Protocol of the Session on December 31, 2000

Die einzig sinnvollen Großprojekte in Brandenburg, nämlich der Großflughafen BBI und die Chipfabrik in Frankfurt (Oder) , drohen, wenn es so weitergeht, an der Quertreiberei der PDS-Linksaußenfraktion auch noch zu scheitern, Herr Prof. Bisky.

Nun zum leidigen Thema Landesgesellschaften. Wie heißt es doch so schön im Bericht des Landesrechnungshofes zu diesem Thema?

„Ein Festhalten am bestehenden System wird für das Land zwangsläufig zu weiteren nicht überschaubaren finanziellen Risiken führen.”

Nach Auffassung des Landesrechnungshofes ist das bestehende System der Landesbeteiligungen durch die Millionenpleiten der brandenburgischen Landesgesellschaften und der Landesentwicklungsgesellschaft LEG offensichtlich gescheitert und sogar teilweise gesetzeswidrig. Allein die LEG fuhr nach der vorliegenden Bilanz 2001 im vergangenen Jahr bis zur Liquidation einen Verlust von 239 Millionen DM ein. Die noch nicht absehbaren Kosten der Liquidation werden sich auf mindestens 400 bis 500 Millionen DM belaufen.

Das Ergebnis Ihrer verfehlten Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren von der Koalition, ist die in Brandenburg seit Jahren währende und sich ständig verstärkende Arbeitsmarktkatastrophe. In Ihrer Regierungserklärung vom 24. November 1999 erklärten Sie, Herr Ministerpräsident:

„Das größte Problem in Deutschland und erst recht im Osten ist die hohe Arbeitslosigkeit. An Erfolgen bei ihrer Bekämpfung wird die Politik von den Menschen gemessen. Dabei geht es in erster Linie um eine gesicherte Existenz, um Anerkennung und Selbstbewusstsein. An der Senkung der Arbeitslosigkeit messen die Menschen auch den Erfolg der marktwirtschaftlichen Ordnung insgesamt.”

Sieht man sich die aktuellen Arbeitsmarktzahlen zweieinhalb Jahre später an, so kann man nur sagen: Setzen, Sechs!

(Beifall bei der DVU)

Das Ergebnis der Messung der Arbeitsmarktpolitik durch die Menschen in diesem Lande äußert sich in zunehmender Politikund Demokratieverdrossenheit.

Laut Arbeitsmarktbericht für den März 2002 Ihres Ministeriums, Herr Ziel, hat sich die Zahl der Arbeitslosmeldungen nahezu in der Waage mit der Zahl der Abmeldungen gehalten. Die Arbeitslosenquote betrug 19,9 %. In den berlinferneren Arbeitsamtsbezirken Cottbus und Eberswalde lag sie nahe bei 25 %. Und dies trotz getürkter Arbeitsmarktstatistiken. Nimmt man zur Zahl der offiziellen Arbeitslosen von knapp 250 000 Personen die über 90 000 Personen dazu, die sich in ABM, SAM, in Weiterbildungsmaßnahmen oder in Altersteilzeit befanden, so kommt man auf eine Arbeitslosenquote von circa 27 %. Das ist doch beachtlich, oder?

Besonders beängstigend ist dabei die nahezu konstante Zahl von Langzeitarbeitslosen, die bei über 92 000 liegt.

Statt endlich eine aktive Struktur- und Arbeitsmarktpolitik im Bereich der kleinen und mittelständischen Betriebe des Landes zu betreiben, fällt Ihnen, Herr Minister Ziel, und den Arbeitsamtsdirektoren nichts weiter ein, als nach wie vor jedem Arbeitslosen, der sich dazu entschließt, Brandenburg zu verlassen, 2 500 Euro an Wegzugsprämie zu zahlen. Dabei stehen bereits heute hier in Mitteldeutschland und Brandenburg rund 1 Million Wohnungen leer. Davon sollen mindestens 350 000 abgerissen werden. Durch zunehmenden Wegzug in andere Bundesländer, weiter sinkende Geburtenraten und eine Bevölkerungszusammenballung im Großraum Berlin zulasten des äußeren Entwicklungsraumes wird sich dieser Trend in Zukunft noch weiter verstärken.

Wie ein Hohn wirkt da eine Aussage aus Ihrer Regierungserklärung vom November 1999, Herr Ministerpräsident:

„Durch die Wohnungsbauförderung tragen wir dazu bei, die gewachsene soziale Zusammensetzung der Bewohner zu bewahren, das Wohnen bezahlbar zu halten und die Wohnqualität zu verbessern.”

In Wirklichkeit betreiben Sie aber Wohnungspolitik mit der Abrissbirne.

(Beifall bei der DVU)

Dass angesichts des Niedergangs der wirtschaftlichen Entwicklung im Lande mit den daraus resultierenden Steuerausfällen sowie angesichts von Massenarbeitslosigkeit und Bevölkerungsrückgang den meisten Kommunen des Landes das Wasser finanziell buchstäblich bis zum Hals steht, ist nach Ansicht der DVU-Fraktion überhaupt kein Wunder. Weiter verstärkt wurde dies durch die nochmalige Absenkung der Verbundquote im Gemeindefinanzierungsgesetz 2002 und durch die faktische Halbierung der investiven Zuweisungen.

(Petke [CDU]: Die ist nicht abgesenkt worden!)

- Die ist abgesenkt worden.

Stattdessen sollen die Kommunen nach dem Willen des Innenministeriums und unter tätiger Mithilfe der PDS-Fraktion nun zunehmend in erwerbswirtschaftliche Tätigkeiten ihrer kommunalen Betriebe hineingehetzt werden mit der Folge, dass sie dem Mittelstand des Landes ihrerseits zusätzliche Konkurrenz machen und diesen damit weiter schädigen. Andererseits soll es nach dem Willen unseres Innenministeriums, und zwar unter Einsatz von Zwangsmitteln, in Zukunft in Brandenburg nur mehr 600 bis 700 Gemeinden gegenüber bisher fast 1 500 geben. Da könnte man, um mit einem landesweit bekannt gewordenen CDU-Kommunalparlamentarier zu sprechen, geradezu zum Dracula werden.

(Petke [CDU]: Sie kann man sich gar nicht vorstellen als Dracula!)

Dass das finanzielle und demographische Ausbluten des Landes natürlich auch die Schulpolitik betrifft, liegt in der Natur der Sache. In den nächsten Jahren sollen reihenweise weiterführende Klassenstufen aufgelöst und Schulen geschlossen werden. Etwa 206 von 424 Real- und Gesamtschulen sowie Gymnasien müssen ihren Unterricht einstellen - so die Prognose Ihres Ministeriums, Herr Minister Reiche.

Der Geburtenknick nach der Wende führt bereits seit Jahren zu einem drastischen Rückgang der Schülerzahlen. Doch außer der landesweiten Einführung von Sekundarschulen fiel Ihnen, Herr Minister Reiche, dazu bisher wenig Konstruktives ein.

(Petke [CDU]: Der Minister hat doch drei Kinder!)

- Aber vielleicht kann seine Politik etwas dafür, Herr Petke! Dabei haben die Schulen Brandenburgs nach einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes Allensbach ohnehin mit die schlechtesten Noten im Bundesvergleich. Während sich in Bayern 35 %, in Baden-Württemberg 31 % und in Thüringen und Sachsen immerhin noch 21 % der befragten Jugendlichen ab 16 Jahren mit Organisation, Ausstattung und Leistung ihrer Schulen zufrieden zeigten, sind dies in Brandenburg gerade noch 17 %. Die schlechten Ergebnisse in der PISA-Studie haben die Brandenburger im Übrigen nicht überrascht, wie aus dieser Umfrage weiter hervorgeht.

Wie all dies mit Ihrer Aussage, Herr Ministerpräsident, in Ihrer Regierungserklärung vom November 1999 zusammenpasst, in der Sie von der „Stärkung einer Infrastruktur in den Köpfen” schwadronierten und erklärten, die Landesregierung werde eine Bildungsoffensive starten, um die jungen Menschen auf die veränderten Anforderungen besser vorzubereiten, bleibt Ihr ganz persönliches Geheimnis.

Nun zur Gesundheitspolitik. In vielen Regionen Brandenburgs droht bereits heute und verstärkt in den nächsten Jahren ein akuter Ärztemangel. Schon jetzt fehlen 126 Haus- und 56 Fachärzte.

„Wir stehen vor einer dramatischen Entwicklung”,

sagte Rolf Herre, Pressesprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg. Weiter heißt es hier:

„Ein Drittel unserer Mitglieder sind älter als 55 Jahre. Sie gehen also bald in den Ruhestand, ohne einen Nachfolger zu finden.”

Im Vorjahr hätten 57 Ärzte in Brandenburg ihre Praxen altersbedingt schließen wollen; nur 13 hätten die Räume an jüngere Kollegen übergeben können.

Für die Vereinigung der Kassenärzte liegt die Zurückhaltung der Ärzte vor allem am Geld. Ihr Einkommen liegt in Brandenburg derzeit bei 77,3 % des Westniveaus, obwohl sie mehr und länger arbeiten müssen. Doch statt hier durch geeignete Maßnahmen und Verhandlungen mit dem Bundesgesundheitsministerium Abhilfe zu schaffen, kam aus Ihrem Hause, Herr Minister Ziel, zu diesem Problem bisher nichts als heiße Luft.

Zum Schluss noch einige kritische Anmerkungen zu Ihnen, Herr Minister Schönbohm, und Ihrer Sicherheitspolitik:

„Innerer Frieden und innere Sicherheit sind grundlegende Voraussetzungen für ein freiheitliches und friedliches Zusammenleben der Menschen in unserem Lande. Wo Angst vor Straftaten das Lebensgefühl der Menschen bestimmt, herrscht keine wirkliche Freiheit.”

(Petke [CDU]: Wo haben Sie das abgeschrieben?)

„Die Landesregierung bekennt sich zu einer leistungsstarken Polizei als Teil dieses Gesamtsystems. Sie wird sicherstellen, dass die Polizei über eine ausreichende personelle und technische Ausstattung verfügt. Kernbereiche der inneren Sicherheit wie die Funktionsfähigkeit der Polizei werden gewährleistet.”

Abgeschrieben habe ich das aus der Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Dr. Stolpe, Herr Petke. Da können Sie mal sehen, wie Sie sich selbst darin auskennen.

(Beifall bei der DVU - Petke [CDU]: Also doch abge- schrieben!)

- Ja, das habe ich doch gesagt.

Doch was ist aus dieser Passage der Regierungserklärung von Ministerpräsident Stolpe geworden, Herr Petke? Während Sie, Herr Schönbohm, die Verfassungsschutzabteilung Ihres Ministeriums und die Staatsschutzabteilung der Kripo in Orwell’scher Manier kräftig weiter aufstockten, ist beispielsweise die Jugendkriminalität in Brandenburg weiterhin deutlich höher als im Bundesdurchschnitt. Das sind einfach Fakten. So waren im Vorjahr 28,8 % der 96 690 Tatverdächtigen Jugendliche und Heranwachsende - ebenso viele wie bei Ihrem Amtsantritt im Jahre 1999. Auch sonst ist die Kriminalitätssituation nicht besser geworden.

Lediglich dem Kampf gegen alles, was nach Ihrer Meinung irgendwie rechts oder nur ansatzweise national ist, gilt Ihre ganze Leidenschaft.

(Petke [CDU]: Ist doch gut so!)

Dies ist jedoch umso unverständlicher, als Sie doch selbst als Grußwortautor in rechten Mitteilungsblättern zusammen mit den von Ihnen sonst als Rechtsextremisten geschmähten Personen in Erscheinung treten, zum Beispiel in den Nachrichten des „Schulvereins” aus Nord-Ostpreußen Nr. 1/2002.

(Beifall bei der DVU)

Insgesamt bleibt mir als Vertreterin der Fraktion der Deutschen Volksunion nur die Feststellung, dass seitens dieser Landesregierung alle zu Beginn der Legislaturperiode gemachten Versprechungen ebenso eklatant gebrochen wurden wie der Koalitionsvertrag bei der Abstimmung über das Zuwanderungsgesetz.

Brandenburg befindet sich heute noch wesentlich tiefer in der Krise als vor zweieinhalb Jahren. Für die DVU-Fraktion bedeutet dies, bezogen auf die Landesregierung: Es wäre besser gewesen, Herr Ministerpräsident Dr. Stolpe, Sie hätten die Vertrauensfrage gestellt. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Hesselbarth. - Das Wort geht jetzt an die Fraktion der CDU, Frau Abgeordnete Blechinger.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da meine Vorrednerin es in einigen Teilen ihrer Rede mit der Wahrheit nicht so genau nahm...

(Zuruf von der DVU: Aber Sie, ja?)

Ich verweise auf die Arbeitslosenquote, bei der sie von 27 % gesprochen hat - Cottbus hat 17,3 %, Eberswalde 21 % -, auf die Wegzugsprämie, die es nicht mehr gibt, auf „Abrissbirne”. Als Vorsitzende des zuständigen Ausschusses müsste sie eigentlich in diesem Bereich besser Bescheid wissen. Das soll es aber gewesen sein. Näher werde ich mich mit dieser Rede nicht befassen.