Protocol of the Session on March 6, 2002

Wir reden hier über einen Single-Flughafen. Es steht weder infrage, dass man ihn realisieren kann, noch, dass wir ihn brauchen.

Genauso versuchen Sie hier deutlich zu machen, dass es keine Arbeitsplatzeffekte geben wird.

(Frau Tack [PDS]: Das habe ich nicht gesagt!)

- Sie stellen es zumindest sehr deutlich infrage und verunsichern damit wiederum all diejenigen, die an dem Entscheidungsprozess beteiligt sind; Sie versuchen es zumindest.

(Zuruf des Abgeordneten Vietze [PDS])

Sie stellen in den Raum, dass es zunächst Arbeitsplatzabbaueffekte geben wird.

(Weiterer Zuruf des Abgeordneten Vietze [PDS])

Herr Abgeordneter Vietze, schonen Sie sich.

(Vietze [PDS]: Das muss doch mal gesagt werden! Das wird man doch wohl mal sagen dürfen!)

Herr Abgeordneter Müller hat das Wort.

Seien Sie doch nicht so aufgeregt.

(Vietze [PDS]: Ich finde das nur so unfair!)

Sie reden von Arbeitsplatzabbau und vergessen dabei zu sagen, dass dann, wenn Sperenberg realisiert würde, was Sie immer zu unterstützen behaupten, genau derselbe Effekt eintreten müsste. Ich sage: Was unsere drei Flughäfen so uneffektiv und im Prinzip auf Dauer nicht lebensfähig macht, würde korrigiert werden, wenn man nicht alles dreimal, sondern am Single-Flughafen nur einmal vorzuhalten brauchte. Das ist kein negativer, sondern ein positiver Effekt, der zur Erhöhung der Attraktivität des Flughafens beiträgt. Wenn eine gesunde Flughafenstruktur vorhanden ist, dann tritt auch die Frage nach den Arbeitsplätzen, die entstehen werden, in den Vordergrund. Die neu entstehenden Arbeitsplätze müssen auch von Ihrer Seite als positiver Aspekt gewürdigt werden.

Es trifft zu, dass sich gegen den Flughafen ein deutlich spürbarer Gegenwind entwickelt hat. Ebenso hat es handwerkliche Fehler gegeben. Das bestreitet niemand. Die Erfahrungen, die daraus gewonnen wurden, müssen bei künftigen Projekten berücksichtigt werden.

Eines darf man jedoch nicht vergessen: Bei einem solchen Projekt wird jeder Schritt beobachtet und, wenn es irgendwie möglich ist, beklagt. Der Ausbau des Schönefelder Flughafens ist nicht mit der Ansiedlung irgendeines kleinen oder mittelständischen Unternehmens zu vergleichen, worum sich kaum jemand wirklich kümmert. Was den Ausbau des Flughafens angeht, wird jeder Schritt zur Verzögerung oder Verhinderung des Projektes benutzt. Dadurch entsteht ein hoher Aufwand, der allerdings auch getragen werden muss.

Man sollte nicht den Eindruck erwecken, als sei das bei anderen Flughafengroßprojekten wie in München oder in Frankfurt bei der Startbahn West nicht der Fall gewesen. Dort gab es dieselben Probleme. Auch dort wurde versucht, alles und jedes zu verhindern. Die Fertigstellung des neuen Münchner Flughafens hat fast 30 Jahre gedauert.

Dies ist auch verständlich. Die Rechtsstaatlichkeit in Deutschland ermöglicht und unterstützt das Vortragen von Einwänden. Dies kann nicht als negativ in den Raum gestellt werden, sondern wir leisten uns in Deutschland nun einmal solche Einspruchsmöglichkeiten.

