Protocol of the Session on April 5, 2001

Wer hat eigentlich ein Interesse daran, den Untersuchungsausschuss weiter köcheln zu lassen? Von einem Erkenntnisinteresse der PDS kann aus unserer Sicht keine Rede sein. Ihr Antrag ist deshalb abzulehnen.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Haben Sie den Antrag ei- gentlich gelesen? Sagen Sie etwas zum Antrag!)

Herr Abgeordneter, Sie sind gerade zu Ende gekommen. Ich hätte Sie sonst ermahnt. Für Sie trifft übrigens dasselbe zu. Sie haben - zumindest im letzten Teil - nicht zur Sache gesprochen bzw. höchstens im weitesten Sinne.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Ganz richtig! In weitesten Teilen!)

Das Wort geht an die Fraktion der DVU, an den Abgeordneten Schuldt.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Un

terrichtung des Landtages durch die Landesregierung ist fast immer gut. Der dem Landtag und dem Land Brandenburg durch die gescheiterte Privatisierung des Projektes entstandene Schaden ist beträchtlich. Er führt bzw. führte zur außerplanmäßigen Belastung des Landeshaushaltes in den Jahren 1999 bis 2001, weil auch unser Land Brandenburg mit 24,3 % an der Trägergesellschaft BBF beteiligt ist.

Die Vergabe an das Hochtief-Konsortium wurde bekanntlich durch das Brandenburgische Oberlandesgericht mit Beschluss vom 3. August 1999 aufgehoben. Die Bank Credite Suisse First Boston AG nahm bei der vorausgegangenen sowie für rechtswidrig erklärten Vergabe an Hochtief eine Schlüsselstellung ein. Sie führte einen finanziellen Angebotsvergleich zwischen den verbliebenen Bewerbern, dem Hochtief- und dem IVG-Konsortium, durch. Grundlage für die letztlich als rechtswidrig erkannte Vergabe an das Hochtief-Konsortium war bekanntlich ein Vergleich der Angebote von Hochtief und IVG mit entsprechender Empfehlung durch die Bank Credite Suisse First Boston AG.

Obgleich sich die Bedeutung dieser Empfehlung geradezu jedermann aufdrängen musste - es handelte sich hier nicht um die Vergabe des Baus eines Milchladens, sondern um das bis dato größte Investitionsprojekt des Landes Brandenburg mit einem Gesamtvolumen von etwa 10 Milliarden DM -, gibt es für diese Bevorzugung des Angebotes von Hochtief nicht einmal eine schriftliche Begründung seitens der Bank Credite Suisse First Boston AG. Obendrein gab sie ihre Empfehlung zugunsten von Hochtief ab, obgleich sie schon von anderweitigen vorausgegangenen Unregelmäßigkeiten im Vergabeverfahren Kenntnis erlangt haben musste. Bereits in einem Schreiben vom 10. Februar 1998 mahnte sie wegen versuchter Kontaktaufnahmen seitens Hochtief mit von der PPS beauftragten technischen Planern die Einhaltung der Vergaberichtlinien der RFP an.

Ob dies letztlich zu begründeten Schadensersatzansprüchen führen wird, mag an dieser Stelle dahingestellt bleiben. Wichtig ist uns, dass solche möglichen Schadensersatzansprüche durch die Landesregierung ernsthaft geprüft werden; denn sicher ist, dass zumindest fehlerhafte Verhaltensweisen seitens der Bank Credite Suisse First Boston AG für die eingetretenen Schäden ursächlich waren.

Insoweit liegen wir vor folgendem Hintergrund mit Ihnen auf einer Linie, meine Damen und Herren von der PDS-Fraktion:

(Zuruf von der PDS: Das wollen wir aber nicht!)

in unserem Bestreben, Schaden von unserem Land abzuwenden, wo immer dies möglich ist. Wir haben aber erheblichen Zweifel daran, ob es Ihnen in der Tat darum geht, Schaden von unserem Land abzuwenden, oder ob Ihr Antrag nicht vielmehr Ausdruck eines Bestrebens ist, dem Land noch sehr viel größeren Schaden zuzufügen, und zwar durch die Verhinderung des Flughafenprojektes insgesamt.

(Zuruf der Abgeordneten Frau Dr. Enkelmann [PDS])

Ich sage es heute noch einmal: Unsere Fraktion steht hinter der schnellstmöglichen Verwirklichung des Flughafenprojektes am Standort Schönefeld. Wir verfolgen mit unserer Zustimmung zu diesem Antrag erklärtermaßen folgende Ziele:

(Zuruf von der PDS)

- Beleidigen brauchen Sie mich hier nicht, Frau Kollegin Abgeordnete!

