Erst er hat die Lokalität der Mark literarisch erobert und touristisch erschlossen. Er spürte hinter kahlen Plateaus, die nichts als Gegend sind, alte Sagen und Geschichten auf, suchte liebevoll nach den Resten wendischer Kultur, beschrieb die Zeugnisse der Zisterzienserbaukunst, porträtierte Städte und Dörfer, Bürger und Junker, Kutscher und Kossäten, er entdeckte zwischen Kiefern und Kusseln, Sumpf und Sand die vielleicht bescheidene, aber liebenswerte Schönheit der märkischen Landschaft. Darauf müssen wir immer wieder Bezug und Rücksicht nehmen.
Fontane tat das mit sehr zielgerichteter Absicht, denn, wie er sagte, hatte er einfach vor, seinen Landsleuten zu zeigen, dass es in ihrer nächsten Nähe auch nicht übel sei und dass es in der Mark Brandenburg auch historische Schlösser, schöne Seen, landschaftliche Eigentümlichkeiten und Schritt für Schritt auch tüchtige Kerle gebe. Allein diese touristische Perspektive würde ihn heute zum Geschäftsführer der Tourismus- und Marketing GmbH qualifizieren. Aber doch machte er immer wieder Einschränkungen. Es sei mit der märkischen Natur - und die Damen verzeihen mir dieses Zitat - wie mit manchen Frauen, auch die hässlichste habe immer noch sieben Schönheiten. Genauso, sagt Fontane, ist es mit dem Land zwischen Oder und Elbe, wenige Punkte sind so arm, dass sie nicht auch ihre sieben Schönheiten hätten. Immer wieder betont er, man müsse sie nur zu finden wissen, man müsse ein Auge dafür haben, man müsse sie also erst suchen, fördern und - in heutiger Sprache würde ich sagen - durch Werbung vermarkten.
Sie sehen, meine Damen und Herren, dass für die touristische Entwicklung des Landes Brandenburg sehr viel mehr Potenziale nötig sind, sehr viel Vorbereitungen, sehr viel Einfühlung und vor allen Dingen sehr viel geistige, künstlerische und kulturelle Infrastruktur. Die Musiksommer, Festspiele, Dorffeste, Theaterund Konzertaufführungen, Museen und die Kultur von der Lausitz über das Oderland bis nach Prenzlau und Wittenberge sind unverzichtbare Basis und Anreiz für touristische Attraktivität, mehr als in anderen Ländern, vor allen Dingen auch hier bei uns im Osten Deutschlands.
Fontane zählt fünf Voraussetzungen auf, man könnte fast sagen, Hindernisse, die man überspringen oder die man mitbringen
Erstens: Man müsse Liebe zu Land und Leuten mitbringen, ohne Voreingenommenheit, also mit gutem Willen. Wie schaffen wir dies? Durch kulturelle Vorbildung, durch kulturelle Führung.
Zweitens: Man müsse mit einer geduldigen und feinsinnigen Art von Natur- und Landschaftssinn ausgerüstet sein. Wie erreichen wir das? Durch Kulturbildung und die Schaffung von kultureller Attraktivität.
Drittens: Man sollte die Geschichte des Landes kennen und lieben. Über das „Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte” reden wir heute noch, Herr Prof. Bisky. Das Verständnis dafür kann man vorher wecken, es muss aber durch Museen, durch Ausstellungen vielfach vor Ort geweckt werden.
Viertens: Man sollte nicht so sehr durch Komfort verwöhnt sein oder Komfort erwarten. Ich glaube, dies ist von der Zeit überholt. Das galt vielleicht noch kurz für die Zeit nach der Wende. Aber die Hotels und auch die Pensionen sind gut ausgestattet. Darauf, glaube ich, brauchen wir heute nicht mehr zu verzichten.
Schließlich meint der Dichter, wer in Brandenburg eine Reise wagen wolle, der fülle seinen Geldbeutel, denn Reisen in der Mark sei alles andere als billig.
