Protocol of the Session on November 14, 2002

(Beifall bei der PDS)

Wie teuer wurde mancher Arbeitsplatz bezahlt, den es schon längst nicht mehr gibt, und wie viel von diesem Geld ist in private Taschen geflossen?

Drittens: Hausgemachte Defizite pfeifen mittlerweile die Spatzen von den Dächern: Landesgesellschaften, überdimensionale Abwasseranlagen, Flughafen, Lausitzring. Ich hoffe, dass sich CargoLifter nicht noch dazugesellt.

Mittlerweile gibt es auch x-mal qualifizierte Menschen, zum Beispiel als Bürokauffrau, Blumenbinderin, Malerin und Computerspezialistin, und das alles in einer Person und trotzdem langzeitarbeitslos. Wie teuer bezahlten wir diesen Effekt?

(Kolbe [SPD]: Sie haben doch am lautesten danach ge- schrien, dass wir dieses Geld ausgeben sollen!)

Zum Schluss trotzdem noch zwei Fragen: Reicht das Geld in diesem Nachtragshaushalt aus, um die schon erwähnten Verkaufserlösausfälle der Feuersozietät wirklich auszugleichen? Immerhin wurden 137 Millionen Euro dafür eingeplant. Welchen Beitrag will das Land Brandenburg für die Einhaltung der Stabilitätskriterien der EU erbringen?

In einer ernsten Situation sollte man auch mit seriösen und ernsthaften Antworten arbeiten und das erwarten wir von Ihnen. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Osten. - Ich gebe jetzt das Wort der Fraktion der SPD, Herrn Abgeordneten Bischoff.

Herr Ministerpräsident, ich muss hier erklären: Ich würde es für sehr förderlich halten, wenn der zuständige Ressortminister zu einem solchen Tagesordnungspunkt vorn auf der Regierungsbank und nicht auf der Besuchertribüne Platz nähme.

Bitte, Herr Bischoff.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Kurz zum PR-Gag der PDS: Wissen Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, wenn die Koalition in diesem hohen Hause nicht Sitzung für Sitzung Ihre ungedeckten Schecks abgelehnt hätte, wären wir in unserem Land Brandenburg mindestens schon genauso pleite wie 1989. Denken Sie einmal darüber nach!

(Beifall bei SPD und CDU - Widerspruch bei der PDS)

Nachtrag zum Haushaltsgesetz und zum Haushaltsplan 2002, 1. Lesung, übrigens diesmal ohne den Aufdruck eines sonst so erfrischenden Fontane-Zitats auf dem Umschlag.

Herr Abgeordneter Bischoff, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ich möchte jetzt erst einmal meine Rede beginnen, Frau Osten. Sie können gern später fragen.

(Zurufe von der PDS)

Das geht hoffentlich nicht von meiner Redezeit ab, Herr Präsident.

Was allerdings im Umschlag steckt, ist, auf eine klare Formel gebracht und einfach gesagt: Brandenburg leistet sich zu viel, und dies trotz enormer Fortschritte. Erstens: In den vergangenen acht Jahren haben wir die Nettokreditaufnahme um 75 % gesenkt.

Zweitens: Wir haben Jahr für Jahr weniger Steuergelder ausgegeben.

Drittens: Wir reformieren die Landesverwaltung, reduzieren die Zahl der Landesgesellschaften, zuerst die LEG und nun folgerichtig als Nächste die Brandenburgische Bodengesellschaft BBG.

(Zurufe von der PDS)

Kein Bundesland, verehrte Kollegen von der Opposition, hat jemals in derart kurzer Zeit so viele Einschnitte gemacht und so drastisch seine Neuverschuldung zurückgeführt wie Brandenburg, und das - ich sage es bewusst - mit sozialem Augenmaß.

(Zurufe von der PDS)

- Hören Sie doch bitte erst einmal zu. Sie können sich nachher noch aufregen.

Dennoch wächst der Schuldenberg. 2002 zwingt uns ein abgeschwächtes Weltwirtschaftswachstum zur erneuten Zäsur unserer Haushalts- und Finanzpolitik.

(Zuruf von der PDS: Sie sollten erst einmal über die Krise nachdenken!)

- Hören Sie mir doch einmal zu!

Drei Konsequenzen:

Erstens: Wir müssen und werden weitere Aufgaben abgeben oder ersatzlos streichen.

Zweitens: Wir müssen und wir werden Personalkosten zusätzlich senken. Gelingt dies nicht, sind betriebsbedingte Kündigungen auch für Landesbedienstete leider nicht mehr ausgeschlossen, betriebsbedingte Kündigungen selbstverständlich nach einer ordentlichen Sozialauswahl, nach einer ordentlichen Beteiligung von Personalräten und Gewerkschaften und nach der Erstellung von Sozialplänen. Neue Beamte dürfen nur noch für rein hoheitliche Aufgaben eingesetzt werden - ein Thema, das wir uns immer wieder stellen, darüber hinaus gibt es keine neuen Verbeamtungen. Ich erwarte auch von der Landesregierung, dass sie die Beamtenbesoldung reformiert und die Bundesratsinitiative sehr intensiv prüft und sie hoffentlich auch unterstützt.

(Beifall bei SPD und CDU)

Aber selbst bei Streichung aller freiwilligen Ausgaben des Landes Brandenburg ist unser Haushalt kaum mehr ausgleichbar, weil 50 % der Landesmittel allein in Personalkosten gebunden sind. Personal kann und darf nicht auf Dauer aus Krediten finanziert werden.

