Protocol of the Session on October 10, 2002

„Hasselmann sanktioniert Ordnungsvergehen und Straftaten wegen Friedens-, Hoch- und Landesverrats, Sabotage, Wahlfälschung, Bildung bewaffneter Haufen und krimineller Vereinigungen, Amtsanmaßung, Geld- und Urkundenfälschung und einiges mehr.”

Die DVU-Fraktion fragt: Will diese Landesregierung einem Mann nacheifern, der derart schwere Straftaten sanktionierte? Wenn nein, dann streichen Sie einfach die Vorschrift des § 6 Abs. 7 Satz 2 Verfassungsschutzgesetz. Dann kommen Sie auch nicht in Versuchung, Herr Innenminister.

Meine Damen und Herren der Koalition, Sie sind jetzt gefragt, ob Sie den schwerwiegenden Verfassungsverstoß beseitigen wollen oder nicht. Die DVU-Fraktion vertritt jedenfalls das Legalitätsprinzip. Das Strafrecht gilt für jedermann. Es darf keine rechtsfreien Räume geben. Deshalb ist die Gesetzesvorschrift gemäß unserem Antrag zu streichen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Wir sind am Ende der Rednerliste und kommen zur Abstimmung.

Die DVU beantragt die Überweisung ihres Entwurfes, Drucksache 3/4897, an den Innenausschuss. Wer diesem Überweisungsansinnen zustimmt, möge die Hand aufheben. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Überweisung abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung in der Sache. Wer dem Gesetzentwurf in der Sache zustimmt, möge die Hand aufheben.

Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf in 1. Lesung abgelehnt und damit erledigt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

1. Lesung des Gesetzes zur Änderung der Verfassung des Landes Brandenburg (BbgVerf) sowie des Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen des Landes Brandenburg (Untersuchungsausschussgesetz - UAG)

Gesetzentwurf der Fraktion der DVU

Drucksache 3/4898

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der einreichenden Fraktion. Frau Abgeordnete Hesselbarth, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Würde die Justiz so arbeiten wie die Untersuchungsausschüsse bei uns, könnte man die Strafgerichte sparen. Die Arbeit der Untersuchungsausschüsse soll sich im Hinblick auf die Beweiserhebung an der Strafprozessordnung orientieren sowie Behörden und Gerichte zur Amtshilfe verpflichten.

Mit der Schaffung des Untersuchungsausschussgesetzes hatte der Landtag die Aufgabe, durch Vorschriften für alle wesentlichen Verfahrensfragen, insbesondere über Beweiserhebungen im Allgemeinen, das heißt über die Beiziehung von Akten, sowie über die Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen im Speziellen, eine sichere gesetzliche Grundlage zu schaffen.

Die Orientierung ihrer Ermittlungstätigkeit an Grundsätzen der Strafprozessordnung bindet die Untersuchungsausschüsse an diese Objektivität. Schließlich handelt es sich bei den Staatsanwaltschaften bekanntlich um die objektivsten Behörden.

Um nichts anderes handelt es sich bei Untersuchungsausschüssen. Schließlich sollen sie die politischen Missstände aufdecken und am Ende zu einer objektiven Bewertung kommen. Am Ende der Ausschussarbeit soll also eine politische Aussage stehen, die Ergebnis einer sauberen, das heißt objektiven parlamentarischen Ermittlung und Bewertungsarbeit ist. Deswegen sollten mit der Einführung des Minderheitenvotums die Rechte der Opposition gestärkt werden. Von diesen Maßstäben sind wir im Landtag Brandenburg aber weit entfernt.

In der PDS-Fraktionszeitung vom September war Folgendes zu lesen:

„Verschleppung und Vertuschung - damit werden die Mitglieder der PDS im LEG-Untersuchungsausschuss konfrontiert. Nachdem die Koalitionsabgeordneten mehrmals wichtige Beweisanträge abgelehnt haben, hat die PDS-Fraktion jetzt Klage vor dem Landesverfassungsgericht eingereicht. Mit der Klage soll festgestellt werden, dass die Vertreter der Regierungskoalition mit ihrer Weigerung, einem Beweisantrag der PDS ihre Zustimmung zu geben, gegen die Landesverfassung verstoßen.”

