen Entscheidungen kommen müssen. Dies wurde durch unklare Entscheidungsund Verhandlungsstrukturen begünstigt. Auch das ist herausgefunden worden. Ich erinnere nur an das Fehlkonstrukt, dass die Tochter die Mutter privatisieren sollte. Das war ungewöhnlich und ging nicht auf.

(Klein [SPD]: Das ist ein feines Bild!)

Fehlende Sachkunde - das hat schon der Vorsitzende gesagt -, mangelnde Koordinierung und fehlende Transparenz muss man dem Regierungshandeln bescheinigen.

Ich will in diesem Zusammenhang sagen: Es ist ein Glück und zum Wohle des Landes Brandenburg, dass das Oberlandesgericht 1999 die Privatisierungsverträge annulliert hat.

Frau Abgeordnete, ich bin von einer Person, die nicht genannt werden will, gebeten worden, Sie zu zügeln. Sie haben Ihre Redezeit von fünf Minuten fast ausgeschöpft. Die anderen fünf Minuten werden noch gebraucht.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich darf den Satz aber noch zu Ende führen. In diesen Verträgen war dem Bieterkonsortium eine Kapitalrendite von 15 % zugesichert worden. Das alles wäre zulasten der öffentlichen Haushalte gegangen.

Mein letzter Satz: Die PDS-Fraktion erwartet, dass die Landesregierung in der Augustsitzung das Parlament über Konsequenzen aus dem Scheitern der Privatisierung unterrichtet und entsprechende Schritte ableitet. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Dellmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist vollbracht - der Flughafen-Untersuchungsausschuss hat dem Plenum seinen Abschlussbericht vorgelegt. Was war die Aufgabe des Ausschusses? Womit haben wir uns in den letzten drei Jahren befasst? Ich darf dazu Kollegin Tack aus der Debatte über die Einsetzung des Ausschusses vom 15. März 2000 zitieren:

(Frau Tack [PDS]: Es freut mich aber, dass Sie mich zitie- ren!)

„Der Untersuchungsausschuss soll durch die kritische Aufarbeitung des bisherigen Verfahrens und durch die Feststellung von Verantwortlichkeiten für die Entscheidungen der Vergangenheit die notwendige Transparenz herstellen.“

(Frau Tack [PDS]: Genau!)

Und weiter:

„Ein bis heute schwer durchschaubarer Filz zwischen Regierungspolitikern und Investoren, zwischen Auftraggebern und Bewerbern, zwischen Planern und Beratern muss endlich aufgeklärt werden.“

Der Aufgabe, Transparenz zum Verlauf des ersten Privatisierungsversuchs zu schaffen und den von der PDS immer wieder erhobenen Filzvorwürfen nachzugehen, ist der Untersuchungsausschuss voll umfänglich nachgekommen. Dafür haben die Mitglieder der Koalitionsfraktionen im Untersuchungsausschuss gesorgt.

Eines vorweg: Die heutige Rede hätte ich gern schon vor etlichen Monaten gehalten; denn der Erkenntnisstand hat sich innerhalb der letzten Jahre nicht gesteigert.

(Frau Tack [PDS]: Das ist ja eigenartig!)

Aus meiner Sicht hat der Untersuchungsausschuss in den drei Jahren nicht eine einzige neue Erkenntnis erbracht. Das, was wir vor drei Jahren wussten, wissen wir auch heute - nicht mehr!

Nein, das hat uns zu lange gedauert. Das bedeutete eine Verschwendung von Staatsgeldern. Frau Tack und Frau Dr. Enkelmann, es hätte nicht so lange dauern müssen und nicht so lange dauern dürfen. Für die Kosten, die überflüssig entstanden sind - der Ausschussvorsitzende hat die Zahlen genannt -, tragen Sie die volle Verantwortung.

(Unruhe bei der PDS)

- Wir haben keine neuen Erkenntnisse gewonnen!

(Dr. Trunschke [PDS]: Sie nicht! Sie nehmen ja nichts zur Kenntnis! - Vietze [PDS]: Sie beantragen einen neuen Untersuchungsausschuss!)