Ich denke, hier hat sich auch einiges verändert. Das traf bestimmt auf die ersten 90er Jahre zu, aber es gibt sicher noch einzelne Orte in Brandenburg, in denen das Preis-LeistungsVerhältnis noch in Ordnung gebracht werden muss, vor allen Dingen auch im Vergleich zu Reisen in das Ausland.
Doch wer schließlich, meine Damen und Herren, sind die Träger der Kultur, des Tourismus und der touristischen Entwicklung im Land Brandenburg? Dabei hat sich zu Fontane auch einiges geändert. Fontane hat ja den Adel, vor allen Dingen den Landadel, entdeckt. Und er dichtete damals, wer den Adel abschaffen wollte, schaffte den letzten Rest von Poesie aus dem Land.
Diese Kulturträgerschaft des Landadels ist in großen Teilen - bis auf wenige Ausnahmen -, die auch in diesem Hohen Hause wiederkehren, zum Beispiel in unserer Fraktion, verschwunden.
Ich würde gern ein Gedicht vorlesen, in dem dessen Name vorkommt, aber dazu habe ich jetzt keine Zeit. Aber Sie sehen an der Uckermark, an Schwedt zum Beispiel: Dort, wo früher ein Landadelsschloss gestanden hat, steht heute eine Kultureinrichtung, die Uckermärkischen Bühnen. Das zeigt, wie sich viele Dinge verändert haben und wie wir heute vor allen Dingen in Richtung Tourismus und Landesentwicklung auf die Kultur setzen müssen.
Doch ganz kurz noch ein paar nackte, einfache Zahlen, die deutlich machen, wo wir im Land Brandenburg stehen. Wir können unser Land immer gut mit zwei anderen Ländern im Osten vergleichen, die eine ähnliche Einwohnerschaft und ähnliche Beschäftigungszahlen aufweisen - mit dem Freistaat Thüringen und dem Land Sachsen-Anhalt. Alle drei Bundesländer haben reichlich eine Million Beschäftigte. In Sachsen-Anhalt sind es
etwa 28 000 Menschen, die im Tourismus arbeiten, bei uns sind es 52 000. Wir sind also schon ein großes Stück vorangekommen. In Thüringen sind es 90 000 bis 100 000.
Herr Kollege Kliesch, hier haben Sie die Zahl, zu der wir auch kommen wollen. Lassen Sie uns darauf hingehen, aber auch mit der Kultur, denn Kultur ist nicht nur Konsumtion, sondern auch Investition und mindestens genauso wichtig wie bekleidungsähnliche Gegenstände für Landesbeamte. - Danke schön.
Ich danke Herrn Dr. Niekisch von der Fraktion der CDU. - Wir sind damit am Ende der Rednerliste angekommen. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 2 und unterbreche die Landtagssitzung bis um 13 Uhr zu einer Mittagspause.
Meine Damen und Herren! In Anbetracht der notwendigen Zeit zum Erreichen des Plenarsaales tausche ich die Tagesordnungspunkte 3 und 4.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dank für die umfangreiche und Überblick gewährende Antwort! Wir hoffen, dass es gelungen ist, ressortübergreifende Anstöße zu geben und viele Beteiligte zu sensibilisieren, die direkte und vermittelte Verantwortung tragen.
„Gewalt gegen Frauen” - dieses Thema haben wir aufgerufen, weil es für viele tabu ist, weil es im Alltagsbewusstsein als so genanntes Kavaliersdelikt betrachtet wird, aber in der Gesellschaft nicht ausreichend geächtet oder gar totgeschwiegen wird.
innersten Räumen - Familien- und Paarbeziehungen - steht in keinem Verhältnis zu ihrem Schweregrad und ihrer Verbreitung. Sie kommt in allen sozialen Schichten vor...”
Der Bericht kommt 1999 zu dem Schluss, dass die Notwendigkeit besteht, dezentrale ambulante Beratungsangebote auszubauen und die Frauenhausarbeit zu differenzieren. Wir konnten nicht erkennen, dass die Landesregierung diesen Forderungen in ausreichendem Maße gerecht wurde.