Wir als Fraktion der DVU sind die Letzten, die für die PDS eine Lanze brechen würden. Aber auch wir DVU-Abgeordneten müssen als Mitglieder der Untersuchungsausschüsse mit ansehen, wie leichtfertig notwendige Beweisanträge abgelehnt werden.

Der Untersuchungsausschuss LEG hat am 13. November 2001 seine Arbeit aufgenommen. Bisher wurden dort 41 Beweisanträge eingebracht, hingegen nur 25 Beweisbeschlüsse gefasst. Beweisanträge der DVU-Fraktion sind teilweise nach Ablehnung durch SPD, PDS und CDU an anderer Stelle wörtlich wieder gestellt worden, nämlich dann, wenn es den Ausschussmitgliedern der anderen Parteien opportun erschien.

Wir als DVU-Abgeordnete nehmen die Untersuchungsaufträge sehr ernst. Daher ist es nicht hinnehmbar, dass die Vorschriften zur Beweiserhebung und zur Ablehnung wegen Unzulässigkeit völlig nebulös formuliert sind. Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen und sich zumindest einer Überweisung in den Hauptausschuss nicht zu verschließen. - Ich danke vorerst für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Da die SPD-Fraktion Verzicht erklärt hat, sind wir jetzt bei der PDS-Fraktion. Das Wort geht an den Abgeordneten Vietze.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Brandenburger Verfassung gewährt weitgehende Regelungen zum Schutz der Opposition und der Minderheitenrechte im Parlament. Es ist sicherlich zutreffend - insofern hat Frau Hesselbarth aus unserer Fraktionszeitung richtig zitiert -, dass manchmal der Eindruck entsteht, die große Koalition oder die demokratisch legitimierte Mehrheit in Brandenburg habe des Öfteren Schwierigkeiten im Umgang mit den Anliegen der Opposition oder der Minderheit. Dies hatte des Öfteren zur Konsequenz, dass die Minderheit oder die Opposition den Weg vor das Verfassungsgericht beschritten hat, durch das sie in vielen dieser Sachverhalte auch bestätigt wurde, es also einer gesetzlichen Regelung nicht bedarf.

(Zuruf des Abgeordneten Homeyer [CDU])

- Zurzeit sind wir mit zwei Klagen vor Gericht, Herr Homeyer. Wir werden sehen, was dabei herauskommt. Ich bin der festen Überzeugung, Sie würden manches effektiver gestalten, wenn Sie nicht nur - wie damals im Zuge der Erarbeitung der Brandenburger Verfassung - so stolz darauf wären, die Rechte der Opposition aufgenommen zu haben, sondern sich auch jetzt dafür einsetzen würden, dass sie gewährt werden.

(Beifall bei der PDS)

Insofern kann ich damit sehr wohl umgehen. Aber einer Gesetzesinitiative der DVU, nach der noch weiter gehende Regelungen aufgenommen werden sollen, bedarf es aus meiner Sicht nicht. Ich bitte um Ablehnung dieser Gesetzesinitiative. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS und vereinzelt bei der SPD)

Die CDU hat wie die Landesregierung Verzicht erklärt. Damit geht das Wort erneut an Frau Hesselbarth. Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass die Vertreter der Koalitionsfraktionen verzichtet haben, zeigt, welche Bedeutung man dem von der Verfassung vorgebenen parlamentarischen Untersuchungsauftrag und letztlich den parlamentarischen Kontrollrechten gegenüber der Exekutive in diesem Landtag beimisst. Ich erspare es mir, hierzu Ausführungen zur Verantwortung der Abgeordneten als gewählte Volksvertreter zu machen. Aber ich kann und will darauf nicht nur mit einem Kopfschütteln reagieren.