Nun zum Verfahren. Wir hatten es mit einer Besonderheit zu tun. Normalerweise verhandelt ein Untersuchungsausschuss abgeschlossene Sachverhalte; denn die Verantwortung der Regierung setzt einen Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung voraus, der einen auch vom Untersuchungsausschuss nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich einschließt. Hieraus folgt nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts auch, dass sich die Kontrollkompetenz des Untersuchungsausschusses nur auf bereits abgeschlossene Vorgänge erstreckt.

Doch während wir das erste Privatisierungsverfahren analysierten, fand gleichzeitig das zweite Privatisierungsverfahren statt. Das Verfahren lief weiter, während der Untersuchungsausschuss einen Teil davon zu behandeln hatte. Auch das Planfeststellungsverfahren lief parallel. Das war eine außergewöhnliche Situation, mit der wir umzugehen hatten.

Wir, die Mitglieder des Untersuchungsausschusses, haben der Versuchung widerstanden, eine laufende und damit unzulässige Verfahrenskontrolle auszuüben, sondern uns auf unsere eigentliche Aufgabe, die Aufklärung des ersten Privatisierungsversuchs, beschränkt. Ich begrüße dies ebenso wie die Tatsache, dass hierüber sehr schnell Einigkeit erzielt werden konnte

und keine Verzögerung eintrat. Ich sage das deutlich gegenüber den Ausschussmitgliedern der PDS-Fraktion. Es war zweckmäßig und äußerst sinnvoll, dass wir entsprechende Festlegungen frühzeitig getroffen hatten, um uns die Arbeit durch eine dauerhafte Konfliktlage nicht zu erschweren. Sie sehen also, auch wir loben in einigen Punkten durchaus die konstruktive Zusammenarbeit mit der PDS.

Wir haben in diesem Zusammenhang ein Lob an die Landesregierung, insbesondere an das Wirtschaftsministerium und das Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung, an alle Zeugen mit Ausnahme von Herrn Dr. Märtin und die Flughafengesellschaften BBF, FPS, FBS und PPS für jederzeitige Kooperation zu richten. Die Akten wurden fristgemäß vorgelegt und Aussagegenehmigungen, soweit sie notwendig waren, erteilt. Die Landesregierung hat noch im Frühjahr in kürzester Zeit ergänzende Informationen zusammengestellt. Es war hilfreich, dass hier keine inszenierten Skandale heraufbeschworen wurden. Ein solches Verfahren, meine Damen und Herren, kann anderen Untersuchungsausschüssen nur empfohlen werden. Zeugen haben umfassend ausgesagt. Übrigens hat sich der Ausschuss in begründeten Ausnahmefällen auf den Ausschluss der Öffentlichkeit verständigt. Das ist eine Empfehlung zur Nachahmung, denn dann ist substanzielles Arbeiten möglich.

Wir haben besonders dem Ausschussvorsitzenden Herrn Muschalla für die übersichtliche und jederzeit unparteiische Verfahrensführung zu danken. Seine Neutralität zeigte sich schon darin, dass er in den Vernehmungen überwiegend die Mitglieder meiner Fraktion mit Hinweisen und Ermahnungen bedachte. Danke hierfür, Herr Vorsitzender Muschalla!

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, es wurde nichts gedeckelt, es wurde aufgeklärt. Das zeichnete den Untersuchungsausschuss unter Ihrer Leitung, Herr Muschalla, aus.

Der Abschlussbericht liegt Ihnen nun seit voriger Woche vor. Er wurde mit rund 300 gebilligten Änderungsanträgen - davon stammten ca. 200 von den Abgeordneten aus der Koalition und ca. 100 von den Mitgliedern aus der PDS-Fraktion - fertig gestellt. Dies zeigt, dass es sich dabei um ein Gemeinschaftswerk und eben nicht um einen Bericht von Minderheiten handelt. Was vor Ihnen liegt, ist das Produkt dieser Zusammenarbeit. Der Untersuchungsausschuss hat angesichts seines umfangreichen Auftrags klare Ergebnisse ermittelt, die ich hier aufführen darf.