Meine Damen und Herren, die Argumente gegen die Einrichtung einer Kommission für ausländerrechtliche Härtefälle sind heute die gleichen wie vor zwei Jahren. Herr Rademacher hat sehr ausführlich geschildert, welche Zwischenstationen hier in Brandenburg gewählt werden können, um ausländerrechtliche Fragen zu debattieren.
Machen wir uns doch nichts vor: Der Grund für die langen Aufenthaltszeiten, die zwangsläufig auch eine soziale Integration mit sich bringen, liegt unter anderem darin, dass Asylbewerber die ihnen zu Recht zugestandene Rechtsweggarantie ausschöpfen, ohne dass ihnen in diesem ganzen Verfahren aber jemals die Hoffnung gemacht wird, dann auch bleiben zu dürfen.
Meine Damen und Herren, wir müssen uns wirklich fragen: Was wollen wir eigentlich? Wollen wir eine Beschneidung dieser staatlich gewährten Rechtsschutzgarantie und eine Einrichtung beispielsweise von Schnellgerichten? Oder wollen wir den Erhalt und die Gewährung des Rechtsweges? Das müsste dann aber in dem Bewusstsein erfolgen, dass Gerichtsurteile im Anschluss vollzogen werden.
Meine Damen und Herren, die heutige Debatte ist wirklich nicht geeignet, die Haltung von Abgeordneten, Fraktionen oder der Landesregierung gegenüber Ausländern und Asylbewerbern zu bewerten.
- Nein. - Die Tatsache, dass in Brandenburg 3 300 Bürger aus Staaten leben, die nach den Terrorangriffen in New York und Washington als problembehaftet gelten, stellt unser Land vor ein großes Problem.
- Hören Sie mir bitte erst einmal zu! - Dies darf aber nicht zu Vorbehalten gegenüber diesen Personengruppen führen. Im Gegenzug sind wir aber auch nicht verpflichtet zu beweisen, dass wir jetzt besonders tolerant sind. In der aktuellen Diskussion darf es nicht darum gehen, ob wir ausländerfreundlich oder ausländerfeindlich sind. Nein, es geht um die Frage, ob wir bestehenden Gesetzeslagen Rechnung tragen oder nicht. Es geht darum, ob wir rechtmäßiges oder rechtswidriges Verhalten tolerieren.
Es ist schon verwunderlich, wenn ein Landrat sich gegen die Entscheidung seiner eigenen Ausländerbehörde stellt und nach Konsultation seines privaten Rechtsanwalts und seines Seelsorgers von einem übergesetzlichen Notstand spricht. Das ist ein Begriff des Strafrechts und nicht des Verwaltungsrechts.
Meine Damen und Herren! Der Landtag Brandenburg hat sich bereits im Dezember 1999 gegen die Einrichtung einer Kommission für ausländerrechtliche Härtefälle ausgesprochen. Herr Ministerpräsident Stolpe hat diese Entscheidung heute in einem Interview noch einmal bekräftigt. Die Bedingungen haben sich unseres Erachtens nicht geändert, sodass die CDU-Fraktion auch heute diesen Antrag ablehnen wird. - Vielen Dank.
Haben Sie noch Zeit für die Beantwortung einer Frage, die noch vor Ende Ihrer Rede angekündigt worden ist?
Frau Kollegin, ist Ihnen bekannt, dass man beim Innenministerium dennoch eine „Pseudo-Härtefallkommission” gebildet hat? Das passt doch gar nicht zu dem, was Sie vorgetragen haben.
Es gibt ein Gremium im Innenministerium, das aber keine Pseudo-Härtefallkommission ist, sondern ein Ausfluss dessen, was im Dezember letzten Jahres im Zusammenhang mit Altfallregelungen vereinbart wurde. Seien Sie doch froh, dass es ein solches Gremium gibt! Kritisieren Sie es doch nicht!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer jemals an Entscheidungen darüber beteiligt war, ob, wann und wie Ausländer ausgewiesen und abgeschoben werden sollen, der weiß, dass damit ganz unbestreitbar Härten verbunden sein können, die nicht nur die Betroffenen, sondern auch die Entscheider belasten, die häufig einen sehr schwierigen Dienst zu leisten haben. Dies gilt für Bürgerkriegsflüchtlinge, dies gilt für abgelehnte Asylbewerber, für illegale Einwanderer und Vertragsarbeitnehmer gleichermaßen.
Nun stellt sich die Frage, ob eine Härtefallkommission diese Spannungen mildern kann. Die Landesregierung ist nicht dieser Meinung. Wer eine Härtefallkommission fordert, muss sich
fragen lassen, worum es ihm geht: Geht es ihm aus noch so respektablen Gründen um eine Einzelfallentscheidung am geltenden Recht vorbei oder um richtige Entscheidungen nach Recht und Gesetz, nach Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens unter Würdigung aller, auch der humanitären Aspekte des Einzelfalls und Ausschöpfung aller Erkenntnisquellen?
Nach unserer verfassungsmäßigen Ordnung kann es nur um richtige und rechtmäßige Entscheidungen gehen, aber dafür brauchen wir in Brandenburg keine Härtefallkommission. Das geltende materielle Recht und das Verwaltungsverfahrensrecht in unserem Land gewährleisten, dass in allen, auch in schwierigen Fällen rechtmäßige und auch unter humanitären Gesichtspunkten unbedenkliche Entscheidungen getroffen werden können.
Mit dem erneuten Antrag der PDS-Fraktion, eine Härtefallkommission einzurichten, wird unterstellt, dass die Behörden und Gerichte dieses Landes nicht in der Lage sind, den individuellen rechtlichen Interessen von Ausländern hinreichend gerecht zu werden. Dies ist falsch, meine Damen und Herren.
