Protocol of the Session on January 29, 2003

Der Grund ist doch der, dass Menschen belobigt werden, die ihr eigenes Leben einsetzen, um ein anderes zu retten oder die Allgemeinheit vor Schäden zu bewahren. Es soll die Möglichkeit bestehen, diesen mutigen Einsatz von staatlicher Seite aus zu würdigen. Frau Kaiser-Nicht, damit leistet sich Brandenburg

auch zu Zeiten der Haushaltskonsolidierung nicht mehr als andere. Viele Bundesländer verfügen bereits über ein ähnliches Gesetz. Auch wenn das Rettungsmedaillengesetz nur geringe Kosten verursacht, so steht dem doch ein nicht in Geld auszudrückender Einsatz gegenüber: der Einsatz des Einzelnen, der Mut des Einzelnen, sein eigenes Leben für andere einzusetzen. Insofern, denke ich, ist ein Orden nicht vergleichbar mit einer Ordensflut, von der Sie gesprochen haben, denn der Verleihung des Ordens muss eine sehr konkrete, humanistische Tat vorausgehen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung des Abgeordneten Homeyer [CDU])

Das Wort geht an die DVU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Claus.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie staatlich muss eigentlich eine Auszeichnung sein? - Zum vorliegenden Gesetzentwurf hat die DVU-Fraktion im Innenausschuss Änderungsanträge eingebracht, um die handwerklichen Mängel, die das Gesetz aufweist, auszugleichen. Da im Ausschuss die notwendige Neufassung abgelehnt wurde, können wir auch heute der Beschlussempfehlung nicht zustimmen. Wir werden uns der Stimme enthalten.

Wir sind aber trotzdem grundsätzlich der Auffassung, dass herausragende Rettungstaten einer öffentlichen Anerkennung bedürfen. Man fragt sich jedoch: Muss es gleich ein Gesetz sein? Die bisherige Praxis hat gezeigt, dass es dafür keine Notwendigkeit gibt. Darüber hinaus appelliert die DVU-Fraktion noch einmal an Landtag und Regierung, das inzwischen völlig undurchsichtige Gesetzesdickicht endlich zu lichten. Brandenburg könnte hier eine Vorreiterrolle gegenüber anderen Bundesländern einnehmen.

Lassen Sie mich zum Inhalt des Gesetzentwurfes Folgendes sagen: Nach § 1 Abs. 2 können Rettungsmedaillen an Personen verliehen werden, die unter eigener Lebensgefahr Rettungsmaßnahmen durchführen. Richtiger wäre es gewesen, den Begriff „Lebensgefahr“ durch die Formulierung „Gefahr für Leib und Leben“ zu ersetzen, denn eine Leibesgefahr muss nicht unbedingt auch eine Lebensgefahr sein.

Unsere Fraktion ist des Weiteren der Auffassung, dass die bewusste Inkaufnahme erheblicher Leibesgefahren ein Ausdruck besonderer Opferbereitschaft im Sinne von Selbstlosigkeit und Uneigennützigkeit ist.

Nicht einverstanden sind wir damit, dass im § 1 Abs. 4 auf die verfügbaren Haushaltsmittel abgestellt wird, denn, meine Damen und Herren, es gilt ohnehin der Ermessensvorbehalt.

Rettungshandlungen bei Gefahr für Leib und Leben oder für die Allgemeinheit wohnt stets der Grundgedanke elementarer Solidarität inne, auf den die staatliche Gemeinschaft nicht verzichten kann.

Man kann die Höhe der Geldbelohnung nicht nach der jeweili

gen Haushaltslage ausrichten, sondern muss den Retter sehen, der auf eigene Gefahr andere gerettet hat.

Unsere Kritik gilt auch dem § 6 Abs. 2 des Gesetzentwurfes. Die DVU-Fraktion hatte in ihrem Änderungsantrag an den Innenausschuss den Begriff „unwürdig“ näher beschrieben. Unser Vorschlag lautete:

„Eine Person ist der staatlichen Anerkennung insbesondere unwürdig, wenn sie schuldhaft erhebliche strafbare Handlungen gegen die körperliche Integrität von Personen, gegen den demokratischen Rechtsstaat und seine Symbole begangen oder ansonsten in erheblicher Weise zurechenbar gegen die Menschenwürde verstoßen hat.“

Unsere Fraktion ist der Auffassung, dass Merkmale der Unwürdigkeit an objektive Kriterien geknüpft und nicht einer Bewertung unter politischen Gesichtspunkten unterzogen werden sollen. Deshalb auch die Bildung dieser drei Fallgruppen, die ich Ihnen eben vorgetragen habe. In diesen Fällen muss es geradezu als absurd erscheinen, wenn ein Staat den Betreffenden mit einer Rettungsmedaille ehrt.

