Protocol of the Session on November 21, 2001

Mein Gruß gilt gleichermaßen den Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten wie den Regierungsmitgliedern, aber auch der Presse. Ein herzliches Willkommen auch unseren Gästen aus dem Lindenhof-Gymnasium, die heute bei uns sind!

(Allgemeiner Beifall)

Vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich einige Bemerkungen machen.

Die Ergänzungsvorlage zum Entwurf des Haushaltsgesetzes und des Haushaltsplanes 2002/2003, Drucksache 3/3488, ist durch den Einreicher nach Bekanntwerden der Steuermindereinnahmen zurückgezogen worden.

Mit der Einladung ist Ihnen ein Entwurf der Tagesordnung zugegangen. Er muss jedoch modifiziert werden.

Ich teile Ihnen mit, dass Tagesordnungspunkt 10 entfällt, da der Antrag „Bundesratsinitiative zur steuerlichen Entlastung von Alleinerziehenden”, Drucksache 3/3520, durch den Antragsteller zurückgezogen wurde.

Die Fraktionen, vertreten durch die Parlamentarischen Geschäftsführer, schlagen vor, den Antrag „Rahmenbedingungen für Mittelstand und Handwerk im Land Brandenburg”, Drucksache 3/3522, unter Tagesordnungspunkt 7 mit Redezeiten von jeweils fünf Minuten je Fraktion zu beraten.

Gibt es von Ihrer Seite über diese Änderungen hinaus weitere Anmerkungen zur Tagesordnung? - Wenn das nicht der Fall ist, dann bitte ich um Ihr zustimmendes Handzeichen, damit wir nach der so geänderten Tagesordnung verfahren können. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann verfahren wir so.

Mir liegt wieder eine ganze Reihe von Abwesenheitserklärungen vor, die vorhin noch durch mündliche Mitteilungen über Erkrankungen erweitert wurde. Ich erspare es mir, die Abwesenheitserklärungen im Einzelnen vorzutragen, weil meine Auflistung möglicherweise nicht aktuell ist.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 1:

Fragestunde

Drucksache 3/3513 einschließlich Korrekturblatt

Frau Abgeordnete Siebke hat mich wissen lassen, dass sie die Frage 921 (Schule und Wirtschaft) durch Herrn Abgeordneten Schippel stellen lassen möchte. Bitte sehr, Herr Schippel.

Die rasanten Veränderungen in der Wirtschaft und der Arbeits

welt erfordern zusätzliche Anstrengungen, um die Voraussetzungen für die ökonomische Bildung unserer Schülerinnen und Schüler spürbar zu verbessern. Insbesondere geht es dabei um die Zusammenarbeit zwischen Schule und Wirtschaft, die weiterzuentwickeln ist, und um neue Rahmenlehrpläne. Nun ist es offenbar gelungen, die Vereinbarung „Netzwerk Zukunft Schule und Wirtschaft für Brandenburg” zu unterzeichnen.

Ich frage die Landesregierung: Welche konkreten Aufgaben hat das „Netzwerk Zukunft - Schule und Wirtschaft für Brandenburg”?

Herr Minister Reiche, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Schippel, Schule und Wirtschaft sind aufeinander angewiesen. Beide tragen ganz wesentlich zur Zukunftsfähigkeit der Menschen in unserem Land, aber auch zur Zukunftsfähigkeit des Landes bei. Sie müssen auf engste Weise miteinander kooperieren. Deshalb habe ich mich von Amtsbeginn an darum bemüht, dass Schule und Wirtschaft in Brandenburg enger und besser aufeinander abgestimmt zusammenarbeiten.

Ich habe mich darüber gefreut, dass die Abgeordneten in ihren Wahlkreisen solche Begegnungsveranstaltungen intensiv durchgeführt haben, um Schule und Wirtschaft auch vor Ort in einen engeren Kontakt zu bringen.

Wir können es als einen Erfolg dieser gemeinsamen Bemühungen ansehen, dass vor wenigen Tagen die Vereinbarung „Netzwerk Zukunft - Schule und Wirtschaft für Brandenburg” unterzeichnet werden konnte. Zu denjenigen, die an der Erarbeitung der Vereinbarung mitgewirkt und diese nunmehr auch unterzeichnet haben, gehören die drei Industrie- und Handelskammern, die drei Handwerkskammern, die Sozialpartner, also der DGB und als Vertreter der Unternehmen die Vereinigung der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg e. V., die Hochschulrektorenkonferenz sowie das Landesarbeitsamt.

Ihr Ziel und ihre gemeinsame Aufgabe ist es, dass gute Beispiele für eine Zusammenarbeit von Unternehmen und Schulen vor Ort, die es in Brandenburg zuhauf gibt, öffentlich bekannt gemacht werden, damit andere sich daran orientieren können.

In Fortführung des Faches Arbeitslehre aus den Jahrgangsstufen 7 und 8 entwickeln wir für die Jahrgangsstufen 9 und 10 ein neues Fach, das „Wirtschaft, Arbeit und Technik” heißen soll.

Die Schülerbetriebspraktika werden wir erheblich verbessern. Dies läuft bereits gut, soll aber ausgebaut werden.

Wir wollen dazu beitragen, dass sich die Schülerinnen und Schüler nach ihrer Berufsausbildung auch ein Leben als Selbstständige vorstellen können. Die Bereitschaft dazu hat sich im Vergleich zu unserer Generation verzehnfacht. Waren es früher nur 3 %, die sich gewünscht haben, in der Wirtschaft selbst

ständig tätig zu werden, so sind es heute 30 bis 40 % der jungen Generation, die das wollen.

Wir wollen Lernorte zusätzlich zur Schule erschließen.

Mit einer Vielzahl von Wettbewerben haben wir dazu beigetragen, dass die Schulen in den verschiedensten Bereichen miteinander in Konkurrenz treten, um zu zeigen, was sie erreicht haben bzw. wie sie Wirtschaftsabläufe schon im täglichen Leben an ihren Schulen praktizieren. Dies geschieht durch Schüleraktiengemeinschaften und Schülerbetriebe, die zum Beispiel die gesamte Pausenversorgung, aber auch das Veranstaltungsmanagement an den Schulen übernehmen.

Es ist gelungen, mit diesem Netzwerk eine Basis zu schaffen. Die Geschäftsstelle hier in Potsdam stößt die regionale Arbeit an und begleitet sie auch. Insofern tragen wir dazu bei, dass sich die gute Zusammenarbeit von Schule und Wirtschaft in der Zukunft stetig weiterentwickelt.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und CDU)

Ich bedanke mich. - Wir sind bei der Frage 939 (Terrorismus- bekämpfung). Diese Frage wird heute anstelle von Frage 922 gestellt, weil Minister Schelter morgen nicht zur Verfügung steht. Deshalb hat Frau Richstein Gelegenheit, diese Frage jetzt anstelle der Frage 922 zu formulieren.

Aus aktuellem Anlass fand am 9. November 2001 in Berlin eine Sonderkonferenz der Justizminister und -senatoren der Länder statt, die sich ausschließlich mit dem Themenkomplex „Terrorismusbekämpfung in Deutschland” befasste.

Ich frage die Landesregierung: Welche konkreten, insbesondere für Brandenburg relevanten Ergebnisse wurden auf dieser Konferenz erzielt?

Herr Minister Schelter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Richstein, nach den Anschlägen vom 11. September dieses Jahres müssen wir eine globale Bedrohung durch den Terrorismus bestehen. Im Kampf gegen diesen Terrorismus müssen alle Möglichkeiten einer verbesserten europäischen und internationalen Zusammenarbeit ausgeschöpft werden. Auf der europäischen Ebene wie bundesweit hat sich durch die Vielzahl der Vorschläge zu geeigneten Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung ein erheblicher Handlungsbedarf ergeben.

Die Justizministerinnen und Justizminister haben deshalb auf meine Anregung hin auf einer Sonderkonferenz am 9. November 2001 vor allem Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus sowie die damit zusammenhängenden Probleme intensiv erörtert. Dazu gehören der Aktionsplan zur Terrorismusbekämp

fung der belgischen Ratspräsidentschaft vom 17. Oktober dieses Jahres, die Vorschläge der Rahmenbeschlüsse des Rates zur Terrorismusbekämpfung, Probleme im Zusammenhang mit dem europäischen Haftbefehl und der Stand des Gesetzgebungsverfahrens zum Terrorismusbekämpfungsgesetz.

Wir haben das im Zusammenhang mit den Milzbrand-Fällen in den USA auftretende Phänomen der Trittbrettfahrer in Deutschland intensiv diskutiert und waren uns darüber einig, dass solche Taten rasch und konsequent verfolgt werden müssen.

Zum Problembereich einer Kronzeugenregelung im Strafrecht hat die Konferenz die Bundesjustizministerin aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass eine praktikable Ersatzregelung für die Ende 1999 außer Kraft getretene Bestimmung geschaffen wird.

Die Ministerkonferenz hat sich dafür ausgesprochen, dass § 12 Fernmeldeanlagengesetz, der die Abfrage von Verbindungsdaten eines Fernmeldeteilnehmers bei den jeweiligen Telekommunikationsunternehmen ermöglicht, Ende des Jahres nicht ersatzlos gestrichen wird. Diese Forderung ist mit dem Appell an den Bundestag verbunden worden, eine Nachfolgeregelung zu schaffen, die die bestehenden Ermittlungsmöglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden nicht einschränkt. Ferner soll die Möglichkeit der Erkennung des Standorts von Mobiltelefonen verbessert sowie die Verpflichtung von Unternehmen zur Aufzeichnung von Verbindungs- und Standortdaten geschaffen werden.

Die heute beginnende Herbstkonferenz der Justizministerinnen und Justizminister wird sich erneut mit den Themen befassen, die zum Bereich der Terrorismusbekämpfung gehören. In diesem Zusammenhang werde ich, Frau Abgeordnete Richstein, unser Vorhaben erläutern, in Eberswalde eine kleine Einheit der Staatsanwaltschaft einzurichten, die sich vor allem mit der Nahtstelle zwischen Terrorismusbekämpfung und der Bekämpfung des organisierten Verbrechens, nämlich der Geldwäsche, befassen soll. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke auch. - Das Wort geht an die Abgeordnete Frau Dr. Schröder, die Gelegenheit hat, die Frage 923 (Jugendar- beitslosigkeit) zu stellen.

Zurzeit sind 26 400 junge Menschen unter 25 Jahren arbeitslos gemeldet. Mit 12 % Anteil an allen registrierten Erwerbslosen nimmt Brandenburg im ostdeutschen Ländervergleich den letzten Platz ein. Vor diesem Hintergrund stimmt die Entwicklung in der Zunahme der Jugendarbeitslosigkeit im Land Brandenburg mehr als bedenklich. Im Oktober 2001 stieg die Zahl der unter 25-jährigen Arbeitslosen gegenüber Oktober 2000 um 16,1 %. In Thüringen stieg sie dagegen im gleichen Zeitraum nur um 1,0 %, in Sachsen um 0,1 %. Es gibt sogar Rückgänge zu verzeichnen, zum Beispiel in Sachsen-Anhalt um 9,4 % und in Mecklenburg-Vorpommern um 11,8 %. Brandenburg hebt sich somit im ostdeutschen Ländervergleich deutlich negativ ab.

Ich frage die Landesregierung: Wie wird diese abweichende

Entwicklung von ihr bewertet? Sieht sie hier aktuellen Handlungsbedarf?

Frau Abgeordnete, ich möchte Sie bitten, darauf zu achten, die Fragen monostrukturiert zu stellen. Ich meine, das waren zwei deutlich voneinander unterscheidbare Fragen. - Herr Minister Ziel, Sie haben das Wort.

(Frau Osten [PDS]: Wir haben Sie nicht verstanden, Herr Präsident!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Dr. Schröder, natürlich sehen wir Handlungsbedarf, diesen Trend in den Griff zu bekommen. Wir sehen mit Sorge, dass die Zahl jugendlicher Arbeitsloser gestiegen ist. Allerdings will ich das nicht allein an der Statistik festmachen. Doch wenn wir schon bei Zahlen sind, dann muss ich auch erwähnen, dass wir im Oktober 2001 mit einer Quote von 15,1 % bei arbeitslosen Jugendlichen bis 25 Jahre knapp hinter Sachsen-Anhalt liegen, das eine Quote von 15,2 % aufweist. In absoluten Zahlen ausgedrückt gibt es in beiden Ländern mehr als 26 000 jugendliche Arbeitslose. Sachsen liegt mit 42 000 jugendlichen Arbeitslosen bei knapp 14 %, Mecklenburg-Vorpommern mit annähernd 18 000 jugendlichen Arbeitslosen bei 13,4 % und Thüringen mit 21 000 jugendlichen Arbeitslosen bei 12,4 %. Insgesamt ist die Quote in den neuen Bundesländern mit 14,5 % - das sind 151 000 jugendliche Arbeitslose - immer noch mehr als doppelt so hoch wie in den alten Ländern mit 7 % und knapp 280 000 jugendlichen Arbeitslosen.

Jetzt müssten wir endlos hinterfragen, woran das liegt. Hat Brandenburg mehr Schulabgänger als andere Länder? In welchen Bereichen sind die Jugendlichen untergekommen? Sind sie zur richtigen Zeit in richtiger Weise für den richtigen Job qualifiziert? Fahren möglicherweise mehr Mecklenburger nach Lübeck und Hamburg zur Arbeit und mehr Sachsen-Anhaltiner in den Westen? Geben andere Länder mehr Geld dafür aus? Hat das nachhaltige Effekte?

(Frau Osten [PDS]: Geben Sie uns die Antworten! Wir stellen die Fragen!)

Ich bin nicht sicher, ob uns die Antworten großartig weiterbrächten; denn eine wesentliche Ursache für den negativen Trend kennen wir alle: Es ist die im ostdeutschen Vergleich unterdurchschnittliche Quote der Übernahme der Ausgebildeten in eine feste Anstellung.