Drittens: Wir müssen und werden unsere Ausgaben an die vergleichbarer Bundesländer wie Schleswig-Holstein anpassen. Noch geben wir das 1,3fache aus.

Konjunkturdellen und damit verbundene Steuerausfälle wird es immer wieder geben. Hinzu kommt, dass wir gemeinsam mit dem Koalitionspartner CDU im Bundesrat einer Steuerreform zugestimmt haben, die Familien und Handwerkern erstmalig mehr Geld in der Tasche lässt, da diese weniger Steuern zahlen. Ich meine, das ist ein richtiger Schritt. Aber wenn Steuern sinken, müssen entweder Leistungen des Staates und Personalkosten gesenkt werden, also Stellen im öffentlichen Dienst abgebaut werden, oder neue Schuldenlasten aufgenommen werden. Letzteres macht überhaupt keinen Sinn und ist die denkbar schlechteste Alternative. Deshalb sage ich: Steuersenkungen von heute können nicht auf Kredit, also zulasten von morgen, finanziert werden.

Mit den von der Landesregierung absolut nicht beeinflussbaren Gründen für diesen Entwurf zum Nachtragshaushalt, dem drastischen Kostenanstieg im Zusatzversorgungssystem und zum Beispiel den herben Steuerausfällen bei der Umsatzsteuer, auch mit der bitteren Folge des Anstiegs der Nettokreditaufnahme für 2002, wird sich nun der Haushalts- und Finanzausschuss zu befassen haben.

Fontane war ein guter Beobachter. Lebte Theodor Fontane noch, hätte er vielleicht zutreffend auf den Umschlag dieses Entwurfes zum Nachtragshaushalt Folgendes gekritzelt: Decke das Dach, solange die Sonne scheint. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Ihnen, Herr Bischoff. - Das Wort geht an die Fraktion der DVU. Frau Abgeordnete Hesselbarth, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Brandenburg dreht natürlich weiter an der Schuldenschraube. Wozu ein Nachtragshaushalt mit 95 Seiten, in dem ganze zwei Zahlen beschrieben werden?

Frau Ministerin, die Frage darf doch erlaubt sein: Warum und wie oft haben Sie den drucken lassen? Haben Sie zu viel Geld übrig? Denn erwartungsgemäß wird auch dieser Nachtragshaushalt wie zuvor der Doppelhaushalt in den Papierkorb wandern.

Alle Warnungen der DVU-Fraktion wurden damals von Ihnen, Herr Bischoff, und Ihren Mithaushältern in den Wind geschlagen. Ebenso in den Wind geschlagen wurden ca. 100 Änderungsanträge der DVU-Fraktion. Das waren keine ungedeckten Schecks. Es war ein ganz konkreter Alternativhaushaltsentwurf,

und zwar konsolidiert, ausgeglichen und ohne wesentliche Neuverschuldung.

(Frau Osten [PDS]: 50 % globale Minderausgaben, eine tolle Deckung!)

Auch vor Steuerausfällen haben wir gewarnt.

Jetzt, Frau Minsterin haben wir den haushaltspolitischen Kollaps. Selbst der Ministerpräsident sieht die Finanzlage Brandenburgs als in höchstem Maße dramatisch und als größte Herausforderung seit Bestehen des Bundeslandes an.

Wie sieht die Haushaltslage nun tatsächlich aus? Die Einnahmen des Landes, ohne Kreditaufnahmen, betrugen bis September gerade einmal 6,1 Milliarden Euro, also 63 % der geplanten Gesamteinnahmen. Mindestens 75 % oder ca. 7,3 Milliarden Euro hätten es sein müssen. Die Steuereinnahmen lagen mit 65,5 % deutlich unter dem Soll. Allein die Einnahmen aus der Umsatzsteuer blieben um rund 14 % gegenüber dem Vorjahr zurück. Als Zwischenabrechnung des Umsatzsteuerausgleichs musste das Land rund 425 Millionen Euro, also das Dreifache der monatlichen Vorauszahlungen, zurückzahlen.

Außer der Lohnsteuer haben sich alle Arten der Gemeinschaftswie der Ländersteuern im Verhältnis zum Vorjahr negativ entwickelt. Seit gestern ist das Ergebnis der November-Schätzung da. Danach klafft ein weiteres Finanzloch von ca. 600 Millionen Euro im Jahr 2003. Schon deshalb ist dieser Nachtragshaushalt einfach passé.

Was schließlich die beiden Haushaltssperren betrifft, so konnten Sie uns erst in der vergangenen Woche erklären, welches Einsparpotenzial damit wirklich erreicht werden konnte. Geschafft ist es dennoch nicht.

Fakt ist auch, dass die beiden Deckungslücken von zusammen über 60 Millionen Euro im Haushaltsjahr 2002 nach wie vor ungedeckt sind. Weder die LEG-Abwicklungskosten noch die Turbulenzen um die Feuersozietät sind in dem vorliegenden Entwurf berücksichtigt.

Wir haben eine Investitionsquote von gerade einmal 45,4 %, zuzüglich Bauinvestitionen, und eine Neuverschuldung in Höhe von 600 Millionen Euro. Warten wir ab, Frau Ministerin, ob hier nicht vielleicht doch ein Verfassungsbruch vorliegt. Aber das wird im Zweifelsfall das Verfassungsgericht entscheiden müssen.