Protocol of the Session on October 24, 2001

Zugleich streben Sie eine flachere Hierarchie an, wollen die Bürgererwartung „Mehr Grün auf die Straße” erfüllen und beabsichtigen die Bündelung der Bekämpfung von Schwerkriminalität in einem Landeskriminalamt. Hieran schließt sich unsererseits eine ganze Reihe von Fragen an, welche bis heute nicht befriedigend beantwortet wurden.

Die erste Frage, die sich uns als DVU-Fraktion stellt, ist die nach der zukünftigen Zahl der Polizeipräsidien. Ist es wirklich verantwortbar und zweckmäßig, die Zahl der Polizeipräsidien auf zwei zu reduzieren? Es verbleiben dann nur die Präsidien Potsdam und Frankfurt (Oder) und spätestens nach einem Zusammenschluss der Länder Berlin und Brandenburg entsteht hier eine Achse Potsdam - Berlin - Frankfurt (Oder). Brandenburg ist aber, wie Sie alle wissen, ein Flächenland und der gesamte Norden und der Süden unseres Landes stehen dann ohne Polizeipräsidium da. Zudem befinden sich die zur Schließung anstehenden Präsidien in Cottbus, Eberswalde und Oranienburg - das wissen Sie alle - im grenznahen Bereich. Gerade dort wird aber auch in Zukunft die Bekämpfung der grenzüberschreiten

den Organisierten Kriminalität nicht weniger werden. Herr Minister Schönbohm, wo und wann wurde dies alles im Zuge Ihres Reformvorhabens für uns nachvollziehbar durchdacht?

Unklar ist ebenfalls, welchen Einsatz für Beamtinnen und Beamte, die bislang in den Polizeipräsidien tätig waren, Ihr Reformwerk vorsieht. Diese können ja aufgrund ihrer Qualifikation nicht einfach in den Revieren oder als Polizei in Grün eingesetzt werden.

Schließlich wird man ein Mehr an objektiver Sicherheit jedenfalls nicht dadurch erreichen können, dass man im Bereich der Kriminalpolizei Stellen streicht. Insbesondere kommt man so dem organisierten Verbrechen nicht bei. Dieses ist gerade in den Bereichen der Drogen- und Schleuserkriminalität einschließlich des Menschenhandels für vielfältige Delikte der kleineren und mittleren Kriminalität ursächlich. Allein mit mehr Polizei in Grün, so wünschenswert diese Maßnahme auch ist, kann man die Kriminalität nicht an der Wurzel packen. So erreicht man allenfalls ein erhöhtes Maß an subjektiver Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger, nicht aber ein Mehr an objektiver Sicherheit.

Aus all diesen Gründen können wir als DVU-Fraktion Ihre Polizeireform so, wie sie jetzt besteht, nicht mittragen. Der Bereich der inneren Sicherheit ist zu wichtig, als dass man hier Experimente macht, die womöglich zulasten der Bürgerinnen und Bürger gehen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Claus. - Das Wort geht an die Fraktion der CDU, Herrn Abgeordneten Petke.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf ist die rechtliche Grundlage zur Umsetzung der Polizeireform im Land Brandenburg. Ich hätte schon erwartet, dass die PDS, nachdem sie mehrere Monate immer wieder behauptete, dass das Parlament bei dieser Polizeireform unbeteiligt bleibt, dass das Parlament nicht gehört wird, dass das Parlament nicht entscheiden kann, wenigstens einmal zum Ausdruck bringt, dass wir jetzt nach einer Aktuellen Stunde und nach näherer Befassung im Innenausschuss zur Polizeireform tatsächlich dieses notwendige Gesetz auf der Tagesordnung haben.

Bei aller Kritik, die hier von PDS und DVU zum Teil zu Unrecht geäußert wurde - an die Kollegen der DVU geht die Botschaft: Bei der Kriminalpolizei werden keine Stellen abgebaut; das finden Sie nicht im Gesetzentwurf; das finden Sie auch nicht in den anderen Schriftstücken zur Polizeireform -, möchte ich doch noch einmal in Stichpunkten zusammenfassen, worum es bei dieser Polizeireform zur Gestaltung der polizeilichen Arbeit in der Zukunft geht.