Bevor man auf die Arbeitsplätze zu sprechen kommt, ist zunächst die Frage nach der Höhe der Passagierzahlen zu stellen. Derzeit sind es 12,6 Millionen. Aus allen Prognosen, sowohl den pessimistischen als auch den optimistischen, wissen wir, dass die Zahl der Passagiere steigen wird. Die Ereignisse des 11. September werden nur einen vergleichsweise kurzfristigen Einfluss darauf haben. Die eingetretene negative Entwicklung wird sich von selbst wieder korrigieren. Die Zahl der Passagiere wird sich also wieder erhöhen. Die Prognosen sagen für 2004 16,8 Millionen und für 2010 22,7 Millionen Passagiere voraus. Die gegenwärtige Maximalkapazität auf allen drei Flughäfen liegt bei 15,5 Millionen Passagieren. Deswegen muss die Entscheidung für den Flughafen nicht nur im Interesse der Schaffung neuer Arbeitsplätze, sondern auch im Sinne der Erhöhung von Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit der Region BerlinBrandenburg fallen. Da hilft es nicht, wenn die PDS - jetzt auch noch mit Unterstützung eines ihrer Minister - versucht das Projekt hinauszuzögern und zu verhindern. Dadurch richten Sie von der PDS großen Schaden für die Region an.

(Beifall bei SPD und CDU)

Was die Arbeitsplätze angeht, so sind verschiedene Kategorien zu berücksichtigen, die aus meiner Sicht eine wesentliche Rolle spielen. Natürlich wird der Bau selbst eine hohe Anzahl von Arbeitsplätzen bedingen. Die Arbeitskräfte werden sowohl aus der Region als auch aus dem übrigen Deutschland und aus Europa kommen. Dieser Punkt ist wichtig.

Noch wichtiger sind die Dienstleistungen, die mit dem Flugbetrieb zusammenhängen. In diesem Bereich werden nicht nur in großer Zahl neue Arbeitsplätze entstehen, sondern auch die Löhne werden über dem normalen Niveau liegen. Es werden also keine Billigarbeitsplätze entstehen.

Noch viel wichtiger ist in meinen Augen aber das Umfeld. Dabei geht es um flugorientierte Leistungen sowohl im gewerblichen als auch im Dienstleistungsbereich sowie in davon völlig unabhängigen Bereichen. Dies ist die große Chance für unsere Region, unabhängig von dem Gesamtregionaleffekt, den wir hier zu verzeichnen haben.

Deswegen ist die Umfeldentwicklungsgesellschaft so wichtig, denn es muss eine Koordinierung erfolgen. In dieser Region darf es zu keinem Wildwuchs kommen. Die Strukturen, die dort entstehen, müssen auch zusammenpassen.

Wir brauchen eine Koordinierung, die sich auf die Ansiedlung, die Clusterbildung bezieht. Wir müssen versuchen, Unternehmen zusammenzuführen, die in ihrer Produktions- und Dienstleistungsausrichtung zusammenpassen.

Wir müssen sicherstellen, dass die Unternehmen, die sich dort ansiedeln, auch Wachstumsmöglichkeiten haben. Zum großen Teil werden es junge Unternehmen sein. Es darf nicht die Situation eintreten, dass sie nach fünf Jahren feststellen: Wir müssen uns vergrößern, aber dafür fehlt der Platz. Deswegen müssen wir eine Koordinierung erreichen.

Das Koordinierungserfordernis bezieht sich auch auf den Verkehr. Die Ansiedlungen am Flughafen werden Verkehr erzeugen, der auch dorthin kommen muss, wohin er gehört, nämlich

zu den Unternehmen, damit die Produkte und Dienstleistungen transportiert werden können. Eine solche Koordination ist auch möglich, wenn sie von allen Akteuren gewollt wird.

Genau das ist das Problem. Zurzeit sind folgende Akteure aktiv: die Landesregierung Brandenburg, die Landesregierung von Berlin und die Bundesregierung. Wenn man sich die Historie ansieht, dann stellt man fest, dass die Ansprechpartner permanent gewechselt haben. Die Koalitionen haben sich nämlich verändert. Das ist, genau genommen, ein Projekt, dass von der CDU, die hier in Brandenburg beteiligt ist, von der SPD ohnehin, von den Grünen und von der PDS getragen werden muss. Daran wird die Schwierigkeit in der politischen Diskussion deutlich.

Deswegen lautet unsere Aufforderung: Wir sollten die politische Diskussion in den Hintergrund stellen. Es geht nicht darum, welche Partei sich am besten profiliert, sondern darum, dass wir möglichst bald einen leistungsfähigen Flughafen haben.

