Protocol of the Session on December 19, 2002

(Heiterkeit bei der Abgeordneten Dr. Enkelmann [PDS])

Daher führt die Plangenehmigung ohne Verzicht auf essentielle Verfahrensbestandteile - keine zu große Freude bitte - zu einer schnelleren Umsetzung der Infrastrukturmaßnahmen und damit zu größerer wirtschaftlicher Attraktivität des Landes. Frau Dr. Enkelmann, ich schätze Ihre Meinung in diesen Fragen sehr. Wenn es um eine Straße in dem Bereich geht, in dem Sie sich in irgendeiner Form verantwortlich fühlen, führen Sie das Argument an, dass wir diese Infrastruktur brauchen, um dort die wirtschaftliche Entwicklung zu befördern bzw. die bestehende zu erhalten.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Aber in einem geordneten Verfahren!)

Wenn es aber um das Land im Großen und Ganzen geht, dann ist alles nicht so wichtig.

(Widerspruch der Abgeordneten Dr. Enkelmann [PDS])

Dafür habe ich wenig Verständnis.

(Beifall bei der CDU)

Ich darf Ihnen auch sagen: Wenn es eine Studie des Umweltministeriums gibt,

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Nein, des Bundesumwelt- amtes!)

da bin ich richtig spitz. Bei einer Studie des Umweltministeriums zu einer Plangenehmigung kann ich Ihnen das Ergebnis selbstverständlich schon vorher sagen. Wenn gesagt wird, dass der Bereich Umwelt zu wenig Fachleute hat, bin ich der Letzte, der dem widerspricht.

(Beifall bei SPD und CDU)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Aber selbstverständlich.

Bitte schön, Frau Dr. Enkelmann.

Erstens: Herr Minister, sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich von einer Studie des Umweltbundesamtes gesprochen habe?

Das nehme ich gern zur Kenntnis.

Als Zweites würde ich schon gerne wissen, ob Ihre Position mit dem Umweltminister des Landes Brandenburg abgestimmt ist und ob er diese Position teilt.

(Homeyer [CDU]: Die beiden sitzen doch nebeneinander!)

Selbstverständlich teilt Herr Minister Birthler diese Meinung. Wir streiten uns in der Sache, aber wir streiten uns nie um das Ziel, ganz bestimmte Verfahren so schnell, so effizient und so akkurat wie möglich zu Ende zu führen.

(Minister Birthler: Dafür pflanzt Herr Meyer die Bäume nach!)

- Dort sitzt er und gibt mir Recht.

(Heiterkeit!)

Ich darf vor dem Hintergrund der aktuellen Haushaltssituation auch noch sagen, dass die Plangenehmigung für die Kommunen neben der Zeitersparnis natürlich auch geringere Verfahrenskosten bedeutet.

(Homeyer [CDU]: Ein ganz wichtiger Einwand!)

Deswegen mein eindeutiges Votum dafür.

Die derzeit gültige Sonderregelung läuft am 31.12.2006 aus. Deswegen ist es wichtig, dass wir diese Regelung darüber hinaus erhalten. Herr Schrey hat darauf hingewiesen, dass wir die Regelung bis zum Auslaufen des Solidarpaktes für die neuen Bundesländer - bis 2019, könnte man denken; ich hoffe, dass wir das Ganze finanziell noch ein bisschen ziehen können erhalten wollen. Es gibt eminentes Interesse der alten Bundesländer, sich dieser Regelung anzuschließen. Deswegen werden wir eine solche Initiative starten. Ich bedanke mich für die Initiative der Fraktion. - Schönen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Herrn Minister Meyer. - Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Antrag der Fraktionen der SPD und der CDU, die Ihnen in der Drucksache 3/5219 vorliegt, seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich angenommen worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 11 und rufe den Tagesordnungspunkt 12 auf:

Bundesratsinitiative zur Änderung des Gesetzentwurfes der Bundesregierung zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (SteVAG) Landwirtschaft

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 3/5227

Des Weiteren liegt Ihnen ein Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und der CDU in Drucksache 3/5246 vor.

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt mit dem Beitrag der Fraktion der PDS. Frau Abgeordnete Wehlan, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich berührt unser Antrag ein finanzpolitisches Thema und hätte sicherlich die Landtagsbeglückung durch die jeweiligen Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen erwarten lassen. Jede

finanzpolitische Entscheidung hat aber eine praktische Wirkung. Es gehört zur Natur der Sache, dass diese eher verstanden - weil gespürt - wird als ein ausgetüfteltes Zahlenwerk.

Ich möchte Sie mit den Auswirkungen rot-grüner Steuerpolitik auf die Bereiche Landwirtschaft sowie Gartenbau vertraut machen. Natürlich möchte ich damit auch Ihren Leidensdruck erhöhen, unserem Antrag nicht folgen zu dürfen und stattdessen ob Ihres samtweichen, weil doch sehr allgemeinen Entschließungsantrages zumindest das Gesicht wahren zu müssen.

