Protocol of the Session on May 17, 2001

Ich betone noch einmal: Die Fälle Zurwehme und Schmökel sowie andere haben uns vor Augen geführt, dass staatliche Organe bzw. ihre Helfer gründlich versagt haben. Nicht therapierbare Straftäter müssen leider für immer weggeschlossen bleiben und die Opfer bzw. ihre Angehörigen müssen die Gewissheit haben, dass sie nie wieder von diesen Tätern angegriffen werden. Opferschutz und Opferhilfe rangieren weit vor den Interessen des Täters.

Es ist den Verbrechensopfern bürokratischer Aufwand nicht zuzumuten. Sie brauchen Verfahrenserleichterungen und mehr direkte Hilfe ohne Umwege.

Wir haben den Berichtsantrag eingebracht, weil die bisherigen Entschädigungsmöglichkeiten unvollkommen sind. Ein verbessertes OEG ist zurzeit auch in der bundespolitischen Diskussion. Deshalb ist es angezeigt, dass sich auch das Land Brandenburg positioniert, wie Sie, Herr Minister, heute schon andeuteten. Bevor wir einen Antrag für eine Bundesratsinitiative einbringen, möchten wir aber zunächst eine zusätzliche Information über die Opferentschädigung im Land Brandenburg erhalten und in den Ausschüssen beraten. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU)

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüße ich mit Ihnen unsere jungen Gäste vom Kaufmännischen Oberstufenzentrum aus Cottbus. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Das Wort geht an den Abgeordneten Homeyer. Er spricht für die Koalitionsfraktionen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein drittes Mal am heutigen Tag befassen wir uns mit einer Initiative der Fraktion der DVU, die ganz offensichtlich in erster Linie populistische Ziele verfolgt.

(Zuruf der Abgeordneten Frau Hesselbarth [DVU])

Damit wir uns aber richtig verstehen: Das Thema Opferhilfe ist von außerordentlicher Bedeutung und Tragweite. Das möchte ich für die Koalitionsfraktionen der SPD und der CDU ausdrücklich feststellen. Aber meine Damen und Herren von der DVU, Ihr Antrag einschließlich Begründung ist in allen wesentlichen Punkten ein „alter Hut”. Alle Erkenntnisse, die Sie uns und vor allem der Öffentlichkeit - offerieren, als ob sie sozusagen politisches Neuland wären, sind im Landtag Brandenburg seit vielen Jahren bekannt und werden mit großem Ernst und viel Engagement aller Kolleginnen und Kollegen immer wieder diskutiert. Es ist aber nicht bei den Diskussionen geblieben. Vielmehr haben wir auf Bundes- und auch auf Landesebene konkrete Ergebnisse erreicht, um die Situation der Opfer von Verbrechen zu verbessern bzw. weiter zu verbessern.

Ich empfehle der DVU, das hervorragende Archiv unseres Hauses zu nutzen und die einschlägigen Landtagsdrucksachen heranzuziehen, die unsere Aktivitäten dokumentieren. So haben wir zum Beispiel in der Landtagssitzung am 29. April 1998 in großer Einmütigkeit den auf eine Initiative der CDU-Fraktion zurückgehenden Antrag „Verbesserung der Situation der Opfer von Verbrechen” verabschiedet - mit dem Auftrag an die Landesregierung, sich im Bundesrat für Gesetzesnovellierungen einzusetzen.

Dadurch konnte unter anderem auf Bundesebene erreicht werden, dass Opfern von Straftaten von erheblicher Bedeutung über den Bereich der Prozesskostenhilfe hinaus auf ihren Wunsch ein Opferanwalt zur Wahrnehmung ihrer Interessen zur Verfügung gestellt wird.

Meine Damen und Herren, auch auf der Landesebene wurden Fortschritte erzielt. Auf der Grundlage des eben zitierten Antrages hat die Landesregierung Maßnahmen vielfältigster Art ergriffen, um die Opfer von Straftaten über ihre Rechte umfassend zu informieren. Darüber hinaus ist es gelungen, die hauptund ehrenamtliche Opferhilfe weitgehend zu koordinieren.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Im Augenblick nicht.

Wir arbeiten mit den verschiedensten Organisationen eng zusammen, so zum Beispiel mit dem „Weißen Ring”, bei dem ich mich seit 1998 als Mitglied persönlich engagiere, weil ich zu der Überzeugung gekommen bin, dass sich dieser Verein mit hoher Effektivität für die Opferhilfe einsetzt.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, unsere Erfolge können natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass noch viel zu tun bleibt. Wir wollen in unserem Engagement nicht nachlassen und haben deshalb den Opferschutz auch als Ziel in den Koalitionsvertrag aufgenommen.

Zusammenfassend stelle ich fest, dass es einer Aufforderung zur Berichterstattung bzw. zum Handeln, wie von der Fraktion der DVU initiiert, nicht bedarf. Die Koalitionsfraktionen lehnen deshalb diesen Antrag ab. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Das Wort erhält die PDS-Fraktion. Herr Abgeordneter Ludwig, bitte sehr!

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Fraktionen von SPD, CDU und PDS haben sich in der 2. Legislaturperiode dieses Landtages intensiv mit der Entschädigung der Opfer von Straftaten beschäftigt. Zu Ergebnissen und einigen offenen Fragen hat Kollege Homeyer soeben Ausführungen gemacht. Ich sehe deshalb mit Interesse Beratungen des Rechtsausschusses zu diesem Thema entgegen. Ich bin gespannt, welchen Beitrag dort der DVU-Vertreter leistet.

