Protocol of the Session on May 30, 2002

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Damit sind wir bei der Frage 1188 (Dioxinbelastung im Be- reich des Flughafens Schönefeld), gestellt von der Abgeordneten Dr. Enkelmann.

Das Nachrichtenmagazin “Der Spiegel” berichtet in seiner Ausgabe vom 13. Mai 2002 von hohen Konzentrationen des giftigen Stoffes Dioxin im Bereich des Flughafens Schönefeld und anliegender Gemeinden. Eine Gefährdung des Grundwassers und damit vieler Bürgerinnen und Bürger könne nicht ausgeschlossen werden.

Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie die Aussagen des genannten “Spiegel”-Artikels und vieler weiterer Beiträge, die danach in anderen Medien, in Presse, Rundfunk und Fernsehen, erschienen sind?

Herr Minister Birthler, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es trifft zu, dass im Bereich des ehemaligen Klärwerkes Diepensee in einem Tümpel, der in Havariefällen als Überlauffläche diente, hohe Dioxinwerte festgestellt wurden. Derzeit wird der notwendige Sanierungsumfang für diese bekannte Kontamination bestimmt. Die erforderlichen Maßnahmen werden anschließend ergriffen. Damit meine ich nicht das Zubetonieren der belasteten Flächen, wie im “Spiegel”-Artikel vom 13. Mai behauptet.

Laut diesem “Spiegel”-Artikel, in dem die Position des Bürgervereins Berlin-Brandenburg aufgegriffen wird, soll das Grundwasser in diesem Gebiet durch das Abdriften von Schadstoffen mit Dioxin kontaminiert worden sein. Zur Stützung dieser Behauptung wird auf die angebliche und - wie in dem Artikel wie gewohnt geheimnisumwittert beschrieben - heimlich durchgeführte Messung des Bürgervereins im Grundwasser verwiesen. Wo genau die Proben genommen wurden, ob es sich dabei wirklich um Grundwasser handelte und ob eine Verschleppung von Dioxinbelastungen aus dem Oberboden in das Grundwasser bei der Probenentnahme ausgeschlossen wurde, ist mir nicht bekannt. Insoweit habe ich große Zweifel an dem vom Bürgerverein verkündeten Ergebnis. Leider hat der Bürgerverein sich bisher nicht bereit gefunden, meinem Haus die Proben zur Analyse zur Verfügung zu stellen, und hat überdies ein für gestern vereinbartes Gespräch mit mir abgesagt.

Proben der von der zuständigen unteren Wasserbehörde ohnehin eingerichteten Grundwassermessstelle im Abstrombereich des Klärwerkes zeigen keine Dioxinbelastungen. Vorsichtshalber wurde auch das Grundwasser im Bereich der Ortschaft Kiekebusch untersucht, da die Bürger dort ihr Grundwasser noch über Hausbrunnen gewinnen. Die zwei durchgeführten Beprobungen zeigen ebenfalls keine Dioxinbelastungen. Ergebnisse einer vorsorglich veranlassten weiteren Probenentnahme an anderer Stelle in Fließrichtung des Grundwassers werden voraussichtlich in der nächsten Woche vorliegen. - Vielen Dank.

Es gibt Klärungsbedarf.

Das habe ich mir gedacht.

Wir beginnen mit Frau Dr. Enkelmann.

Herr Minister, nach Ihren Aussagen ist ein Nachfragen sicher notwendig. - Erstens: Warum wurde die Öffentlichkeit erst nach den Veröffentlichungen im “Spiegel” und in anderen Beiträgen informiert? Sehen Sie es nicht als Ihre Pflicht als Minister an, die Öffentlichkeit rechtzeitig über die Belastungen und über mögliche Maßnahmen zur Beseitigung der Belastungen zu informieren?

