Doch sowohl die Beneš-Dekrete wie die in Polen nach wie vor geltenden Gomuka-Dekrete oder auch die Avnoj-Beschlüsse in Slowenien widersprechen diesen Kriterien nicht nur, sondern sind geradezu haarsträubende Verstöße gegen die in der Euro
So verstößt beispielsweise das in der Tschechischen Republik fortgeltende Straffreiheitsgesetz gleichermaßen gegen europäische wie gegen weltweit geltende Menschenrechte. Der Respekt vor den Opfern - 241 000 ermordete sudetendeutsche Vertreibungsopfer, zumeist Frauen und Kinder, allein in der unmittelbaren Nachkriegszeit - verpflichtet den tschechischen Staat uneingeschränkt, Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch nach längerer Zeit noch aufzuklären und zu ahnden, so wie es hier in Deutschland auch bezüglich der NS-Verbrechen geschieht.
Als Fraktion der Deutschen Volksunion schließen wir uns voll und ganz der Einschätzung des bayerischen Ministerpräsidenten Dr. Stoiber an, der in diesem Jahr anlässlich des Deutschlandtreffens der Ostpreußen in Leipzig hinsichtlich der EU-Osterweiterung wörtlich erklärte:
Die Bayerische Staatsregierung forderte bei einer Sitzung in Landshut, die jüngst stattgefunden hat:
„Die menschenrechtsverletzenden Enteignungs- und Vertreibungsdekrete dürfen in einer Rechts- und Wertegemeinschaft wie der Europäischen Union keinen Bestand haben.“
Dem schloss sich auch die CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages an, welche einen Antrag in das Plenum des Sächsischen Landtages mit dem Ziel einbrachte, die Parlamente der Tschechischen und der Slowakischen Republik sowie Polens und Sloweniens aufzufordern, alle Verordnungen und Gesetze, die auf die Entrechtung, Enteignung und Vertreibung von Deutschen, Ungarn und anderen ethnischen Gruppen zielen, für von Anfang an ungültig zu erklären.
Sie, meine Damen und Herren gerade von der CDU-Fraktion, sehen: Wir befinden uns mit unserem heute hier gestellten Antrag in bester Gesellschaft.
Auch Sie, Frau Ministerin Wanka, sprachen sich jüngst beim Heimatfest des Bundes der Vertriebenen in Fürstenwalde dafür aus, sich für deren Interessen einzusetzen.
Wir als DVU-Fraktion sagen klipp und klar: Staaten, in denen solche, die Menschenwürde und das Völkerrecht missachtenden Bestimmungen gelten, können nicht in die Europäische Union mit ihrer freiheitlich-demokratischen und der Menschenwürde und dem Menschenrecht verpflichteten Werteordnung aufgenommen werden. Darüber hinaus wäre ihre Aufnahme ein Schlag ins Gesicht von zig Millionen deutscher und anderer europäischer Heimatvertriebener.
Herr Minister Schönbohm und meine Damen und Herren der Koalitionsfraktionen, machen Sie es der Bayerischen und der Sächsischen Staatsregierung nach und stimmen Sie mit uns für den hier vorliegenden Antrag! Sie dienen damit nicht nur dem Menschen- und Völkerrecht. Auch die Brandenburgerinnen und Brandenburger, die ihre Wurzeln in den ehemaligen Vertrei
Wir fordern namentliche Abstimmung. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit und bitte um Zustimmung.
Ich danke dem Abgeordneten Schuldt. - Nun erhält der Abgeordnete Klein das Wort. Er spricht für die Koalitionsfraktionen SPD und CDU.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir zuerst eine persönliche Vorbemerkung zum Antrag der DVU-Fraktion.
Ich finde es beschämend, wie die schmerzlichen Erfahrungen und das menschliche Leid der deutschen Vertriebenen hier erneut vor den Karren ultrarechter Propaganda gespannt werden.
Denn nur darum geht es der DVU mit ihrem Antrag. Ich sage eindeutig an Ihre Adresse gerichtet, Damen und Herren der DVU: Fürsprecher wie Sie haben die deutschen Vertriebenen weiß Gott nicht verdient!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es besteht für uns als Koalitionsfraktionen überhaupt kein Zweifel daran, dass die aufgrund der genannten Dekrete erfolgte entschädigungslose Enteignung und Vertreibung der Deutschen schweres Unrecht war.
Diese Dekrete sind Teil der tragischen Geschichte Europas, die gerade durch die europäische Einigung überwunden werden soll. Der Beitritt der Reformstaaten Mittel- und Osteuropas zur EU ist eine historische Chance, unseren Kontinent friedlich zu vereinen.
Der Beitritt dieser Staaten liegt damit auch und gerade im deutschen Interesse. Wie Sie wissen, beabsichtigt die Bundesregierung, die Frage eines EU-Beitritts von Polen, Tschechien oder Slowenien nicht mit diesen aus der Vergangenheit herrührenden Fragen zu verbinden. Auch die Bundesregierungen vor 1998 haben dies übrigens aus guten Gründen nicht getan. Im Hinblick auf die Bedingungen für den Beitritt kommt es entscheidend auf die Vereinbarkeit der heute gültigen demokratischen Rechtsordnung dieser Staaten mit der EU-Rechtsordnung an. Dessen ungeachtet ist die Forderung nach einer Aufhebung etwa der so genannten Beneš-Dekrete im Sinne einer symbolischen Geste, die anerkennt, dass die Vertreibung Unrecht war, gerechtfertigt, um auch auf diese Weise einen Schlussstrich unter dieses düstere Kapitel der Vergangenheit zu ziehen. Es liegt aber nicht im wohlverstandenen deutschen Interesse, diese Diskussion, die übrigens auch in der Tschechischen Republik geführt wird, per Junktim mit der Frage des EU-Beitritts zu verbinden.