Im Übrigen stelle ich fest, dass nach Aussage aktueller Statistiken die Gewaltbereitschaft rechts motivierter Täter zunimmt, also die Gefahr besteht, immer mehr Opfer rechts motivierter Straftäter entschädigen zu müssen. Auch darüber werden wir klare Worte sprechen müssen.

Den vorliegenden DVU-Antrag lehnen wir ab.

(Beifall bei der PDS und vereinzelt bei der SPD)

Der Abgeordnete Schuldt möchte seine Restredezeit in Anspruch nehmen. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Ihre Initiative etwas bewirkt hätte, müssten wir doch diesen Antrag heute nicht einbringen. Auch ist hier doch Herr Minister Ziel gefragt.

Ich möchte Ihnen, Herr Ludwig, sagen: Im Rechtsausschuss bzw. im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen könnten wir diese Themen noch einmal besprechen. Ich bedanke mich, dass Sie der Überweisung zustimmen werden.

(Beifall bei der DVU)

200 000 Opfer, meine Damen und Herren, jeglicher Gewalt, das ist eine traurige Bilanz; aber wir müssen mit dieser Gewissheit leben. Hinzu kommen neue Formen der Gewaltkriminalität aus Osteuropa. Deshalb werden auch die präventiven und restriktiven Maßnahmen des Staates nicht ausreichen, die Verbrechen

wirksam einzudämmen. Illegale Zuwanderer aus dem Osten und dem Südosten Europas und darüber hinaus sind in völlig anderen Kulturkreisen aufgewachsen. Sie erkennen die bei uns herrschenden Normen nicht an.

(Lachen des Abgeordneten Klein [SPD])

Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass der prozentuale Ausländeranteil in den Kriminalstatistiken meist doppelt so hoch ist wie der Anteil der Deutschen.

Nun mag die Landesregierung die Frage der Finanzierung aufwerfen. Die DVU-Fraktion ist der Auffassung: Wir dürfen die Verbrechensopfer nicht im Regen stehen lassen. Die Solidargemeinschaft, die durch den Staat vertreten wird, hat, wie schon gesagt, für sie aufzukommen. Es ist zu begrüßen, dass die Strafprozessordnung schon eine Reihe von Zeugenschutzvorschriften ausweist, die dem Opferschutz dienen. Der Verletzte kann auch im Strafprozess Schadensersatzansprüche geltend machen.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Herr Abgeordneter, da ich mich offensichtlich missverständlich geäußert habe: Würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass ich zu keinem Zeitpunkt...

(Frau Hesselbarth [DVU]: Die Frage!)

- Wenn Sie für die deutsche Sprache sind, müssen Sie auch erkennen, wo eine Frage beginnt: Würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen,

(Beifall bei der SPD)

dass ich zu keinem Zeitpunkt gesagt habe, dass wir einer Ausschussüberweisung zustimmen? Und würden Sie bitte zur Kenntnis nehmen, dass ich eher der Meinung war: Wenn dieses Thema so wichtig ist, hätten Sie es bisher in anderthalb Jahren bezahlter Tätigkeit in diesem Landtag schon einmal im Rechtsausschuss thematisieren können, anstatt hier solche Anträge vorzulegen?

Dann klären Sie das bitte erst vorher mit sich selber und sprechen Sie dann Deutsch, sodass keine Ungereimtheiten aufkommen können.

(Heiterkeit und Beifall bei der DVU)

Vor zehn Jahren hat die Opferhilfsorganisation „Weißer Ring” als Mahnzeichen gegen das mangelnde Problembewusstsein der Gesellschaft für die Belange der durch Kriminalität und Gewalt geschädigten Opfer und deren Familien den Gedenktag für Opfer - nämlich am 22. März jedes Jahres - ins Leben gerufen.

Es wird mit Gedenktagen ständig an alle möglichen Ereignisse erinnert, aber leider hat sich der 22. März noch nicht bei den staatlichen Organen durchgesetzt.

Die DVU-Fraktion ist der Auffassung, dass das Opferentschädigungsgesetz nach 25 Jahren endlich so zu novellieren ist, dass es nicht an dem weit überwiegenden Teil der Gewaltopfer in Deutschland einfach vorbeigeht.

Zusammengefasst fordert die DVU mehr öffentliche Information, rechtliche Änderungen, aber auch mehr staatliche Hilfen für hilfsbedürftige Opfer und ihre Familien. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU)

Wir sind am Ende der Rednerliste und kommen zur Abstimmung. Die DVU-Fraktion beantragt die Überweisung an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen. Wer diesem Überweisungsansinnen zustimmt, möge die Hand aufheben. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Überweisungsantrag mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen zum Antrag in der Sache. Wer diesem Antrag folgt, möge die Hand aufheben. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag ebenfalls mehrheitlich abgelehnt.

Den Herrschaften auf den Zuschauerplätzen möchte ich sagen: Für den Fall, dass Sie hier bleiben möchten, unterlassen Sie jede Art von Unmutsbekundungen oder auch Beifall. Dies gehört nach der Hausordnung nicht zum Repertoire unserer Gäste.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 11 und rufe Tagesordnungspunkt 12 auf: