Wir begrüßen, dass die Bundesregierung eine Expertenkommission von Bund, Ländern und Gemeinden zur Vorbereitung einer Gemeindefinanzreform eingesetzt hat. Das kann aber nur der erste Schritt sein. Uns geht es darum, noch in dieser Legislaturperiode möglichst zwingende Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass beispielsweise der Anteil der Gemeinden an der Umsatzsteuer erhöht wird. Hierfür ist eine Expertenkommission ein sehr unverfängliches und ein völlig unverbindliches Instrument. Die Bundesregierung steht im September zur Disposition. Wie in der nächsten Legislaturperiode mit den Ergebnissen der Kommissionsarbeit verfahren wird, ist wiederum völlig offen.
Die Brandenburger Landesregierung ist dagegen bis zum Jahre 2004 gewählt. Sie hat ihre eigenen Hausaufgaben zu machen, wenn ich an das kommunale Finanzausgleichsgesetz oder an die Novelle zum Kommunalwirtschaftsrecht denke, damit endlich faire Wettbewerbsbedingungen geschaffen werden. Wir erwarten, dass sich diese Landesregierung festlegt und ordentlich Druck macht für eine Gemeindefinanzreform in der Bundesrepublik.
Unser Antrag soll die Ernsthaftigkeit der entsprechenden Bemühungen und den Anspruch unterstützen, endlich zu einer zufrieden stellenden bundesweiten Lösung der prekären Finanzsi
Bevor ich Frau Dettmann, die für die SPD-Fraktion sprechen wird, das Wort erteile, möchte ich Ihnen herzliche Grüße von unserer Kollegin Stobrawa ausrichten, die inzwischen wieder zu Hause ist und sich auf dem Wege der Besserung befindet, wenn sie auch noch nicht mit allem, was die Mediziner an Künsten an ihr probiert haben, ganz glücklich ist. Es wird also noch ein bisschen dauern, bis Frau Stobrawa wieder unter uns ist. Aber sie richtet jedenfalls herzliche Grüße an das Parlament aus. Ich habe ihr im Übrigen Grüße ausgerichtet von denen, die hier sind.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Finanzsituation vieler Kommunen hat sich in diesem und im vorigen Jahr deutlich verschärft. Das hat uns Herr Sarrach noch einmal vorgeführt und wir haben darüber auch schon sehr oft im Landtag gesprochen. Insofern ist das für uns keine Neuigkeit.
Für diese Entwicklung gibt es vielfältige Ursachen, deren Zusammenwirken bei vielen Kommunen zu einer problematischen Situation geführt hat. Zum einen führte die auch mit Zustimmung des Landes Brandenburg durchgeführte Steuerreform zu den erwarteten Einnahmeausfällen bei der Einkommensteuer, die die Kommunen entsprechend ihrem Anteil bei den Einkommensteuereinnahmen mit zu tragen haben. Zum anderen haben viele Kommunen dramatische Einbrüche bei den Gewerbesteuereinnahmen zu verzeichnen, die vom Deutschen Städtetag für das Jahr 2001 auf eine Größenordnung von 16 % geschätzt wurden.
Hierfür gibt es mehrere Ursachen, beispielsweise die verstärkte Umstrukturierung großer Unternehmen, die intensive Nutzung von gewerbesteuerlichen Organschaften, den Rückgang der konjunkturellen Entwicklung, insbesondere die über viele Jahrzehnte hinweg vollzogene Aushöhlung der Gewerbesteuer. Die Gewerbesteuer ist für die Kommunen keine verlässliche Einnahmequelle mehr, was auch darin zum Ausdruck kommt, dass die Gewerbesteuereinnahmen nicht durchgängig bei allen Kommunen rückläufig sind, dass aber bei manchen Kommunen Einbrüche von weit über 50 % eingetreten sind.