Die Errichtung von so genannten Härtefallkommissionen ist mit dem Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung kaum vereinbar. In anderen Gebieten des öffentlichen Rechts gibt es keine vergleichbaren Gremien. Die Behörden sind nach der Verfassung an Gesetz und Recht gebunden. Allein sie sind dazu berufen, Entscheidungen zu treffen und von gesetzlich eingeräumten Ermessensspielräumen auch pflichtgemäßen Gebrauch zu machen. Die Behörden dürfen ihre gesetzlichen Pflichten auch, wenn sie besonders schwer sind - auch nicht teilweise an außerhalb der Verwaltung stehende Gremien delegieren. Sie dürfen sich ihrer Verantwortung schlicht und einfach nicht entziehen. Darauf aber liefe es hinaus, wenn durch eine spezielle Härtefallkommission Empfehlungen gegeben würden, die jedenfalls faktisch erhebliche Bindungswirkungen entfalten und Erwartungen wecken würden.
Entscheider in ausländerrechtlichen Fragen müssen bei der Ausübung ihres Ermessens alle verfügbaren Erkenntnisquellen ausschöpfen. Diese Erkenntnisquellen sind von Fall zu Fall sehr unterschiedlich. Deswegen wäre eine Kommission mit fester personeller Besetzung nicht dazu geeignet, den Blickwinkel zu erweitern, sondern könnte ihn in bedenklicher Weise verengen. Rechtswidrige fehlerhafte Entscheidungen können die Folge sein.
In der Begründung des Antrags der PDS-Fraktion wird auf die komplizierte Gesetzgebung im Ausländer- und Asylrecht hingewiesen. Daraus folgt aber gerade nicht die Notwendigkeit eines Beratungsgremiums außerhalb der zuständigen Verwaltung. Im Gegenteil! Die Auslegung und Anwendung gerade solch schwieriger Rechtsvorschriften muss den fachlich zuständigen Behörden vorbehalten bleiben.
Ich komme zum Schluss. Nach allen Erfahrungen werden die bestehenden Ermessensspielräume, die das geltende Ausländerund Asylrecht den Ausländerbehörden einräumt, von den Behörden weitestgehend zugunsten des betroffenen Ausländers ausgelegt. Gerade dort, wo das Gesetz den Ausländerbehörden Ermessensentscheidungen ermöglicht, muss und wird allen Besonderheiten des Einzelfalls unter ausdrücklicher Berücksichtigung humanitärer Belange Rechnung getragen. Anderenfalls
Ich darf daran erinnern, dass die Koalitionsfraktionen im Zuge der Debatte über die von der Innenministerkonferenz beschlossene Altfallregelung noch vor Ablauf der Antragsfrist am 29. November des vergangenen Jahres eine erhebliche Erleichterung für den Nachweis der Integration der betroffenen Ausländer beschlossen haben.
Dieses Verfahren, das auch mit dem Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg abgestimmt ist, gewährleistet, dass alle Ermessensspielräume ausgenutzt werden. Davon kann sich auch in Zukunft die evangelische Kirche, die in Einzelfällen die Innenminister berät, überzeugen.
Die Landesregierung sieht also keinerlei Notwendigkeit und auch keine Möglichkeit, eine Härtefallkommission einzurichten. Persönliche Einzelschicksale der sich im Land Brandenburg aufhaltenden Ausländer konnten in der Vergangenheit und werden auch zukünftig in einer Weise gelöst werden, die den besonderen Umständen des Einzelfalles gerecht wird und, meine Damen und Herren, dem demokratischen und sozialen Rechtsstaat in Deutschland und in Brandenburg alle Ehre machen wird. - Vielen Dank.
Herr Minister, habe ich erstens Ihre Ausführungen in der Quintessenz richtig verstanden, dass Sie in der Schaffung solcher Gremien, die sich mit individuellen, also Einzelschicksalen befassen, die vom Geltungsbereich des geltenden deutschen Rechts im Zweifel nicht erfasst sein können - was immer die Gefahr von Rechtsnormen ist -, eine Gefahr für die Anwendung des geltenden Rechts in Deutschland sehen?
Zweitens: Wenn das so ist, wie bewerten Sie dann die Tatsache, dass Ihr ehemaliger Kollege Herr Werthebach als Berliner Innensenator in einer von der CDU geführten SPD/CDU-Regierung in Berlin genau eine solche Kommission, wie wir sie beantragen, eingerichtet hat?
Die Prämisse Ihrer Frage, Herr Abgeordneter Ludwig, ist falsch. Das geltende Ausländerrecht bietet die Möglichkeit, in allen Einzelfällen, auch in humanitär sehr schwierig gelagerten Einzelfällen, zu einer Entscheidung zu kommen, die sich am demokratischen und sozialen Rechtsstaat messen lässt und den einzelnen Umständen gerecht wird. - Vielen Dank.
Die PDS-Fraktion beantragt die Überweisung der Drucksache 3/3274 an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen, der federführend sein soll, sowie an den Innenausschuss. Wer diesem Überweisungsantrag folgt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Überweisung mehrheitlich abgelehnt.
Wir kommen zur Abstimmung in der Sache. Dazu hat die PDSFraktion namentliche Abstimmung beantragt. Deshalb bitte ich die Schriftführer, ihre Namenslisten vorzubereiten. Die Abgeordneten bitte ich um Ruhe und im Falle ihres Namensaufrufes um ein klares Votum.
Ich gebe das Ergebnis bekannt: Für den Antrag stimmten 23, dagegen 53 Abgeordnete. Drei Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt.
Im Zusammenhang mit der Abstimmung baten zwei Abgeordnete um die Möglichkeit einer persönlichen Erklärung zu ihrem Abstimmungsverhalten. Herr Dr. Woidke, bitte sehr.