Protocol of the Session on December 18, 2002

Beschlussempfehlung und Bericht des Hauptausschusses

Drucksache 3/5017

Es ist vereinbart worden, hierzu keine Debatte zu führen. Damit kommen wir sofort zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Hauptausschusses in der Drucksache 3/5017 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit haben Sie der Beschlussempfehlung einstimmig zugestimmt und das Gesetz zur Änderung des Wahlprüfungsgesetzes und des Verfassungsgerichtsgesetzes ist in 2. Lesung verabschiedet.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 3 und rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:

2. Lesung des Gesetzes zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2002/2003 (Nachtragshaushaltsgesetz 2002)

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 3/5022

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Haushalt und Finanzen

Drucksache 3/5174

Ich eröffne die Aussprache und erteile das Wort der Fraktion der PDS, Frau Abgeordnete Osten, bitte schön.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich gebe zu, mir fällt es heute ziemlich schwer, überhaupt ans Rednerpult zu kommen, weil ich mir nicht sicher bin, wie ernst ich die Vorschläge der Landesregierung und auch Landtagssitzungen noch nehmen soll. In diesem Land passieren nämlich unglaubliche Dinge - leider keine Wunder -, über die man eigentlich lachen könnte, wenn sie nicht so ernst wären und nicht solch unsägliche Wirkungen hätten. Wir als PDS-Fraktion dürfen uns im Übrigen auch nur fünf Minuten mit einem Nachtragshaushalt des laufenden Jahres, und zwar 14 Tage vor Ende des Jahres, beschäftigen. Deshalb bin ich der Meinung, dass ernsthafte Analysen ohnehin nicht gewollt sind. Es geht ja auch „nur“ um die Bewilligung von zusätzlich 600 Millionen Euro, also um ein Gesamtdefizit in Höhe von 1,021 Milliarden Euro für 2002, und dieses Geld ist längst ausgegeben. Wir treffen heute hier also nicht wirklich eine Entscheidung, sondern legitimieren die Landesregierung lediglich in ihrem unverantwortlichen Handeln.

(Beifall bei der PDS)

Sie können sich hoffentlich noch daran erinnern, dass die PDSFraktion im Juni dieses Jahres einen Nachtragshaushalt für 2002 und 2003 vorgeschlagen hat. Eine Diskussion über die Veränderung des Haushaltsplans wäre also möglich gewesen und die Landesregierung hätte zumindest signalisieren können, dass ihr die Entscheidung des Parlaments zu der Grundlage des politischen Handelns, nämlich dem Geld, wichtig ist. Fehlanzeige: Es ist ihr Wurscht.

Die Landesregierung hat uns nicht darüber informiert, dass uns die Verschiebung der Bezahlung der Beteiligung an der Chipfabrik - ich meine die 38 Millionen Euro - auf kommende Jahre allein in diesem Jahr schon 2 Millionen Euro zusätzlich kosten wird, weil das Geld geflossen ist, die ILB den Betrag ausgelegt hat und das Land nun natürlich abkassiert. Zinsen in Höhe von 1,4 Millionen Euro pro Jahr sind zu erwarten.

Sie haben uns nicht darüber informiert, wie die geplanten Einnahmeausfälle aus der Nichtverkaufbarkeit der Feuersozietät in Höhe von 137 Millionen Euro ausgeglichen werden sollen.

Sie haben uns nicht darüber informiert, wie es im nächsten Jahr weitergehen soll mit einer globalen Minderausgabe - also einem

schon beschlossenen Loch - von 144 Millionen Euro, mit notwendigen zusätzlichen Mitteln für die Chipfabrik, vielleicht auch für den Flughafen, vielleicht auch für die Liquidation der LEG sowie mit weiteren Steuerausfällen und höheren Sozialausgaben.

Sie haben uns nicht informiert über neue Defizitschätzungen oder eventuelle neue Konzepte für Haushaltsprioritäten.

Natürlich kann ich Zeitung lesen. Deshalb weiß ich, dass Herr Reiche Ganztagsschulen will, Herr Schönbohm erst einmal Geld für die Polizei- und Gebietsreform braucht - ich denke, Einsparungen stehen hier noch in den Sternen -, dass Herr Platzeck von Bildung und Wissenschaft als den künftigen Schwerpunkten spricht und dort also kein Geld weggenommen werden kann, sondern welches dorthin gegeben werden muss, dass Herr Baaske soziale Standards halten muss - und vielleicht auch will - und dass Herr Meyer sich für viele neue Straßen im Land feiern lässt. Ich lese auch, dass Frau Ziegler dem Trend dieses Jahres treu bleibt. Sie überrascht nicht mit Konzepten, sondern mit Hiobsbotschaften über neue und größere Haushaltslöcher, und scheint auch selbst davon immer überrascht zu sein. Dass sich das Kabinett nach der Feststellung des Ministerpräsidenten im Oktober, die Lage sei „hoch dramatisch“, im Monat Dezember endlich mit dem Haushalt ab Januar des nächsten Jahres beschäftigt - allerdings nur mit Feststellungen und nicht mit konkreten Veränderungsvorschlägen -, ist schon erstaunlich und zeugt von Ihrer Ratlosigkeit.

