Protocol of the Session on November 21, 2001

Ich bin nicht sicher, ob uns die Antworten großartig weiterbrächten; denn eine wesentliche Ursache für den negativen Trend kennen wir alle: Es ist die im ostdeutschen Vergleich unterdurchschnittliche Quote der Übernahme der Ausgebildeten in eine feste Anstellung.

Im Vergleich der letzten fünf Jahre - mit Ausnahme des Jahres 1999 - sind in Brandenburg erheblich weniger Ausgebildete von ihrem Ausbildungsbetrieb übernommen worden. Während zum Beispiel im Vorjahr im Durchschnitt aller neuen Länder 46 % der Ausgebildeten übernommen worden sind, waren es in Brandenburg nur 39 %. Im Jahre 1999 waren wir schon einmal bei 50 %. Allerdings lässt sich daraus nicht ableiten, dass Brandenburger Betriebe generell übernahmeunwillig sind. Nach uns vorliegenden Daten ist die Zahl der jüngeren sozialversicherungspflichtig Beschäftigten seit mehreren Jahren weitgehend

stabil und liegt nicht wesentlich unter den westdeutschen Vergleichswerten.

Dennoch müssen wir sagen, was ich zu verschiedenen Anlässen geradezu gebetsmühlenartig wiederhole: Betriebe und Unternehmen müssen ihrer Verantwortung für Ausbildung und Arbeit umfangreicher nachkommen. Das geschieht immer noch nicht in ausreichendem Maße. Betriebe und Unternehmen müssen ihren betrieblichen Nachwuchs selbst ausbilden. Sie müssen die ausgebildeten Arbeitskräfte festhalten; denn es werden Zeiten kommen, in denen diese jungen Menschen im eigenen Land dringend gebraucht werden. - Meine Redezeit ist leider um. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Dr. Schröder, bitte.

Herr Minister Ziel, Sie kritisieren Statistik und bringen noch viel mehr Statistik ins Spiel. Sie beantworten aber nicht die entscheidende Frage, wie es in Brandenburg bei der Jugendarbeitslosigkeit zu einem Anstieg von 16 % gekommen ist. Diese Antwort sind Sie uns schuldig geblieben. Deswegen frage ich nach. Wie erklären Sie sich zum Beispiel beim Arbeitsamt Neuruppin einen Anstieg von 22 % und einen Rückgang bei den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen um 50 %?

Meine Frage lautet also: Ist dieser Anstieg in der Jugendarbeitslosigkeit auch oder besonders mit dem Wegfall von öffentlich geförderter Beschäftigung für Jugendliche zu erklären?

Ich habe Ihnen schon gesagt, Frau Kollegin Schröder, dass Sie Ihre Fragestellung - jeder hat sie auf dem Tisch und kann das nachlesen - mit einer absoluten Zahl, bezogen auf das Land Brandenburg, eingeleitet haben und dann einzig und allein mit relativen Zahlen fortgefahren sind. Ich kann das nicht kritisieren; ich gebe es nur zur Kenntnis. Wenn man aber hier an diesem Pult steht, dann muss man natürlich auch die absoluten Zahlen für die anderen Bundesländer nennen. Dann wird nämlich deutlich, dass wir in den neuen Bundesländern allesamt nicht so weit voneinander entfernt sind und dass sich ein Unterschied vor allem zu den alten Bundesländern ergibt, die wesentlich besser dastehen. Nicht mehr und nicht weniger habe ich vorgetragen. Ich bitte Sie darum, zur Kenntnis zu nehmen, dass es zur Sorgfalt gehört, wenn man über Statistik redet, nicht bloß eine absolute Zahl in den Raum zu stellen, dann mit relativen Zahlen fortzufahren und schließlich mithilfe dieser relativen Zahlen deutlich zu machen, dass in Brandenburg alles am schlechtesten sei. Das ist einfach nicht richtig. Daher habe ich mich bemüht, das etwas genauer darzustellen.

Ich gebe Ihnen aber auch die Antwort auf Ihre zweite Frage. Natürlich kann man das nicht genau an der Skala ablesen. Deutlich wird aber, dass es sich hier gleichsam um ein System kommunizierender Röhren handelt: Wenn wir die Arbeitsmarktförderung zurückfahren, macht sich dies sofort in der Statistik bemerkbar.

Frau Abgeordnete Kaiser-Nicht, bitte.

Herr Minister, ganze 6 184 jüngere Arbeitslose unter 25 Jahren kommen aus dem Arbeitsamtsbezirk Frankfurt (Oder). Gleichzeitig sind in diesem Arbeitsamtsbezirk...

Bitte die Frage, Frau Abgeordnete.

Ich muss ja nachfragen; es geht um Jugendarbeitslosigkeit.

(Lachen bei der SPD)

Im selben Arbeitsamtsbezirk sind 800 Mobilitätshilfen zu jeweils 5 000 DM vergeben worden.

Frau Abgeordnete, wenn Sie nicht eine Frage stellen, müssen Sie Ihre Ausführungen beenden.

Damit liegt dieser Arbeitsamtsbezirk doppelt so hoch wie alle anderen Arbeitsamtsbezirke.

Bitte stellen Sie die Frage.

Sie versprachen besondere Bemühungen bei...

(Zurufe von SPD und CDU: Fragen!)

Frau Abgeordnete, ich entziehe Ihnen das Wort, weil Sie nicht zur Frage gekommen sind. Ein Kommentar ist in der Fragestunde nicht zulässig.

(Frau Stobrawa [PDS]: Das ist aber nicht fair! - Weitere Zurufe von der PDS)

- Ich habe die Abgeordnete dreimal ermahnt. Sie kennen die Geschäftsordnung. In ihr ist das Verfahren geregelt.

(Zuruf des Abgeordneten Vietze [PDS] - Gegenruf von der SPD: Herr Vietze, ein bisschen Disziplin!)

- Meine Herrschaften, sehen Sie sich doch einmal die Geschäftsordnung an! In der schriftlich gestellten Frage ist der Gegenstand beschrieben. Insofern ist eine Kommentierung bei Nachfragen völlig ausgeschlossen. Daher habe ich dreimal darum

gebeten, eine Frage zu stellen. Dies hat die Abgeordnete offensichtlich nicht nötig gehabt.

(Beifall bei SPD und CDU)

Wir kommen zur Frage 924 (Situation der Landwirtschaft im Land Brandenburg), die vom Abgeordneten Claus gestellt wird.

Laut Pressemeldungen erklärte der für Entwicklung zuständige Referatsleiter im Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Raumordnung bei einem Vortrag beim „Berliner Agrarökonomischen Forum”, dass sich die Lage der Landwirte in Brandenburg zunehmend verschlechtere. Grund dafür sei unter anderem der zunehmende Globalisierungsdruck. Deshalb koste der Transport einer Tonne Getreide von Boston nach Hamburg mittlerweile nicht mehr als der von Cottbus nach Eberswalde.

Ich frage daher die Landesregierung: Welche Maßnahmen will sie ergreifen, um den aufgrund der Globalisierung auf den landwirtschaftlichen Betrieben in Brandenburg lastenden Preisdruck abzumildern?

Herr Minister Birthler, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Selbstverständlich ist der Transport einer Tonne Getreide von Boston nach Hamburg teurer als der von Cottbus nach Eberswalde. Aber unter Berücksichtigung der Gestehungskosten sind das US-amerikanische und das kanadische Getreide auf dem europäischen Markt konkurrenzfähig. Während gut geführte Betriebe in Nordamerika die Dezitonne Getreide zu Vollkosten von 18 DM erzeugen können, müssen brandenburgische Marktfruchtbetriebe dafür 21 bis 28 DM aufwenden.

Herr Claus, ich gehe aber davon aus, dass sich Ihre Fragestellung nicht nur auf den Getreidesektor bezieht. Was die generelle Frage der Globalisierung der Agrarwirtschaft und der Liberalisierung der Agrarmärkte anbetrifft, so ist die Position der Landesregierung unverändert die, dass sie sich diesem Prozess nicht entgegenstellt, die Rahmenbedingungen dafür jedoch mitgestalten will und den Landwirten bei den erforderlichen Anpassungsprozessen Unterstützung gewährt. Ich erinnere Sie daran, dass unter der Federführung Brandenburgs Eckpunkte für eine zukünftige Agrar- und Verbraucherpolitik erarbeitet und im Konsens mit Bund und Ländern beschlossen worden sind.

Globalisierung und Liberalisierung müssen berücksichtigen, dass eine multifunktionale Landwirtschaft in einer extrem dicht besiedelten Region wie Europa anderen Anforderungen ausgesetzt ist als eine vorrangig auf Gewinnmaximierung bei der Agrarproduktion orientierte Landwirtschaft. Eine auf Herstellung und Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit ausgerichtete Unterstützung unserer Landwirtschaft kann sich deshalb nicht nur auf das Ziel der Kostenführerschaft beschränken. Sie schließt ebenso die Erschließung von Chancen, die Qualitäts

produkte auf dem Weltmarkt haben, wie die Erschließung von Potenzialen der regionalen Wertschöpfung durch die Etablierung regionaler Kreisläufe ein. Kostenführerschaft mit dem Blick auf den Weltmarkt und regionale Wertschöpfung stellen so gesehen keine sich gegenseitig ausschließenden Anpassungsstrategien dar, sondern sind zwei Seiten einer Medaille. - Vielen Dank.

Ich danke auch. - Wir kommen damit zu den Fragen 925 (Re- form der Lehrerausbildung in Brandenburg) und 926 (Lehrer- ausbildung im Land Brandenburg), die, wenn die Fragesteller dies zulassen, am besten in einem Zug beantwortet werden könnten. Vonseiten der Landesregierung gibt es diesbezüglich keine Einwände.

Für Frau Siebke gebe ich erneut Herrn Abgeordneten Schippel das Wort.

Im Zusammenhang mit einem Bericht der „Märkischen Allgemeinen Zeitung” vom 7. November 2001 über die Reform der Lehramtsstudiengänge an Universitäten in Nordrhein-Westfalen betont das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, dass auch im Land Brandenburg die Lehrerausbildung auf jeden Fall reformiert werden müsse, um den Beruf wieder attraktiver zu machen. Eine gemeinsame Erneuerung könne aber erst zusammen mit dem Land Berlin in Angriff genommen werden. Seitens der Universität Potsdam und seitens der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft wird hingegen dringender Handlungsbedarf angemahnt, um den Bedarf an jungen Lehrkräften zu sichern, insbesondere aber, um die Verzahnung von Theorie und Praxis der Ausbildung in Zusammenarbeit mit den Schulen - seinerzeit im so genannten Potsdamer Modell vorbildlich entwickelt - zu verbessern.

Ich frage deshalb die Landesregierung: Welche konkreten konzeptionellen, zeitlichen und inhaltlichen Vorstellungen hat die Landesregierung für eine Reform der Lehrerausbildung im Land Brandenburg?

Frau Große, sind Sie mit einer gemeinsamen Beantwortung einverstanden?

Ja.

Sie haben dann Gelegenheit zur Formulierung Ihrer Frage.

In den vergangenen Tagen wurde in der Tagespresse mehrfach die Notwendigkeit einer Reformierung der Lehrerausbildung thematisiert. Herr Minister Reiche hat daraufhin die Absicht der Landesregierung angekündigt, die Lehrerausbildung bis zum Jahr 2005 zu reformieren, um die Ausbildungszeiten zu verkür

zen und den Beruf attraktiver zu machen. Als einen der ersten Schritte hat er eine größere Praxisnähe der Ausbildung empfohlen.

Ich frage die Landesregierung: Welche Vorstellungen hat sie über weitere Schritte und über den konkreten Zeitplan zur dringend notwendigen Reformierung der Lehrerausbildung?

Herr Minister Reiche, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Schippel, Frau Große, Schule befindet sich deutschlandweit im Wandel. Lebenslanges Lernen, das gemeinsame Lernen von Schülerinnen und Schülern mit den Lehrerinnen und Lehrern, aber auch die Organisation von Selbstbildungsprozessen der Schülerinnen und Schüler sowie eine Stärkung des frühkindlichen Lernens - wir sehen das bei der TIMS-, aber auch bei der PISA-Studie - führen dazu, dass wir die Qualität von Schule erhöhen müssen. Wer Schule reformieren will, der muss dabei auch die Lehrer mitnehmen. Deshalb brauchen wir eine Reform der Lehrerbildung.

Ganze Bibliotheken sind zu diesem Thema schon gefüllt worden. Mit dem Potsdamer Modell der Lehrerbildung haben wir in der Tat etwas, was sich deutschlandweit durchaus sehen lassen kann, was aber auch der Reform bedarf.

Ich habe deshalb vor wenigen Tagen an alle Studenten im Lehramt an der Universität Potsdam mit der Bitte geschrieben, sich schon während ihrer Ausbildung eine Partnerschule zu suchen, an der sie regelmäßig hospitieren, an der sie regelmäßig Erfahrungen sammeln, von der aus sie dann ihr Studium steuern, damit sie sich nicht für eine unbekannte Zukunft ausbilden lassen, sondern ihr Studium an der täglichen Erfahrung der Praxis von Schule orientieren. Wir müssen auch das Referendariat verbessern. Das heißt, Praxisphasen in den Schulverwaltungsämtern bzw. bis hin zum Ministerium, um auch die andere Seite von Schulentwicklung, nämlich die Schulpolitik, zu erleben und zu verstehen, sind dringend notwendig.

Es gibt schon jetzt einen bundesweiten Lehrermangel, insbesondere in den berufsbildenden Fächern. Wenn man sich die Zahl der Schülerinnen und der Schüler ansieht, die sich heute für ein Lehrerstudium entscheiden,