Wir werden eine effektivere Polizeiarbeit bekommen. Wir werden mehr Wirtschaftlichkeit in der Polizeiarbeit erreichen. Davon ist diese Reform gekennzeichnet.

Was ganz wichtig ist, auch für die Mitarbeiterbeteiligung, für

die Mitarbeitermotivation: Wir werden mehr Verantwortung auf der unteren Ebene haben, sprich: Wir werden weniger Hierarchien haben. Dagegen, dass Hierarchien gestrafft werden, kann guten Gewissens niemand Argumente vorbringen.

Wir werden natürlich auch mehr Grün auf der Straße haben Herr Bisky, damit nehmen wir eine Forderung von Ihnen in der Erwiderung auf die Regierungserklärung heute Morgen auf -, nicht zur Terrorismusbekämpfung, sondern zur Bekämpfung der Alltagskriminalität und insbesondere zur Stärkung des subjektiven Sicherheitsgefühls der Bevölkerung.

Wir werden eine moderne Fachhochschule haben. Wir haben bereits jetzt ein modernes LKA in einem Gebäude, das den Vergleich zu anderen Landeskriminalämtern in der Republik nicht zu scheuen braucht, sondern vorn steht, was sowohl seine bauliche Substanz als auch - daran arbeiten wir weiter - die Ausstattung betrifft.

Wir werden eine Kriminalpolizei haben, die - darüber sind sicherlich noch manche Diskussionen zu führen, aber nach meiner Überzeugung gilt das für das jetzt gewählte Modell - den zukünftigen Anforderungen der Kriminalitätsbekämpfung gerade im Bereich der schweren Kriminalität besser gerecht wird.

Nun ein Wort zu der angesprochenen Beteiligung der Mitarbeiter. Es ist richtig: In den Gewerkschaften, in den Interessenverbänden gibt es Kritik. Richtig ist auch, dass es Verunsicherung bei den Beschäftigten gibt. Aber man muss dem entgegenhalten: Bei aller Mitbestimmung, die notwendig ist, die nach dem Gesetz erforderlich ist, darf Mitbestimmung nicht mit Entscheidung verwechselt werden. Die Entscheidung für die Polizeireform liegt ganz klar beim Dienstherrn, bei der Landesregierung, und, was den vorliegenden Gesetzentwurf betrifft, bei uns, beim Landtag.

In der Erwiderung auf die Regierungserklärung, Herr Bisky, haben Sie heute Morgen angeführt, dass Sie nachdenken. Wir denken auch nach. Aber wir handeln auch, weil es notwendig ist. Bei aller Stärkung der inneren Sicherheit, bei aller Unterstützung, die die Polizei verdient hat, ist für uns eines klar: Auch der Polizeikörper, die Organisation der Polizei, muss auf Entwicklungen Rücksicht nehmen. Wenn eine Polizei ihre Aufbauphase abgeschlossen hat, wenn die Umwandlung von einer Polizei in einer Diktatur, von einer Polizei, die durch die Vorgaben der SED in der DDR geprägt war, zu einer Polizei in einem Rechtsstaat abgeschlossen ist - in dieser Phase befinden wir uns jetzt -, dann darf diese Polizei von den Anforderungen der modernen Verwaltung, auch von den Anforderungen der Wirtschaftlichkeit nicht ausgenommen bleiben. Im Gegensatz zu Ihnen stellen wir uns dieser Verantwortung - bei all den Schwierigkeiten, die es dabei gibt, bei aller notwendigen Überzeugungsarbeit, die wir leisten müssen.

(Einzelbeifall bei der PDS)

Ein Wort zur Sicherheitslage. Frau Kaiser-Nicht, für mich ist es nicht nachvollziehbar, wie Sie sagen können, wir legten ein Programm zur Stärkung der inneren Sicherheit unabhängig von der Sicherheitslage auf. Ich weiß nicht, was Sie meinen. Ich weiß nicht, wie Sie, nachdem uns heute Morgen auch von Ihrem Fraktionsvorsitzenden die geänderte Weltlage geschildert wurde, uns und offensichtlich auch der Landesregierung den Vor

wurf machen können, wir nutzten diese Situation nur aus, um unabhängig von der Sicherheitslage zu einer Stärkung der inneren Sicherheit zu kommen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Ich weiß auch nicht, was Sie meinen, wenn Sie die Ausstattung bemängeln, während Ihr Fraktionsvorsitzender vor wenigen Stunden gesagt hat, einigem könne man zustimmen - dabei ging es um die Ausstattung der Polizei -, bei anderem gebe es noch Bedenken.

