Protocol of the Session on April 9, 2003

Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. - Das müssen wir leider ablehnen; denn das, Herr Minister, ist die Fortsetzung einer verfehlten Verkehrspolitik, die die Augen vor der Realität verschließt und nicht bereit ist, zukunftsfähige Lösungen anzugehen. Das führt wiederum dazu, dass Steuergelder verschwendet werden, die dringend gebraucht werden, um Kleinbetriebe und den Mittelstand sowie die Binnenschifffahrt in der Region Berlin-Brandenburg zu stärken, Arbeitsplätze zu erhalten und zu schaffen. Wir wissen genau, dass es dringend notwendig ist, die regionale Wirtschaftskraft in der Region zu stärken.

Die Bundesregierung plant mit dem neuen Bundesverkehrswegeplan, der zumindest hinsichtlich des Wasserstraßenausbaus - wie zu lesen war - in voller Übereinstimmung mit der Auffassung des Verkehrsministers von Brandenburg stehen soll, die ostdeutschen Fließgewässer den westdeutschen Standards der Großmotorschiffe anzupassen.

Teil dieser Planungen ist auch das Projekt Deutsche Einheit 17 mit dem Ausbau von Havel, Spree und Teltowkanal. Ich erinnere daran: Ein Nachbau West, wie ihn Bundesverkehrsminister Stolpe mit Ihrer Unterstützung, Herr Meyer, offensichtlich will, wird im Osten scheitern. Verkehrsgroßprojekte dieser Art verhelfen eben nicht dazu, die Wirtschaft anzukurbeln und Arbeitsplätze zu schaffen.

Die Vertreter von BUND, Havelbündnis, Umweltbundesamt und der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten haben zum Beispiel in der Anhörung darauf hingewiesen, dass die Binnenschifffahrt nur dort umweltverträglicher Verkehrsträger ist, wo die natürlichen Gegebenheiten den Einsatz großer Schiffe erlauben. Diese Voraussetzung ist beim Projekt 17 nicht gegeben. In Anbetracht der Gesamtbilanz kann von Umweltverträglichkeit leider keine Rede sein.

Das Projekt ist wieder Bestandteil des Entwurfs des Bundesverkehrswegeplans, obwohl es immer noch auf den alten Prognosen basiert, deren Zahlen aus dem Jahr 1989 stammen, obwohl sich seitdem - das wissen wir alle - ein rasanter Strukturwandel vollzogen hat.

Frau Abgeordnete, bitte kommen Sie zum Schluss Ihres Beitrages!

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. - Sie haben dieses Projekt wieder in den Entwurf des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen, obwohl all unsere Fragen unbeantwortet sind. Die PDS fordert erneut, auf den Ausbau des Projektes 17 zu verzichten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Dellmann das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Für mich ist Folgendes spannend: Ausgangspunkt des Antrags der PDS war der Hochwasserschutz. Jedoch habe ich davon eben nichts gehört, sondern nur etwas vom Verkehrsprojekt 17. Es sind altbekannte Positionen, Frau Tack, die Sie vorgetragen haben.

(Zuruf der Abgeordneten Tack [PDS])

Es ist ausgesprochen bedauerlich, dass Sie nicht verstanden haben, dass die Projekte des gesamten Verkehrsprojekts 17 - das haben die Anzuhörenden ebenfalls gesagt - auf den Hochwasserschutz keinen Einfluss haben. Sie sollten das zur Kenntnis nehmen und nicht so tun, als ob der zwingend erforderliche Hochwasserschutz beispielsweise etwas mit dem Bereich an der Glienicker Brücke zu tun hätte.

Lassen Sie mich aber auf die Anhörung bzw. auf Ihren eigentlichen Antrag eingehen. Es geht um die Frage: Brauchen wir in Brandenburg mehr Hochwasserschutz als bisher? Ich glaube, wir können mit der Bewältigung der Krise relativ zufrieden sein. Aber es wurde auch sehr deutlich gezeigt, dass die Bemühungen nicht ausreichen. Das heißt, wir brauchen insbesondere an der Oder und der Elbe weitere Maßnahmen. Wir brauchen auf der einen Seite Deicherneuerungen, auf der anderen Seite ist es aber auch zwingend erforderlich, den Flüssen mehr Raum zu geben.

Herr Dellmann, sind Sie bereit, eine Zwischenfrage zu beantworten?

Bitte sehr.

Herr Abgeordneter Dellmann, Sie sagten, dass alle Anzuhörenden meinten, das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit 17 habe nichts mit dem Hochwasserschutz zu tun. Können Sie sich an die Äußerungen der Anzuhörenden vom BUND oder von der Bürgerinitiative erinnern? Sie haben meiner Meinung nach sehr wohl gesagt, dass es mit Hochwasserschutz zu tun habe. Es kann doch nicht stimmen, dass alle Anzuhörenden der Meinung waren, dass das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit 17 nichts mit Hochwasserschutz zu tun hat.

Darf Frau Tack auch gleich ihre Frage stellen?