Wir verfolgen als besondere Ziele - dies auch an Ihre Adresse, Herr Minister Fürniß -: schnellstmögliche Verwirklichung des Projektes im Interesse unseres Landes, der Wirtschaft und der Bürger,

(Zuruf von der CDU)

faire und transparente Ausschreibungen von Aufträgen im Zusammenhang mit dem Flughafenprojekt unter besonderer Berücksichtigung örtlicher Wirtschaftsunternehmen und unter Ausschluss von „Interessenkungeleien” von Großunternehmern und Politik sowie für die ortsansässigen Bürger eine möglichst geringe Beeinträchtigung durch den Flughafenbetrieb.

Jedes andere Vorgehen beeinträchtigt die Interessen unseres Landes: Verbesserung der Infrastruktur, wirtschaftliche Entwicklung, Rückführung der real existierenden Geißel der Arbeitslosigkeit und Schaffung einheitlicher Lebensbedingungen in der gesamten Region Berlin-Brandenburg.

In diesem Sinne hat sich unsere Fraktion immer wieder erklärt. Im Übrigen: Dieser Flughafen ist sozusagen zugleich Visitenkarte unseres Landes. Ich weise darauf hin, dass 2006 die Fußballweltmeisterschaft bei uns stattfindet. Unter diesem Gesichtspunkt kommt unseres Erachtens die Fertigstellung 2007 zu spät. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU - Zuruf von der PDS)

Das Wort geht an die Landesregierung. Herr Minister Fürniß, bitte sehr.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Tack, wenn ich mir erlauben darf: Wir waren uns, glaube ich, schon einmal einig, dass wir nicht vom Großflughafen sprechen, sondern von einem internationalen Drehkreuz. Das mit dem Großflughafen war einmal und ist nicht mehr.

Für die von Ihnen erbetene Unterrichtung des Landtages gibt es heute keine Grundlage. Zwischen der PPS und der Credit Suisse First Boston AG finden zurzeit Verhandlungen statt. Diese Verhandlungen schließen die Prüfung ein, den Rechtsweg zu beschreiten. Gleichermaßen wird auch nach der Möglichkeit einer außergerichtlichen Beilegung gesucht. Erst wenn diese Verhandlungen abgeschlossen sind, kann ich den Landtag unterrichten. Ich werde von mir aus wieder auf Sie zukommen.

Ich bedanke mich, Herr Minister Fürniß.

Meine Damen und Herren, wir sind damit am Ende der Aussprache zu diesem Punkt angekommen und kommen zur Abstimmung. Wir stimmen über den Antrag der Fraktion der PDS, der Ihnen in der Drucksache 3/2541 vorliegt, ab. Wer dem Antrag der Fraktion der PDS zustimmt, den bitte ich um sein

Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 7 und rufe den Tagesordnungspunkt 8 auf:

Konzeption für das Potsdamer “Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte”

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 3/2542

Ich eröffne die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt und erteile Herrn Dr. Trunschke das Wort und nicht Herrn Prof. Bisky, wie mir gesagt wurde. Bitte schön.

Herr Präsident, manchmal spielt das Leben etwas anders. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 300 Jahre Preußen erzeugen nicht nur in linken Köpfen äußert widersprüchliche Bilder. Militärischem Drill, Untertanengeist und blutigen Kriegen stehen Reformen und Reformer wie von Stein oder Gneisenau, der Glanz der Schlösser und Gärten, die Tradition von Toleranz und Weltoffenheit gegenüber. Wir sollten uns der Geschichte Preußens, die auch die Geschichte Brandenburgs ist, in ihrer Gesamtheit nähern und uns mit dieser Vergangenheit auseinander setzen, nichts beschönigen und nichts tabuisieren, aber auch nichts vorschnell verteufeln. Genau das erwarten wir auch von einem „Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte”, das in wenigen Monaten eröffnet werden soll.

Gestatten Sie mir, meine Damen und Herren, einen kurzen Einschub. „Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte” erscheint mir als Name doch etwas schwerfällig, die Abkürzung HBPG hingegen nichts sagend. Es wäre zu überlegen, einen kurzen und prägnanten Namen zu suchen, beispielsweise in einem öffentlichen Wettbewerb, in dem die Potsdamerinnen und Potsdamer ihre kreative Ader unter Beweis stellen könnten. Dies dient auch der Identitätsfindung der Region.

(Beifall bei der PDS)

Wie Sie wissen, handelt es sich um den ehemaligen Kutschstall in Potsdam auf dem Neuen Markt, im Übrigen das älteste Gebäude der Stadt. Seine Kreuzgewölbe und die beeindruckenden Dachkonstruktionen lassen die ruhmreiche Vergangenheit dieser ehrwürdigen Räume erahnen, in denen einst edle Rosse aus marmornen Trögen fraßen bzw. speisten. Doch über den Toren rast nicht etwa ein Monarch, ein griechischer Gott oder eine Fee mit der Quadriga dahin, nein, es ist ein Gemeiner, es ist der Kutscher Hund, der von Friedrich II. nach einer strapaziösen Schüttelfahrt durch die Mark entlassen wurde. Als sich seine Majestät einige Zeit später nach dessen Befinden erkundigte, antwortete der Kutscher: Es macht keinen Unterschied, wenn ich eine Fuhre Holz fahre. Der König nahm ihn prompt wieder in den Dienst. Wahrheit, Legende - wer weiß. Für ein Museum, das nicht nur herrschaftlichen Prunk repräsentieren soll, ein treffliches Symbol.