(Zurufe von der PDS)

Ich empfehle: Denken Sie erst einmal in Ihrer Fraktion nach und kommen Sie zu einer einheitlichen Meinung! Dann wird vielleicht irgendwann das Konzept der PDS-Fraktion zur inneren Sicherheit, welches Ihr Parteivorsitzender angekündigt hat, der geneigten Öffentlichkeit und auch uns präsentiert und dann können wir darüber diskutieren. - Ich danke für die Aufmerksamkeit und bitte um Zustimmung.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Fritsch [SPD] - Zurufe von der PDS)

Ich danke dem Abgeordneten Petke. - Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt.

Wir kommen zur Abstimmung. Das Präsidium empfiehlt Ihnen, die Drucksache 3/3363 an den Ausschuss für Inneres zu überweisen. Wer diesem Überweisungsantrag folgt, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Damit ist einstimmig so beschlossen.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 8 und rufe den Tagesordnungspunkt 9 auf:

Gesetz zur Neuordnung des Landesdisziplinarrechts (LDiszNOG)

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 3/3364

1. Lesung

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Punkt mit dem Beitrag der Landesregierung und erteile Herrn Minister Schönbohm das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie Sie sehen, waren wir in den letzten Monaten doch sehr fleißig und legen Ihnen heute in Form verschiedener Gesetzesvorhaben die Früchte dieses Fleißes vor.

Das Disziplinarrecht gehört integral zum Beamtenrecht; denn mit dem Disziplinarrecht will man gegen möglicherweise vor

handene schwarze Schafe vorgehen. Sie wissen vermutlich, dass wir in Brandenburg in den vergangenen zehn Jahren für die Durchführung von Disziplinarverfahren gegen Beamte die Bundesdisziplinarordnung und ergänzend die Niedersächsische Disziplinarordnung angewendet haben. Wir - damit meine ich alle Dienststellen des Landes und auch die kommunale Ebene haben dabei die Erfahrung gemacht, dass das geltende Disziplinarrecht umständlich ist und zu recht langwierigen Verfahren führt. Die Landesregierung hat sich deshalb für die anstehende Novellierung des Landesdisziplinarrechts zum Ziel gesetzt, Disziplinarverfahren künftig beschleunigt und effizienter durchführen zu können. Durch ein eigenes Landesdisziplinargesetz kann auch den Besonderheiten der brandenburgischen Landesverwaltung und der kommunalen Struktur entsprochen werden.

Der vorliegende Gesetzentwurf entspricht nicht nur weitgehend den bereits beschlossenen Disziplinargesetzen des Bundes und zum Beispiel des Landes Rheinland-Pfalz, sondern auch dem, was in den übrigen Bundesländern geplant ist. Auf diese Weise gewährleisten wir eine wesentliche Rechtsangleichung für die Verfolgung von Dienstvergehen der Beamten, was nur konsequent ist, da auch die Rechte und Pflichten der Beamten in Bund und Ländern praktisch identisch geregelt sind.

Lassen Sie mich drei Eckpunkte nennen:

Erstens: Es wird künftig keine Doppelarbeit durch ein nicht förmliches Ermittlungsverfahren und ein förmliches Untersuchungsverfahren mehr geben. Vielmehr sieht der Gesetzentwurf nur noch ein einheitliches Ermittlungsverfahren vor.

Zweitens: Zur Entlastung der Gerichte und auch zur Beschleunigung der Disziplinarverfahren beinhaltet der Entwurf weiter, dass die Dienstvorgesetzten mehr Disziplinarbefugnisse als bisher haben. So können sie künftig zum Beispiel Dienstbezüge und das Ruhegehalt kürzen, was bisher nur den Gerichten vorbehalten war.

