Protocol of the Session on July 12, 2001

Antrag des Präsidenten des Landtages

Drucksache 3/2991

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und erteile zuerst dem Präsidenten das Wort. - Bitte schön, Herr Abgeordneter Knoblich.

Herr Präsident! Verehrte Abgeordnete! Ich habe diesen Antrag nicht formuliert, um Einzelnen, insbesondere mir, Profil zu verschaffen, und dies vielleicht sogar auf Kosten Dritter. Dazu ist dieser Antrag vom Grundsatz her ungeeignet. Aber er ist geeignet, ein emanzipiertes Parlament erkennbar werden zu lassen, das in seiner Entscheidung sowohl Rechte als auch Pflichten wahrnimmt. Ich werde diesem Parlament bei solchen Anliegen in jedem Falle zur Verfügung stehen. - Danke sehr.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Präsidenten für diesen einführenden Beitrag und gebe jetzt das Wort an die Fraktion der PDS. Herr Abgeordneter Prof. Dr. Bisky, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann mich kurz fassen; der Worte sind genug gewechselt, vor allem in und zwischen den Koalitionsfraktionen. Manche Journalisten sahen in dieser Frage fast eine Koalitionskrise. Wohlgemerkt, meine Fraktion hat so etwas nicht gesagt. Nach der Fraktionssitzung der CDU am Dienstag vergangener Woche konnte man den Eindruck haben, eine Fraktion stehe wie ein Fels in der Brandung. Am nächsten Tag war alles schon ganz anders: Die Koalition hatte sich darauf geeinigt, dass man sich jetzt noch nicht einigt; denn nichts anderes ist ihre pauschale Zustimmung zum Landtagsneubau, der nur dann erfolgt, wenn die im Beschluss genannten Bedingungen erfüllt werden. Damit ist klar: Heute wird keine Entscheidung über einen Neubau getroffen, auch wenn Sie noch so sehr versuchen, diesen Eindruck in der Öffentlichkeit zu erwecken.

Ich kann nur feststellen: Nach einem Versuch im Jahre 1998 ist dieses Parlament wieder einmal nicht bereit, eine klare Entscheidung über einen Landtagsneubau zu treffen. Das hat natürlich seine Gründe. Uns liegt bekanntlich bis heute keine Entscheidungsgrundlage vor. Die Varianten, die im Zusammenhang mit Neubau oder Sanierung immer wieder diskutiert werden, stammen aus sehr unterschiedlichen Zeiten, ihnen liegt deshalb auch ein unterschiedliches Preisniveau zugrunde.

Sie aber berufen sich unentwegt darauf, genau zu rechnen. Es gibt keine aktuellen Aussagen zu den möglichen Grundstücken und den dafür notwendigen Haushaltsmitteln. Wir haben keine Aussagen der Landesregierung zu einer möglichen Nachnutzung des jetzigen Landtagsgebäudes. So könnte man die Liste fortsetzen.

Beschließen Sie ruhig Ihren Antrag, legen Sie Ihr Glaubensbekenntnis für einen Neubau ab! Die Erde wird sich dadurch nicht andersherum drehen. In vielleicht zwei Jahren sprechen wir uns wieder.

(Klein [SPD]: Das ist interessant, Herr Bisky!)

Entweder haben wir dann die von Ihnen geforderte Entscheidungsgrundlage oder wir haben sie nicht. Es liegt in Ihren Händen, sehr geehrte Damen und Herren von SPD und CDU. Wir werden uns entscheiden, wenn eine Entscheidungsgrundlage vorliegt. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS - Schippel [SPD]: Das macht ihr immer so!)

Ich danke dem Abgeordneten Prof. Dr. Bisky und gebe das Wort an die Fraktion der SPD. Herr Abgeordneter Klein, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich erzähle Ihnen eine Geschichte, die eine Situation darstellt, die Sie wahrscheinlich alle schon erlebt haben.

Als Abgeordnete des Landtages Brandenburg erhalten wir Einladungen, reisen im Land herum, sind bei der Einweihung eines neu erbauten Gebäudes, beispielsweise eines Krankenhauses oder einer JVA, oder einer neuen Umgehungsstraße zugegen. Am Ende der Eröffnungsfeier bedanken sich die Nutznießer des neuen Bauwerkes bei der Landesregierung, bei dem anwesenden Minister oder der Ministerin, überschwänglich dafür, dass ihnen das Geld vom Minister oder von der Ministerin zur Verfügung gestellt worden ist.