Zweitens: Sie haben über die Unterlagen gesprochen, die der Verein hat. Diese Unterlagen sind - das wissen Sie - inzwischen bei der Staatsanwaltschaft. Das heißt, die Landesregierung ist durchaus in der Lage, diese Unterlagen einzusehen. Meine Frage dazu: Sind Sie bereit, diese Unterlagen bei der Staatsanwaltschaft einzusehen?

Eine dritte Frage: Wie wird die Öffentlichkeit generell über solche Auswirkungen von Umweltkriminalität informiert?

Zur ersten Frage: Die Information über die Belastungen, das heißt darüber, dass dort Dioxin aus den ehemaligen Flugzeugtoiletten vorhanden ist, gibt es seit 1996. Wir haben auch zwei Drittel der Kläranlage schon längst beräumt. Es ist also bekannt.

Neu war die Aussage - das war die Behauptung des “Spiegel” und des Bürgervereins -, dass das Grundwasser belastet sei, was bisher nicht nachgewiesen ist.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Belastet sein könnte!)

- Ja, ja. - Von der Probe, die der Verein bei Nacht und Nebel genommen hat - wahrscheinlich nur in einer Pegelmessstelle, also im Oberflächenwasser -, wurde behauptet, es sei eine Grundwasserprobe. Uns nützen nicht die Ergebnisse der Probe, die bei der Staatsanwaltschaft liegen, uns interessiert die genaue Art und Weise der Probeentnahme. Hierzu weigert sich der Bürgerverein, sowohl den Probennehmer als auch die Art und Weise der Probenentnahme zu benennen. Jeder Fachmann weiß, dass allein schon eine Wasserentnahme im Bereich einer Pumpe aufgrund des Schmieröls der Pumpe zu Dioxinwerten führen kann.

Also die Probenentnahme bei solchen geringen Belastungen ist sehr entscheidend. Hier fehlen die Auskünfte. Insofern nützt uns da auch die Staatsanwaltschaft nichts.

Selbstverständlich werden wir - zu Ihrer dritten Frage - sehr transparent mit allen Ergebnissen umgehen und die Öffentlichkeit immer sofort und ausreichend informieren.

Frau Tack, bitte.

Ich habe zwei Nachfragen. Zum Ersten: Ist Ihres Wissens nach eine ausreichende Berücksichtigung der möglichen Dioxinbelastung im Rahmenplanfeststellungsverfahren erfolgt? Wenn das nicht geschehen ist, auf welche Art und Weise wird es nachgeholt?

Zum Zweiten: Auf welche Art und Weise werden dann in dem Zusammenhang sicherlich erforderliche Haushaltsmittel für die notwendige Sanierung bereitgestellt?

Ich habe darauf hingewiesen, dass wir mit den unteren Wasserbehörden und mit dem Kreis klären, inwieweit die Belastungen beseitigt werden können. Die Mittel müssen dann aus dem Altlastenfonds bereitgestellt werden. Das ist ja auch schon zur Unterstützung des Kreises mit den ersten zwei Dritteln, die schon beräumt sind, geschehen. Inwieweit dann wirklich noch andere Bereiche, dieser Fließgraben, mit beräumt werden müssen, müssen die Fachleute vor Ort entscheiden.

(Frau Tack [PDS]: Planfeststellungsverfahren?)

- Das muss ich klären, weiß ich nicht.

Frau Osten, bitte.

Herr Minister, was Sie nicht wissen können, ich interessiere mich, seit Stefan Ludwig nicht mehr auf diesem Platz sitzt, besonders für die Probleme des Landkreises Dahme-Spreewald. Ich möchte deshalb wissen, wie die Landesregierung sich zu den Äußerungen des Umweltamtes des Landkreises DahmeSpreewald - das ist in der “MAZ” nachzulesen - verhält, nämlich dass kein Grundwassermesspegel um die Kläranlage herum vorhanden ist, um verlässliche Proben nehmen zu können, dass lange bekannt ist, dass das Oberflächenwasser belastet ist und dass auch Belastungen des Grundwassers nicht auszuschließen sind. Das sind Äußerungen des Umweltamtes.