Ich weise bei dieser Gelegenheit darauf hin, dass die in der letzten Zeit seitens der CDU/CSU-Bundestagsfraktion immer wieder geäußerte Kritik an der Bundesregierung im Hinblick auf die Entwicklung der Kommunalfinanzen nicht stichhaltig ist; denn es war gerade die CDU/CSU, die zum einen gemeinsam mit ihrem ehemaligen Koalitionspartner FDP die Gewerbesteuer immer mehr ausgehöhlt hat und die sich zum anderen für noch höhere Steuersenkungen mit der Folge erheblicher kommunaler Steuerausfälle vehement eingesetzt hat und weiterhin einsetzt. Wir halten die Argumentation der CDU/CSU-Frak
tion im Deutschen Bundestag für nicht ausgewogen, wenn gleichzeitig Forderungen nach einer Verbesserung der kommunalen Finanzsituation erhoben werden.
Die Bundesregierung hat zur Verbesserung der Finanzsituation der Kommunen kurzfristige und langfristige Maßnahmen eingeleitet. Als kurzfristige Maßnahmen wurden bereits mehrere Gesetzesänderungen durch Bundestag und Bundesrat beschlossen, durch die die weitere Aushöhlung der Gewerbesteuer vermieden werden soll. Als langfristige Maßnahme wird jetzt das zentrale Anliegen der kommunalen Spitzenverbände und der sozialdemokratischen Kommunalpolitiker und -politikerinnen aufgegriffen, eine Gemeindegebietsreform anzugehen. Was in 16 Jahren konservativ-liberaler Regierung nicht geschafft wurde, packt die Bundesregierung nun an und hält sich damit im Übrigen an die entsprechende Festlegung des Koalitionsvertrages.
Für dieses wichtige Zukunftsprojekt sind ein offener Dialog zwischen allen staatlichen Ebenen und die Bereitschaft aller gesellschaftlichen Kräfte, ohne Vorbehalte an der Weiterentwicklung des Gemeindefinanzsystem mitzuwirken, erforderlich. Deshalb wird im Frühjahr 2002 eine Expertenkommission eingesetzt, die Vorschläge zur Weiterentwicklung des Gemeindefinanzierungsgesetzes erarbeiten soll. Herr Sarrach, das kann nur Schritt für Schritt gehen. Die Bundesregierung hat hier die Initiative ergriffen und das Gesetz kann bereits zu Beginn der nächsten Legislaturperiode vorgelegt werden. An der Arbeit der Kommission sind neben Vertretern von Bund, Ländern und Kommunen auch Repräsentanten der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Gewerkschaften beteiligt. Ihre Aufgabe ist es, zu den zentralen Strukturproblemen bei den Einnahmen und Ausgaben der Kommunen Lösungsvorschläge zu erarbeiten.
Die SPD setzt sich für eine Weiterentwicklung des Gemeindefinanzierungssystems ein, welche den Kommunen einerseits verlässliche Einnahmen sichert und andererseits den kommunalen Entscheidungsspielraum erweitert sowie Aufgaben und Finanzierung wieder in Einklang bringt. Dabei wird sich die Kommission nicht allein auf die Einnahmeseite, vor allem auf die Frage nach der Zukunft der Gewerbesteuer, beschränken können. Die Probleme der Kommunen können nur durch eine Reform des Gemeindefinanzsystems insgesamt unter Einbeziehung der Ausgabenbelastungen der Kommunen insbesondere durch die Sozialhilfe gelöst werden.
Meine Damen und Herren, meine Ausführungen haben gezeigt, dass die Behauptungen der PDS dahin gehend, die Bundesregierung würde in Richtung Gemeindefinanzreform nicht aktiv, falsch sind, wobei Sie, Herr Sarrach, ja selbst schon darauf hingewiesen haben, dass die Kommission eingerichtet wird.
Diese Kommission wird es in der Tat geben und, wie ich bereits gesagt habe, die Landesregierung wird in ihr mitwirken. Die Kommission wird mit ihrer Arbeit bereits im Frühjahr beginnen.
Deshalb lehnen wir den Antrag der Fraktion der PDS ab. Die Landesregierung sitzt bereits auf dem Pferd, auf das Sie sie erst noch hieven wollen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Das erklärte der Präsident des Brandenburger Städte- und Gemeindebundes, Waldemar Kleinschmidt. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Als Ursache für dieses Finanzdesaster sieht der Ex-Oberbürgermeister von Cottbus die Steuerreform der Bundesregierung. Am Beispiel Cottbus wird dies auch deutlich: So hatte die Stadt vor der Steuerreform fast 20 Millionen Euro über die Gewerbesteuer eingenommen; im Jahre 2001 waren es nur noch 6 Millionen Euro.