Drittens schließlich wollen wir im Land Brandenburg keine eigene Disziplinargerichtsbarkeit, sondern sehen eine Zuständigkeit der Verwaltungsgerichtsbarkeit vor, die sich in den vergangenen Jahren durchaus bewährt hat.

Meine Damen und Herren, ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und bitte Sie, dem Gesetzentwurf so zuzustimmen, dass er im nächsten Jahr in Kraft treten kann. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke Herrn Minister Schönbohm. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der PDS, Herrn Abgeordneten Sarrach.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eine Neuordnung des Landesdisziplinarrechts steht nach neun Jahren Landesbeamtengesetz und damit neun Jahren umständlicher Technik der Verweisung auf die Disziplinarordnung des Bundes und die Niedersächsische Disziplinarordnung endlich zur Behandlung an. In der 1. Lesung möchte ich nicht auf die Frage eingehen, ob das Disziplinarrecht verfahrensrechtlich an das

Strafprozess- oder das Verwaltungsprozessrecht gebunden sein soll. Wir werden im Innenausschuss hierzu beraten. Vielmehr möchte ich Rechtsanwendungsschwierigkeiten, insbesondere im kommunalen Bereich, ansprechen, die bei Gelegenheit und im Rahmen des vorliegenden Gesetzgebungsverfahrens einer Lösung zugeführt werden sollten.

Es geht um eindeutige Zuständigkeitsregelungen bei der Verfolgung von Pflichtverletzungen durch kommunale Hauptverwaltungsbeamte wie hauptamtliche Bürgermeister, Amtsdirektoren und Landräte. Hierbei haben wir es mit einem Spannungsverhältnis zu tun in der Frage, was der ehrenamtlich besetzten Vertretung bei einer Auseinandersetzung mit ihrem Bürgermeister oder Amtsdirektor im Falle beamtenrechtlicher Pflichtverletzungen zugemutet werden kann.

Stellen Sie sich bitte eine amtsangehörige Gemeinde in Brandenburg vor, die ein Wohngebiet erschließen will! Der ehrenamtliche, mittlerweile abgewählte Bürgermeister war gleichzeitig Bauunternehmer und Gesellschafter der erschließenden Bauträger GmbH. Zur Finanzierung der Erschließung wurde bei einer Bank ein für die GmbH frei verfügbares Kreditkonto eingerichtet und von der Firma alsbald leer geräumt. Zur Sicherung der Ansprüche der Bank gegen diese Bauträger GmbH schloss der Amtsdirektor einen Kreditsicherungsvertrag ab. Die bestehenden Ansprüche der Gemeinde auf beizutreibende Erschließungsbeiträge der Grundstückseigentümer wurden dabei vom Amtsdirektor an die Bank abgetreten. Ein Beschluss der Gemeindevertretung über den Kreditsicherungsvertrag lag nicht vor. Der Kreditsicherungsvertrag war darüber hinaus mangels Genehmigung durch die Kommunalaufsicht nichtig. Der Amtsdirektor hatte ihn nämlich nicht der Kommunalaufsicht vorgelegt. Die Gemeinde musste das abgeräumte Konto gegenüber der Bank mit Haushaltsmitteln ausgleichen. In Höhe eines fünfstelligen Betrages hatte die Bauträger GmbH dabei keine Erschließungsleistungen erbracht und dennoch kassieren können.

Jahre später wird dieser Schaden der Gemeinde durch einen überörtlichen Prüfbericht des Rechnungsprüfungsamtes aufgedeckt. Das Rechnungsprüfungsamt empfiehlt der Gemeinde, Rückforderungen bzw. Schadensersatzforderungen prüfen zu lassen. Natürlich war zu diesem Zeitpunkt bei der GmbH nichts mehr zu holen.

Nun hat der Amtsdirektor offensichtlich ihm obliegende Pflichten schuldhaft verletzt. Deren disziplinarische Verfolgung, insbesondere die Zuständigkeitsfragen, sind mit dem vorliegenden Gesetzentwurf übersichtlicher und klarer ausgestaltet worden.