Protocol of the Session on September 19, 2001

Der Nachtragshaushalt deckt vorsorglich beide Alternativen ab. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass die Absicherung durch das Land an formalen Kriterien scheitern könnte.

Es ergeben sich für 2001 keine zusätzlichen Ausgaben. Sofern die Entscheidung für eine Verlustdeckungszusage, für eine Verpflichtungsermächtigung getroffen werden muss, sind für das Haushaltsjahr 2002 74 Millionen DM einzuplanen. Die entsprechenden haushaltsmäßigen Auswirkungen im Einzel

plan 08 würden dann dem Landtag in einer Ergänzungsvorlage unterbreitet werden.

Zum Weiteren übergebe ich das Wort an Wirtschaftsminister Dr. Fürniß. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Ihnen, Frau Finanzministerin. - Dem Wirtschaftsminister erteile ich das Wort, und zwar jetzt. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Ziegler hat in aller Deutlichkeit gesagt, wie wichtig dieses Projekt ist. Ich muss es nicht wiederholen, möchte zu Beginn nur eine Anmerkung machen. Ich glaube, dass es in der Situation, in der wir uns befinden, nicht unwichtig ist, noch einmal zu sagen, dass ein brandenburgisch-amerikanisches Projekt mit arabischer Beteiligung in solchen Tagen auch ein Signal der Hoffnung sein kann. Ich meine, dass es weit über Brandenburg hinaus wichtig ist zu sagen, dass alle an diesem Projekt beteiligten Partner - ich habe nach den Terroranschlägen in New York und Washington noch einmal ausführlich mit allen telefoniert versichert haben, dass sie, egal auf welcher Seite, zu diesem Projekt stehen. Das betrifft auch diejenigen, mit denen wir im Moment in Verhandlungen stehen, die letter of intend unterschrieben haben, wobei natürlich klar ist, dass sich die Verhandlungen in dieser Situation zum Teil um zwei, drei oder vier Wochen verzögern können, weil die Unternehmen nach den Ereignissen in Amerika die Dinge zunächst einmal intern ordnen müssen. Ich gehe davon aus, dass das keine Verzögerung für den Zeitplan der Gesamtfinanzierung bedeutet, ungeachtet dessen, dass es bei dem einen oder anderen Unternehmen schon aus logistischen Gründen Schwierigkeiten geben wird, den Zeitplan einzuhalten.

Die Umstände - dies soll meine zweite Anmerkung sein - sind durch die Ereignisse der jüngsten Tage nicht günstiger geworden, zumal die weltwirtschaftliche Situation ohnehin nicht rosig war. Aber ich glaube, dass in solchen Zeiten auch die Kräfte wachsen, mit solchen Herausforderungen fertig zu werden. Von den Partnern insbesondere in den USA, aber auch von den Gesprächspartnern in Asien haben wir gehört: Wir dürfen jetzt erst recht nicht aufgeben, weil wir sonst dem internationalen Terrorismus ein Zeichen setzten, dass er seine Ziele, nämlich die Weltwirtschaft zu schwächen, erreichen kann. Auch deswegen darf es in diesem Bereich kein Einknicken geben.

(Vereinzelt Beifall bei CDU und SPD)

Meine dritte Anmerkung: Ich bin Ihnen sehr dankbar und bitte Sie herzlich darum, diesen Weg mitzugehen, weil dies nicht nur ein Signal nach innen, an die Menschen in Ostbrandenburg und im ganzen Land, sondern auch ein Signal nach außen, an unsere Partner ist, dass wir an unserem Kurs festhalten und zu dem stehen, was wir gesagt haben.

Aus meiner Sicht und aus der Kenntnis, die ich heute habe, reicht es aus, zu sagen: Die Gewährleistung ist der richtige Weg. Aber ich finde es richtig, sich Flexibilität zu verschaffen,

weil die Ereignisse in den letzten Tagen zu Dingen führen können, die wir heute noch nicht überblicken können. Deswegen ist es richtig, die Flexibilität, die auch Frau Ziegler beschrieben hat, bis zu dem Zeitpunkt beizubehalten, an dem wir entscheiden müssen.

