Protocol of the Session on April 4, 2001

- Einen kleinen Moment noch! - So erzählte Ihr Parteifreund Karsten Kuhl in den „Potsdamer Neuesten Nachrichten” vom 28. März 2001: „Es gibt in Brandenburg keine CDU, sondern nur einen General und verschreckte Soldaten.”

(Lachen bei der CDU)

Dem kann ich nichts hinzufügen.

Ich füge meiner Bemerkung von vorhin nichts hinzu: Bitte kommen Sie zum Ende!

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an die Koalitionsfraktionen, für die der Abgeordnete Klein spricht.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Vorwurf, dass bei der Durchführung der Polizeistrukturreform Mitwirkungsrechte des Parlaments umgangen worden seien,

(Homeyer [CDU]: Ein ungeheuerlicher Vorwurf!)

zeigt deutlich, worum es der Fraktion der DVU eigentlich geht. Sie nimmt ein - zugegebenermaßen - aktuelles Thema auf und reiht Halbwahrheiten und bewusste Unterstellungen aneinander, um Menschen gezielt zu verunsichern.

(Lachen bei der DVU)

Sie benutzt das Mittel der Frage nicht, weil sie mithilfe einer Antwort Klarheit haben möchte, sondern sie benutzt das Mittel der Frage, um den Menschen in Brandenburg falsche Tatsachen vorzuspielen und bewusst Irrtümer aufrechtzuerhalten.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ihre Anfrage soll die Polizeibediensteten glauben machen, ihre Arbeitsplätze seien gefährdet. Tatsache ist aber, dass sich die Stellenzahl hauptsächlich dadurch verringert, dass Polizistinnen und Polizisten in ihren wohlverdienten Ruhestand gehen. Die Einsparung von 725 Stellen soll bis zum Jahr 2007 erfolgen, also über einen längeren Zeitraum. Hiermit verbunden ist eine erhebliche Haushaltsentlastung im siebenstelligen Bereich.

Ihre Anfrage soll die Brandenburgerinnen und Brandenburger glauben machen, ihre Sicherheit werde durch die Polizeistrukturreform gefährdet. Tatsache ist aber Folgendes: Zukünftig werden mehr Beamte als bisher als Revierpolizisten tätig sein, die Polizei wird noch bürgerfreundlicher auftreten, es wird noch mehr Grün auf der Straße anzutreffen sein. Das entspricht auch dem Wunsch vieler Menschen in diesem Land. Den Dienststellen werden mehr Kompetenzen übertragen. Durch den Abbau ineffektiver Hierarchien werden sie eigenverantwortlicher arbeiten können als bisher.

Ihre Anfrage soll die Menschen in den östlichen Städten und Gemeinden Brandenburgs glauben machen, an der EU-Außengrenze des Landes sei die polizeiliche Betreuung nicht mehr gewährleistet und dort bestehe eine dauerhafte Bedrohung.

Ich finde es fürchterlich, dass das Schüren solcher Ängste seitens einer Fraktion betrieben wird, die allerdings auch, wie es sich gehört, im Europa-Ausschuss dieses Landtages vertreten ist. Ich bin der Meinung, dass dies keinen weiteren Kommentar verdient.

Geradezu absurd ist die von der DVU-Fraktion indirekt aufgestellte Behauptung, die Landesregierung stehe nicht mehr zum Leitbild der dezentralen Konzentration. Dass die gemeinsame Entwicklungsplanung von Berlin und Brandenburg durch die interne Umstrukturierung einer Behörde überhaupt nicht infrage gestellt wird, ist doch wohl klar. Dem äußeren Entwicklungsraum wird jedenfalls durch die Vielzahl von populistischen, unausgegorenen Anträgen der DVU-Fraktion wahrlich nicht geholfen.

Lassen Sie mich abschließend Folgendes bemerken: Wenn seitens der Fragesteller behauptet wird, die Beantwortung der Großen Anfrage durch die Landesregierung sei unbefriedigend, so möchte ich dem entgegenhalten: Eine Antwort kann nicht besser sein als die Frage. - Vielen Dank!

(Beifall bei SPD und CDU)

Das Wort geht an die PDS-Fraktion. Herr Abgeordneter Vietze, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir zunächst die Feststellung, dass die Polizeireform tatsächlich ein sehr sensibles, sehr wichtiges und zu diskutierendes Thema ist. Ich habe mir in Vorbereitung auf die heutige Debatte die Antworten der Landesregierung auf 12 Kleine Anfragen der Abgeordneten Reinhold Dellmann, Dietmar Woidke, Dagmar Enkelmann, Kerstin Kaiser-Nicht und Reinhilde Schildhauer-Gaffrey angesehen. Diesen fünf Abgeordneten möchte ich ausdrücklich für sachkompetente Fragen danken. Der Regierung danke ich für die Antworten auf diese Fragen.

Der Volksmund sagt: Es gibt keine dummen Fragen, es gibt nur dumme Antworten. Wenn ich die Kleinen Anfragen zugrunde lege, so muss ich sagen, dass dies durchaus zutreffend ist.

Zur Großen Anfrage der DVU-Fraktion ist festzustellen: Ich

wurde überzeugt, dass der Volksmund zu übertreffen ist. Der Volksmund wurde ad absurdum geführt, denn die Punkte, zu denen man sich in der DVU-Fraktion in der Lage sah, Fragen zu formulieren, sind weder dem Thema angemessen, noch wird dadurch dem sensiblen Anspruch dieses Parlaments Rechnung getragen, über die Polizeireform zu debattieren.

Der Volksmund sagt auch: Auf dumme Fragen gibt es dumme Antworten. - Die Landesregierung hat sich bemüht, auch diese Volksweisheit beiseite zu schieben, denn es ist ihr, wie ich zumindest feststellen will, gelungen, auf nichts sagende Fragen nichts sagende Antworten zu geben.

(Beifall bei der PDS)

Insofern ist die Zeit für die notwendige Diskussion zu diesem Antrag nicht gegeben. Wir kommen auf dieses Thema zurück. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei PDS und SPD)

Wir sind damit bei der Landesregierung. - Die Landesregierung verzichtet. Wir sind am Ende der Aussprache angelangt. Die Antwort der Landesregierung, Drucksache 3/2498, wurde zur Kenntnis genommen. Ich schließe den Tagesordnungspunkt 6.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Zur Umsetzung des Gesetzes zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter in Brandenburg

Große Anfrage 18 der Fraktion der PDS

Drucksache 3/2094

Antwort der Landesregierung

Drucksache 3/2512

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der PDS-Fraktion. Frau Bednarsky, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Gesetz zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter ist mit dem ehrgeizigen Ziel der Bundesregierung verknüpft, bis Oktober 2002 die Arbeitslosigkeit von rund 50 000 Schwerbehinderten zu beseitigen. Wenn dieses hoch gesteckte Ziel nur annähernd erreicht werden soll, erfordert das von allen Beteiligten - das sind nicht wenige, deren Anstrengungen zusammengeführt werden müssen - ein hohes Maß an Engagement und Kreativität. Zu diesen Beteiligten gehören zuallererst die Bundesländer als entscheidende Motoren und Manager dieses komplizierten Prozesses.

Die PDS-Fraktion hat mit ihrer Großen Anfrage zur Umsetzung dieses Gesetzes im Land Brandenburg in Erfahrung bringen wollen, welche Anstrengungen die Landesregierung unternimmt

beziehungsweise unternehmen will, um arbeitslosen Schwerbehinderten in Brandenburg eine Beschäftigungsperspektive zu bieten. Die Beantwortung unserer Großen Anfrage ist allerdings - das sei vorweg gesagt - ebenso dürftig wie die darin beschriebenen Aktivitäten der Landesregierung. Angesichts dieses wichtigen sozial- und behindertenpolitischen Anliegens wird in Bezug auf die Umsetzung des Bundesgesetzes nur der vorherrschende Mangel an Ideen und Finanzen verwaltet. Konzeptionslosigkeit, gar Ratlosigkeit werden offenbar, von Kreativität keine Spur, von einem eigenen Beschäftigungsprogramm für den öffentlichen Arbeitgeber ganz zu schweigen. Nun zu einzelnen Schwerpunkten:

Erstens: Die Landesregierung Brandenburg als Arbeitgeber hat in ihren Ministerien und Einrichtungen die Beschäftigungsquote Schwerbehinderter nach dem Schwerbehindertengesetz von bisher 6 % nicht annähernd erfüllt. Im Vergleich der Bundesländer gehörte Brandenburg bedauerlicherweise zu denjenigen Ländern, die jahraus, jahrein die rote Laterne trugen. Die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung, die Sozialdemokratin Ulrike Marscher, hat in der Bundesratssitzung am 9. März an die Bundesländer appelliert, bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit Schwerbehinderter kein falsches Signal an die Privatwirtschaft zu senden. Ich zitiere:

„Meiner Auffassung nach ist es angebracht, dass die Länder ihrer Vorbildwirkung in gleicher Weise nachkommen, wie es die öffentlichen Arbeitgeber des Bundes tun.”

Die Landesregierung hofft darauf, mit der Übertragung der Ausgleichsabgabe aus dem Einzelplan 20 als Gesamtsumme auf die Einzelpläne der Ministerien einen ökonomischen Hebel zur Einstellung von Schwerbehinderten installiert zu haben. Bislang glaubte ich, dass unsere Ministerinnen und Minister aus politischer Überzeugung Schwerbehinderten in ihrem Arbeitsbereich auch ohne diesen finanziellen Anreiz eine Chance einräumen würden. Ein solcher ökonomischer Anreiz ist für einen öffentlichen Arbeitgeber mit politischen Führungsaufgaben ein Armutszeugnis erster Klasse.

Ich frage Sie, meine Damen und Herren der Regierungsfraktionen: Wo bleibt die Beschäftigungsinitiative der Landesregierung für die öffentlichen Arbeitgeber unter Ihrer Verantwortung? Wo bleibt die Vorbildwirkung der Landesregierung für die Unternehmer in unserem Bundesland?

Zweitens: Eines der wichtigsten Instrumente des neuen Gesetzes sind die Integrationsfachdienste, die zusammen mit den Arbeitsverwaltungen und der Hauptfürsorgestelle mittels Öffentlichkeitsarbeit sowie aufklärenden und beratenden Gesprächen mit Arbeitgebern des Landes Arbeitsplätze für Schwerbehinderte anwerben sollen. Darüber hinaus sieht das Gesetz für Integrationsfachdienste die Begleitung und Unterstützung der schwerbehinderten Menschen während und nach einer Arbeitsaufnahme vor. Diese Funktion nahmen bisher unter anderem die psychosozialen Dienste wahr. Eine wesentliche Aufgabe bei der Umsetzung dieses Gesetzes durch die Landesregierung müsste es meines Erachtens sein, die Fachkenntnisse und Erfahrungen der psychosozialen Dienste zu nutzen und diese durch eine geschickte Koordinierung in Integrationsfachdiensten aufgehen zu lassen, wie es durch das Engagement des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Brandenburg in Cottbus geglückt ist.

Andere psychosoziale Dienste, zum Beispiel in Strausberg, hängen noch in der Luft und benötigen von der Landesregierung dringend Unterstützung. Hierbei wird wieder einmal deutlich, dass das zuständige Ministerium ein halbes Jahr nach In-KraftTreten des Gesetzes - an dessen Entstehung es selbst beteiligt war - seine Schularbeiten nicht gemacht hat. Hinzu kommt, dass es bei den bisherigen fünf Integrationsfachdiensten in einem Flächenland wie Brandenburg nicht bleiben kann. Weder für den Raum Frankfurt (Oder), für Brandenburg an der Havel noch für große Bereiche der Landkreise Barnim, Märkisch-Oderland, Oberhavel, Teltow-Fläming, Dahme-Spreewald und Havelland sind bislang Integrationsfachdienste geschaffen oder angeregt worden. Sind sie wenigstens vom zuständigen Ministerium angedacht?

