Protocol of the Session on April 9, 2003

mehr kann ich hier bei uns auch Gäste aus Lübbenau, also aus dem Spreewald, begrüßen. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Das Wort geht an den Abgeordneten Neumann. Er spricht für die CDU-Fraktion.

(Zuruf)

Ich gehe davon aus, dass Herr Schippel auch insoweit seine Finger im Spiel hatte.

(Heiterkeit bei der SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Überschrift des Antrags fordert die PDS-Fraktion: Flussausbauprojekte auf den Prüfstand. - Doch im Antragstext zeigt die PDS-Fraktion ihre wahre Absicht. Sie will alle Wasserbaumaßnahmen in Brandenburg verhindern. Was macht es sonst für einen Sinn, schon die Planungen zu stoppen?

Seit 1990 hat die Bundesanstalt für Wasserbau allein für die Elbe in ca. 90 Gutachten und Stellungnahmen alle flussbaulichen Fragen und deren Auswirkungen auf den Hochwasserschutz - darum ging es der PDS-Fraktion ursprünglich insbesondere - und auf die Umwelt umfassend untersucht. Das ist auch den Antragstellern bekannt.

Die Anhörung von Experten, die wir im Ausschuss und auch anlässlich unserer 6. Entwicklungskonferenz in Wittenberge dazu durchgeführt haben, hat es noch einmal deutlich gemacht: An der Hochwasserkatastrophe waren nicht die Flussbaumaßnahmen, sondern war der extreme Regen schuld.

Im Übrigen ist eine wichtige Voraussetzung für die Genehmigung von Flussbaumaßnahmen, dass deren Hochwasserneutralität nachgewiesen wird. Auch hier sind sich die Fachleute einig: Bei der Elbe, Herr Dellmann, geht es um die Instandsetzung schadhafter Buhnen und Leitwerke zur Regulierung der Fahrrinne im Niedrigwasserbereich.

(Beifall bei der CDU)

Sie haben keinen Einfluss auf den Hochwasserablauf. Schon bei Mittelwasser sind die Leitwerke nämlich überspült.

(Dellmann [SPD]: Das begreife ich!)

- Das ist schön. Dann verstehe ich Ihre Haltung aber nicht. - Ein unregulierter Fluss mit zerstörten Buhnen sucht sich immer wieder ein neues Bett; wir sprechen da auch von Vagabundieren, Herr Dellmann. Die Folgen sind Erosion und Anlandungen in der Fahrrinne. Das führt lokal zu höheren Hochwasserständen.

Nicht weniger, sondern mehr Wasserbau ist nötig, um künftigen Naturkatastrophen besser begegnen zu können. Dazu zählt auch die Schaffung von Poldern und Überflutungsflächen, dies aber im Oberlauf. Im Unterlauf sind diese Deichrückverlegungen als Hochwasserschutz nur bedingt relevant. Im Oberlauf müssen

wir für Speicherkapazitäten sorgen, während es im Unterlauf eines schnelleren Abflusses des Hochwassers bedarf. Bewuchs oder auch Bepflanzungen des Vorlandes mit Auwäldern, Büschen und Hecken stören den Hochwasserablauf und bringen zusätzliche Gefahren mit sich.

Was für die Elbe gilt, gilt auch für die Wasserstraße des Projektes 17. Auch hierbei wurden bereits alle Maßnahmen auf ihre Hochwasserrelevanz und ihre Umweltverträglichkeit hin überprüft. Die Forderung, diese Prüfungen noch einmal durchzuführen, führt zu unnötigen Verzögerungen und weiteren Verwaltungskosten, die nicht hinnehmbar sind.

Herr Abgeordneter Neumann, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Ja, gern. Bitte.

Bitte, Herr Dellmann.

Lieber Kollege Neumann, teilen Sie meine Auffassung, dass es für den Hochwasserschutz gerade im Bereich der Prignitz ausgesprochen sinnvoll ist, über das geplante Maß an Deichrückverlegungen hinaus weitere Rückverlegungsmaßnahmen durchzuführen, und teilen Sie auch meine Auffassung, dass es ausgesprochen sinnvoll wäre, im Bereich des Westhavellandes zu prüfen, ob dort eventuell noch mehr Polderflächen geschaffen werden können mit dem Ziel, dass es in der Prignitz beim nächsten Hochwasserereignis zu weniger Hochwasserschäden kommt?

Selbstverständlich, Herr Dellmann, müssen wir noch mehr Polderfächen schaffen. Wenn Sie mir aufmerksam zugehört hätten, dann hätten Sie auch mitbekommen, dass ich gesagt habe, dass solche Polderflächen am Oberlauf einen Sinn machen, weil wir das Wasser dort zurückhalten können, während im Unterlauf, Herr Dellmann, ein schneller Abfluss erforderlich ist, damit das Wasser in der Nordsee landet.

(Zuruf des Abgeordneten Dellmann [SPD])

- Wir brauchen auch keine Polderflächen in der Nordsee.

(Heiterkeit)

Entschuldigung, das nehme ich zurück. - Polderflächen brauchen wir oben bei Dresden und noch höher.

(Dellmann [SPD]: Und was ist mit den Deichrückverle- gungen?)

- Für die Deichrückverlegungen trifft das Gleiche zu. Genau das ist das Thema: Nach oben hin, nach Dresden, aber nicht nach Hamburg hin. Sonst gibt es dort Probleme.

Ich meine, wir sollten dafür sorgen, dass mit dem Projekt 17 verbundene Fragen als Schlüsselfragen angesehen werden. Wir brauchen über die Elbe mehr Anschluss an die Region der Nordseehäfen und die westlichen Wirtschaftszentren. Wir brauchen gleiche Wasserstände und Abladetiefen. Ohne diese Kompatibilität ist die Nutzung der Wasserstraße für die Binnenschifffahrt eigentlich unwirtschaftlich.

Wer auf einen entsprechenden Ausbau verzichten will, leistet einer weiteren Abwanderung der Wirtschaft mit ihren Arbeitsplätzen und letztlich unserer Bevölkerung Vorschub. Das wussten schon diejenigen, die damals die Mauer gebaut haben. Wir wollen dem eine vernünftig funktionierende Verkehrsinfrastruktur entgegensetzen. Dies ist Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung und für die Angleichung der Lebensverhältnisse in Ost und West.

Wir freuen uns, dass das Projekt 17 auch im neuen Bundesverkehrswegeplan enthalten sein wird.

(Beifall des Abgeordneten von Arnim [CDU])

Anders verhält es sich mit der Elbe. In überstürzten Reaktionen hat Rot-Grün in der neuen Koalitionsvereinbarung festgeschrieben, dass Ausbaumaßnahmen und in ihren Auswirkungen vergleichbare Unterhaltungsmaßnahmen an der Elbe nicht umgesetzt werden sollen. Das ist angesichts der gutachterlich nachgewiesenen Erkenntnisse verhängnisvoll für den Hochwasserschutz, verhängnisvoll für unsere Kulturlandschaft, denn mittlerweile können wir nicht nur über verbesserte Badewasserqualität, sondern auch über eine verbesserte Entwicklung der Artenvielfalt reden, verhängnisvoll aber auch für die Binnenschifffahrt - ich habe das schon begründet - und verhängnisvoll für den Wirtschaftsstandort. Mittlerweile haben mehr als 4 000 Beschäftigte in den Elbehäfen eine Tätigkeit gefunden.

Herr Abgeordneter, wir hören Ihnen gern zu, aber jetzt müssen Sie zum Schluss kommen!

Meine Damen und Herren, aus diesen Gründen bitte ich Sie, der Beschlussempfehlung des Verkehrsausschusses zu folgen, den Antrag der PDS abzulehnen und sich gleichzeitig für den Hochwasser- und Naturschutz einzusetzen. - Schönen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Das Wort erhält die Landesregierung. Herr Minister, fünf Minuten ist das Limit für alle.

