Protocol of the Session on March 7, 2002

Zu meinem Bedauern ist der vorliegende Text der Richtlinie allerdings so allgemein gehalten, dass auf seiner Grundlage wohl alles oder gar nichts gefördert werden kann. Unter Beachtung der negativen Erfahrungen, die wir in diesem Bereich gemacht haben, halte ich diese Verfahrensweise für denkbar ungeeignet. Es bedarf klarer landespolitischer Vorgaben, um einen zielgerichteten, optimalen Einsatz dieser Mittel sicher

zustellen. Genau darauf zielt unser Antrag, ein integriertes Moorschutzkonzept für das Land Brandenburg zu erarbeiten.

Es geht eben nicht darum, zusätzliches Geld einzusetzen. Entsprechend der Förderrichtlinie ist es vorhanden. Die Frage ist, wie effektiv und nachhaltig wir es tatsächlich einsetzen. Ich will auf eines aufmerksam machen: An den Stellen, an denen wir jetzt im Hinblick auf die Sanierung und den Schutz von Mooren in ihrer Funktion als Wasserspeicher möglicherweise sparen, werden wir in fünf oder zehn Jahren das Doppelte und Dreifache an Geld einsetzen müssen, um zu einem sanierten Landeswasserhaushalt zu kommen.

Worauf zielt in diesem Zusammenhang der Begriff „integriert”? Ausgehend von den Erfahrungen Mecklenburg-Vorpommerns, wo seit dem Jahr 2000 ein solches Konzept existiert, halten wir die Schaffung von neuen Strukturen oder Richtlinien für verzichtbar. Wir brauchen sie nicht; wir haben ausreichend Strukturen und Richtlinien.

Es geht vielmehr darum, das Anliegen an bestehende Instrumente zu koppeln und für eine entsprechende Koordinierung vor allem innerhalb der Landesregierung zu sorgen. Das Anliegen muss insbesondere so kommuniziert werden, dass die Hauptnutzer und die Zuständigen in den entsprechenden Verbänden und Behörden für eine aktive Umsetzung gewonnen werden können. Die Regelung in Mecklenburg-Vorpommern hat das gezeigt. Sie sind mit dem dortigen Umweltminister Wolfgang Metling - PDS gut bekannt und haben sicher die Entwicklung dieses Konzeptes verfolgt. Es entstand in Zusammenarbeit mit den Betroffenen, also Landwirten, Forstleuten, Wasserhaushältern und Naturschützern, und hat eine weitreichende Akzeptanz gefunden. Das sollte auch in Brandenburg möglich sein.

Nach der Novellierung des Bundesnaturschutzgesetzes kann es für Moore nur noch eine extensive Grünlandnutzung geben. Daraus folgt, dass ein Potenzial für den Moorschutz und gleichzeitig für entsprechende Ausgleichsmaßnahmen notwendig ist.

Ein besonderes Kapitel ist das Recycling medizinisch genutzter Torfe, was technologisch inzwischen möglich ist. Die Frage lautet, inwiefern die Landesregierung diese Vorhaben in den dafür infrage kommenden Gebieten unterstützt.

Die Lösung dieser Probleme wird nur unter folgenden Voraussetzungen gelingen: Jedes Ressort darf nicht nur für sich arbeiten, sondern es muss eine Koordinierung herbeigeführt werden. Außerdem muss es eine landeseinheitliche wissenschaftliche Betreuung geben. Genau das soll dieses Moorschutzkonzept leisten.

(Beifall bei der PDS)

Es soll ein ausgewogenes Maß zwischen ökologisch Erforderlichem und ökonomisch Machbarem angestrebt werden. Nur auf diese Weise kann eine breite Akzeptanz für ein solches Konzept im Land Brandenburg geschaffen werden.

Damit ist die Diskussion über die Regulierung von Wasserständen verbunden. Das erfordert ein abgestimmtes Verfahren der Stauhaltung.