Das Museum ist aber nicht unumstritten. Es wird darauf an

kommen, wie die Auseinandersetzung mit der Geschichte erfolgt, wie sie dargestellt wird. Soll es um die Herrscher, die Kriegszüge Preußens oder auch um den Alltag der einfachen Menschen und deren Kultur gehen? Werden dunkle Kapitel ausgespart oder beleuchtet? Nur mit Glanz und Gloria wird dieses Haus nicht zur Identitätsfindung der Region beitragen.

Wir betrachten es als Chance, an dieser Stelle ein differenziertes Geschichtsbild zu vermitteln, das die unterschiedlichen Facetten Preußens aufnimmt und - so weit möglich - sinnlich erfahrbar macht. Wir setzen auf einen Ort, an dem sich vor historischem Ambiente konstruktiv streiten lässt. Wir setzen auf Kommunikation, Gedankenaustausch und Erlebnis. Dabei wird viel von den konzeptionellen Vorstellungen abhängen, die in die Eröffnungsausstellung und in die spätere Dauerausstellung einfließen. Die Eröffnungsausstellung „Marksteine” steht.

Zurzeit fließen erhebliche Mittel in die Sanierung des Kutschstalles. Man kann sich heute schon vorstellen, wie imposant das gesamte Areal einschließlich des Hasso-Plattner-Gebäudes einmal sein wird. Dennoch bleiben eine Reihe von Fragen. Wenn die restaurierte Pferdeherberge in zwei Jahren museal genutzt werden soll, muss noch 2001 geklärt werden, wer dieses Museum dann tatsächlich betreiben wird, zumal in der Nachbarschaft Film- und Potsdammuseum liegen.

Wie weit ist das ehrgeizige Vorhaben gediehen, beim HBPG das Forschungsinstitut für die preußische Geschichte anzusiedeln? Eine Anschubfinanzierung durch die Volksbankstiftung ist bereits erfolgt. Selbst wenn das Haus gute Einnahmen erzielen sollte, muss man fragen, wie hoch der Jahresetat liegt. Schätzungen liegen bei etwa 1,5 Millionen DM. Wie hoch wird die Sockelfinanzierung sein? Wer stellt das Geld wie bereit? Die Staatskanzlei? Noch ist alles offen.

In diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, kann ich nicht umhin zu erwähnen, dass viele andere Einrichtungen im Kulturbereich finanzielle Defizite aufweisen. Wir hatten das gerade einige Tagesordnungspunkte zuvor. Unseres Erachtens können die Gelder daher nicht aus dem derzeitigen Kulturetat bereitgestellt werden, zumal dieser laut mittelfristiger Finanzplanung auch noch gekürzt werden soll. Es wird also schwierig. Hier muss in den kommenden Monaten Klarheit geschaffen werden. Es nützt wohl nur wenigen, wenn am 18. August das Haus eröffnet, dann planmäßig wieder geschlossen wird und am Ende der lange Atem fehlt, ein ehrgeiziges und möglicherweise sinnvolles Projekt fortzuführen.

(Beifall bei der PDS)

Wir hätten dann zwar einen schönen Kutschstall, aber niemanden, der den Karren aus dem märkischen Morast zieht. Hier müssen alle Verantwortlichen, das Land und die Stadt Potsdam, die Mitarbeiter des Städtischen Museums, abgestimmt und eng zusammenarbeiten. Auch Berlin sollte eingebunden werden, um einen Ort zu schaffen, an dem die widersprüchliche Geschichte Preußens den Menschen differenziert und verständlich nahe gebracht wird, auch im Hinblick auf die Zukunft Brandenburgs.

Die Lehren aus der brandenburgisch-preußischen Geschichte, liebe Kolleginnen und Kollegen, wären richtig gezogen, wenn sich Brandenburg mit Bescheidenheit und Achtung vor den Kulturen anderer Völker und der entsprechenden Akzeptanz als

Vorreiter und Wegweiser in die bestehende EU-Ost-Erweiterung einbrächte, auch mit einem kritisch-konstruktiven Ausstellungszentrum, das nicht nur die Vergangenheit reflektiert.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, stimmen Sie diesem Antrag zu, damit wir gemeinsam einen Beitrag leisten können für ein Bild Preußens, das in die Zukunft weist, ein weltoffenes tolerantes Brandenburg-Preußen ohne Säbelrasseln! - Schönen Dank.

(Beifall bei der PDS)