Bitte.

Erinnern Sie sich, dass in unserem Antrag steht - in Auswertung der Flusskonferenz der Bundesregierung -, dass die Wasserstraßenprojekte zu stoppen und neu zu bewerten sind? Das war der Ansatz in Auswertung der Flutkatastrophe vom vergangenen Sommer.

Ich erinnere mich sehr wohl, dass der Ausgangspunkt der Konferenz, die durch die Bundesregierung initiiert worden ist, der Hochwasserschutz war. Ich stehe eindeutig dazu, dass die Flussprojekte, die etwas mit Hochwasserschutz zu tun haben, auf den Prüfstand müssen.

Herr Kollege Warnick, es stellt sich doch die Frage, wie zum Beispiel der Pegel der Havel im Bereich Potsdam oder der Spree in Berlin bei Hochwasser der Elbe steigt oder sinkt. Es ist klar, dass ein Flusssystem wie Spree und Havel nicht so hochwassergefährdet ist wie beispielsweise der Oder-Neiße-Bereich oder die Elbe. Niemand, auch Herr Lücking vom BUND nicht, hat nachweisen können, dass am Pegel Potsdam Probleme mit dem Hochwasser an der Elbe aufgetreten sind. Das sollte festgehalten werden.

Ich möchte noch einmal darauf zurückkommen, dass die Flüsse zweifelsohne mehr Raum brauchen. Das heißt, wir brauchen Deichrückverlegungsprogramme. Die ersten sind in Brandenburg trotz häufig anzutreffenden Widerstands in der Region erfolgreich auf den Weg gebracht worden. Heute darf man wohl sagen, dass es wahrscheinlich ein Fehler gewesen ist, die Häuser in der Ziltendorfer Niederung nach dem Oderhochwasser wieder aufzubauen. Wahrscheinlich wäre es wesentlich klüger gewesen, wenn man damals gesagt hätte: Der Aufbau findet an anderer Stelle statt. - Zudem wird es auch darum gehen, unter anderem an der Havel also im Westhavelland -, zu schauen, wie weitere Polderflächen, weitere Überflutungsflächen geschaffen werden können.

Zu dem von Ihnen, Frau Tack, angesprochenen Punkt: Zur leistungsfähigen Binnenschifffahrt, die volkswirtschaftlich Sinn macht, gibt es sehr differenzierte Meinungen. Hinsichtlich des Verkehrsprojektes 17 ist, glaube ich, vor einigen Jahren ein tragfähiger Kompromiss geschaffen worden. Es ist nicht so, dass das Ursprungsprojekt vom Anfang der 90er Jahre jetzt realisiert werden soll,

(Zuruf von der PDS)

sondern es ist deutlich abgespeckt worden.

Hinsichtlich des Ausbaus der Hohensaaten-FriedrichsthalerWasserstraße - HoFriWa - gibt es auch einen Punkt. Es ist, glaube ich, unstrittig, dass sie ertüchtigt werden muss. Für mich ergibt sich daraus die spannende Frage, was jetzt aufgesattelt werden soll. Macht der Ausbau für Küstenmotorschiffe volkswirtschaftlich wirklich Sinn? Erzielen wir diesbezüglich mit der polnischen Seite Einigung? Ich bin auch dagegen, dass für Küstenmotorschiffe ausgebaut wird, wenn der Nachweis der volkswirtschaftlichen Notwendigkeit nicht angetreten wird und die polnische Seite hierzu Nein sagen sollte.

Wir brauchen genauso in Richtung Eisenhüttenstadt eine Ertüchtigung der Oder-Spree-Wasserstraße. Es geht nicht darum,

den Kanal für die Wasserstraßenklasse V auszubauen, sondern ihn zuzüglich der Schleusen zu ertüchtigen und in normalem Maße herzurichten.

Ich darf daran erinnern - Sie sprachen den Bereich Teltowkanal etc. an -, dass man auch diesbezüglich zu Kompromissen mit der Berliner Seite gekommen ist, die wir mittragen sollten.

Abschließend noch ein Satz zur Elbe: Zumindest zwischen dem Wasserstraßenkreuz Magdeburg und der Einbindung des ElbeSeiten-Kanals in den oberen Elbe-Abschnitt gibt es eine Parallelität, weshalb ich glaube, dass es ausreicht, wenn man sich auf den Elbe-Seiten-Kanal konzentriert und im Bereich Brandenburg die Elbe sich selbst überlässt.

Ich halte wenig von umfangreichen Reparaturmaßnahmen, geschweige denn von Ausbaumaßnahmen.

Meines Erachtens besteht mit dem Bundesverkehrswegeplan ein tragfähiger Kompromiss. Dazu stehen wir als SPD-Fraktion.