All diese Anforderungen sollen in die bestehenden Förderinstru

mente aufgenommen werden. Das ist aus unserer Sicht auch möglich. Sorgen wir dafür, dass durch die bereitgestellten öffentlichen Mittel zielgerichtet an der Lösung dieser Probleme gearbeitet wird, damit wir am Ende der Förderperiode, im Jahr 2006, nachweisen können, dass sich der Landeswasserhaushalt stabilisiert hat!

Herr Präsident, gestatten Sie mir zum Abschluss noch ein Wort an die Koalition, weniger an die CDU - ich habe die Hoffnung aufgegeben, dass es bei ihr ernsthaftes umweltpolitisches Engagement gibt - als vielmehr an die Damen und Herren der SPD, denn bei ihnen sehe ich noch Chancen. Sie haben im vergangenen Jahr eine viel beachtete Konferenz zum Landschaftswasserhaushalt unter dem Titel „Wo bleibt das Wasser?” durchgeführt. Ich empfehle jedem, der sich mit diesem Thema beschäftigen will, diese interessante Broschüre zur Lektüre; auch das ist eine Werbeaktion in Sachen SPD-Fraktion. Matthias Freude hat in einem Beitrag die Brisanz verdeutlicht, die aus dem Verlust der Moore als natürliche Wasserspeicher in den letzten Jahren entstanden ist. Er forderte sie auf, etwas für den Erhalt der Wasserspeicher zu tun.

(Beifall bei der PDS)

In der Broschüre finden Sie auch einen Beitrag aus Mecklenburg-Vorpommern. Sie haben die Erfahrungen, die in Mecklenburg-Vorpommern gesammelt worden sind, geflissentlich zur Kenntnis genommen. Wie soll es aber nun weitergehen? Wie wollen Sie die Erkenntnisse, die Sie mithilfe des versammelten Sachverstandes zusammengetragen haben, zur Umsetzung nutzen? Ich werbe an dieser Stelle für unseren Antrag, denn er dient dieser Umsetzung.

Setzen Sie nicht auf der Grundlage einer falsch verstandenen Koalitionsräson die Chance aufs Spiel, im Ausschuss miteinander zu reden! Ich bitte Sie, der Überweisung dieses Antrags in den Ausschuss zuzustimmen. Wir haben die Chance, dort ernsthaft über das Thema zu reden. Möglicherweise können wir noch einmal Sachverstand zu Rate ziehen. Lassen Sie uns dieses Thema gemeinsam angehen! Setzen Sie das fort, was Sie mit dieser Konferenz erfolgreich begonnen haben! Wir würden Sie dabei gern unterstützen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Gemmel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Brandenburg ist in der komfortablen Lage, eines der gewässerreichsten Bundesländer zu sein. Ein dichtes Netz von Fließgewässern und Seen durchzieht die Landschaft.

Gleichzeitig ist Brandenburg - das ist weniger erfreulich - neben Sachsen-Anhalt das Land mit den geringsten Niederschlägen. Geringe Niederschläge bedeuten aber auch immer weniger Grundwasserneubildung, insbesondere wenn die Speicherfähigkeit des Bodens nicht mehr gewährleistet ist.

Im Zusammenhang mit den Klimaveränderungen ist die in weiten Bereichen ausgeräumte Landschaft ein großes Problem. Dies ist nicht zuletzt das Erbe einer offensichtlichen Fehlentwicklung der DDR-Landwirtschaftspolitik. Fehlende Vegetation beschleunigt wiederum die zu starke Verdunstung der Niederschläge und führt zu einer Verarmung der Böden.

Das Sündenregister ist noch sehr viel länger. Die ständig wachsende Versiegelung der Böden und die in der Vergangenheit praktizierte systematische Begradigung von Flüssen und Gräben sowie eine völlig überzogene Melioration zu DDR-Zeiten führen zu weiteren schweren Belastungen, die das ökologische Gleichgewicht im Naturhaushalt gefährden und teilweise schon zu erheblichen Schädigungen geführt haben.