In der zweiten Reihe stehen dann die Damen und Herren Abgeordneten des Landtages unter dem Vorwurf, dass sie auf das Eisbein, das Sauerkraut, das Bier und das Glas Sekt warteten. Aber in Wirklichkeit sind sie die Verantwortlichen. Ihnen hätte der Dank gebührt. Ich neide der Landesregierung nicht den Dank, den sie erhalten hat.

(Klopfen und Beifall bei SPD und CDU)

Aber ich denke, wir sind uns darüber einig: Jeder Bau, der im Lande entsteht, ist in unmittelbarer oder mittelbarer Verantwortung des Landtages entstanden; denn wir haben die Haushaltshoheit.

Weshalb habe ich das nun erzählt? Jetzt komme ich auf das zu sprechen, worauf der Präsident abgehoben hat, nämlich auf das Wort Verantwortlichkeit: Wir haben verantwortlich darüber zu entscheiden, was im Lande gebaut wird. Das ist auch der Ausgangspunkt für die heutige Debatte. Es geht um die Frage, ob sich dieser Landtag mit seinen 88 Abgeordneten zutraut, heute zu entscheiden, dass ein neuer Landtag gebaut wird.

Bevor wir aber so weit sind, sollten wir noch kurz über die Alternativen reden. Wir haben drei Möglichkeiten. Erste Möglichkeit: Wir bleiben im Landtag, so wie er ist, und durch Reparaturen an kaputten Fenstern, an einer ausgetretenen Treppe und an dem zerrissenen Linoleum wird Flickschusterei betrieben. Dann haben wir einen Landtag, der - so wie es manche feststellen und der Ministerpräsident ganz trefflich gesagt hat - eine Bruchbude ist. So ist die heutige Situation.

Variante 2: Sanierung. Die Sanierung dieses Gebäudes wird niemals dazu führen, dass es der Funktion eines Landtages gerecht wird. Warum das so ist, brauche ich nicht auszuführen, dazu gibt es zahlreiche Gutachten. Was bleibt also übrig? Es bleibt die Variante Neubau übrig.

Die Variante Neubau wird gegenwärtig infrage gestellt, natürlich mit einem Argument, mit dem wir gegenwärtig in diesem Landtag alles infrage stellen, mit der Frage des Geldes. Ich komme wieder zurück auf die Verantwortung, die wir hier in diesem Lande zu tragen haben, und stelle fest, dass wir in den zehn Jahren, in denen wir hier im Landtag sitzen, eigentlich immer eine Debatte um Alibis geführt haben, um uns vor einer Entscheidung für oder gegen einen Landtagsneubau zu drücken.

Natürlich ist das fehlende Geld das schlagende Argument. Natürlich kann ich immer wieder sagen: Wir brauchen ein Nachnutzungskonzept. - Übrigens könnten auch wir in eigener Verantwortung festlegen, wer hier rein soll, aber wir sagen immer: Landesregierung mach mal und überleg einmal, wer hier rein muss. - Entfernen wir uns von dieser Alibidiskussion, die wir in den Fraktionen der CDU und SPD hinter uns gelassen haben! Allerdings befürchte ich, Herr Kollege Bisky, dass diese Alibidiskussion bei Ihnen - das entnehme ich jedenfalls Ihrer heutigen Rede - noch nicht vorüber ist.

Lassen Sie mich folgenden Appell an die hier heute anwesenden Abgeordneten richten: Treffen wir eine Entscheidung in Richtung Neubau! Geben wir dem Landtag mittelfristig eine würdige Heimstatt, damit die „FAZ” - eine bundesweit vertriebene Zeitung - nicht weiter schreiben kann, dass sich die Landtagsabgeordneten für ihre Unterkunft schämen müssen.

Wir haben die Verantwortung - ich komme auf das zurück, was ich am Anfang gesagt habe - für alle Bauten in diesem Lande zu tragen. Lassen Sie uns das für den Landtag gleichermaßen tun und gemäß dem Schiller-Zitat, nach dem wir manche Gebäude

in einen guten Zustand versetzt haben, folgendermaßen verfahren:

„Der brave Mann denkt an sich selbst zuletzt!”

- Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Der Vorsitzende dankt Ihnen, Herr Abgeordneter Klein. - Das Wort geht an Frau Abgeordnete Hesselbarth von der Fraktion der DVU.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einen Landtagsneubau wird es mit der DVU-Fraktion nicht geben.