Außerdem bin ich der Auffassung, dass das geeignete Instrumentarium für das, was Sie mit dem Entschließungsantrag bezüglich des Hochwasserschutzes erreichen wollen, eine regelmäßige Unterrichtung des zuständigen Fachausschusses ist, wodurch auch das Parlament diesen Prozess in dem notwendigen Umfang begleiten kann. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort geht an die DVU-Fraktion. Für sie spricht die Abgeordnete Hesselbarth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die PDS-Fraktion hat sich wieder einmal peinlich verzettelt. Die Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung und des Ausschusses für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr haben mit dem ursprünglichen PDS-Antrag nicht mehr das Geringste zu tun. Was wollte die PDS ursprünglich erreichen?

Die PDS wollte den sofortigen Stopp aller Planungen und laufenden Baumaßnahmen des Verkehrsprojektes Deutsche Einheit 17. Zum Glück konnten wir am 27. Februar im ASWV eine Anhörung mit echten Experten durchführen, durch die diesen Irrtümern eine kräftige Watsche erteilt worden ist.

Statt sich mit den wirklichen Fragen der Hochwassergefahr in Brandenburg zu beschäftigen, benutzt die PDS-Fraktion wieder einmal die Wirtschaftskeule, um die strukturpolitische Entwicklung unserer Region zu torpedieren. Für solche ideologischen Spielereien ist das Thema aber zu ernst. Deswegen möchte ich hierzu noch einige Worte sagen:

Aus unserer Sicht ist es notwendig, mit Bedacht abzuwägen zwischen den notwendigen Maßnahmen zur Sanierung der Wasserstraßen einerseits und denen des vorbeugenden Hochwasserschutzes andererseits. Das entspricht auch dem Ergebnis der Verhandlungen der beiden Ausschüsse.

Ich denke, von der PDS einmal abgesehen, leuchtet allen Abgeordneten ein, dass der Stopp des Verkehrsprojektes 17 eine strukturpolitische Kapitulation ist und sich durch nichts aus der bisherigen Ursachenevaluation zur Flutkatastrophe folgern lässt. Das seitens der PDS-Fraktion ständig ins Feld geführte Argument einer angeblich notwendigen Prognose der Wirtschaftlichkeit von Flussausbaumaßnahmen ist ungeeignet, die Infrastrukturpolitik sachlich und logisch anzugehen.

Zutreffenderweise sagte der Vertreter des Verbandes Spedition und Logistik Berlin-Brandenburg wiederholt, dass ein Verkehrsangebot auch genutzt wird, wenn es geschaffen wurde. Verkehrswege ziehen den Verkehr nach sich, nicht umgekehrt, meine Damen und Herren von der PDS.

Die Notwendigkeit des Ausbaus der Wasserwege zeigt sich auch darin, dass vielfach Wartezeiten für die Schiffe entstanden sind, weil mehr Verkehr über die Wasserstraßen läuft, als bisher gesagt wird. Das hat das Beispiel der Moselschleusen verdeutlicht: Durch die Stromregulierung im Bereich der Mosel ist mehr Verkehr entstanden, der es erforderte, dass zwei große Schleusen projektiert und ausgebaut wurden, auf die man aus Kostengründen zunächst verzichtet hatte.

Ebenso hat der Bauindustrieverband Berlin-Brandenburg vor Jahren mit dem Berliner Senat darum gekämpft, den Bau der Schleusen Spandau und Charlottenburg durchzusetzen. Auch in Sachsen-Anhalt werden die entsprechenden Maßnahmen durchgeführt.

In Brandenburg wird demgegenüber Argument an Argument ohne Begründung auf den Tisch gelegt. Herr Prof. Stückrat von der TU Berlin hat die physikalischen Auswirkungen der Verbreiterung und Vertiefung von Wasserstraßen im Zusammenhang mit der Hochwasservirulenz sehr plastisch dargestellt, sodass auch das Argument der PDS nicht greift, dass der Ausbau der Flüsse für die Schifffahrt die Auswirkungen von Hochwasserereignissen verstärken könne.

Deshalb war der ursprüngliche Antrag nichts anderes als der missglückte Versuch einer sozialistischen Verhinderungspolitik gegen die Interessen der Infrastruktur und damit die Wirtschaftsinteressen Brandenburgs.

Aus Sicht unserer Fraktion zur Hochwassergefahr müssen wir uns endlich auf effektive Maßnahmen konzentrieren wie die Verbesserung der Deiche und die Erweiterung bzw. die Schaffung von Polderflächen sowie die Neuanlage von Auwäldern im Rahmen der Flussbauplanungen. Auf keinen Fall darf aber eine neue Diskussion über den volkswirtschaftlichen Sinn der Projekte aufgemacht werden.

Wir schließen uns der Beschlussempfehlung des Ausschusses an. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Meine Damen und Herren, die Spreewaldgurke hat ja Hochsaison, nachdem in dem Film „Goodbye Lenin!“ darauf hingewiesen worden ist, dass der Spreewald den Schwerpunkt des landwirtschaftlichen Schaffens in Brandenburg darstellt. Nun

mehr kann ich hier bei uns auch Gäste aus Lübbenau, also aus dem Spreewald, begrüßen. Herzlich willkommen!