Ähnlich geht es den anderen Kommunen im Land. Besonders große und mittlere Städte leiden unter dieser Entwicklung. Banken, Versicherungen und Telekom zahlen deutlich weniger und von Niederlassungen großer Firmen kommt ebenfalls weniger Geld in die Kassen.
Die Reformfolgen der so genannten Unternehmenssteuerreform mit deutlicher Reduzierung der Körperschaftsteuern, dem Anrechnungssystem bei den Gewerbesteuern und einer Nullbesteuerung von Veräußerungsgewinnen treffen insbesondere die Kommunen. Bei ihnen fallen die milliardenschweren Gewerbesteuerausfälle an. Erschwerend wirkt in Brandenburg, dass unsere Kommunen mindestens 40 % weniger Steuern als die Kommunen der alten Bundesländer einnehmen. Wir sind stärker auf Landeszuweisungen angewiesen. Leere Stadtkassen und Einschnitte bei den Investitionen bedrohen Konjunktur und Arbeitsmarkt; denn immerhin werden zwei Drittel der Investitionen in den Kommunen getätigt.
Das von SPD und CDU beschlossene Gemeindefinanzierungsgesetz 2002/2003 mit einer Verringerung der bereinigten Verbundmasse um über 170 Millionen Euro, die bekanntlich fast vollständig als Kürzungen bei den investiven Zuweisungen realisiert werden, tut ein Übriges.
Die DVU-Fraktion wollte in der vergangenen Haushaltsdebatte die vorgesehene Verschiebung von den investiven zu den allgemeinen Zuweisungen rückgängig machen. Die Investitionstätigkeit der Kommunen und somit die Sicherung von Tausenden von Arbeitsplätzen vor allem in der Bauwirtschaft wären die Auswirkungen gewesen. Das aber wollten Sie hier nicht.
Weil die Kommunen seit Jahren immer höhere Soziallasten tragen müssen, gleichzeitig jedoch immer weniger einnehmen, fordern die kommunalen Spitzenverbände schon lange eine Reform der Gemeindefinanzierung. Auch die CDU-Bundestagsabgeordnete Katherina Reiche erklärte wörtlich:
„Es muss Schluss damit sein, dass der Bund seine Haushaltskonsolidierung auf Kosten der Kommunen betreibt.”
rund 50 Milliarden Euro kassiert, während die Kommunen aufgrund der Absetzung der Kaufsummen bei der Gewerbesteuer durch die Telekommunikationsunternehmen finanziell bluten müssen.
Der Geschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg, Karl-Ludwig Böttcher, erklärte am 15. Februar dieses Jahres gegenüber der Presse, es sei finanziell gesehen bereits „fünf nach zwölf”. Die Einnahmen der brandenburgischen Kommunen sind im Jahr 2001 um 48,6 Millionen Euro zurückgegangen. 2002 sollen die Verluste auf 81 Millionen Euro und im Jahr 2003 sogar auf 117 Millionen Euro steigen. Das muss man sich einmal bildlich vorstellen!
Eine kürzlich vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung durchgeführte Untersuchung ergab, dass die Kommunen Brandenburgs Anspruch auf 100 Millionen Euro aus den Ministerien hätten. Doch dass dieses Geld im Hause der Finanzministerin nicht vorhanden ist, wissen wir auch. Daher fordert die DVUFraktion nicht nur die seit Jahren versprochene zügige Erarbeitung des Finanzausgleichsgesetzes, sondern stimmt auch dem vorliegenden Antrag zu. Auch wir fordern die Landesregierung auf, sich gegenüber der Bundesregierung endlich für die Durchführung einer grundlegenden Gemeindefinanzreform auf Bundesebene einzusetzen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eingangs zwei Bemerkungen: Frau Hesselbarth, Waldemar Kleinschmidt ist nicht Ex-Oberbürgermeister, sondern immer noch Oberbürgermeister der kreisfreien Stadt Cottbus; er wird es auch noch wenige Wochen bleiben.