(Beifall bei SPD und CDU)

Insofern bitte ich Sie, sich mit Ihren Äußerungen zurückzuhalten, auch was die gemeinsame Strategie der PDS in Brandenburg und in Berlin angeht, und nicht so zu tun, als ob man eine Verlagerung nach Sperenberg erreichen könnte. Dies wird nicht so einfach möglich sein. Wir müssen das, was jetzt auf den Weg gebracht worden ist, weiterführen. Dazu brauchen wir dummerweise Ihre Unterstützung, die Unterstützung durch Wirtschaftssenator Gysi. Aber ich hoffe, dass bei ihm die Einsicht in die Notwendigkeit des Vorhabens seine rhetorischen Fähigkeiten irgendwann überwiegen wird und er deswegen so handelt, wie es die Bürgerinnen und Bürger von ihm erwarten, nämlich den Flugplatz unterstützt. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Herrn Abgeordneten Müller. - Ich erteile das Wort Herrn Abgeordneten Schuldt für die DVU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Land braucht Arbeitsplätze. Die Errichtung des Flughafens Berlin Brandenburg International (BBI) als Großflughafen am Standort Schönefeld und seine Entwicklung zum Luftdrehkreuz sind für die strukturelle und die wirtschaftliche Entwicklung der Region das Schlüsselprojekt überhaupt.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, hier nochmals die wesentlichen Vorteile herauszustreichen - im Übrigen nach wie vor in der Hoffnung, dass diese Fakten auch in die Sozialistenköpfe der PDS-Fraktion Eingang finden, namentlich in den Kopf der Kollegin Tack.

(Beifall bei der DVU)

Übrigens sind auch mir keine ablehnenden Äußerungen des Landesrechnungshofes bekannt, Kollegin Tack.

Die Verwirklichung des Flughafenprojektes BBI hat in jeder Hinsicht herausragende Bedeutung für die Region Berlin-Brandenburg.

Erstens: Für die Bürgerinnen und Bürger steht natürlich - wie sollte es in unserem von der Geißel der Arbeitslosigkeit geplagten Bundesland auch anders sein? - die Schaffung neuer Arbeitsplätze im Vordergrund. Alle uns vorliegenden Prognosen aus der Wirtschaft gehen davon aus, dass sowohl direkt - im Zusammenhang mit dem Flugbetrieb - als auch indirekt - im Umfeld des Flughafens - eine Vielzahl von Arbeitsplätzen entstehen wird. In seriösen Quellen ist die Rede von rund 17 500 direkten Arbeitsplätzen und rund 32 500 indirekten Arbeitsplätzen bis zur Eröffnung im Jahr 2007. Die Fortentwicklung zum Luftdrehkreuz dürfte hiernach bis zum Jahr 2010 sogar zu insgesamt rund 60 000 indirekten Arbeitsplätzen führen.

Zweitens: Zugleich wird der Flughafen - eine solche Vielzahl neuer Arbeitsplätze fällt bekanntlich nicht vom Himmel - zu einer erheblichen Ausdehnung selbstständiger wirtschaftlicher Existenzen führen, sei es durch Betriebsneugründungen, sei es durch Betriebserweiterungen. Die Bürgerinnen und Bürger, die durch den Flughafen die Möglichkeit erhalten, unternehmerisch tätig zu werden, können wir bei wirtschaftlicher Betrachtung der Zahl der von mir unter 1 genannten neuen Arbeitsplätze getrost hinzurechnen.

Drittens: Zugleich wird durch den Flughafen BBI die Wirtschaftskraft der bestehenden und neu zu gründenden Unternehmen nachhaltig gestärkt. Gerade in diesem Zusammenhang ist es von herausragender Bedeutung, dass wir den Flughafen BBI als Luftdrehkreuz planen und entwickeln. Tun wir das nicht, werden wir diesen Effekt nur in abgeschwächter Form erleben. Durch die Konzeption und Entwicklung des Flughafens als Luftdrehkreuz erhält unsere Wirtschaft nicht nur interregional, sondern zugleich international gravierend bessere Marktanbindungen. Das ist ein ganz erheblicher Standortfaktor für unsere mittelständische Wirtschaft, die ansonsten über solche Anbindungen mit solchen Marktchancen strukturell nicht verfügt.

Viertens: Die Vorteile für unser Land Brandenburg und seine Wirtschaftkraft insgesamt liegen auf der Hand: Wo mehr wächst, kann auch mehr geerntet werden. Vielleicht begreift das endlich auch die PDS-Fraktion. Der Flughafen führt zu mehr Gewerbesteuer-, Umsatzsteuer- und Einkommensteueraufkommen bei im Übrigen gleichzeitig geringeren sozialen Lasten infolge der dann niedrigeren Arbeitslosigkeit.