Vor einiger Zeit lief im ZDF eine viel beachtete Dokumentation zum Thema Vertreibung unter dem Titel „Die große Flucht“. Ich gebe hier nur zwei Äußerungen von Betroffenen und Zeitzeugen der Vertreibung nach dem Zweiten Weltkrieg wieder. Der vertriebene Sudetendeutsche Josef Schuh äußerte sich dort so:
„Vertreibung ist immer Unrecht. Wir müssen aber zusammenleben, die Zukunft gestalten, denn das Alte gibt es nicht mehr. Es gibt keine Tschechoslowakei mehr, es gibt kein Österreich-Ungarn mehr; das ist vorbei. Wir haben jetzt ein Tschechien, ein neues, demokratisches Tschechien, und mit dem müssen wir in Europa zusammenleben.“
„Das Zusammenleben von Deutschen und Tschechen war jahrhundertelang sehr gut. Der Streit muss 50 Jahre nach dem Krieg endlich aufhören. Das ist unsere Aufgabe; dann gibt es auch eine Zukunft.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich denke, mehr muss man zu diesem Thema gar nicht sagen. Besser, als es diese zwei Zeitzeugen der Vertreibung gesagt haben, kann man es nicht sagen. Dies ist der Geist, aus dem ein friedliches Miteinander in einem endlich geeinten Europa erwachsen wird.
Der Geist des DVU-Antrages ist dem völlig entgegengesetzt. Deshalb werden wir ihn ablehnen. Ich finde es ganz prima, dass Sie namentliche Abstimmung verlangt haben. - Vielen Dank.
Ich danke dem Abgeordneten Klein und gebe das Wort an die Fraktion der PDS, an Herrn Abgeordneten Vietze.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Damit die Kollegen von der DVU, die dieses Thema immer wieder gern auf die Tagesordnung setzen, es noch einmal hören:
Erstens: Die PDS hat in diesem Hause immer dann, wenn die DVU das Thema Vertreibung ansprach, deutlich gemacht, dass die Beneš-Dekrete auf die Festlegungen des Potsdamer Abkommens zurückgehen - also diesen Regelungen des Potsdamer Abkommens ein geschichtlicher Ablauf zugrunde liegt, den man sich noch einmal zu Gemüte führen sollte, besonders Sie - und auch von den Vereinigten Staaten als einem der Unterzeichner des Potsdamer Abkommens sehr wohl anerkannt werden.
Zweitens: Wenn wir dies feststellen, dann stellen wir in keiner Weise in Abrede, dass mit der Umsiedlung von Millionen Menschen Not, Leid und Unrecht verbunden waren.
In gleicher Weise wie Herr Klein haben wir Veranlassung, Ihnen ganz energisch entgegenzutreten und Sie aufzufordern, Ihre unanständigen Versuche zu unterlassen, die Interessen der Ver
An dem heutigen Antrag ist nur eines interessant: Sie greifen ein Gutachten heraus, das die eigene Meinung bestätigt, verschweigen aber, dass es andere Gutachten gibt, die zu genau gegenteiligen Schlussfolgerungen kommen. Das Gutachten von Herrn Blumenwitz - so die Begründung des Antrages - sei für die Verhandlungen im Europäischen Parlament erstellt worden. Das mag zwar bei einigen in der Sudetendeutschen Landsmannschaft der Fall gewesen sein; für das Europäische Parlament hatte dies keine Bedeutung.
Ich bin gleich fertig. Lassen Sie mich diesen Gedanken noch äußern. - Das vom Europäischen Parlament in Auftrag gegebene Gutachten, das von Prof. Frowein erstellt wurde, hat im außenpolitischen Ausschuss des Europäischen Parlaments zu folgender Einschätzung geführt - ich zitiere Elmar Brok, Vorsitzender dieses Ausschusses und Mitglied der EVP-Fraktion -:
„Entsprechend den Schlussfolgerungen des Gutachtens Frowein stellen die Beneš-Dekrete kein unüberbrückbares Hindernis für den Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union dar.“
Die PDS stimmt in diesem Zusammenhang mit der Landesregierung völlig überein - das kommt so oft nicht vor -, die schon mehrmals auch im Zusammenhang mit der Beantwortung von Anfragen Ihrer Fraktion erklärt hat, die Fragen der Osterweiterung der Europäischen Union sind nicht mit einem bilateralen deutschtschechischen oder deutsch-polnischen Thema unnötig zu befrachten. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Abgeordneter Vietze, Sie haben noch ein wenig Redezeit. Deswegen lasse ich die Frage jetzt zu, wenn Sie das erlauben; anderenfalls hätte sie während des Beitrages von Ihnen beantwortet werden müssen. - Bitte schön, Frau Hesselbarth, Sie können die Frage stellen.