Nur noch einmal als Einschätzung des Wirtschaftsministers: Ich meine, dass im Moment eine Gewährleistung ausreichen würde, plädiere aber nachdrücklich dafür, uns den Weg offen zu halten, weil wir die nächsten Wochen und Monate nicht so überschauen können, wie es notwendig wäre.

Meine letzte Anmerkung: Dieses Projekt ist, was die Entwicklung der Märkte anbetrifft, ein Projekt, das sich jetzt in der Planung, in der Realisierung befindet. Wenn man die Zyklen im Bereich der Chipproduktion, insbesondere im Bereich der Foundries, weltweit anschaut, kann man davon ausgehen, dass die Fertigstellung dieser Fabrik genau zum richtigen Zeitpunkt in die Konjunkturentwicklung eingreift. Jedenfalls brauchen alle technologisch orientierten Unternehmen, die mit Chips arbeiten, neue Technologien und neue Produkte, um sich weiter entwickeln zu können. Also gibt es auch von daher keinen Grund, vom Kurs abzuweichen. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Herrn Minister Fürniß. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der PDS, an den Abgeordneten Christoffers.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von Anfang an gab es in diesem Parlament - und nicht nur hier - eine sehr intensive Diskussion über Chancen und Risiken dieses Projektes. Einerseits handelt es sich um ein Projekt, das nicht nur eine Insellösung darstellen sollte, sondern eine Vernetzung von Wissenschaft, Industrie und Regionalentwicklung nach sich ziehen kann, andererseits ist aber auch die Bewertung von Risiken erforderlich, die sich aus der Konkurrenzsituation, aus der Technologieentwicklung, aus der Zeitschiene, aus den Finanzierungskonzepten insbesondere ergeben.

Die Debatte darüber ist in den letzten Tagen und Wochen sehr intensiv geführt worden. Die PDS-Fraktion - und nicht nur sie hat sich eindeutig dazu bekannt, dass dieses Projekt Chancen beinhaltet. Was wir heute aber mit dem Doppelhaushalt zur Abstimmung vorgelegt bekommen haben, ist etwas, was zumindest Irritationen auslöst, Irritationen in zwei Richtungen.

Die erste: Selbstverständlich bewerten auch wir, dass vor dem Anschlag in New York die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Unternehmenskulturen, zwischen verschiedenen Regionen und der Chipfabrik eines der herausragenden, dominierenden Elemente des gesamten Projektes gewesen ist. Dass das nach dem Anschlag noch wichtiger wird, um auch ein Signal zu setzen, halten wir für selbstverständlich. Nur, der Nachtragshaushalt ist vor den Ereignissen in New York eingebracht worden. In ihm werden Varianten aufgezeigt, die eigentlich nicht notwendig sind, weil die Parlamentarier sehr wohl über die Spielräume der gesetzlichen Regelungen in Kenntnis gesetzt worden sind. Das heißt, mit den beiden Varianten, die mit dem

Nachtragshaushalt vorliegen, werden unterschiedliche Bewertungen von Risiken vorgenommen.

Meine Damen und Herren, wenn heute beschlossen wird, dass eine Verlustdeckungszusage zum Regelfall wird bzw. als eine der voraussichtlich eintretenden Varianten abzusehen ist, dann können wir morgen die Wirtschaftszeitungen aufschlagen und nachlesen, wie dann im Prinzip bewertet wird, wie das Land Brandenburg die Risiken dieses Projektes einschätzt. Insofern halte ich die Vorlage eines Nachtragshaushaltes mit zwei Varianten für einen Ausdruck von nicht von der Landesregierung hinreichend abgeschätzten Risiken eines Projektes und für die Delegierung von Verantwortung an die Parlamentarier.