Fünf Minuten ist das Limit für alle. Ich spreche schneller. Im Ausschuss war es noch lustig, als Sie gesprochen haben. Das darf ich allen sagen, die das nicht erlebt haben.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Antrag der PDS wurde zum Zeitpunkt des unmittelbaren Ein

drucks der verheerenden Zerstörungen durch die Elbeflut vom August letzten Jahres gestellt. Seither gibt es zahlreiche wissenschaftliche Analysen und die Flussbauprojekte wurden überprüft. Es gibt die Koalitionsvereinbarung der Bundesregierung, die einen völligen Baustopp für Ausbau- und Erhaltungsmaßnahmen an der Elbe verfügte, Frau Tack. Dagegen gibt es doch überhaupt nichts zu sagen. Es gab auch, Herr Warnick, zwischenzeitlich zahlreiche Veranstaltungen, die Anhörungen in den Arbeitskreisen, im Ausschuss des Landtages, die, wie nicht anders zu erwarten, zu keiner einheitlichen Beurteilung und Bewertung der Wasserstraßenprojekte geführt haben. Zusammengefasst: Die einen sagen so und die anderen sagen so.

Seitens der Umweltschützer werden weitere Katastrophenszenarien nicht ausgeschlossen. Seitens der Wirtschaft und des Verkehrs wird auf die Notwendigkeit der Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur, insbesondere in den neuen Bundesländern, als Voraussetzung für eine stabilere Wirtschafts- und damit Bevölkerungsentwicklung hingewiesen. Es ist mir und vielen Vertretern der Wirtschaft trotz zahlreicher Wiederholungen, Frau Tack, nach wie vor unverständlich, warum ausgerechnet - und da ziehen Ihre Beweise überhaupt nicht - der umweltfreundlichste Verkehrsträger, die Binnenschifffahrt, mit den dazu erforderlichen Infrastrukturmaßnahmen diesem Dauerbeschuss ausgesetzt ist.

(Sehr richtig! bei der CDU)

Flüsse und Kanäle haben im Gegensatz zu Eisenbahn und Autobahn trotz Ausbau ihre anziehende Wirkung nicht verloren. Herr Birthler, Frau Tack, vergleichen Sie bitte die Preise von Grundstücken an Wasserstraßen mit denen an Straße und Schiene.

(Heiterkeit und Beifall bei SPD und CDU)

Das ist ganz interessant.

Zurück zum Projekt 17: Soweit es die Kanalstrecken betrifft, wird das Projekt 17 entsprechend den jeweiligen Planfeststellungsbeschlüssen fortgeführt. Das ist die Beschlusslage. Im Oktober dieses Jahres wird das Wasserstraßenkreuz Magdeburg mit Kanalbrücke und Schleuse Hohenwarthe in Betrieb genommen. Bezüglich der im Projekt 17 enthaltenen Flussstrecken der Unteren Havel wurde im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums eine Überprüfung der Hochwasserneutralität vorgenommen. Nun hören Sie zu: Seit März liegt ein Testat der Bundesanstalt für Wasserbau vor, das diesen Maßnahmen nicht nur eine Hochwasserneutralität, sondern auch eine Verringerung der Hochwassergefahr bescheinigt. Nach Abstimmung dieses und weiterer Testate für andere Wasserstraßen zwischen dem Bundesverkehrsministerium und dem Bundesumweltministerium ist mit Fortführung der Planungs- und Baumaßnahmen auch auf den Flussabschnitten des Projekts 17 im Sommer dieses Jahres zu rechnen. Ich begrüße das und Sie wissen: Ich habe kein anderes Resultat erwartet.

Bezüglich der Elbe, Herr Neumann - das Land Brandenburg ist, das wissen wir dank Ihrer Anfragen und Ausführungen, direkt und indirekt betroffen -, wird inzwischen die Aussage des Koalitionsvertrages dahin gehend interpretiert, dass Instandhaltungsmaßnahmen zur Beibehaltung der Schifffahrtsverhältnisse wie vor der Flut wieder erlaubt werden. Und das ist gut so.

(Neumann [CDU]: Aber das reicht nicht!)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Das wird aber von der Redezeit abgezogen, Herr Präsident.

Selbstverständlich. Bitte schön, Frau Abgeordnete Tack.