Ich frage mich, Herr Vietze, was Ihre Rede sollte. Was Sie hier zum Besten gegeben haben, war mehr als unsachlich und zeigt, dass es Ihnen nicht wirklich um objektive und saubere Aufklärungsarbeit im Rahmen der Untersuchungsaufträge geht. Nein, Sie wollen mit Verfassungsklagen nur populistisch auf Stimmenfang gehen. Sie hätten sich Ihre Organklage gegen den Untersuchungsausschuss unter Berufung auf Ihr Minderheitenrecht gleich sparen können; denn was Sie hier machen, ist unehrlich und nutzlos.

(Beifall bei der DVU)

Sie, Herr Vietze, haben in Ihrer Fraktionszeitung dazu des Weiteren gesagt - ich scheue mich nicht, Sie persönlich zu zitieren -:

„Wir sind nicht gewillt, einer weiteren Verschleppung und Vertuschung durch die Koalitionsvertreter tatenlos zuzusehen. Deshalb wollen wir jetzt mit einem Organstreitverfahren vor dem Landesverfassungsgericht unser Minderheitenrecht auf Beweiserhebung geltend machen.”

Tatsächlich aber sind Sie nicht wirklich daran interessiert, dass zum Beispiel die Geldverschwendung durch die LEG oder das Missmanagement im Rahmen der Planung des Großflughafens Berlin-Schönefeld aufgedeckt werden.

(Vietze [PDS]: Sie wissen ja gar nicht, worüber Sie re- den!)

Die Bürgerinnen und Bürger dagegen haben erkannt, dass es den Menschen dort, wo Sie in den Parlamenten sitzen, und leider Gottes zum Teil auch dort, wo Sie mitregieren, viel schlechter geht. Letztendlich ist dies Politik nach Gutsherrenart oder besser gesagt - nach Art des Zentralkomitees der SED. Die Quittung dafür haben Sie bei der Bundestagswahl bekommen. So wird es Ihnen hoffentlich auch in Zukunft ergehen.

Frau Hesselbarth, wir möchten nicht das Thema verlassen.

Der Wortlaut des § 15 Abs. 3 des Untersuchungsausschussgesetzes - ich bin wieder beim Thema - lässt die Evidenzfälle

völlig im Dunkeln. Das heißt, es ist in keiner Weise entsprechend der Strafprozessordnung sauber definiert, wann und wie die Beweiserhebung unzulässig ist.

Ein Blick in die Kommentare zu § 244 Abs. 3 bis 5 der Strafprozessordnung zeigt, wie eklatant die Schere zwischen dem rechtsstaatlich ordentlichen Beweiserhebungsverfahren und der in unseren Untersuchungsausschüssen praktizierten Aufklärungsarbeit auseinander klafft. Das Minderheitenvotum von einem Fünftel ist nicht nur schädlich für die Erforschung im Rahmen des Untersuchungsauftrages, sondern es ist auch ein Defizit an parlamentarischer Demokratie, da oftmals sinnvolle Anträge einzelner Mitglieder keine Berücksichtigung finden.

Da unsere Fraktion der DVU die einzige ist, welche in den Untersuchungsausschüssen, speziell im LEG-Untersuchungsausschuss, gewissenhaft und objektiv arbeitet

(Widerspruch bei der CDU)

- Sie werden es bestätigen -, ist das Minderheitenvotum, aufgrund dessen wir kaum Beweisanträge durchsetzen können, auch ein Affront gegen die parlamentarischen Kontrollrechte. Dies muss geändert werden. Deshalb bitte ich Sie nochmals, unserem Antrag zuzustimmen. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Wir sind am Ende der Rednerliste und kommen zur Abstimmung. Die DVU-Fraktion beantragt die Überweisung ihres Entwurfes, Drucksache 3/4898, an den Hauptausschuss. Wer diesem Überweisungsansinnen folgt, möge die Hand aufheben. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Überweisung abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung in der Sache. Wer dem Gesetzentwurf in der Sache folgt, möge die Hand aufheben. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf auch in der Sache in 1. Lesung abgelehnt und erledigt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 5, um den Tagesordnungspunkt 6 der heutigen Tagesordnung aufzurufen:

Politik der Landesregierung für den ländlichen Raum