(Beifall bei der PDS)

Ich glaube, das ist eine Verfahrensweise, die man nicht verfolgen sollte. Entweder stehen wir hinter dem Projekt - dann wissen Sie genau, dass alle finanztechnischen und haushaltsrechtlichen Möglichkeiten mit einer Garantieerklärung abzudecken sind - oder aber, wir sagen jetzt an dieser Stelle, dass die Wahrscheinlichkeit eines eintretenden Verlustes so hoch ist, dass wir zum Instrument der Verlustdeckungszusage greifen müssen, was dann heißt, dass die Risiken dieses Projektes - auch in Bewertung vor dem Anschlag in New York - so groß sind, dass wir es eigentlich mit einem ganz großen Fragezeichen zu versehen haben. Insofern gehe ich davon aus, dass hier und heute eine eindeutige Entscheidung gefällt werden muss, und ich wäre ausgesprochen dankbar, wenn sich auch nach den Diskussionen der letzten Wochen, wo eine unterschiedliche Bewertung innerhalb des politischen Raumes, auch innerhalb der Landesregierung, zu diesem Projekt immer wieder deutlich geworden ist, hier eine eindeutige Stellungnahme vollziehen würde, weil ich glaube: Nur auf diesem Wege kann man dem Anliegen, den Chancen wirklich gerecht werden.

Meine Damen und Herren, natürlich wissen wir alle, dass wir mit diesem Projekt vor eine einmalige Situation gestellt sind. Wir haben hier das erste Mal im Land Brandenburg die Situation, dass wir unter anderem Haushaltsrecht und Börsenrecht zusammenführen müssen, um ein Projekt durchzuführen. Das hat für viele Irritationen gesorgt. Die unterschiedlichen Rechtssysteme dann in diesem Ansiedlungsvorhaben zu integrieren hat auch zu der langen öffentlichen Debatte über Finanzierungsrisiken geführt, weil beide Rechtssysteme unterschiedliche Anforderungen an die Öffentlichkeit stellen. Das ist bekannt. Aber ich glaube, dass dieser Sachstand bis heute zumindest so weit abgeschlossen sein sollte, dass mit dem Nachtragshaushalt eine eindeutige Entscheidung über die Bewertung des Risikos erfolgen kann. Mit einer Garantieübernahme wären wir - dies noch einmal - in der Lage, das Risiko, wenn es aufgrund unvorhergesehener Umstände einträte, abzufangen. Daher braucht die zweite Variante nicht von vornherein in Ansatz gebracht zu werden.

Meine letzte Bemerkung: Es wird je nach Kenntnisstand, nach Information, nach Einschätzung des Risikos sicherlich sehr unterschiedliche Abstimmungsergebnisse geben. Dies halte ich für völlig legitim, hoffe jedoch, dass wir aus dem Gesamtvorhaben den Schluss ziehen, uns perspektivisch stärker und schneller darauf einzustellen, mit einer solchen Situation umzugehen, und hier dann tatsächlich ein Verfahren vereinbaren, das eine gemeinsame Information, eine gemeinsame Risikobewertung und

eine gemeinsame Chancenbewertung ermöglicht und künftig ich sage es einmal so - sehr lange öffentliche Diskussionen verhindert. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke dem Abgeordneten Christoffers und gebe das Wort an die Fraktion der SPD, Frau Abgeordnete Dettmann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat uns in 1. Lesung einen zweiten Nachtragshaushalt für das Jahr 2001 vorgelegt. Damit soll, wie eben mehrfach dargelegt, die Landesregierung ermächtigt werden, Rücksicherungsgarantien oder Verlustdeckungszusagen gegenüber Banken in Höhe von 74 Millionen DM auszusprechen. Der Betrag wird für das Jahr 2001 nicht wirksam, muss aber für das Jahr 2002 als Verpflichtungsermächtigung in den Haushalt 08 eingestellt werden.

