Protocol of the Session on March 6, 2002

Da der von einigen ursprünglich befürchtete Abfertigungsnotstand der Berliner Flughafensysteme außer Sicht ist, muss zudem über die Beschleunigung des Schließungsverfahrens in Berlin-Tempelhof nachgedacht werden. Wenn wir dies forcieren, dann brauchte die BBF die 10 Millionen Euro Verlust aus dem Tempelhof-Betrieb nicht mehr zu tragen und hätte eine solidere Basis.

Ich fasse zusammen: Auch wenn das Privatisierungsverfahren jetzt ohne Zuschlagserteilung beendet werden sollte, so muss das keine Auswirkungen auf den ursprünglichen Zeitplan für Bau und Inbetriebnahme haben; denn das Planfeststellungsverfahren läuft unabhängig von der Privatisierung. Die öffentliche Hand als Eigentümer der BBF kann nur dann gewinnen, wenn sie jetzt genau prüft, ob nun mit den Vergabeverhandlungen begonnen werden soll bzw. wie weit diese Vergabeverhandlungen geführt werden sollen oder ob der erneute Privatisierungsanlauf erst dann unternommen wird, wenn konkretes Baurecht für das Projekt vorliegt.

Lassen Sie mich abschließend betonen: Für die SPD-Fraktion bleibt der Flughafen Berlin Brandenburg International in Schönefeld das Schlüsselprojekt der brandenburgischen Landespolitik. - Danke.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Abgeordneten Dellmann. - Das Wort geht noch einmal an die Landesregierung. Herr Ministerpräsident Dr. Stolpe, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Frau Tack, ich möchte mich ausdrücklich bedanken für den Vergleich mit der DDR; denn ich vermute, dass das ein Kompliment Ihrerseits gewesen ist.

(Zurufe von der PDS)

Ich möchte hier allerdings vorsorglich sagen, dass die es damals natürlich leichter gehabt haben. Die brauchten sich nicht um unabhängige Gerichte zu kümmern. - Aber wir nehmen das sehr ernst.

(Beifall bei SPD und CDU)

Am Ende wird die Frage nicht auf politischer Ebene oder durch Aktionen ausdiskutiert, sondern am Ende werden die Gerichte darüber zu befinden haben, und das werden wir mit großem Ernst weiterhin im Auge behalten.

(Zurufe von der PDS)

Da das hier auch infrage gestellt worden ist, möchte ich sicherheitshalber auf Folgendes hinweisen: Die drei Partner, um die es hier geht, wissen, was sie wollen, auch wenn die Diskussionen gelegentlich ein bisschen hin und her gehen. Sie wollen nämlich das, was sie müssen. Die drei Partner Bund, Berlin und Brandenburg müssen dafür sorgen, dass es ein leistungsfähiges Flughafensystem gibt.

Denn es ist jetzt schon erkennbar, auch nach den SeptemberEreignissen von New York, dass das Passagieraufkommen weiter wachsen wird und dass wir in wenigen Jahren an der Leistungsgrenze sein werden. Wir müssen Vorsorge betreiben. Das ist gar keine Frage. Alle, die jetzt sagen, wir müssten das nicht tun, wir müssten dieses Projekt nicht weiter verfolgen, vielleicht gebe es Alternativen, die müssen bitte auch auf die Frage antworten: Was dann, wenn wir uns nicht mit allem Nachdruck für Schönefeld einsetzen?

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich will hier noch einmal betonen: Das Planungsrecht wird inzwischen von zwei Ministerien und vielen Fachleuten mit großer Sorgfalt betrieben. Es hat bisher selbst in München und in Frankfurt in diesem Bereich keine solch intensive Arbeit gegeben. Kollege Bretschneider, Ihnen sage ich ganz persönlichen Dank für Ihren Einsatz in dieser Frage. Sie haben sich, glaube ich, mit 100 000 Vorgängen befasst und das mit großer Sorgfalt und viel Geduld durchgeführt.

Es wird in Sachen Privatisierung ernsthafte Bemühungen geben müssen - das ist schon deutlich gesagt worden, auch vom Wirtschaftsminister -, aber es wird keine Privatisierung um jeden Preis geben. Wir werden die Planungen entschlossen voranbringen. Kollege Dellmann hat es gerade gesagt. Das Verfahren im Planungsrecht läuft. Das muss sowieso sauber durchgeführt werden, bevor wir richtig in die Arbeit hineingehen können. Insofern müssen wir uns nicht hetzen lassen. Wir werden ganz sicher auch die nötigen finanziellen Konsequenzen durchzusetzen haben.

Nach allem, was ich auch in Gesprächen mitbekommen habe, brauchen wir keine Sorge zu haben, dass uns irgendeiner wegläuft. Das Interesse, sich in diesem Bereich zu beteiligen, wächst. Wir werden ganz hart verhandeln, um die günstigsten Möglichkeiten für das Land herauszuholen. Wir haben interessante Stellschrauben dabei. Wir müssen nicht unbedingt eine 100%ige Privatisierung durchsetzen. Wir können bei der Frage der Anbindung noch jonglieren. Wir können nach meiner Überzeugung auch beim Baufeld Ost noch ganz anders operieren, als jetzt gelegentlich dargestellt wird.

