Protocol of the Session on March 6, 2002

Wenngleich 70 % aller Bundesländer genauso wie Brandenburg erfolgreich mit einem Korrektiv im Finanzressort, mit dem Vieraugenprinzip und der so genannten zentralen Beteiligungsverwaltung agieren - es geht also nicht so sehr um die Frage, ob das Hamburger Modell oder die dezentrale Beteiligungsverwaltung besser ist, bei der die Gesellschafterfunktion beim Fachminister angesiedelt ist -, stelle ich ganz deutlich die Frage, ob eine Gesellschafterrolle im MSWV das LEG-Desaster früher erkennbar gemacht hätte oder gar hätte verhindern können. Überzeugt bin ich davon bislang nicht.

Die zentrale Beteiligungsverwaltung wird laut Bericht verbessert - Verantwortung wird eindeutiger zugeordnet -, sie ist bei allen zugestandenen Problemen der vernünftigste Weg. Selbstverständlich werden Verantwortlichkeiten neu zu bestimmen sein. Selbstverständlich werden Aufsichtsräte verkleinert. Selbstverständlich werden künftig verstärkt externe Mitglieder in Aufsichtsräten sitzen. Selbstverständlich werden im Einzelfall auch Regierungsmitglieder diese Aufsichtsräte leiten können. All dies sind richtige Konsequenzen, die in dem Bericht als konkrete Nahziele formuliert wurden und zeitnah gezogen werden.

Die zweite Frage in unserem Antrag vom letzten Jahr lautet schlicht und ergreifend: Lassen sich die Ziele der Landesgesellschaften nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen? Für uns als SPD-Fraktion ist ganz eindeutig dies die zentrale Frage. Die LEG war - neben der BLG - eine von zwei Gesellschaften, die mit unserer politischen Rückendeckung am freien Markt wirtschaftlich auf eigenes Risiko tätig waren. Beide sind pleite, beide verschlingen bis heute dreistellige Millionensummen. Es sind 2 von 33 Gesellschaften. 31 Landesgesellschaften und Beteiligungen agieren also bis heute problemlos. Bemerkenswert ist, dass keine dieser 31 Landesgesellschaften wirtschaftlich auf eigenes Risiko am Markt agiert. Das taten nur die beiden genannten Gesellschaften BLG und LEG. Beide sind pleite.

Die LEG war keine strategische Gesellschaft mit klaren Zielen, sondern ein bunter, wenn auch gut gemeinter Bauchladen. Sie ist die Summe von einzelnen Projekten - übrigens überwiegend Verlustprojekten - vornehmlich auf dem Immobilienmarkt. Dabei hat es Warnsignale wie den Zusammenbruch der BLG gegeben. Die sich massiv ändernde Marktlage wurde bemerkt, aber trotzig ignoriert. Der Landesrechnungshof dagegen sieht nicht hier, sondern beim Festhalten an der zentralen Beteiligungsverwaltung folgendes Problem: “für das Land zwangsläufig nicht kalkulierbare und überschaubare finanzielle Risiken”.

Nein, hier trägt kein Aufsichtsrat und kein einzelner Gesellschaftervertreter die allererste Verantwortung. Jeder tat das, was politisch gewünscht, ja, gewollt war. Für mich stellt sich daher die zentrale Frage in diesem Parlament wie folgt: Sollen neue Landesgesellschaften am freien Markt wirtschaftlich und auf eigenes Risiko agieren können, Ja oder Nein? Das jahrelange Management by Kangaroo, mit leerem Beutel große Sprünge zu machen, ist gründlich gescheitert. Diese Kernfrage wird aus Sicht der SPD-Fraktion mit einem Nein beantwortet. Nach dem Motto “Die LEG ist tot, es lebe die LEG!” Gras darüber wachsen zu lassen ist nicht unsere Sache und mit uns nicht zu machen, unabhängig von Problemen mit EU-Beihilferecht oder einem Betriebsübergang nach § 613 a BGB.

Eine neue Gesellschaft verursacht dauerhafte Fixkosten und wird sich über kurz oder lang selbst wieder neue Aufgabenfelder suchen, um ihre Existenz zu rechtfertigen. Finanzielle Spielräume für weitere Experimente sind im Landesetat, wie wir alle wissen, nicht vorhanden. Noch immer sind Rechnungen über 100 Millionen Euro der in Liquidation befindlichen LEG offen. Nur hier, keineswegs bei der Anzahl der Aufsichtsratsposten oder gar der zentralen Beteiligungsverwaltung, sehen wir das Kernproblem unserer Beteiligungspolitik.