Die SPD-Fraktion wird diesem Nachtragshaushalt zustimmen. Wir wollen die Entwicklung des Technologiestandortes Frankfurt (Oder) unterstützen. Eine Chipfabrik soll gebaut werden. Die Finanzierung ist noch nicht endgültig geklärt. Der Bau soll aber jetzt beginnen, damit der vorhandene technologische Vorsprung des Verfahrens zur Chipproduktion marktwirksam werden kann.

In der Chipfabrik und ihrem Umfeld werden hoch qualifizierte, zukunftsorientierte Arbeitsplätze entstehen. Neue Forschungsaufträge für das IHP sind zu erwarten und die Technische Universität Cottbus wird in diese Entwicklung einbezogen. Das sind für unser Land Brandenburg Chancen, die wir nutzen sollten. Ansonsten brauchen wir über eine Politik von Umstrukturierung, zukunftsorientierter Industrieansiedlung und Wissenschaftsförderung in diesem Land nicht mehr zu sprechen.

Wir haben hier eine klassische Situation. Es liegen Erfolg versprechende wissenschaftliche Ergebnisse vor. Ein Markt für entsprechende Produkte ist vorhanden. Es gibt Know-how für die Errichtung einer Produktionsstätte ebenso wie hoch qualifiziertes Personal. Jedoch gibt es Schwierigkeiten, das erforderliche Geld aufzutreiben. Das hört man ziemlich häufig. Dieser Teufelskreis ist leider sehr oft anzutreffen.

Daraus ergeben sich in dieser speziellen Variante zwei Möglichkeiten: Entweder werden die Patente verkauft und die Produktion erfolgt an einer anderen Stelle oder die Patente bleiben im Land und es wird eine Finanzierung sichergestellt, damit die Produktion hier im Land Brandenburg erfolgen kann. Wir haben uns für die letzte Variante entschieden.

Herr Christoffers, deshalb sind wir auch bereit, den Banken eine Verlustdeckungszusage zu geben, wenn man dies von uns verlangt, denn wir gehen davon aus, dass die Finanzierung gesichert werden wird. Wir haben eben den Wirtschaftsminister dazu gehört. Schließlich ist uns im Haushaltsausschuss auch dargelegt worden, dass die Genehmigungen aus Brüssel noch zum Ende dieses Jahres zu erwarten sind. Diese beiden Voraussetzungen - endgültige Sicherstellung der Finanzierung und Genehmigung aus Brüssel - sind für uns die Gewähr dafür, dass

wir beide Varianten, die im Nachtragshaushalt vorgelegt worden sind, mit gutem Gewissen mittragen können.

Somit empfehle ich die Überweisung in den Haushaltsausschuss. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Dettmann. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der DVU, Herrn Abgeordneten Schuldt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Chipfabrik in Frankfurt (Oder) ist wichtig für Brandenburg. Daher stimmen wir als Fraktion der Deutschen Volksunion dem hier vorliegenden Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2001 zu.

Natürlich hoffen wir als DVU-Fraktion, Frau Ministerin Ziegler, dass baldmöglichst Klarheit darüber besteht, ob die in den neuen Absatz 10 des § 4 des Nachtragshaushaltsgesetzes eingestellten Mittel als Garantieleistung gemäß § 39 Abs. 1 der Landeshaushaltsordnung oder als Verpflichtungsermächtigung gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 der Landeshaushaltsordnung anzusehen sind.

Durch die geplante Chipfabrik in Frankfurt (Oder) als Gemeinschaftsprojekt der Firmen Communicant, Intel sowie des Instituts für Halbleiterphysik (IHP) in Frankfurt (Oder) entsteht die erste so genannte Foundry in Europa, also eine Firmenart neuen Typs, welche wir bis jetzt in Europa noch nicht kannten. Diese Firma wird die Keimzelle für eine große Anzahl weiterer Industrieansiedlungen in ganz Ostbrandenburg sein, nämlich für Firmen, welche als Zulieferer oder Dienstleister für das Chipwerk tätig sein werden. Durch den Technologievorsprung des Frankfurter Instituts für Halbleiterphysik (IHP) ist mit einer langfristigen Standortsicherung in Brandenburg zu rechnen.