In der ersten und letzten Fallgruppe bringt er durch sein Verhalten zum Ausdruck, dass er die Integrität anderer Menschen, worum es bei der Ehrung ja geht, nicht hinreichend geachtet hat. Bei der zweiten Fallgruppe geht es um die Missachtung des demokratischen Rechtsstaates, die keine Ehrung verdient.

Durch das Abstellen auf die Menschenwürde können auch Handlungsweisen im Ausland erfasst werden, die im Inland strafrechtlich nicht verfolgt werden können.

Ich möchte abschließend noch erwähnen, dass die Landesregierung in ihrer Begründung zum Gesetzentwurf die längst abgeschaffte Formulierung „Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte“ verwendet. Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, vielleicht könnten Sie Ihren zuständigen Referenten einmal darauf hinweisen, dass diese Formulierung bereits seit Jahrzehnten abgeschafft ist. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Damit sind wir bei der CDU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Petke.

Ich begrüße Gäste aus dem Humboldt-Gymnasium Potsdam. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Glücklicherweise gibt es immer wieder Menschen, die anderen, auch ihnen völlig unbekannten Menschen helfen. Dies beginnt bei der Unterstützung Älterer und Behinderter, die zum Beispiel eine viel befahrene Straße überqueren wollen. Es geht auch darum, diesen bei Einkäufen beizustehen oder überhaupt Menschen zu helfen, die, warum auch immer, in Not geraten sind.

Darüber hinaus gibt es aber immer wieder so genannte Heldentaten. Es gibt Menschen, die ihr eigenes Leben riskieren, um andere Menschen aus einer bestehenden Lebensgefahr zu retten, und dabei möglicherweise erhebliche Gefahren von der Allgemeinheit abwenden. Dies sind Leistungen, die nicht alltäglich sind und die unser aller Anerkennung verdienen. Hierüber gibt es keine Diskussion. Ich möchte die Gelegenheit nutzen und allen, die bisher diesen Mut aufbrachten, im Namen unserer Fraktion Anerkennung und Dank aussprechen.

(Beifall bei der CDU)

Wir stehen diesen Menschen gegenüber in der Pflicht. Während es in den meisten anderen Ländern die Möglichkeit gibt, eine Rettungsmedaille des Landes zu verleihen, fehlte in Brandenburg bisher dafür die gesetzliche Grundlage. Eigentlich erstaunt dies, denn in Preußen wurde bereits im Jahre 1802 eine Erinnerungsmedaille für Lebensretter eingeführt. Diese Tradition wird nun mit dem Gesetz über staatliche Auszeichnungen für Rettungstaten fortgesetzt.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich an dieser Stelle einfügen, dass es schon verwundert, dass wir dieses Gesetz erst heute im Landtag verabschieden. Bisher erfolgten in Brandenburg solche Auszeichnungen, deren Notwendigkeit natürlich erkannt wurde, ohne gesetzliche Grundlage durch den Minister des Innern, den Staatssekretär im Innenministerium oder durch die Polizeipräsidenten und ohne Verwendung einer speziellen Rettungsmedaille. In dem recht überschaubaren Rettungsmedaillengesetz finden wir jetzt die notwendigen Regelungen, die, so glaube ich, auf gesetzlicher Grundlage einen würdigen Rahmen garantieren.

In den Ausschussberatungen haben wir erkannt, dass es selbstverständlich auch Fälle geben kann, in denen zwar die heldenhafte Tat vorhanden war, die Rettung jedoch nicht vom gewünschten Erfolg gekrönt wurde. Wir waren uns einig darüber, dass auch in diesen Fällen die Möglichkeit der entsprechenden Ehrung gegeben sein muss.

Frau Kollegin Kaiser-Nicht, wir werden und wollen mit diesem Gesetz weder an die Praxis der DDR anknüpfen noch über den Brandenburgorden sozusagen die Praxis der DDR fortsetzen, die ja im Wesentlichen darin bestand, dass dieser Staat bis auf seine Orden seinen Menschen relativ wenig zu bieten hatte.

