Protocol of the Session on December 31, 2000

(Beifall bei der SPD)

insbesondere auch angesichts der bevorstehenden EU-Osterweiterung und der veränderten europapolitischen Rahmenbedingungen. Besonders erfolgreich in dieser Hinsicht waren beispielsweise die BTU Cottbus und die TH Wildau; aber auch andere will ich nicht zurückstellen. Wenn man nur eine Einrichtung nennt, verprellt man leicht andere. Viele Hochschulen in Brandenburg gehen mehr und mehr diesen Weg.

Meine Damen und Herren, die Ankurbelung der Wirtschaft durch die Nutzung des intellektuellen Potenzials ist ein richtiger Weg. Die Förderung des Mittelstandes ist parallel zu den Großvorhaben weiterhin notwendig. Diese Betriebe zu erhalten ist für jedes Gemeinwesen existenziell; denn dort werden die meisten Arbeitsplätze vorgehalten. Dies gilt ganz besonders in einem Flächenland wie Brandenburg für die ländlichen und die Landwirtschaftsbetriebe. Gerade in den kleinen Gemeinden sind diese Betriebe oft die einzigen Erwerbsquellen der Einwohner. Diese Betriebe zu erhalten und ihnen auch unter veränderten agrarpolitischen Rahmenbedingungen eine Zukunft zu sichern muss das Bemühen aller sein.

Es ist erfreulich, dass die Wettbewerbsfähigkeit der Brandenburger Landwirtschaft zugenommen hat und die Marktanteile, vor allem bei Obst, Gemüse und Milch, wachsen. Diesen Trend wollen wir unterstützen. Das Problem der Pflanzenschutzmittel

- das ist ein typisches Beispiel - haben wir gerade gestern hier behandelt.

Verbraucherschutz, Ökonomie und Ökologie müssen nicht nur beachtet, sondern so miteinander verknüpft werden, dass wirtschaftlich arbeitende Betriebe erhalten werden. Dazu haben wir als Hauptstadtregion mit weitgehend intakter Natur und Landschaft, zukünftig in der Mitte der EU liegend, nicht die schlechtesten Voraussetzungen. Unsere Landschaft, die Gewässer, die Wälder ziehen Jahr für Jahr mehr Touristen und Freizeitsportler an.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Bisky [PDS])

Das ist ein Wirtschaftszweig, der ausbaufähig ist. Wir müssen allerdings auch darauf achten, dass wir die Besucher nicht aufgrund überzogener Forderungen aus der Landschaft aussperren.

Mit der Umsetzung der Forstreform wird eine der modernsten Forstverwaltungen der Bundesrepublik entstehen, deren Aufgabe es sein wird, entsprechend dem Landeswaldgesetz eine ökologische und ökonomische Waldbewirtschaftung bei einem rationellen Einsatz von Personal und Sachmitteln zu sichern. Dem Waldumbauprogramm als Generationenaufgabe kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu.

Genauso wichtig wie die funktionierende Infrastruktur sind wirtschaftlich gesunde und handlungsfähige Kommunen. Mit der ersten, freiwilligen Phase der Kommunalreform haben wir die bereits genannte Reduzierung der Zahl der Gemeinden erreicht. Wir sehen auch deutlich die existierenden Widersprüche und wir nehmen auch das Urteil des Verfassungsgerichtes sehr ernst, was die Flächennutzungsplanungsklage betrifft. Ziel muss also sein, so viele einvernehmliche Lösungen wie irgend möglich zu erreichen. Das dient dem Frieden im Lande und der Rechtssicherheit dieser Reform.

Meine Damen und Herren, wie wichtig das bürgerschaftliche Engagement im Lande ist, zeigt sich nicht nur in der Bereitschaft zur Übernahme ehrenamtlicher Aufgaben in vielfältiger Weise in den Gemeinden. Das bisher nach außen vermittelte Bild Brandenburgs, das noch in der ersten Hälfte der Legislaturperiode von Ausländerhetze, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz Fremden gegenüber geprägt war, beginnt sich in der Tat zu wandeln. Während bei den Vorfällen in Rostock und Hoyerswerda die Mehrheit der Zuschauer noch zustimmend animiertes und amüsiertes Publikum war, sammeln heute die Bürger in Städten wie Guben, Forst oder Altlandsberg für den Verbleib ihrer ausländischen Mitbürger Hunderte von Unterschriften;

(Beifall bei SPD und PDS)

ein erfreuliches Zeichen wachsender Zivilcourage und Toleranz, das auch außerhalb des Landes deutlich zur Kenntnis genommen wird.