Das Einzige, was Ihnen einfällt, ist eine Haushaltssperre - ich glaube, die vierte im Doppelhaushalt - kurz vor der Halbzeit, also rekordverdächtig. Sie missachten damit das Parlament, Sie ignorieren richtige und wichtige Vorschläge der PDS, Sie verunsichern landesweit Initiativen, die auf Kofinanzierungsmittel des Landes angewiesen sind. Sie führen die Kommunalverfassung, nach der die Kommunen bis Ende November ihre Haushalte beschlossen haben sollen, ad absurdum, wenn Sie ständig mit neuen und kurzfristigen Streichungen drohen. Sie beweisen nur eines: Sie sind in Ihrer Koalition blockiert, Sie reden aneinander vorbei und sind konzeptionslos. Ich kann die Abgeordneten der Koalitionsfraktionen ob ihrer Geduld mit ihrer Regierung überhaupt nicht verstehen.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Ich weiß nicht, wie wir es mit dieser Regierung und angesichts dieses Dilettantismus noch bis 2004 aushalten sollen. - Danke.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Osten. - Ich erteile der Fraktion der SPD, Herrn Abgeordneten Bischoff, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach diesen starken, großen Worten von Dilettantismus, liebe Frau Kollegin Osten, Folgendes: Wir sind jedenfalls nicht beim „Management by Weihnachtsmann“. Mit leerem Sack werden wir niemanden reichlich beschenken, wie Sie das in diesem Haus gelegentlich anregen.

(Frau Osten [PDS]: Immer dasselbe, Herr Bischoff!)

Wir wollen fair diskutieren, wir wollen realisierbare Ausgaben veranschlagen und werden diese auch durchfinanzieren.

Welch schwer verdauliche Kost - Zitat -: „Nachtrag zum Haushaltsgesetz und zum Haushaltsplan 2002, 2. Lesung“! Bildhaft und auch pointiert sollte die Überschrift besser lauten: „Brandenburg leistet sich immer noch zu viel.“

(Vietze [PDS]: So etwas gibt es?)

Zwei nüchterne Fakten:

Erstens: Wir haben in acht aufeinander folgenden Haushaltsjahren die Nettokreditaufnahme drastisch - insgesamt um 75 % gesenkt.

Zweitens: Dieser sehr vernünftige Trend ist in diesem Jahr erstmals unterbrochen worden. Grund: steigende Kosten und, wie Sie wissen, vor allem geringere Einnahmen. Trotz dieser Zäsur bleiben wir beharrlich; Haushaltssanierung, Schuldenabbau und Konsolidierung sind und bleiben unsere politischen Ziele.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Schon heute stehen für die kommenden Jahre zwei wesentliche Eckpunkte fest:

Erstens: Die Steuersätze für Familien und auch für den Mittelstand werden bis zum Jahre 2005 spürbar sinken. Das ist beschlossen. Wir verbessern die Einnahmesituation. Die breiten Schultern müssen dabei mehr tragen als die schmalen. Das wird noch beschlossen.

Zweitens: Stellen Sie sich einmal folgende Situation vor: Ein Arbeiter verdient 30 % mehr als sein Kollege an der gleichen Werkbank für dieselbe Arbeit. Ich frage: Ein Dauerzustand? Sicherlich nicht.

Das Land Brandenburg bekommt derzeit je Einwohner 30 % mehr Geld als Schleswig-Holstein - Aufbauhilfe, für die wir sehr, sehr dankbar sind. Aber ein Dauerzustand kann das nicht sein.

Beide Eckpunkte haben eine klare Konsequenz: Wir müssen künftig und auf Dauer noch sparsamer leben und haushalten,

(Beifall der Abgeordneten von Arnim und Dombrowski [CDU])

allen voran - das möchte ich an dieser Stelle gerade angesichts der vor uns liegenden Debatte zum Nachtragshaushalt 2003 klar und eindeutig auf den Punkt bringen - die Landesverwaltung.

Fünf Beispiele: erstens Behördenzusammenlegung mit Berlin, zweitens durchgehende betriebswirtschaftliche Führung unserer eigenen Verwaltung, drittens Zweistufigkeit in der Landesverwaltung vom Papier in die Realität umsetzen und viertens Landesdienste und Einrichtungen privatisieren. Der fünfte Punkt ist mir persönlich sehr wichtig. Ein weiterer Schritt in die richtige Richtung ist die Fortschreibung der Konzeption für einen sozialverträglichen Abbau der Zahl der Beschäftigten - statt 9 300 bis Ende 2005 nunmehr 12 000 bis Ende 2007.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Abgeordneter?

Ich werde nach meiner Rede in Ruhe mit Ihnen sprechen.

Das entscheide ich, nicht Sie.

Ich gestatte die Zwischenfrage erst einmal nicht; ich möchte gern meinen Text zu Ende vortragen, Herr Präsident.

Für 100 000 Bürger arbeiten in Brandenburg genau 4 093 öffentlich Bedienstete. In Sachsen sind es 300 weniger und im Durchschnitt der westlichen Flächenländer 1 000 weniger. Es geht um einen Dialog, der mit den Gewerkschaften über sozialverträglichen Personalabbau begonnen worden ist, einen Dialog, der mit sozialem Augenmaß aber auch zu Ergebnissen führen muss, einen Dialog, den auch wir im Parlament über den Nachtrag 2003, über den Haushalt 2004 hinaus im Ringen um sachliche und auch gute Argumente, zum Beispiel - meine persönliche Meinung - durch eine Nullrunde bei den eigenen Diäten, zum Beispiel durch die Verkleinerung des Landtags Brandenburg, aktiv unterstützen wollen. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Bischoff. Sie haben noch Redezeit. Deswegen kann ich die Frage noch zulassen. - Bitte schön, Frau Abgeordnete Osten.

Herr Bischoff, wir stimmen in vielen Punkten, was Alternativen betrifft, überein, allerdings nicht in allen Punkten. Ich möchte Ihnen folgende Fragen stellen: Ist der jetzige Zeitpunkt, am Ende eines Jahres, unmittelbar vor Beginn des nächsten Jahres, nicht längst zu spät?

Zweitens: Warum haben Sie den bereits im Monat Juni gestellten Antrag der PDS auf eine Debatte im Parlament über einen Nachtragshaushalt, also genau zu diesem Problem, abgelehnt?