Wenn Herr Bundeskanzler Schröder noch am 4. Dezember in der ZDF-Sendung „Was nun?“ gesagt hat, die Bundesregierung habe nicht die Absicht, die Mehrwertsteuer zu erhöhen, so war das nur die halbe Wahrheit. Tatsache ist, dass der Entwurf des so genannten Steuervergünstigungsabbaugesetzes vorsieht, den bisher geltenden Mehrwertsteuersatz für landwirtschaftliche Vorprodukte und Vorleistungen von 7 % auf 16 % zu erhöhen. Das beinhaltet eine Steigerung um 9 %.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Nach eigenen Angaben werden durch diese Maßnahmen Mehreinnahmen bis zu einer Höhe von 1,5 Milliarden Euro für die öffentlichen Haushalte erwartet. Verglichen mit den derzeitigen Prognosen - oder sagen wir besser: kühnen Vorstellungen - von rund 100 Milliarden Euro Fluchtkapital, das mit einer Abgeltungssteuer für Steuerflüchtlinge zurückgeholt werden soll, ist die zu erwartende Mehreinnahme aus der Umsatzsteuererhöhung also marginal.

Es gibt jedoch einen entscheidenden Unterschied: Angesichts des Vorschlages einer Abgeltungssteuer haben sich millionenschwere Steuerflüchtlinge ins Fäustchen gelacht. Es wundert auch nicht, dass dieser Vorschlag die volle Unterstützung der CDU/CSU findet. Da halte ich es mit Sven Gigold von Attac, der sagte: Nach der gleichen Logik könnte die Regierung auch den Ladendiebstahl bekämpfen, indem sie allen Dieben ihre Beute straffrei und zum halben Preis überlässt und ihnen gleichzeitig auch die Preise für ihre zukünftigen Einkäufe halbiert.

Die vorgeschlagene Umsatzsteuererhöhung wird jedoch überproportional von der großen Mehrzahl der Bezieher niedriger Einkommen in diesem Land zu tragen sein. Gestatten Sie mir, dies anhand der Aufwendungen beim Erwerb von Nahrungsmitteln zu verdeutlichen.

Im Durchschnitt werden 23 % des verfügbaren Einkommens der deutschen Haushalte für Lebensmittel ausgegeben. Bei einem Einkommen von 500 Euro sind es knapp 30 %, während es bei einem Einkommen von 2 500 Euro nur noch reichlich 15 % sind. Anders ausgedrückt: Die von der Bundesregierung geplante Umsatzsteuererhöhung führt bei wenig Verdienenden zu einer doppelt so hohen Zunahme der Belastung wie bei besser Verdienenden.

Von Steuergerechtigkeit hat die PDS eine andere Vorstellung. Sorgen Sie mit Ihren Initiativen gegenüber der Bundesregierung dafür, dass die Hände von diesen zutiefst unsozialen Maßnahmen genommen werden! Prüfen Sie die auch auf den Brandenburger Arbeitsmarkt möglichen Auswirkungen, bevor Sie weitere Schnellschüsse der Bundesregierung tolerieren, die nach hinten losgehen können.

So hat Minister Birthler auf eine Anfrage im Agrarausschuss eingeräumt, kaum einschätzen zu können, ob die Verarbeitungsindustrie und insbesondere der Einzelhandel bereit sind, höhere Preise für landwirtschaftliche Rohstoffe zu zahlen und diese über einen entsprechend höheren Preis weiterzugeben. Dies würde bedeuten, dass die höheren Steuerlasten zum Teil bei den Landwirten bleiben und sich in niedrigen Nettoerlösen niederschlagen. Auch diese Konsequenz will bedacht sein. Sie kann für die in diesem Jahr ohnehin stark gebeutelten landwirtschaftlichen Betriebe ein erhebliches zusätzliches Verlustrisiko bedeuten.

Wer die heutigen Pressenachrichten bezüglich der Europäischen Kommission verfolgt hat, der wird wahrgenommen haben, dass darin deutliche Signale für das Verlustrisiko bzw. für das Risiko in der Landwirtschaft insgesamt gesetzt sind. Es wird ausgeführt, dass das landwirtschaftliche Einkommen je Arbeitskraft in der EU im Jahre 2002 im Durchschnitt um 3 % zurückgegangen ist, in Deutschland um 18 %. Ich denke, wir sollten uns diese Wahrheiten vor Augen halten, wenn es darum geht, Initiativen zu bewirken.

Das heißt natürlich auch, dass insbesondere die Bemühungen im Bereich der Direktvermarktung oder die Neuorientierung auf die Möglichkeiten der Energieproduktion erheblich erschwert werden. Hier schlagen die Umsatzsteuererhöhungen bei Vorprodukten und Vorleistungen am direktesten auf die Verbraucherpreise durch.

Kann sich ein Konsument beim Erwerb von Grundnahrungsmitteln einer Verteuerung nur bedingt entziehen, so wird er bei gartenbaulichen Erzeugnissen eher bereit oder sogar gezwungen sein, Verzicht zu üben. Erste Schätzungen gehen für Brandenburg von Umsatzverlusten in Höhe von 4 bis 4,5 Millionen Euro und einer Gefährdung von 50 bis 55 Arbeitsplätzen aus.

Die Senkung der Vorsteuerpauschale wird sich ebenfalls auf die Betriebe auswirken. Während allgemein stets eine Vereinfachung des Steuersystems gefordert wird, würde die geplante Senkung des Pauschalsteuersatzes bei gleichzeitiger Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes für Vorprodukte zum Übergang zur Regelbesteuerung zahlreicher kleinerer Unternehmen führen. Geschätzte Mehrbelastung in Brandenburg: 2,1 Millionen Euro. Die Steuerberater wird das freuen.