Wir haben aber auch dafür zu sorgen, dass die Rechtsnormen so umgestaltet werden, dass das, was hier in Unterschriftslisten gefordert wird, rechtlich möglich und korrekt umsetzbar ist. Daran scheint es noch ein wenig zu hapern. Wir hoffen diesbezüglich sehr auf die Ausgestaltung des Zuwanderungsgesetzes, das ja heute schon ausführlich Thema war.

Das Thema Sicherheit bleibt hochaktuell. Mit der Polizeistruk

turreform haben wir nicht nur eine Verwaltungsoptimierung vollzogen, sondern wollen gleichzeitig für mehr Präsenz der Polizei in der Öffentlichkeit sorgen.

Der Rückgang der Kriminalität ist erfreulich. Gleichzeitig kamen aber seit dem 11. September neue Herausforderungen auf uns zu, die nicht in kurzen Zeiträumen zu bewältigen sein werden, sondern dauerhafte Wachsamkeit erfordern.

In der ersten Hälfte der Legislaturperiode haben wir viele der in der Koalitionsvereinbarung festgelegten Vorhaben zu verwirklichen begonnen und auch schon einige abgearbeitet. Andere befinden sich in Bearbeitung oder müssen noch angefasst werden.

Zusammenfassend kann schon von einer erfolgreichen Arbeit von Regierung und Parlament unter schwierigen Rahmenbedingungen gesprochen werden, auch wenn das vonseiten der Opposition geleugnet wird. Aber auch Sie können das, was geschehen ist, nicht übersehen, ignorieren und wegreden.

Für die zweite Hälfte der Legislaturperiode gilt es, die begonnenen Vorhaben mit der gleichen Entschlossenheit und im Einvernehmen mit dem Koalitionspartner abzuschließen, fortzuführen bzw. noch ausstehende zügig anzugehen und damit unser Land Brandenburg für ein erweitertes Europa und vor allem für ein gemeinsames Bundesland Berlin-Brandenburg weiter fit zu machen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Fritsch. - Das Wort geht an die Fraktion der DVU, an die Abgeordnete Hesselbarth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Regierungserklärung statt Vertrauensfrage - so und nicht anders könnte man, Herr Ministerpräsident und Herr Innenminister Schönbohm, Ihre heutige Vorstellung, welche in Wahrheit nichts anderes ist als eine Mischung aus Schadensbegrenzung einerseits und Selbstgerechtigkeit andererseits, bezeichnen.

Machtgierig, wie Sie nun einmal sind, haben Sie sich nach der Sitzung Ihres Koalitionsausschusses am 10. April für eine Fortsetzung Ihrer Koalition entschieden. Doch das ganze Gerede von der „vertrauensvollen Zusammenarbeit” oder Ihre Bemerkung, Herr Schönbohm, dass Sie das Rad nicht noch einmal erfinden könnten, täuschen nicht darüber hinweg, dass Ihre morsche, in allen Fugen krachende Koalitionskonstruktion nach dem Bruch des Koalitionsvertrages durch Sie, Herr Ministerpräsident, am Ende ist.

Wir als DVU-Fraktion wissen sehr wohl, dass das Vertrauen Ihnen gegenüber in nicht unbeträchtlichen Teilen der CDUFraktion, insbesondere an ihrem so genanntem rechten Rand, dahin ist.

(Unmut bei der CDU)

Als einzige demokratische Oppositionsfraktion in diesem Land

tag ist uns wohl bewusst, dass das von Bundeskanzler Schröder Ihnen, Herr Dr. Stolpe, mit Drohungen und Versprechungen abgepresste Ja im Bundesrat zum so genannten Zuwanderungsgesetz, welches in Wahrheit ein Masseneinwanderungsgesetz ist, bei weiten Teilen der christlich-demokratischen und wertkonservativ denkenden Bevölkerung in Brandenburg ebenso wie bei den entsprechend ausgerichteten Parlamentariern auf Ablehnung stößt.