Wenn wir heute über den Landschaftswasserhaushalt in Brandenburg diskutieren, dann müssen wir konstatieren, dass wir es in weiten Teilen des Landes mit einem weit überzogenen Generalentwässerungssystem anstelle eines naturverträglich regulierten Wasserhaushalts zu tun haben. Als Folge leiden wir trotz umfangreicher Oberflächengewässer vielerorts an Wassermangel. Die wiederholt vorgetragenen Klagen der Landwirte über Ernteausfälle haben auch darin ihre Ursache. Auch Regentage mit umfangreichen Niederschlagsmengen, die generell vermehrt im Frühjahr auftreten - heute war ein solcher Tag -, reichen wegen der mangelnden Speicherfähigkeit der Böden und der zurückgehenden Sommerniederschläge längst nicht mehr aus, um die sommerlichen Trockenperioden schadlos zu überstehen. Das Absinken des Grundwasserspiegels vieler Seen, Sölle und Teiche und das Austrocknen von Feuchtgebieten und Mooren ist inzwischen für jeden erkennbar. Es besteht Handlungsbedarf.

Die Sensibilität für diese wichtige Problematik ist in letzter Zeit erfreulicherweise merklich gestiegen. Die SPD-Fraktion hat das Thema in den letzten Jahren aufgegriffen. Frau Dr. Enkelmann, Sie haben darauf hingewiesen. Auf der Grundlage von Erkenntnissen, die wir auf mehreren Veranstaltungen und bei Anhörungen gewonnen haben, haben wir politische Entscheidungen herbeigeführt. Beleg dafür ist, dass sich inzwischen eine Projektgruppe der Landesregierung mit dem Landschaftswasserhaushalt beschäftigt. Es geht um die Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Es ist zu hoffen, dass entsprechende Projekte erarbeitet werden.

Ein weiterer Beleg ist die Tatsache, dass seit Anfang des Jahres im Land Fördermittel in Millionenhöhe für die Verbesserung des Landschaftswasserhaushalts zur Verfügung stehen.

Nicht zuletzt gehört in diesen Zusammenhang der einstimmig gefasste Beschluss des Landtages zur dezentralen Abwasserentsorgung im ländlichen Raum. Die Kollegen bitte ich um Unterstützung, damit unser Beschluss - vorrangiges Ziel ist der Verbleib des Wassers in der Landschaft - auch umgesetzt wird, und dies vor allen Dingen in der Fläche. Die Hartleibigkeit der Menschen, die dagegen sind, stellt sich als schwer zu überwindendes Problem dar. Wir alle müssen mithelfen.

Im Übrigen wirkt sich dies nicht nur auf den Landschaftswasserhaushalt, sondern auch auf die Landeskasse günstig aus. Die Bürger werden entlastet. Es handelt sich also um eine dankbare Aufgabe.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Schutz der Moore ist unbestritten eine wichtige Einzelaufgabe bei der Regulierung des Wasserhaushalts. Die vorgeschlagenen integrierten Moorschutzprogramme müssen wir dennoch ablehnen, weil die Ausfinanzierung nicht gesichert ist. Mecklenburg-Vorpommern kauft die Flächen auf - darauf haben Sie zu Recht hingewiesen - und nimmt sie in großem Stil aus der Produktion. Wir haben - auch gegenüber der Landwirtschaft - die Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass ein Interessenausgleich möglich ist. Wir wollen dafür sorgen, dass in unsere Projekte, die wir jetzt auf der Grundlage der Förderrichtlinie starten, auch Moorstandorte einbezogen werden. Gleichzeitig wollen wir in der Fläche wirken; denn die Schäden sind so groß, dass ein Moorschutzprogramm zur Lösung der Probleme nicht ausreicht.

Es gibt eine Frage. Bitte sehr.

Herr Kollege Gemmel, ist Ihnen bekannt, dass drei Viertel der Mittel, die in Mecklenburg-Vorpommern für das Programm ausgegeben werden, von der EU stammen?