Auf die ersten beiden Fragen bin ich eingegangen, das ist klar. Es sind keine Grundwassermesspegel, sondern es sind Oberflächenpegel zur Messung der Wasserhöhe dort. Es gibt eine Grundwassermessstelle.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Das ist zu wenig!)

Wir haben zusätzlich dann noch Proben genommen. Bisher sind alle Grundwasserproben negativ. Die Fachleute wissen, dass gerade Dioxin so gut wie nicht löslich ist. Insofern sind das Fragen, bei denen natürlich der Umweltdezernent die Belastung nicht ausschließen kann. Das kann niemand, zumal wir wissen, dass Dioxin ganz normal überall dort vorkommt, wo Verkehr ist, wo ähnliche Belastungen sind, zum Beispiel in den Industriegebieten unserer Region. Das ist ein ganz normales Vorkommen.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Aber doch nicht in der Kon- zentration! Man muss doch nach der Konzentration fra- gen!)

Es kommt darauf an, dass die Grenzwerte nicht überschritten werden. Das ist nachgewiesen. Alle amtlichen Proben sind bisher negativ. Eine Probe eines Bürgervereins, die in einer

Nacht-und-Nebel-Aktion genommen wurde, interessiert mich nicht, solange ich nicht die konkreten Ergebnisse habe.

Wir sind bei der Frage 1189 (Wettbewerb zur Qualität der Kindertagesstätten in Brandenburg). Ich bitte die Fragestellerin, Frau Redepenning, den Vorspann der Frage vielleicht in komprimierter Form zu formulieren. Bitte sehr.

Mit der Pressemitteilung vom 21. Mai 2002 ruft das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport die 1 972 Kindertagesstätten im Land Brandenburg auf, sich an einem Wettbewerb zu beteiligen, in dessen Rahmen die Qualität der Bildung und Betreuung von insgesamt 50 nach dem Zufallsprinzip aus den Reihen der Bewerber ausgewählten Kindertagesstätten des Landes und die der Einrichtungen geprüft und verglichen werden soll. Ich begrüße die Teilnahme des Landes Brandenburg an dieser unter der Projektleitung der Freien Universität geführten nationalen Qualitätsinitiative außerordentlich.

In der Pressemitteilung wird dieser Wettbewerb allerdings mit der PISA-Studie verglichen und erklärt, “über diesen landesweiten Wettbewerb wird die pädagogische Qualität der Kindertagesstätten vergleichbar erfasst”.

Ich frage deshalb die Landesregierung: Welche konkreten konzeptionellen, zeitlichen und inhaltlichen Vorstellungen hat sie für die Entwicklung einer regelmäßigen, alle Kitas umfassenden empirischen, das heißt auf der Grundlage definierter Qualitätskriterien stattfindender Überprüfung der pädagogischen Qualität der Kindertagesbetreuung - Kitas und Tagespflege - im Land Brandenburg?

(Zurufe von der PDS: Das war auch eine sehr lange Fra- ge!)

Wie bitte?

(Zurufe von der PDS: Die Frage war sehr lang!)

- Wenn einer spricht, dann verstehe ich es vielleicht, aber wenn drei Damen in dieser Vehemenz sprechen, ist nichts zu verstehen.

Der Staatssekretär hat das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Abgeordnete Redepenning, ich freue mich über die Zustimmung zu diesem Wettbewerb, den wir als Land initiiert haben. Soweit mir bekannt ist, sind wir das erste Land in der Bundesrepublik, das so systematisch und breit Qualitätsfeststellungen der pädagogischen Arbeit in Kitas betreibt.