Doch sehen wir uns Anspruch und Wirklichkeit der Regierungsarbeit der letzten zweieinhalb Jahre an. Sie, Herr Ministerpräsident, sagten in Ihrer Regierungserklärung am 24. November 1999 zur Finanzpolitik:

„Die Koalitionsvereinbarung beinhaltet, die jährliche Nettokreditaufnahme bis zum Jahr 2002 schrittweise auf null zurückzuführen. Es führt kein Weg an dieser Tatsache vorbei.”

Die Wirklichkeit sieht so aus, dass bei globalen Minderausgaben - also Deckungslücken - von 274 Millionen DM im Jahr 2001 und einer ohnehin per Nachtrag auf 845 Millionen DM aufgestockten Nettoneuverschuldung eine wirkliche Nettokreditaufnahme von 1,1 Milliarden DM entstand, also eine Überschreitung der geplanten Nettokreditaufnahme um 32 %!

Auch im jetzigen Doppelhaushalt sind wieder sowohl saftige Nettokreditaufnahmen als auch globale Minderausgaben enthalten. Ihr heute gegebenes Versprechen, Herr Fritsch, diese Nettokreditaufnahmen bis zum Jahre 2005 auf null zurückzuführen, ist absurd.

Bei Berücksichtigung aller Risiken ist bis zum Ende der Legislaturperiode ein kumuliertes Haushaltsloch von 500 Millionen Euro nicht unrealistisch. Sie, Frau Ministerin Ziegler, mussten in einer Ihrer Ministeriumsvorlagen zugeben, dass die Steuereinnahmen des Landes gegenüber dem Vorjahr um 300 Millionen gesunken sind.

Wie von unserer Fraktion richtigerweise vorausgesagt, waren insbesondere die Einnahmen aus Umsatzsteuer, Körperschaftsteuer, Grunderwerbsteuer und Gewerbesteuerumlage rückläufig. Der Schuldenberg Brandenburgs wuchs bis zum 31.12.2001 auf sage und schreibe 13,88 Millionen Euro. Dies entspricht mehr als 5 000 Euro pro Einwohner - vom Kleinkind bis zum Großvater.

Alles in allem kann man daher, meine Damen und Herren von SPD und CDU, Ihre Finanzpolitik nur als Katastrophe für das Land und seine Bürgerinnen und Bürger und Ihre Versprechungen, Herr Ministerpräsident, aus dem Jahre 1999 nur als reine Unwahrheiten bezeichnen.

Wie sieht es mit Ihrer Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik aus? - In Ihrer Regierungserklärung vom November 1999 sagten Sie, Herr Ministerpräsident:

„Der Umbau der Wirtschaft in Brandenburg muss zukunfts- und wachstumsorientiert fortgesetzt werden. Nur so kann eine ausreichende Zahl von Arbeitsplätzen auf dem ersten Arbeitsmarkt geschaffen und die Produktivitätslücke geschlossen werden. Es gilt deshalb, den Anteil der Investitionen zu erhöhen, auch um den Strukturwandel zur Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft zu fördern.”

Wie, meine Damen und Herren Minister, verträgt sich das mit der Tatsache, dass im Haushaltsjahr 2001 der Mittelabfluss in der Hauptgruppe 8 nur 91,8 % des Haushaltssolls betrug und um 311,1 Millionen DM niedriger lag als geplant?

Dass es in diesem und dem nächsten Haushaltsjahr noch schlimmer wird, unter anderem durch die faktische Halbierung der investiven Zuweisungen an die Kommunen, wissen Sie genauso gut wie wir als DVU-Fraktion.

Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform teilte am 5. April dieses Jahres mit, dass wegen schlechter Geschäftslage weniger brandenburgische Handwerksbetriebe Investitionen planten als im Vorjahr. Lediglich jeder dritte Betrieb ist zu investieren bereit. Damit liegt das brandenburgische Handwerk mit 35,9 % deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. Gleichzeitig sehen sich immer mehr Unternehmen in Brandenburg zu Stellenkürzungen gezwungen. Ihre Zahl stieg von 38,4 % auf 40,8 %. Erklären Sie mir doch einmal, wie diese Betriebe Lehrlinge einstellen und ausbilden sollen!