Unsere Gesellschaften - die Ministerin der Finanzen ist vorhin darauf eingegangen - unterscheiden sich in Aufgaben und Risiko gewaltig voneinander:

Erstens: LASA, ZAB und ILB verwalten schlichtweg Förderprogramme. Sie tun dies unspektakulär und weitestgehend ohne Risiko für den Landesetat.

Zweitens: Zu den Landesgesellschaften mit einem außerordentlich hohen Risiko für den Landesetat gehören ohne Zweifel die LEG und die BLG. Sie verwalten und verwerten Grundstücke am freien Markt. Dies gilt zum Beispiel auch für die BBG, die sofort nach Erfüllung ihrer Aufgabe abgewickelt wird.

Wir brauchen künftig keine feststehende Gesellschaft mehr, die sich Aufgaben sucht und dauerhaft Fixkosten verursacht,

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

sondern wir brauchen eine flexible Handlungsoption für den Einzelfall, zum Beispiel in Frankfurt. Das ermöglicht eine Kosten-Leistungs-Rechnung. Das ermöglicht auch, alle Einzelkosten konkret zu benennen und Risiken klarer zu begrenzen. Private Dienstleister erfüllen im Einzelfall nach Haushaltssicherung ohne Probleme diese Aufträge - klar begrenzt und mit Gewährleistungsansprüchen. Für die Vergabe, liebe Kolleginnen und Kollegen, bedarf es keiner eigenen Landesentwicklungsgesellschaft, für die Kontrolle keines Hamburger Modells. Hamburg übrigens hat gar keine eigene LEG. Besteller und Bezahler müssen auch zeitlich dichter zusammenrücken.

Die SPD-Fraktion hat sich positioniert. Unausweichlich wird der Zeitpunkt eintreten, an dem diese zentrale Frage von uns allen beantwortet werden muss. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort geht an die DVU-Fraktion. Für sie spricht die Abgeordnete Hesselbarth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! “Brandenburgs Milliardengräber” wäre ein weit besserer Titel für den vorliegenden Bericht. Eine Waldstadt, in der niemand wohnen will, eine Rennstrecke, deren Tribünen meist leer sind, eine Werfthalle, aus der kein Luftschiff fliegt, verwaiste Textilfabriken, Äcker, auf denen nie ein Flugzeug landen wird - das ist Brandenburg im Jahr 2002. Investitionsruinen, wohin man schaut,

(Homeyer [CDU]: Eine DVU, die niemand mehr wählen will!)

geplant von Nieten in Nadelstreifen, mit unserem Steuergeld bezahlt.

(Beifall bei der DVU)

Es werden Milliarden für Standorte verplempert, die nicht zu halten sind, chancenlose Prestigeobjekte in Randregionen ge

baut und unkalkulierbare Risiken mit Landesgarantie finanziert. Lausitzring, Waldstadt Wünsdorf, Baufeld Ost oder das Trauerspiel um den Standort Premnitz sind beredte Beispiele der Strukturpolitik dieser Landesregierung. Verluste alles in allem: fast 1 Milliarde Euro.

Sieht man sich dagegen den vorliegenden Beteiligungsbericht an, der immerhin mit fast einem Jahr Verspätung hier im Plenum behandelt wird, so fallen einem zwei Dinge auf:

Erstens: Alles wird nach dem Motto “Friede, Freude, Eierkuchen!” schöngeredet.

Zweitens: Im Übrigen ist der gesamte Bericht das Papier nicht wert, auf das er geschrieben wurde, da er faktisch nichts aussagt. Wenn überhaupt, besteht das einzig Aussagekräftige in diesem Bericht in seinen Anlagen mit der Aufzählung der unmittelbaren und mittelbaren Landesbeteiligungen.

Dass sich die LEG in Liquidation befindet, wodurch dem Land nicht nur die 100 Millionen DM Eigenkapital verloren gehen, sondern ihm darüber hinaus schätzungsweise 500 Millionen DM an zusätzlichen Kosten entstehen, wissen wir. Wie viel Geld vom Beteiligungskapital des Landes bei den übrigen in Liquidation oder Insolvenz befindlichen Unternehmen verloren gehen wird und wie viel das Land zusätzlich zuschießen muss, sagt uns Ihr famoser Bericht, werte Frau Finanzministerin, leider nicht.

Nach der heutigen Debatte in der Aktuellen Stunde haben wir nur die Hoffnung, dass Ihr frommer Wunsch nach einer Privatisierung der Berlin Brandenburg Flughafen Holding GmbH mit immerhin mehr als 56 Millionen Euro Landesbeteiligung in Erfüllung geht.

Besonders spaßig wird es, wenn Sie den von Ihnen in Aussicht genommenen Verkauf von Minibeteiligungen an den verschiedensten Gesellschaften mit einem Gesamtvolumen von lächerlichen 887 100 DM als - so wörtlich - Optimierung des Beteiligungsportfolios verkaufen. Das ist wohl ein verspäteter Faschingsscherz.

Darüber hinaus besteht der ganze Bericht nur aus Banalitäten und Selbstverständlichkeiten; denn niemand in diesem Hause hat etwas gegen eine zentrale Beteiligungsverwaltung oder die Errichtung von Aufsichtsräten.

Dass ein nur alle zwei Jahre seitens des Finanzministeriums zu erstattender Beteiligungsbericht und die jährliche Zurverfügungstellung der Geschäftsberichte über die Schlüsselbeteiligungen des Landes an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen eine effektive parlamentarische Kontrolle gewährleisten sollen, können Sie allerdings erzählen, wem Sie wollen, nicht jedoch unserer Fraktion.

Aus diesen Gründen kann ich zu dem vorliegenden Papier nur bemerken: Gewogen und für zu leicht befunden! - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an die CDU-Fraktion. Für sie spricht der Abgeordnete Lunacek.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vor etwas mehr als einem Jahr, am 25. Januar 2001, fasste der Landtag den Beschluss, mit dem die Landesregierung aufgefordert wurde, bis Juni 2001 über drei wesentliche Bereiche zu Struktur und Aufgaben der Landesgesellschaften zu berichten. Erstens sollte sie über Maßnahmen der Effizienzsteigerung einschließlich der Bündelung von Aufgaben bei Landesgesellschaften berichten. Zweitens sollte für alle Landesgesellschaften festgestellt werden, ob ein wichtiges Landesinteresse noch vorliegt. Drittens wurde die Landesregierung gebeten darzustellen, wie Transparenz und Kontrolle verbessert werden können. Darin sollte insbesondere eine Berichterstattung über die kapitalmäßige Beteiligung des Landes, die Aufsicht durch das Land und die Zusammensetzung der Aufsichtsräte eingeschlossen werden.

Der Grund für den Bericht, den wir seinerzeit anforderten, waren die Vorgänge um die LEG. Die Probleme der LEG stehen seit 1999 in Rede. Ab Herbst 2000 überschlugen sich dann die Ereignisse. Inzwischen ist beschlossen worden, die LEG zu liquidieren. Wir haben im letzten Landeshaushalt 100 Millionen Euro für die LEG aufgewendet, um Verluste zu decken und Verbindlichkeiten abzulösen, und wir sind für die LEG Bürgschaften in Höhe von mehr als 300 Millionen DM eingegangen.

Der angeforderte Bericht liegt nun vor. Dazu ist Folgendes festzustellen. Erstens: Die Verzögerung der Vorlage des Berichts um ein halbes Jahr wird von uns ausdrücklich akzeptiert. Wir haben dies auch im Ausschuss für Haushalt und Finanzen so besprochen; denn für uns war klar, dass man in einer Situation, in der die Dinge, die zu dem geführt haben, worüber wir einen Bericht haben wollten, zunächst einmal aufgearbeitet werden müssen, Zeit braucht. Für uns ist bei diesem Thema ganz klar, dass Gründlichkeit vor Schnelligkeit geht.

Zweitens: Die Landesregierung legt mit dem Bericht erste Überlegungen vor. Auch das ist in Ordnung. Die CDU-Fraktion erwartet aber, dass nach der Diskussion hier im Landtag in einer Reihe von Punkten nachgebessert und konkretisiert wird; denn der Bericht erfüllt nur in einigen Teilen unsere Erwartungen an eine Neuausrichtung der Beteiligungspolitik Brandenburgs. In weiten Teilen erfüllt der Bericht diese Erwartungen nicht. Wir können mit Recht erwarten, dass nach den gravierenden Problemen mit der LEG, das heißt nach den Verlusten in der genannten Höhe - auch die BLG ist in diese Reihe einzuordnen -, im Bereich der Beteiligungspolitik wirklich umgesteuert wird. Wir wollen nicht, dass man hier auf halbem Wege stehen bleibt. Darauf werde ich noch konkret zu sprechen kommen.

Damit komme ich zu dem Bericht im Einzelnen. Er ist in verschiedene Bereiche eingeteilt. Ich beginne mit dem Bereich A, Leitlinien. Bei den Leitlinien können wir den Punkt 3 akzeptieren. Wir sind ausdrücklich damit einverstanden, dass es ein kleines, optimiertes Zielportfolio geben soll. Auch die verstärkte Kooperation von Landesunternehmen ist ein grundsätzliches Ziel, auch wenn das hier kaum konkretisiert wird. In Ordnung und notwendig sind darüber hinaus auch klare Zielvorgaben als Steuerungs- und Kontrollinstrument - Punkt 6 -, ein effizientes Zusammenwirken von Fachressorts und Beteiligungsverwaltung - Punkt 7 -, in welcher Struktur auch immer, und Transparenz über Aufgaben, Ziele und Unternehmenspolitik, Punkt 8.

Zu zwei zentralen Teilen der Leitlinien möchte ich unsere Vorstellungen in etwas veränderter Form darlegen. Die Landesregierung sagt erstens “Reduzierung der Beteiligungen auf die geringstmögliche Anzahl” und zweitens “Grundsätzlich keine neuen Beteiligungen, sondern Nutzung vorhandener Gesellschaften”. Wir sind mit einem kleinen, optimierten Zielportfolio einverstanden, wie es Punkt 3 der Leitlinien beschreibt, aber wir sollten das Kind nicht mit dem Bade ausschütten.

(Beifall bei der CDU)

Wenn es heißt “Reduzierung der Beteiligungen auf die geringstmögliche Anzahl”, dann wäre das konsequenterweise eine Reduzierung auf null und dies wollen wir ausdrücklich nicht.

(Beifall bei der CDU)

Beteiligungen sind nämlich ein legitimes Mittel des Landes zur Erfüllung bestimmter Aufgaben. Das ist auch gesetzlich geregelt. In § 65 der Landeshaushaltsordnung heißt es:

“Das Land soll sich... an der Gründung eines Unternehmens... des privaten Rechts oder an einem bestehenden Unternehmen in einer solchen Rechtsform nur beteiligen, wenn... ein wichtiges Interesse des Landes vorliegt und sich der vom Land angestrebte Zweck nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen lässt.”

Im Umkehrschluss heißt das auch, dass das Land eine Beteiligung dann auch eingehen kann und soll. Das ist ein legitimes Mittel der Politik. Nur vernünftig gesteuert und kontrolliert müssen die Gesellschaften sein. Das ist die zentrale Forderung.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der PDS)

Brandenburg ist noch immer ein Land im Aufbau, unsere Infrastruktur ist noch weit schlechter als die der alten Bundesländer und wir haben weit mehr Ansiedlungsprojekte zu begleiten, als dies in den alten Bundesländern der Fall ist. Deshalb sollten wir uns davor hüten zu sagen, wir könnten bei der Entwicklung für alle Zeiten auf Landesbeteiligungen verzichten. Wir wollen eine Prüfung möglicher Vorhaben und wollen dann zu einem späteren Zeitpunkt endgültig entscheiden, ob eine Beteiligung im Zusammenhang mit der Landesentwicklung notwendig und sinnvoll ist oder auch nicht. Das ist unsere Forderung.

(Beifall bei der CDU)

In diesem Zusammenhang zurück zur LEG. Hier gibt es einen ganz klaren Dissens mit unserem Koalitionspartner. Das Problem der LEG war nicht ihre Existenz als solche, sondern die mangelhafte Steuerung und eine de facto fehlende Kontrolle der Gesellschaft. Das war das zentrale Problem.

(Beifall bei der CDU)

Ein großer Teil der Bundesländer hat nun einmal Entwicklungsgesellschaften, und zwar unter anderem fast alle neuen Bundesländer. Das hat auch seinen Grund. Die Entwicklungsgesellschaften der anderen Länder sind allerdings in der Regel wesentlich kleiner und werden besser gesteuert und kontrolliert. Sollte die Landesregierung künftig Beteiligungen planen, so sollten der Haushaltsausschuss und der entsprechende Fachausschuss unbedingt an der Entscheidung beteiligt werden.

Damit komme ich zu dem zweiten zentralen Problem, das die Leitlinien im Punkt 5 beschreiben, nämlich zur Struktur der Beteiligungsverwaltung. Sicherlich unstrittig ist, dass die bestehende Beteiligungsverwaltung die bei zwei Landesgesellschaften innerhalb von nur wenigen Jahren heraufziehenden Probleme und drohenden Verluste nicht erkannt oder nicht rechtzeitig die Bremse gezogen hat. Auch wurde rechtlichen Verpflichtungen zumindest im Falle der LEG nicht nachgekommen. Obwohl es dazu im Handelsrecht, im Handelsgesetzbuch klare Regelungen gibt, wurde zum Beispiel verabsäumt, eine konsolidierte Konzernbilanz bei der LEG einzufordern. Über dieses Problem haben wir hier bereits mehrfach diskutiert.