Bereits 1994 wurden durch den Projektträger PädQuis mit der Kindergarteneinschätzungsskala bundesweit über 100 Gruppen

auf ihre Betreuungsqualität hin untersucht. Als einziges neues Bundesland war damals Brandenburg mit 27 Gruppen beteiligt. Wir haben dann im Jahr 2000 den gleichen Träger beauftragt, diese Studie zu wiederholen und weitere 70 Gruppen zu untersuchen. Damit war der Anfang für eine längsschnittliche und querschnittliche Qualitätsbeobachtung der Einrichtungen in Brandenburg gemacht. Mit diesem Wettbewerb soll nun die beständige Qualitätsbeobachtung bei 100 weiteren Gruppen in Brandenburg fortgesetzt werden.

Es gibt im Wesentlichen zwei Gründe für diesen Wettbewerb. Der erste Grund ist die fachliche und öffentliche Diskussion über Qualität. Diese braucht eine verlässliche Grundlage. Es gibt unterschiedliche Meinungen darüber, was pädagogische Qualität ist, und vielfach wird zu Recht beklagt, dass Ziele und Wege der Kita-Pädagogik zu unverbindlich sind. Entsprechend der gegenwärtigen Rechtslage hat die Landesregierung keine Möglichkeit, hier verbindliche Standards zu schaffen, aber wir können Standards der Wissenschaft veröffentlichen, diese in die Diskussion bringen und sie befördern. Diesen Weg gehen wir zum Beispiel auch in dem durch § 23 Abs. 3 Kita-Gesetz vorgezeichneten Weg, pädagogische Grundsätze mit den Trägern zu vereinbaren.

Zwei Grundsätze wurden bereits vor Jahren von uns vorgelegt, zur Eingewöhnung und zum Übergang vom Kindergarten in die Grundschule. Bisher waren die Trägerverbände nicht dazu bereit, hierüber Vereinbarungen mit uns abzuschließen. Ich bin mir aber sicher, dass mit der PISA-Diskussion hier neue Bewegung hineinkommt. Wir sind jedenfalls zurzeit dabei, diese Grundsätze speziell auch zur Bildungsarbeit in Kitas zu erarbeiten.

Diese nationale Qualitätsinitiative wird gegenwärtig im Qualitätsfeststellungsverfahren entwickelt und erprobt. Bis dort Ergebnisse vorliegen, verwenden wir die einzige im deutschsprachigen Raum vorhandene Kindergarteneinschätzungsskala und die daraus abgeleiteten Instrumente für Krippe und Hort. Mit diesem Instrument werden in den folgenden sechs Bereichen die Qualität der pädagogischen Arbeit mit den Kindern, aber auch die Einbeziehung der Eltern getestet. Das sind die Bereiche: Das pädagogische Konzept, die Möbel und die Ausstattung für Kinder, der Bereich Pflege und Sicherheit, die bildungsorientierten Aktivitäten wie der allgemeine Sprachgebrauch und die Sprach- und Leseaktivitäten, der soziale Umgang und die Struktur der pädagogischen Arbeit.

Der zweite Grund für die Förderung dieses Vorhabens liegt im erweiterten Anreiz zur Qualitätsentwicklung. Schon die Auseinandersetzung mit den Messkategorien führt zu einer Reflexion der eigenen Arbeit und ist ein Schritt in die Richtung verbindlicher Orientierung für die Arbeit in den Kindertagesstätten. Eine Verständigung zwischen Eltern und Erziehern, zwischen Trägern und Mitarbeitern über Ziele und Wege fördert die Qualität der Arbeit und stärkt das Fundament für Bildungswege. Es gibt sehr viele Einrichtungen im Land Brandenburg, die hervorragende Arbeit leisten. Dieser Qualitätswettbewerb soll auch Anerkennung und Auszeichnung und damit auch ein Anreizund Belohnungsfakt zur Förderung engagierter Arbeit sein. Dieser Wettbewerb soll einen Beitrag dazu leisten, dass diejenigen, die gute Arbeit geleistet haben, auch öffentliche Anerkennung finden.

Die Qualitätsmessung in den Einrichtungen beginnt im letzten