Herr Sarrach, Sie haben auf die Bundestagswahl am 22. September hingewiesen. Dass dieser Termin näher rückt, wissen wir spätestens, seitdem Sie diesen Antrag, mit dem Sie die Landesregierung zu einer Bundesratsinitiative auffordern, dem Landtag vorgelegt haben.
Die Landesregierung hat in der Vergangenheit das Instrument der Bundesratsinitiative, wie ich finde, sehr gut genutzt. Ich erinnere an die Aufforderung, der Bund möge das Land bei der Munitionsbergung und den Lasten unterstützen, die es aus den beiden Weltkriegen zu tragen hat. Mit Blick auf den Justizbereich erinnere ich an die Initiative, das Strafgesetzbuch bei Straftaten mit einem extremistischen Hintergrund zu ändern.
Insofern halten wir das Mittel der Bundesratsinitiative durchaus für geeignet, nicht aber so, wie es die PDS hier vorschlägt.
Zum Thema selbst möchte ich zunächst auf die von der Kollegin Dettmann geäußerte Kritik an der CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit wenigen Worten eingehen. In Bezug auf die Kommunen hat die Koalitionsvereinbarung zwischen SPD und Bündnis 90/Die Grünen im September 1998 drei Maßnahmen angekündigt: erstens die umfassende Prüfung des Gemeindefinanzsystems, zweitens die Stärkung der Finanzkraft der Gemeinden und drittens die Berücksichtigung des Konnexitätsprinzips bei der Aufgabenverteilung im Verhältnis der staatlichen Ebenen. Wir alle können diese drei Forderungen unterschreiben. Allerdings war die Umsetzung dieser Forderungen unzureichend. Man hat sich bemüht, diese Dinge in den Koalitionsvertrag aufzunehmen, bei der Umsetzung hat es aber gehapert.
Ich erspare es mir, die einschlägigen Zahlen zu wiederholen; das haben die Kolleginnen und Kollegen vor mir schon dargestellt. Lassen Sie mich auf den für die Kommunen besonders schmerzlichen Umgang des Bundes mit den Erlösen aus der Versteigerung der UMTS-Lizenzen eingehen. Diese Erlöse in Höhe von circa 50 Milliarden Euro hat die Bundesregierung im Jahre 2000 vollständig dem Bundeshaushalt zugeführt. Die Gewerbesteuerverluste, die den Kommunen durch die Anrechnung der Kosten bei den Telekommunikationsunternehmen entstehen, werden für den gesamten Abschreibungszeitraum auf mindestens 5 Milliarden Euro geschätzt. Wir wissen, dass hiervon auch Kommunen in Brandenburg betroffen sind. Aus Gründen der Fairness zwischen den einzelnen Ebenen der Bundesrepublik Deutschland hätte es der Regierung von Bundeskanzler Schröder gut zu Gesicht gestanden, diese Einnahmen wenigstens zum Teil an die Kommunen und an die Länder weiterzugeben. Mindestens hätte sie den Kommunen die Einnahmeverluste aus den eben geschilderten Abschreibungen kompensieren müssen.
Der Antrag der PDS geht fehl. Er ist für mich ein durchsichtiges Wahlkampfmanöver, das nichts mit der Landtagswahl, sondern eher mit der Bundestagswahl zu tun hat. Sie untersetzen die von Ihnen aufgestellte Forderung nicht mit eigenen Vorschlägen. Es ist schon interessant, Herr Sarrach, dass Ihre Fraktion immer dann, wenn es um den Bund geht, Reformen fordert. Wenn wir aber hier im Landtag Reformen diskutieren, gerade was die kommunale Selbstverwaltung und die Gemeindegebietsreform angeht...
- Ja, Frau Kollegin, wir stärken die kommunale Selbstverwaltung in Brandenburg mit der Gemeindegebietsreform.
Wenn wir hier Reformen diskutieren, dann ist von Ihnen ein ganz klares Nein zu hören. Sie haben vorhin gesagt, die Regierung müsse ihre Hausaufgaben machen. Das ist richtig. Aber die Brandenburger Bevölkerung hat kein Verständnis dafür, wenn die Opposition ihre Hausaufgaben vergisst.