Protocol of the Session on January 26, 2000

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich will Ihnen Zahlen nennen, die ich gestern erst erfahren habe und vermutlich viele im Saal überraschen werden. - Dann werde ich auf Ihre Zwischenfrage ein gehen. Es sind die jüngsten Zahlen von Klaus Clausnitzer, dem Chef des Arbeitsamtes. Dieser hat uns gestern informiert, dass in Ostdeutschland zurzeit 397 Beschäftigte pro 1 000 Einwohner arbeiten. Im Westen sind es 417 Beschäftigte pro 1 000 Einwohner. Das heißt. wir haben zurzeit 20 Promille Beschäftigte im Westen mehr. Wir haben einen Unterschied in der Beschäftigtenzahl von zurzeit 2 %. Das ist viel weniger, als die Arbeitslosenstatistik ausweist, denn dort ist von 8 bis 10 % die Rede.

Womit hängt das zusammen? Das hängt damit zusammen, dass im Osten viel mehr Frauen am Arbeitsmarkt nachfragen und wir durch unsere günstigen Kita-Konditionen diesen Frauen zurzeit die Möglichkeit dazu geben und auch in Zukunft geben wollen. Denn das war für die Koalitionsfraktionen die Eingangsvoraussetzung. Die Koalitionsfraktionen haben gesagt, dass für sie drei Dinge zentral sind. Wenn die Landesregierung einen Vorschlag vorlegt. der - an diesen Bedin gungen gemessen - nicht gut ist, dann lehnen wir ihn ab. Diese drei Konditionen sind erstens das Kindeswohl, zweitens. dass die Ausbildung bzw. das Nachgehen des Berufes nicht gefährdet werden und drittens, dass das Verhältnis zwischen Land und Kommune nicht einseitig verändert und belastet wird.

(Beifall des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Wir haben unseren Vorschlag diesen Konditionen angepasst. Wir werden diesen Vorschlag mit Ihrer Hilfe vielleicht in Zukunft sogar noch qualifizieren können. Insofern haben wir einen ergebnisoffenen Dialog.

Sie haben eini ge Fragen gestellt, Frau Kaiser-Nicht. Nun wundere ich mich... Entschuldigung, Sie hatten eine Frage.

ich war immer der Meinung, dass ich, und nicht Sie die Landtagssitzung leite, Herr Minister.

(Heiterkeit bei CDU und SPD)

Ich lege fest, wann hier eine Frage aufgerufen und beantwortet wird. Ich würde Sie bitten, sich in Zukunft an die Spielre geln zu halten. - Herr Abgeordneter Ludwig, Sie haben das Wort.

Herr Minister, würden Sie vor dem Parlament klarstellen. da Sie so viel über das Gesetz in Mecklenburg-Vorpommern reden, dass das, was jetzt durch eine SPD/PDS-Landesre gierung umzusetzen ist, aus der Zeit stammt, als die CDU/SPD-Regierung Mecklenburg-Vorpommern verwaltet hat

(Minister Reiche: Richtig.)

und es dem Juniorpartner PDS wohl kaum möglich sein kann, sofort sämtliches Landesrecht umzuwandeln. unter anderem auch deshalb. weil es in Mecklenburg-Vorpommern noch einen Koalitionspartner gibt?

(Beifall bei der PDS)

Lieber Kollege, wenn das Leben so einfach und schön wäre, wie Sie sich das denken! Sie haben Recht: Dieser schlechte Gesetzentwurf stammt aus der Zeit einer CDU/SPD-Koalition. Das ist richtig. Aber was macht die von der PDS jetzt mitgetragene Koalition? Sie geht an den Gesetzentwurf heran und verschlechtert ihn.

(Beifall bei der CDU)

Meine Kollegin fragt sich und fragt mich. wie sie es den Kollegen von der PDS im Landtag beibringt. Wir haben verabredet, dass wir diesen Prozess sehr solidarisch führen, weil sie es dann in Mecklenburg-Vorpommern mit ihrer CDU-Opposition leichter hat und ich es hier mit der PDS-Opposition leichter habe.

(Heiterkeit bei CDU und SPD)

Jetzt muss ich noch ein paar Fragen...

Herr Minister, Sie haben nur noch Zeit für einen Schlusssatz.

Sie haben mir aber jetzt die Zeit angerechnet.

Nein, ich habe die Uhr längst gestoppt. Ich bitte Sie, wirklich zum Ende zu kommen.

Ich will gern zum Ende kommen. - Ich wundere mich, Frau Kaiser-Nicht, dass Sie die Fragen, die Sie heute gestellt haben, nicht im Ausschuss gestellt haben. Dort ist der richtige Ort für diese Fragen. Ich hatte genügend Zeit dafür gegeben. Frau Hartfelder hätte gern darauf reagiert, da bin ich mir sicher. Wenn Sie gesagt hätten, dass Sie Fragen haben, die Sie gern beantwortet haben möchten, wäre man dem nachgekommen. Im Ausschuss

ist der richtige Ort, an dem darüber diskutiert werden kann. Das sind die legitimierten Gremien.

Insofern freue ich mich auf die Diskussion im Ausschuss. Wir entnehmen alle Ihre Fragen dem Parlamentsprotokoll. Ich lege Ihnen - vielleicht sogar schriftlich - die Antworten auf Ihre Fragen vor. Dann können Sie mithelfen, dass die Debatte fairer, sachgerechter und die Menschen wirklich informierend geführt wird, so wie es Frau Hartfelder gemeinsam mit Frau Redepenning zu Recht gefordert hat. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Schönen Dank, Herr Minister Reiche. Auch ich freue mich, dass Sie zum Ende gekommen sind. - Das Wort hat noch einmal die Fraktion der PDS. Frau Kaiser-Nicht, Sie haben drei Minuten Redezeit.

Sehr geehrter Herr Minister, ich würde gern im Ausschuss sämtliche Fragen stellen. Ich tue das auch, aber Sie sind nicht gerade derjenige, der uns das durch Zuliefern von Daten und Angaben erleichtert - ich erinnere nur an Folien und solche Sachen. Darin sind Sie nicht sehr zuverlässig. Ich habe das Papier, das von Herrn Diskowski erarbeitet worden ist, am Montag per Fax erhalten. Es kam nicht aus Ihrem Ministerium. Das wollte ich dazu sagen.

Frau Hartfelder, die Debatte wurde völlig ohne Not im Oktober durch eine Pressemeldung von Frau Ministerin Simon angeschoben. Das geschah nicht durch die PDS. Das wollte ich gesagt haben.

Ich wäre sehr froh, wenn stimmte, was Sie heute gesagt haben, dass wie bisher Kinder von null bis zwölf Jahren entsprechend dem Bedarf, den das Kind oder die Eltern haben, unbegrenzt in Kitas und Horte gehen können. Ich frage mich dann allerdings, worin die Notwendigkeit der Änderung des Rechtsanspruches liegt, denn die bisheri ge Praxis läuft dem nicht zuwider.

(Beifall bei der PDS)

Frau Abgeordnete, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Natürlich.

Bitte schön. Herr Minister Reiche!

Frau Abgeordnete, wenn Sie Kopfnoten verteilen und meine Zuverlässigkeit mit "mangelhaft" einschätzen, dann möchte ich dazu klarstellen, dass Ihnen ein einstündi ger 30 Folien umfas

sender Vortrag in derselben Woche zur Verfügung gestellt worden ist. Zwei Folien, die Entwurfsfolien waren, gehörten nicht dazu. Das muss redlicherweise klargestellt werden. - Vielen Dank, dass ich die Möglichkeit dazu hatte.

Ich hatte angenommen, dass es sich um eine Frage handelt. Eine Frage sieht für mich ein wenig anders aus, Herr Minister Reiche. - Bitte schön, Frau Abgeordnete Kaiser-Nicht, Sie haben das Wort.

Zum heutigen Thema möchte ich Ihnen vorschlagen, dass Sie das, was Sie hier gesagt haben, den Eltern, den Erzieherinnen und den Kindern auf der Demo mitteilen. Das wird das Beste sein. Sie sagen, dass eine legitimierte Vertretung vorhanden ist.

(Zuruf von der SPD)

Sie sind aber unter einer anderen Voraussetzung legitimiert worden, nämlich unter der Voraussetzung, dass der Rechtsanspruch für Kinder auf Betreuung in Kindertagesstätten nicht angetastet wird. Unter dieser Voraussetzung sind Sie legitimiert worden.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Wiebke [SPD])

Sie müssen aufpassen, dass Ihnen die Legitimation nicht entzogen wird.

(Beifall bei der PDS)

Ich möchte an dieser Stelle sagen: Kommen Sie. reden Sie! Ich war auf der GEW-Veranstaltung ohne Vertreter der Landesregierung. Sie haben dort nicht Stellung bezogen. Ich war in Cottbus auf einer Veranstaltung mit über 300 Menschen. Auf dieser Veranstaltung war kein anderer Parteienvertreter. Kommen Sie und stellen Sie sich der Debatte! Dann möchte ich ihnen an dieser Stelle noch sagen...

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage?

Ich möchte meinen Beitrag erst abschließen, denn ich bin gleich fertig. Dann kann gern nachgefragt werden.

Frau Ziegler hat erklärt: Wir befinden uns mitten in der Diskussion. Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Derzeit sind zu den Vorschlägen keine Alternativen erkennbar. Wenn derzeit keine Alternativen erkennbar sind, dann lassen Sie uns gemeinsam nach Alternativen suchen. Das ist meine Bitte.

Deshalb bitten wir darum, dass Sie der Überweisung des Antrages zustimmen und wir in eine öffentliche Debatte einsteigen, damit genau das, was Sie kritisieren, dass viel Unruhe im Land ist, beendet wird und in den Kindertagesstätten wieder ruhig gearbeitet werden kann.

(Beifall bei der PDS)

Frau Kaiser-Nicht, Abgeordnete Frau Hartfelder hat noch eine Frage. Bitte schön!

Die Unruhe resultiert aus den vielen Lügen und Halbwahrheiten. Frau Kaiser-Nicht, ist Ihnen bekannt, dass in Sachsen der Rechtsanspruch auf Betreuung Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren umfasst? Ist Ihnen in Sachsen ein Fall bekannt, in dem eine Mutter keinen Kita-Platz in der Betreuungsstufe null bis zwölf Jahre bekommen hat? Meine Tochter wohnt in Dresden, sie hat diese Ansprüche gehabt und einen Kitaplatz bekommen.