Drittens: Die Einnahmen aus der Ausgleichsabgabe für die nicht mit Schwerbehinderten besetzten Pflichtplätze wurden vor allem für die so genannte Institutionsförderung verwendet, das heißt, für die Förderung von Werkstätten und Wohnstättenneubau. Die Behindertenbewegung hat diese Art von Förderung, die zuerst freien Trägern und oft nur indirekt betroffenen Menschen zugute kam, kritisiert. Aus diesem Grund hat der Bundesgesetzgeber neben anderen direkten Fördermaßnahmen die Schaffung von Integrationsfirmen und -betrieben mit einem Förderpaket abgesichert. In Brandenburg soll dieses Bündel an Fördermöglichkeiten zuallererst die geschützten Abteilungen, über die dankenswerter Weise Regine Hildebrandt ihre Hand hielt, endgültig absichern helfen. Jedoch nutzt man dieses unschätzbare Förderpaket zur Schaffung von Arbeitsplätzen für Schwerbehinderte auf dem Arbeitsmarkt nicht in vollem Umfang. Die Landesregierung verzichtet darauf, in werbenden und beratenden Gesprächen die Träger von Werkstätten für Behinderte darauf aufmerksam zu machen und ihnen Unterstützung dafür anzubieten, dass sie durch die Ausgründung einer Integrationsfirma aus ihrer Werkstatt für wenigstens einen Teil ihrer behinderten Beschäftigten eine Brücke zum Arbeitsmarkt schlagen können.

Die Behindertenwerkstätten sollen ein Ort des Lernens und der Ausbildung von Menschen mit Behinderungen sein, damit diese in die Arbeitswelt integriert werden, am gesellschaftlichen Leben gleichberechtigt teilhaben können, und keine Dauereinrichtung für alle behinderten Beschäftigten.

Sehr geehrter Herr Minister! Ich will nicht bestreiten, dass die Schaffung von Werkstätten für Behinderte eine hervorragende Leistung ist, die sowohl Sie als auch das Ministerium bisher erbracht haben und im Rahmen der finanziellen Mittel weiter ausbauen werden. Aber gerade aus diesem Grund fordern wir von der Landesregierung konzeptionelle Vorstellungen und Pläne im Rahmen dieses Gesetzes, in denen geregelt ist, dass Träger von Werkstätten für Behinderte mit Unterstützung der Arbeitsverwaltungen und der Hauptfürsorgestelle so genannte Außenarbeitsplätze in der Wirtschaft, also auf dem ersten Arbeitsmarkt, für ihre behinderten Beschäftigten schaffen. Wir benötigen konzeptionelle Vorstellungen, aber auch Fördermöglichkeiten, um einem Behinderten, der einen solchen Außenarbeitsplatz unter der Regie der Werkstatt hat, nach einer intensiven Eingewöhnungs- und Ausprobierphase eine echte Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt einräumen zu können, damit er von dem Arbeitgeber, in dessen Betrieb der Außenarbeitsplatz angesiedelt und in dem er unter nicht behinderten Beschäftigten arbeitet, also schon integriert ist, übernommen werden kann.

Viertens: Ich will einen weiteren Schwerpunkt der Behindertenpolitik ansprechen, der mir sehr am Herzen liegt, aber vom neuen Schwerbehindertenrecht nur indirekt betroffen ist. Durch die Requirierung von Arbeitsplätzen auf dem ersten Arbeitsmarkt für behinderte Beschäftigte aus anerkannten Werkstätten für Behinderte werden - jedenfalls in der Gesetzesbegründung der Bundesregierung - Mittel der Eingliederungshilfe zur Beschäftigung in einer Werkstatt frei.

Wenn die Landesregierung als überörtlicher Sozialhilfeträger dieses Geld dafür einsetzen würde, um für schwer geistig behinderte oder schwer mehrfach behinderte Menschen sinnvolle, therapeutisch zweckmäßige Beschäftigungsmöglichkeiten in Förder- und Beschäftigungsbereichen unter dem verlängerten Dach der WfB oder in von freien Trägern zu gründenden Tagesstätten zu finanzieren, wäre ein entscheidender Schritt zur Integration dieser schwerstbehinderten Menschen getan.