(Allgemeines Gelächter sowie vereinzelt Beifall und Zwi- schenrufe)

Wir stehen zu unseren Aussagen, anders als Frau Blechinger und anders als Sie, Herr Klein. Ich darf Sie zitieren:

„Eines sei allerdings hier klar gesagt: Angesichts der finanziellen Lage des Landes Brandenburg denken weder die CDU-Fraktion noch die SPD-Fraktion gegenwärtig daran, einen Neubau zu errichten.”

So argumentierten Sie gegen unseren Antrag mit dem Titel „Kein Bedarf für einen Neubau des Landtages” in der 11. Plenarsitzung am 15. März 2000.

(Klein [SPD]: Können Sie das Wort „gegenwärtig” de- finieren?)

Wie sieht es denn heute mit den finanziellen Mitteln aus, Herr Klein? Eine Kostprobe hatten wir bereits gestern bei der Debatte um die LEG.

Aber kommen wir nun zu den einzelnen Punkten des vorliegenden Änderungsantrages aus dem Hauptausschuss. Die Landesregierung wird aufgefordert, eine Vorlage mit beschlussreifen Optionen für die infrage kommenden Standorte eines Parlamentsneubaus sowie ein Nachnutzungskonzept für den Standort Brauhausberg zu erarbeiten.

Dies ist schon sehr komisch angesichts der Tatsache, dass der Landtag während seiner 1. Legislaturperiode am 24. April 1991 den Beschluss fasste, dass die weitere Nutzung des Hauses Am Havelblick 8 „auf der Grundlage eines von der Bauabteilung des Finanzministeriums zu entwickelnden Konzeptes erfolgen sollte.” Das Konzept liegt bis heute nicht vor. Hat Ihr Ministerium, Frau Ziegler, all die Zeit verschlafen? Oder ist der Beschluss in Ihrem Hause verloren gegangen? Treten hier nicht auch doppelte, sogar dreifache Kosten auf, und zwar für einen Neubau, für den Kauf eines neuen Grundstückes und für die Sanierung des

jetzigen Parlamentsgebäudes? Das ist doch Steuergeldverschwendung à la LEG.

(Beifall bei der DVU)

Sie wollen die Möglichkeiten einer privaten Finanzierung wie auch den Einsatz privater Steuerungsmodelle prüfen. Es geht wahrscheinlich um ca. 200 Millionen DM. Doch wie soll diese Privatisierung aussehen? Soll der Landtag den Neubau von privaten Investoren zu horrenden Mietkosten mieten, leasen oder per Mietkauf oder Finanzierung erwerben? Auch darüber hätten wir gerne einmal Aufschluss.

Eine Anmerkung zu Punkt 6: Da in Berlin noch keine Entscheidung getroffen wurde, mit wie vielen Abgeordneten Berlin in den fusionierten Landtag eintreten wird, kann man bezüglich der Größe des Baus zum jetzigen Zeitpunkt keine Entscheidung treffen. Jegliche Konzepte sind hier nur Spekulation. Sie wissen doch, dass Berlin 169 Abgeordnete hat.

Zu guter Letzt das Beste vom Antrag, nämlich Punkt 5: Es ist sehr löblich, wenn der Präsident und die Koalitionsfraktionen an die Unternehmen der Region denken. Aber ihre Formulierung „weitestgehend zu beteiligen” ist einfach zu schwammig und wie ein Gummiband. Diese Formulierung ist als Augenwischerei beabsichtigt. Aufgrund der Investitionssumme muss das Bauvorhaben nach EG-Recht europaweit ausgeschrieben werden. Das wissen Sie genau. Das gilt ab 5 Millionen Euro und bei loser Vergabe sogar schon ab 1 Million Euro; so ist es gesetzlich vorgeschrieben. Oder haben Sie ernsthaft vor, sich im Bundesrat durchzusetzen, um die Vergabeordnung zugunsten einheimischer Unternehmen zu verändern? Ist das etwa ein Signal?

Herr Minister Meyer, Sie haben auf dem Tag der Bauwirtschaft in Großräschen Folgendes zum Auftragsrecht gesagt:

„In Rom wurde es erdacht, in Frankreich wird es nationalisiert und in Preußen wird es eingehalten.”

Wenn wir es denn auf Französisch tun würden, könnten wir ja noch mitgehen.

(Heiterkeit)

- Das ist kein unmoralisches Angebot.

(Heiterkeit und Beifall)