Die Wachstumsraten im Bereich der Chipproduktion bewegen sich, meine Damen und Herren - und dies können Sie Statistiken entnehmen -, zwischen 20 und 30 % in den nächsten fünf Jahren. Europa verbraucht weltweit 25 % der Chips, produziert aber nur 10 %. Das ist ein guter Grund, in diese Marktlücke vorzustoßen - mit bisher, so möchte ich sagen, ungeahnten wirtschaftlich-technologischen Möglichkeiten.

Meine Damen und Herren! Nach Planung von Communicant sollen in Frankfurt (Oder) 1 300 Arbeitsplätze entstehen und ab 2003/2004 200 Ausbildungsplätze geschaffen werden. Für ganz Brandenburg werden ca. 3 000 Arbeitsplätze, vor allem auch im Bereich der Zulieferer und der Dienstleistungsbranchen, erwartet. Bei einer erwarteten jährlichen Wertschöpfung von einer Million DM pro Kopf ergäbe dies Einkommensteuermehreinnahmen für Bund und Land von ca. 2 Milliarden DM, wozu noch 250 Millionen DM an Lohnsteuern kämen. Und damit, meine Damen und Herren, ist die Chipfabrik nicht nur als - so möchte ich es einmal sagen - „Arbeitsplatzmaschine”, sondern auch für die Sanierung des Landeshaushaltes notwendig.

Doch die Verträge mit dem Emirat Dubai, welche bereits paraphiert sind, können nur zustande kommen - und damit die Zwischenfinanzierung aus Dubai fließen -, wenn das Land eine

Garantie von 74 Millionen DM abgibt, um den Baufortschritt jetzt sicherzustellen.

Daher, meine sehr verehrten Damen und Herren, stimmen wir als Fraktion der Deutschen Volksunion trotz der hohen Summe dem hier vorliegenden Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2001 ohne irgendwelche Vorbehalte zu. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke dem Abgeordneten Schuldt. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der CDU, Herrn Abgeordneten Lunacek. - Aber ich sehe, dass Herr Dr. Ehler sprechen wird. Die Parlamentarischen Geschäftsführer sind wieder einmal ihrer Meldepflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen.

Bitte schön, Herr Dr. Ehler, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zu den Phänomenen der wirtschaftlichen Entwicklung in den neuen Bundesländern gehört - vielleicht fast zwangsläufig -, dass die Ansiedlung von Großprojekten von einer fast mythischen Betrachtungsweise begleitet ist. Auf der einen Seite scheint die Großansiedlung gewissermaßen der große Wurf, der die Mühsal der Ebene des Aufbaus eines Mittelstandes mit einem Schlag unnötig macht, auf der anderen Seite stellen sich natürlich die bohrenden Fragen, die mit Mythen verbunden sind und die uns zwangsläufig eine nüchterne Betrachtung der Finanzierung eines solchen Großprojektes auferlegen. Dennoch möchte ich, weil ich es für notwendig halte, die Ansiedlung dieser Chipfabrik noch einmal in einen wirtschaftlichen Zusammenhang stellen, der für die Betrachtung wichtig ist.

In den 50er Jahren war es die Bundesrepublik Deutschland, war es die Hochschullandschaft Deutschlands - interessanterweise gab es parallele Entwicklungen auch in der damaligen DDR -, die im Grunde genommen in weiten Teilen die wissenschaftliche, sogar patentmäßige Grundlage für den Boom der Mikroelektronikindustrie in Europa, in Amerika und in Südostasien gelegt hat. Aber es gehört zu den großen, inzwischen auch eingestandenen Fehlern und Problemen Deutschlands, dass man nie in der Lage war, die uneingeschränkte Spitzenposition in der Forschung in eine wirklich nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung auf diesem Gebiet umzusetzen.