Ich will nur noch eines sagen: Wer Regierungsverantwortung in Brandenburg trägt, der hat keine Alternative dazu, dieses Pro

jekt entschlossen voranzubringen. Wenn ich nicht ein so überzeugter Anhänger der Koalition von SPD und CDU wäre, liebe Frau Tack, dann würde ich Sie eigentlich gerne in der Regierung erleben. Mal sehen, was Sie dann zu diesem Vorgang sagen würden!

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich würde übrigens an Ihrer Stelle nicht so sehr stark gemeinsam mit den Berliner PDS-Freunden operieren. Ich weiß nicht, ob es hier im Raum jemanden gibt, der Gregor Gysi länger kennt als ich. Ich schätze ihn. Ich schätze auch seine Verlässlichkeit. Wenn es darauf ankommt, steht er zu seinem Wort. Ich bin ganz sicher, er wird auch zum Flughafen Berlin Brandenburg International in Schönefeld stehen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Herrn Ministerpräsidenten Stolpe. - Meine Damen und Herren, wir sind am Ende der Aussprache zum Tagesordnungspunkt 2 angekommen. Ich schließe die Aktuelle Stunde und rufe den Tagesordnungspunkt 3 auf:

Gesetz zur Ausführung des Bundesdisziplinargesetzes im Land Brandenburg (BbgAGBDG)

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 3/3755

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses

Drucksache 3/3895

2. Lesung

Zu diesem Tagesordnungspunkt wurde vereinbart, keine Debatte zu führen, sodass ich sofort zur Abstimmung über die genannte Beschlussempfehlung kommen kann. Wer der Drucksache 3/3895 seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Damit ist das Gesetz zur Ausführung des Bundesdisziplinargesetzes einstimmig angenommen worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 3 und unterbreche die Sitzung des Landtages bis 13 Uhr zu einer Mittagspause.

(Unterbrechung der Sitzung: 12.14 Uhr)

(Fortsetzung der Sitzung: 13.00 Uhr)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 4 auf:

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Verfassungsschutz im Land Brandenburg (Brandenburgi- sches Verfassungsschutzgesetz - BbgVerfSchG) vom 05.04.1993 (GVBl. I S. 78)

Gesetzentwurf der Fraktion der DVU

Drucksache 3/3900

1. Lesung

in Verbindung damit:

Bundesratsinitiative zur Änderung des Verfassungsschutzgesetzes

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 3/3899

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der einbringenden Fraktion. Frau Abgeordnete Hesselbarth, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! “Die Verfassung muss man schützen gegen die, die oben sitzen!” Dieser Ausspruch des Schriftstellers Gerhard Hermann Mostar ist heute aktueller denn je. Die Enttarnung mehrerer so genannter V-Leute verschiedener Landesämter sowie des Bundesamtes für Verfassungsschutz im Rahmen des NPD-Verbotsverfahrens hat gezeigt, dass solche Personen in Führungspositionen politisch missliebiger Parteien und Organisationen eingeschleust werden, um dort als Agents provocateurs bewusst verfassungsfeindliche bzw. verfassungswidrige Taten zu begehen, um die entsprechenden Parteien und Organisationen in den Geruch der Verfassungswidrigkeit zu bringen.

Selbst das Bundesverfassungsgericht sollte über den Einsatz solcher Personen getäuscht werden. Als das Bundesinnenministerium nach der Enttarnung von Frenz noch von einer Panne sprach, waren nach Angaben der Zeitschrift “Focus” 7/2002 vom 11. Februar dieses Jahres bereits mindestens sechs Verfassungsschutzspitzel, deren Aussagen als Beweismittel beim Bundesverfassungsgericht angeführt waren, enttarnt. Bei fast allen handelt es sich um hohe und höchste Funktionäre.

Nach Informationen des “Handelsblatts” vom 27. Februar dieses Jahres wurden von den Verfassungsschutzämtern von Bund und Ländern dem Bundesverfassungsgericht weitere vier so genannte V-Leute genannt, deren Aussagen in den Verbotsanträgen von Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat enthalten sind.

In Brandenburg wurde insbesondere der Fall des Verfassungsschutzagenten “Piato” alias Carsten Szczepanski bekannt, dessen Aussagen als Beweis für die Verfassungswidrigkeit der NPD in Karlsruhe angeführt werden. Dieser V-Mann Ihres Ministeriums, Herr Minister Schönbohm, der Mitte letzten Jahres aufflog, versuchte bekanntlich im Jahr 1995 einen nige

rianischen Asylbewerber im Scharmützelsee grausam zu Tode zu bringen. Er wurde dafür zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt, welche er jedoch nur zum Teil absitzen musste.

Inzwischen erklärte der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft von Baden-Württemberg, Dieter Berberich, in einem Interview mit der “Heilbronner Stimme”, welches bundesweit veröffentlicht wurde: Ein großer Teil der beanstandeten NPD-Reden sei nach Informationen der Deutschen Polizeigewerkschaft von Mitarbeitern des Verfassungsschutzes geschrieben worden. Herr Berberich erklärte wörtlich:

“Es gab NPD-Kundgebungen, da soll die Hälfte der Teilnehmer aus V-Leuten bestanden haben. Sie haben angeblich auch verfassungsfeindliche Symbole in Umlauf gebracht, um sie anschließend wieder einzusammeln und als Beweise zu verwenden.”

Der Polizeigewerkschaftsvorsitzende beklagte sich bei dieser Landesregierung darüber, mit welch zweifelhaften Methoden die so genannten Verfassungsschutzbehörden bundesweit arbeiteten.