Besonders katastrophal sieht es immer noch in der Baubranche aus. Sie, Herr Kollege Karney, erklärten kürzlich in Ihrer Eigenschaft als Präsident der Handwerkskammer Frankfurt (Oder) gegenüber der „Märkischen Oderzeitung”:

„Eine Verbesserung oder Entschärfung der Situation kann ich nicht erkennen.”

Nach Schätzung Ihrer Kammer ist die Existenz von bis zu 20 % der Baubetriebe allein in Ostbrandenburg akut gefährdet. Erwähnen möchte ich zusätzlich, dass allein die Zahl der gewerblichen Bauarbeiter innerhalb eines Jahres um 13,5 % und die Umsätze am Bau um 12,5 % geschrumpft sind. Meine Damen und Herren, auch wenn die Baubranche unser Steckenpferd ist es kann nicht gesund sein, die produzierenden Bereiche derart in den Keller zu fahren. Das ist volkswirtschaftlicher Unsinn.

(Beifall bei der DVU)

Der Landesinnungsmeister des Dachdeckerhandwerks, Wolfgang Blank, erklärte auf einer Pressekonferenz der Arbeitsgemeinschaft Bau der Landesinnungsverbände Brandenburg und Berlin, rund ein Drittel der Dachdeckerfirmen in Brandenburg stehe vor dem wirtschaftlichen Aus. Gründe dafür sind zum einen die mangelnde Nachfrage und zum anderen der starke Anstieg der Schwarzarbeit in unserem Land. Wollten Sie diese nicht drastisch bekämpfen, Herr Ministerpräsident?

(Beifall bei der DVU)

Wie die Arbeitsgemeinschaft Bau Berlin-Brandenburg des Weiteren mitteilte, werde von ihr insbesondere auch die ungerechte Förderung von ausschließlich Großprojekten durch das Land Brandenburg kritisiert. In solche Vorhaben fließen Millionen, obwohl die Beschäftigungseffekte bzw. die Impulse für die brandenburgische Wirtschaft sehr zu wünschen übrig lassen. Die Innungsverbände fordern, dass Fördergelder stattdessen in vernünftige Infrastrukturprojekte gehen. Und sie haben Recht damit; denn die wahre Jobmaschine ist das Handwerk. Es übernimmt maßgeblich auch die Ausbildung von Fachkräften.

(Beifall bei der DVU)

Wir als DVU-Fraktion haben noch hinzuzufügen, dass während der vergangenen Haushaltsdebatte alle unsere Änderungsanträge, die unter anderem ein Existenzgründungsprogramm mit einer Zuschusssumme von 5 Millionen Euro oder Zuführungen an den Beteiligungsfonds des Landes in Höhe von 3 Millionen Euro oder die Wiederauflage des Handwerkerinvestitionsdarlehensprogramms in Höhe von 2 Millionen Euro zum Inhalt hatten, von Ihnen, meine Damen und Herren von der Koalition, abgelehnt wurden. Stattdessen wurden und werden von Ihnen Bauruinen gefördert. Denken wir nur an den mit 123 Millionen Euro geförderten Lausitzring.

Bei einer Umfrage unter 279 Geschäftsleuten aus 17 Orten rund um den so genannten Eurospeedway Lausitz durch den Marketingprofessor Jürgen Tauchnitz und seine Studenten erklärten nur 42 % der Interviewten, Veranstaltungen auf der Rennstrecke erhöhten den Umsatz im Vergleich zu dem normalen Geschäft, während fast genauso viele, nämlich 38,3 %, diese These als unzutreffend bezeichneten. Die durch den Lausitzring direkt geschaffenen Arbeitsplätze lassen sich ohnehin an zwei Händen abzählen. Nicht wesentlich anders verhält es sich bei der Firma Cargolifter, bei der niemand weiß, wann und ob überhaupt von dort jemals ein Luftschiff aufsteigen wird, und bei vielen, vielen anderen Projekten auch.

Die einzig sinnvollen Großprojekte in Brandenburg, nämlich der Großflughafen BBI und die Chipfabrik in Frankfurt (Oder) , drohen, wenn es so weitergeht, an der Quertreiberei der PDS-Linksaußenfraktion auch noch zu scheitern, Herr Prof. Bisky.