Ja, das ist korrekt. Im Rahmen der Evaluierung unserer Förderrichtlinie haben wir die Möglichkeit, noch einmal Flächenaufkäufe in Angriff zu nehmen. Dann eröffnet sich möglicherweise die Chance, konkret an der Fläche etwas zu machen. Es macht jedoch keinen Sinn, ein Moorschutzprogramm ohne Flächenkäufe aufzulegen.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Deswegen wollen wir im Ausschuss darüber reden! Das ist doch der Punkt!)

Herr Abgeordneter, stehen Sie noch für eine Frage von Herrn Dellmann zur Verfügung? - Bitte sehr.

Herr Gemmel, teilen Sie meine Auffassung, dass EU-Mittel, die das Land Brandenburg für ein solches Programm einsetzt, zweifellos an anderer Stelle gekürzt werden müssen?

Darin liegt natürlich eine Gefahr. Es wäre herrlich, wenn wir insgesamt mehr Geld für diese Aufgabe zur Verfügung hätten. Wir müssen darauf achten, dass wir die EU-Projekte, die erfreulicherweise den Schwerpunkt auf nachhaltigen Naturschutz legen, in Zukunft für solche Möglichkeiten in Anspruch nehmen. Bei der Evaluierung, wie gesagt, wollen wir das versuchen und wir wollen auch weiter gemeinsam - Frau Enkelmann, gemeinsam - arbeiten.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Ja!)

Deshalb sind wir dankbar, dass Sie das Thema auf die Tages

ordnung haben setzen lassen, weil das einfach die Sensibilität weiter erhöht.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Dann kann es doch auch in den Ausschuss!)

Aber das Programm wollen wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht auflegen.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Geben Sie sich einen Ruck!)

(Beifall bei der SPD)

Danke sehr. - Wir kommen zur DVU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Claus.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Naturschutzpolitik muss nachprüfbarer werden. Naturschutz darf sich nicht darauf beschränken, die Länge der Roten Liste, die wir alle kennen, zu beweinen. Es ist kein Geheimnis, dass der Stellenwert des Naturschutzes in der Öffentlichkeit auch deshalb gesunken ist, weil zu viel über seine angebliche Erfolglosigkeit gejammert wurde. Besser wäre doch, man würde seine Erfolgsgeschichte herausstellen.

Die Umweltgesetzgebung des Bundes hat seit Beginn der 90er Jahre eine drastische Minderung der Emissionsbelastung und in der Folge eine Erholung der Ökosysteme bewirkt. Ein integriertes Moorschutzprogramm des Landes Brandenburg ist insbesondere für die südlichen Teile unseres Landes von großer Wichtigkeit. Gerade in diesen Gegenden ist die Urlandschaft durch Bergbaurestlöcher und -trassen zerschnitten und zerrissen worden.

Wie in diesem Antrag richtig dargestellt, haben sich die Flächen der Moore und Auen um über 10 % auf einen Anteil von circa 5 % an der Landesfläche, ausgehend von der natürlichen Ausstattung, verringert. Spätestens hier sollte auch der letzte Bürger in unserem Land aufmerksam werden.

Der Erhalt der Vielfalt der Arten und Lebensräume im Zusammenhang mit geschützten Biotopen, was Moorlandschaften nun einmal sind, muss eine zentrale Aufgabe sein. Selbst bei einer rein auf die Menschen orientierten Betrachtungsweise der Vorgänge in unserer Umwelt bedeuten Artensterben und Verödung der Landschaften doch eine erhebliche Einschränkung der Lebensqualität der Menschen hier in Brandenburg.

Wissenschaftler sprechen seit Jahren von weltweitem „Massensterben von Arten und Lebensräumen” und sagen bis zum Ende dieses Jahrhunderts einen Verlust von bis zu zwei Dritteln der heute vorhandenen Arten und Lebensräume voraus.