Die Zahlen sind alarmierend. Wenn wir der uns zur Verfügung gestellten Statistik entnehmen, dass in den Jahren von 1995 bis 1999 die Anzahl der Opfer von Vergewaltigung und sexueller Nötigung sowie von sexuellem Missbrauch deutlich gestiegen ist, können wir dies keineswegs als Privatangelegenheit betrachten.
Im Gegenteil: Es sollte vielmehr Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen über die Zunahme von Gewalt, insbesondere von Gewalt gegen Frauen, sein, die den Ursachen und Bedingungsgefügen nachgehen und auf deren Grundlage Angebote für politische Handlungsstrategien gemacht werden sollten.
Wir sagen auch hier deutlich: So wichtig es ist, den Frauen und Mädchen, die Opfer von Gewalt wurden, Hilfsangebote zu unterbreiten und das Schlimmste noch zu verhindern, muss doch die Hauptaufgabe in der Prävention gesehen werden.
Um es gleich vorwegzunehmen: Wir finden es sehr kritikwürdig, dass es trotz des bereits laufenden Bundesprogramms „Keine Gewalt gegen Frauen” keine Brandenburger Konkretisierung in Form eines eigenen Aktionsplanes gibt. Wir hielten dies aber für ein geeignetes Mittel, um zum einen die gesamte Problemstellung aufzuwerten und zum anderen ressortübergreifende Zusammenarbeit zu initiieren und zu koordinieren.
Erstens: Ist es nicht notwendig, vorhandene Strukturen bei der Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und Kinder den realen, konkret existierenden Bedingungen anzupassen? Gefragt ist ein unkompliziertes Zusammenwirken von Hilfseinrichtungen, Polizei, Familiengerichten, Staatsanwaltschaften und auch Strafgerichten, damit man der individuellen Problemlage der Frauen gerecht werden kann. Deshalb halten wir Interventionsprojekte, die Täter an der Ausübung von Gewalt hindern und die Opfer schützen, für einen deutlichen Schritt nach vorn.
Zweitens: Der Antwort der Landesregierung haben wir entnommen, dass es eine Reihe von so genannten Strukturen gibt, zum Beispiel das Netzwerk brandenburgischer Frauenhäuser, Arbeitsgruppen auf verschiedenen Ebenen etc., die auf diesem Problemfeld wirken.
Ich möchte jetzt auf die Thematik Frauenhäuser eingehen. An der Sichtbarmachung dieser unterschiedlichen Formen von Gewalt haben Frauenhäuser und auch Frauen- und Mädchenzentren durch gezielte und kraftaufwendige Öffentlichkeitsarbeit einen erheblichen Anteil. In der Antwort der Landesregierung gerade zu diesen tragenden Einrichtungen hat man den Eindruck, es sei alles in Ordnung. In diesen Punkten haben wir uns ein stärkeres Problembewusstsein gewünscht. Es hilft, die Probleme aufzunehmen, und bewahrt davor, sie durch Verschiebetechnik wo
1. Frauenhäuser in ihrer Aufgabe als Schutz- und Zufluchtsstätten haben darüber hinaus ein breites Angebot von Beratung, Betreuung und Begleitung entwickelt. Das ist unumgänglich, wenn Frauen eine neue Lebensperspektive, die frei ist von Gewalt, eröffnet werden soll.
Prävention und Öffentlichkeitsarbeit haben sich in der Arbeit der Frauenhäuser in Bezug auf die Sensibilisierung der Öffentlichkeit...
Meine Herrschaften, ich kann nicht verstehen, dass Sie den Plenarsaal zum Forum irgendwelcher, möglicherweise auch privater, Gespräche machen. Das trifft auf die rechte wie die linke Seite zu. Ich glaube, manchem ist nicht ganz bewusst, wo er sich hier befindet.