Ich möchte mich bei den Kollegen des Ausschusses für die gute Zusammenarbeit bei der Beratung dieses Gesetzes bedanken. Die Behandlung dieses Themas hat im Ausschuss Maßstäbe gesetzt. Ich würde mich freuen - das richtet sich insbesondere an die Kollegen der PDS -, wenn wir auch bei anderen Themen, zum Beispiel bei der Gemeindegebietsreform, zu dieser Art des Umgangs fänden. Ich empfehle die Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Das Wort geht an die Landesregierung. Für sie spricht Minister Schönbohm.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe von meinem Vorgänger, dem Kollegen Ziel, die Übung übernommen, einmal im Jahr die Lebensretter in das Innenministerium einzuladen, mich bei ihnen zu bedanken, ihnen eine Urkunde zu übergeben und mit ihnen zu sprechen. Was man dabei erleben kann, ist außerordentlich eindrucksvoll. Zum Beispiel hat eine Frau aus einem Nachbarhaus eine Familie, die nicht merkte, dass ihr Haus brannte, gerettet. Da hat ein Junge einen anderen Jungen, der sich allein nicht helfen konnte, aus dem Eis gezogen. Da haben junge Menschen andere vor dem Tod des Ertrinkens gerettet. Ich habe mit einer Frau gesprochen, die sagte: Dieser Mann hat mir das Leben gerettet.

Dazu kann ich nur sagen, dass ich mir dabei manchmal etwas nackt vorkam, wenn ich überlegte, wie ich mich bei diesen Menschen bedanken könnte. Der größte Dank an die Retter erfolgt von denjenigen, die gerettet wurden, oder von deren Familien.

Ich meine, auch unser Land Brandenburg hat gute Möglichkeiten dafür, sich bei Personen, die etwas tun, was nicht selbstverständlich ist, zu bedanken. Sie handeln in einer schwierigen Situation schnell, entschlossen, spontan, begeben sich in Gefahr, um andere zu retten. Das hat mich sehr beeindruckt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Deshalb habe ich mich sehr dafür eingesetzt, dass dieses Gesetz Wirklichkeit wird, und möchte mich bei allen sehr herzlich dafür bedanken, dass sie dieses Vorhaben mitgetragen haben. Wir machen damit deutlich: Wir wissen, dass eine Leistung vollbracht wird. Wir können uns als Land nur dafür bedanken.

Es ist viel dazu gesagt worden, wie das Gesetz gestaltet werden soll. Wir haben uns dabei an Gesetze anderer Bundesländer angelehnt.

Herr Claus, wenn Sie zwischen Lebens- und Leibesgefahr unterscheiden: Ein Leben ohne Leib kann ich mir nicht vorstellen. Von daher sollten Sie aufhören, dieses zu trennen, es sei denn, wir glaubten daran, dass der Orden auch nach dem Leben noch getragen werden könne.

Unsere Gemeinschaft und unser Staat leben nicht nur von Verwaltungen und deren Effizienz, sie leben von den Bürgern, die sich für andere einbringen. Der Dank an alle soll mit diesem Gesetz unterstrichen werden.

Jugendliche Lebensretter können außer der Auszeichnung mit der Lebensrettungsmedaille auch noch eine Uhr mit Widmung als Geschenk erhalten. Ich glaube, sie können damit auch anderen zeigen, dass sie etwas geleistet haben.

Frau Kaiser-Nicht, die Ordensflut, die Sie befürchten, wird nicht eintreten, da für den Orden Leistungen erbracht werden müssen. Vielleicht ist es damals - wenn Sie sich erinnern wollen - anders gewesen. Darum, meine Damen und Herren, möchte ich Sie bitten, diesem Gesetz zuzustimmen. Ich bedanke mich für die gute Zusammenarbeit im Ausschuss.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich bedanke mich auch. - Wir sind am Ende der Rednerliste und ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung in der Drucksache 3/5321 zustimmt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist bei einigen Stimmenthaltungen der Beschlussempfehlung einstimmig zugestimmt, das Gesetz in 2. Lesung angenommen und verabschiedet.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 6 und rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf:

Controlling für die EU-Erweiterung: Zum Stand der vorausschauenden Steuerung des Erweiterungsprozesses im Brandenburger Teil der deutsch-polnischen Grenzregion

Große Anfrage 48 der Fraktion der PDS

Drucksache 3/4599

Antwort der Landesregierung

Drucksache 3/5282

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der PDS-Fraktion. Frau Abgeordnete Stobrawa, Sie haben das Wort.