Mit anderen Worten: Die Verwirklichung des BBI als Luftdrehkreuz ist für unser Land Brandenburg unerlässlich, um von den exorbitant hohen Staatsschulden herunterzukommen und die politische Handlungsfähigkeit, die gegenwärtig eingeschränkt ist, wieder herzustellen. Deshalb ist es richtig und wichtig, heute auf Antrag der CDU über die Notwendigkeit des BBI zu diskutieren.

Nach alledem habe ich im Namen unserer gesamten DVU-Fraktion eine herzliche Bitte an die Landesregierung und an alle Mitglieder dieses Hauses: Lassen Sie uns alle Anstrengungen unternehmen, damit dieses Flughafenprojekt im Interesse Brandenburgs und seiner Menschen zügig verwirklicht wird. Wir haben die Chance, hiermit ein Zeichen gegen Massenarbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit zu setzen. Lassen Sie uns diese Chance nutzen! Wer dies nicht beherzigt, meine Damen und Herren von der PDS, versündigt sich an unserem Land. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke dem Abgeordneten Schuldt und erteile jetzt Herrn Christoph Schulze das Wort. Er spricht außerhalb des Redevolumens seiner Fraktion als Einzelabgeordneter. Seine Redezeit beträgt drei Minuten.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich stelle eines voran: Alle, die mich kennen, wissen, dass ich der Auffassung bin, dass Luftverkehr eine Wachstumsbranche und die infrastrukturelle Voraussetzung für weiteren wirtschaftlichen Erfolg ist. Die entscheidende Frage ist für mich also nicht, ob man einen Flughafen baut; diese Frage ist ganz klar mit Ja zu beantworten. Die Frage lautet vielmehr, wo man ihn baut, wer ihn baut und wie man ihn baut. Wenn man ihn auf Treibsand baut, muss man sich nicht wundern, dass man da landet, wo man jetzt ist.

Die CDU-Fraktion hat den Flughafen Schönefeld als Schlüsselprojekt für die Infrastruktur bezeichnet. Sie hat damit einen bildhaften Vergleich, eine Metapher, die des Schlüssels, gewählt, die ich aufgreife. Man muss immer einen Schlüssel und eine Tür haben. Hat man die Tür, muss man den passenden Schlüssel finden. Hat man den Schlüssel, muss man die richtige Tür dafür finden.

1991 hielten wir im Vorschaltgesetz zum Landesplanungsgesetz fest, dass wir einen Flughafen wollen. Danach bekamen wir nach einem bestimmten Verfahren drei Türen, um bei der Metapher des Schlüssels und der Tür zu bleiben: Jüterbog, Sperenberg und Schönefeld. Die handelnden Figuren wählten die Tür Schönefeld. Der Schlüssel wurde ins Schloss gesteckt, aber er passte nicht. Dann kam es zu einer gewissen Gewaltanwendung, weil man meinte, der Schlüssel müsse doch passen, das müsse doch gehen, getreu dem Motto: “weil nicht sein kann, was nicht sein darf”. Dummerweise ist der im Schloss steckende Schlüssel dabei abgebrochen. Das aber wollen einige nicht zur Kenntnis nehmen. Nun kann man vor der Tür stehen und an die Tür dremmeln. Dadurch geht die Tür allerdings auch nicht auf.

Meine Damen und Herren, nehmen Sie zur Kenntnis: Es ist vorbei, Sie haben die falsche Tür gewählt, diese Tür bleibt zu. Die Wahl der Tür war ein tragischer Irrtum, weil der Schlüsselinhaber bereits vorher wusste bzw. hätte wissen können - ich verweise auf das Raumordnungsverfahren -, dass seine Entscheidung im Hinblick auf die Tür falsch war. Um bei der Metapher des Schlüssels zu bleiben: Wenn man einen Schlüssel betrachtet, kann man schon an der Form des Bartes sehen, ob er ins Schloss passen wird. Dies ist übrigens keine Frage des Glaubens oder des Instinktes.

An dieser Stelle zitiere ich einen Kalenderblattspruch, der mir letztens aufgefallen ist und sehr gut auf die Situation passt: