Da vereinbart worden ist, auf eine Debatte zu verzichten, kommen wir zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung folgen möchte, der möge die Hand aufheben. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist einstimmig so beschlossen und ich schließe auch diesen Tagesordnungspunkt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Noch nie lagen die Arbeitslosenzahlen so hoch, noch nie waren die Ausgaben für die aktive Arbeitsförderung so niedrig wie jetzt. Dieser Zustand zwingt die Politik zu hinterfragen, wie sinnvoll und wirksam die Ausgaben sind, die noch getätigt werden, und wie tragfähig die Instrumente der aktiven Arbeitsförderung sind. Ich möchte zu Beginn klarstellen, um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen, dass eine aktive Arbeitsmarktpolitik eine verfehlte Wirt
schaftspolitik selbstverständlich nicht ersetzen kann. Es geht angesichts des erheblichen Arbeitsplatzdefizits schon längst nicht mehr allein um das Maß der erfolgten Eingliederungen am ersten Arbeitsmarkt. Wer ausschließlich hieran den Erfolg der Arbeitsmarktpolitik misst, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt und den Blick für die Realität verloren.
Der qualitative Anspruch an Arbeitsmarktpolitik und die Frage, welchen Beitrag die Instrumente der Arbeitsförderung zur Entlastung des Arbeitsmarktes tatsächlich leisten, haben allemal ihre Berechtigung. Hierbei geht es nicht nur um die Bereinigung von Statistiken, sondern um die konkrete Unterstützung von Arbeitslosen, und zwar berufsbezogen im Interesse einer Erhöhung von Integrationschancen.
In diesem Sinne halte ich neben den notwendigen Qualifizierungsmaßnahmen und neben einer sinnvoll öffentlich geförderten Beschäftigung eine Vermittlungsoffensive nach wie vor für unabdingbar, jedoch nicht unter dem Duktus einer Disziplinierung von Betroffenen im Sinne des Forderns, sondern im Sinne des Förderns und auf die Modernisierung und die Effizienz von Vermittlungsdienstleistungen künftiger JobCenter und Dritter ausgerichtet. Vor einem Jahr hat der damalige Arbeitsminister Ziel die neuen Förderansätze des Job-AQTIV-Gesetzes bei dessen Einführung ausdrücklich gewürdigt. Ein Jahr JobAQTIV-Gesetz im Land Brandenburg: Wie stellt sich das Verhältnis von Anspruch und Realität dar? Wie erfolgte die Umsetzung? Welche Instrumente erweisen sich als tauglich? Welche Instrumente tragen weniger wirksam zum Abbau der Arbeitslosigkeit im Land Brandenburg bei?
In der Kürze der Zeit nur einige Stichworte. Stichwort Vermittlungsgutscheine: Nach Auskunft des Landesarbeitsamtes BerlinBrandenburg wurden im Land Brandenburg im Jahre 2002 17 682 Gutscheine ausgegeben, aber nur 1 358 wurden eingelöst, also nicht einmal 8 %.
Stichwort Profiling: Im Jahre 2002 wurden 76 806 arbeitslose Brandenburgerinnen und Brandenburger von den Arbeitsämtern und 4 500 von beauftragten Dritten profilt, das heißt eine Abschätzung von Chancen und Risiken in der Vermittlungsfähigkeit vorgenommen. Welche Absurditäten hierunter laufen, konnte ich in der vergangenen Woche in Erkner bei einem mit Profiling beauftragten so genannten Dritten erleben. Dort werden einstündige Gespräche mit Arbeitslosen geführt. Auf einem Vordruck des Arbeitsamtes werden persönliche Daten erfasst, die bei den Arbeitsämtern aber schon längst im coArb-System erfasst sind.
Stichwort BSI, Beschäftigung schaffende Infrastrukturmaßnahmen: Im Jahresdurchschnitt 2002 waren 105 Beschäftigte in BSI tätig. Absolut kritikwürdig ist hierbei der Frauenanteil von noch nicht einmal 1 %. Hierbei ist politisch darauf hinzuwirken, dass sich der Frauenanteil erhöht, wenn gleichzeitig zu beobachten ist, dass bei sinkender Zahl von ABM und SAM auch der Frauenanteil bei diesen Maßnahmen merklich zurückgeht. Welchen Beitrag könnte die Landespolitik durch eine flankierende Förderung leisten?
Spannende Fragen, meine Damen und Herren, stellen sich bei weiteren Instrumenten hinsichtlich ihrer Umsetzung und Wirksamkeit. Stichpunkte wie Eingliederungsvereinbarung, Jobrotation, Überbrückungsgeld zur Erleichterung von Existenzgründungen, Eingliederungszuschuss für die Einstellung arbeitsloser
Jugendlicher und, und, und. Im Interesse einer notwendigen Reform der Arbeitsförderung - ich betone im Interesse einer notwendigen Reform - und der Arbeitsmarktpolitik insgesamt müssen wir das Job-AQTIV-Gesetz und die ersten beiden Gesetze für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt in Umsetzung der Hartz-Vorschläge im Zusammenhang und die jeweiligen Instrumente als eine Einheit sehen.
Es gilt, Möglichkeiten und Grenzen mithilfe von Praxiserfahrungen mit dem Job-AQTIV-Gesetz hinsichtlich tauglicher Hartz-Instrumente auszuloten. Hier lohnt es, genauer hinzuschauen und zu differenzieren. Hier lohnt auch der Vergleich mit anderen Bundesländern in Ost und in West, denn nicht nur in der Finanzpolitik, sondern auch in der Arbeitsmarktpolitik ist Benchmarking durchaus angebracht. Als verantwortliche Landespolitiker sollten wir das nicht allein der Bundesagentur für Arbeit überlassen. - Vielen Dank.
Ich nutze die Gelegenheit, um Gäste aus Eisenhüttenstadt zu begrüßen. Sie lassen sich für die Altenpflege umschulen. Herzlich willkommen!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Dr. Schröder, wenn man Sie nicht kennen würde, könnte man anhand Ihres Antrages ohne weiteres feststellen, aus welcher Fraktion Sie ursprünglich kommen.
Mit Ihrem Antrag fordern Sie kurzfristig einen Bericht der Landesregierung zu einem Thema, das die Landesregierung nicht direkt betrifft. Selbstverständlich ist die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit auch eine Aufgabe der Landesregierung. Die Landesregierung hat das Job-AQTIV-Gesetz auf Landesebene aber weder auszuführen noch zu untersetzen. Die Auswirkung einzelner Elemente des Gesetzes auf den arbeitsmarktpolitischen Spielraum des Landes ließe sich mit Anfragen wesentlich besser und schneller klären als mit einem umfassenden Bericht, dessen Erstellung viele Mitarbeiter der Landesverwaltung wochenlang beschäftigt. Ähnlich war der von Ihnen damals noch vertretene PDS-Antrag zur Umsetzung des Hartz-Konzeptes angelegt, den der Landtag in seiner Sitzung am 4. September 2002 mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen abgelehnt hat.
Jetzt, verehrte Kollegin Dr. Schröder, nehmen Sie also die Vorstufe des Hartz-Konzeptes, das Job-AQTIV-Gesetz, ins Visier. Die Reihenfolge, in der Sie diese Themen zur Sprache bringen, erschließt sich mir ehrlich gesagt nicht. Ein Manko dieses Antrages ist, dass er die jüngsten Entwicklungen in der Arbeitsmarktpolitik des Bundes fast völlig ausblendet. Das JobAQTIV-Gesetz war ein erster Schritt in die richtige Richtung. Im Laufe des letzten Jahres wurde klar, dass es zusätzlicher Maßnahmen bedarf, um sich im Kampf gegen die Massenarbeitslosigkeit besser zu positionieren.
Die Hartz-Kommission wurde eingesetzt und erarbeitete zügig tief greifende Vorschläge, die zum Teil jetzt umgesetzt sind.
Der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen befasst sich übrigens gerade mit den Auswirkungen der Vorschläge des Hartz-Konzeptes für Brandenburg. Frau Dr. Schröder, Sie als Mitglied dieses Ausschusses müssten eigentlich wissen, was dort passiert ist. Außerdem ist arbeitsmarktpolitische Berichterstattung in Brandenburg gängige Praxis. Der letzte Arbeitsmarktbericht der Landesregierung, in dem auch auf veränderte bundespolitische Rahmenbedingungen eingegangen wird, datiert vom September 2001. Auf der Grundlage des Landtagsbeschlusses vom 19. Oktober 2000 wird zudem im Fachausschuss jährlich einmal über die Umsetzung des Landesprogramms „Qualifizierung und Arbeit für Brandenburg“ berichtet.
Von Abgeordneten kann man erwarten, dass Sie die veröffentlichten Statistiken aus Ihrem Fachgebiet selbstständig lesen und auswerten können. Die Arbeitsverwaltung bietet regelmäßig zahlreiche Unterlagen an, aus denen sich ein Teil Ihrer Fragen, Frau Dr. Schröder, beantworten lässt. Des Weiteren besteht auch die Möglichkeit, zusätzliche Informationen abzufragen, und zwar gerade dann, wenn man die Informationen kurzfristig benötigt.
Schließlich ist Ihnen ein inhaltlicher Fehler unterlaufen, wenn Sie über Erfahrungen bei der Vermeidung von Förderketten bei ABM informiert werden wollen. Ich räume ein, dass diese Regelung für ein neues Bundesland nicht unproblematisch ist. Sie gilt allerdings ebenso wie mehrere andere Elemente des JobAQTIV-Gesetzes erst seit Beginn dieses Jahres, sodass bis Ende März beim besten Willen nicht über erste Auswirkungen berichtet werden kann. Die Koalitionsfraktionen werden deshalb Ihren Antrag ablehnen. - Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist natürlich das Recht der Regierungskoalitionen, zu vorliegenden Anträgen eine andere Meinung zu haben, obwohl Sie dadurch nicht überzeugender werden.
- Herr Klein, ein bisschen mitdenken, wenn andere versuchen, etwas zu entwickeln, und nicht einfach dazwischenreden!
ger medialer Inszenierung als die Hartz-Vorschläge auf den Weg gebracht worden, aber mit durchaus vergleichbarem Anspruch. In einem Eckpunktepapier der rot-grünen Bundesregierung hieß es dazu, dass das Gesetz auf eine durchgreifende Modernisierung der Arbeitsförderung ziele.
Ich kann mir vorstellen, dass das schon Relevanz für eine Landesregierung hat. Schnellere und passgenaue Vermittlung, Erleichterung von Existenzgründungen, Verbesserung der beruflichen Weiterbildung sowie die insgesamt in stärkerem Maße präventive Ausrichtung der Arbeitsförderung sind nur einige Stichworte.
Die PDS, verehrte Kolleginnen und Kollegen, hat eine Reihe der neuen Ansätze durchaus begrüßt. Dennoch war unser kritischer Standpunkt von Anfang an: Dem notwendigen umfassenden und ergebnisorientierten Reformbedarf des Arbeitsförderungsrechts konnte das Job-AQTIV-Gesetz in der damals verabschiedeten Form nicht Rechnung tragen. Die Bundesregierung hat das möglicherweise auch schnell begriffen. Sonst hätte sie ja nicht schon zwei Monate nach In-Kraft-Treten des so gepriesenen Job-AQTIV-Gesetzes eine Kommission namens Hartz installiert.
Genau hier liegt auch der Grund dafür, warum die PDS-Fraktion das Anliegen des zur Abstimmung gestellten Antrages für berechtigt hält, die Wirksamkeit der mit dem Job-AQTIV-Gesetz neu geschaffenen arbeitsmarktpolitischen Instrumente im Land Brandenburg und aus Landessicht mit einer permanent steigenden Arbeitslosigkeit genauer zu analysieren. Denn, meine Damen und Herren, bevor neue Gesetze für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt umgesetzt werden, muss man wenigstens wissen, was die alten gebracht und was sie nicht gebracht haben. Dies sollte der Bericht aus meiner Sicht vor allem leisten. Meine Fraktion stimmt deshalb dem vorliegenden Antrag zu. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vor noch gar nicht langer Zeit wurde das Job-AQTIV-Gesetz eingeführt. Zwölf Eckpunkte für dieses Gesetz wurden ausgearbeitet. Unter anderem wollte man die Arbeitsvermittlung modernisieren und eine passgenaue Vermittlung stärken. Die Aus- und Weiterbildung sollte gestärkt und betriebsnäher ausgestaltet werden. Arbeitslosigkeit wollte man durch Transfermaßnahmen verhindern. Die öffentlich geförderte Beschäftigung sollte weiterentwickelt werden. Erfolgreiche Elemente aus dem Sofortprogramm zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit sollten übernommen werden. Die Beschäftigung von älteren Arbeitnehmern wollte man sichern und deren Wiedereingliederung fördern.
Doch was hat sich seit In-Kraft-Treten des Gesetzes getan? Die jüngsten Rekorde bei der Arbeitslosigkeit in Brandenburg sind deutliche Hinweise darauf, dass es mit der Umsetzung und den Erfolgen des Job-AQTIV-Gesetzes nicht weit her ist. Im November und Dezember hatten wir jeweils die höchsten Arbeits
Von blühenden Landschaften ist schon lange keine Rede mehr. Die vielen Konzepte, die von Rot-Grün in Berlin oder SchwarzRot in Potsdam gegen die Wirtschaftsmisere und die Massenarbeitslosigkeit produziert wurden, gingen in die Hose. Die Arbeitslosigkeit und die Zahl der Unternehmenskonkurse nehmen zu. Ein Wirtschaftswachstum und eine Belebung des Arbeitsmarktes sind weder in Brandenburg noch deutschlandweit in Sicht. Zusätzlich werden die sozialen Sicherungssysteme abgebaut. Es ist vermutlich nur eine Frage der Zeit, bis die Bismarck'sche Sozialversicherung komplett abgeschafft wird.
Meine Damen und Herren, vielleicht ließen sich aus einem Bericht über die Umsetzung des Job-AQTIV-Gesetzes tatsächlich Informationen herauslesen, wie Maßnahmen dieser Art besser laufen könnten. Sehr viel wahrscheinlicher ist aber, dass dieser Bericht bestätigen würde, wie untauglich rot-grüne Konzepte gegen Arbeitslosigkeit sind; denn wenn die Grundkonzeption der Politik falsch ist, kann auch arbeitsmarktpolitischer Aktionismus nichts mehr retten. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.