Protocol of the Session on April 4, 2001

Aus meiner Sicht folgerichtig hat die LEG keinen Blankoscheck erhalten. Die Koalition knüpft die Freigabe weiterer Mittel an betriebswirtschaftliche Vorgaben. Diesen Weg setzen wir fort.

(Zurufe von der PDS)

Ich verspreche Ihnen, Herr Vietze, dass es dann aber auf alle Landesgesellschaften ausgeweitet wird. Das werden wir schon machen. Sie können es dann später gut beobachten.

Ein anderes aktuelles Beispiel: Wir stehen zum Großflughafen Berlin Brandenburg International und er bekommt in diesem Haushaltsjahr trotz der angespannten Haushaltssituation mehr Geld. Ich sage Ihnen auch, warum wir dies trotz dieser schwierigen Haushaltslage tun. Unsere Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsregion Berlin-Brandenburg kann mit drei Provinzflughäfen auf keinen Fall im europäischen, schon gar nicht im weltweiten Wettbewerb mithalten. Wir wären schlichtweg zum Scheitern verurteilt. Daran hängen Arbeitsplätze und Wirtschaftsentwicklung in der Region Berlin-Brandenburg.

Die Koalition hat eine klare Priorität gesetzt. Sie haben dauernd gesagt, wir würden keine Prioritäten setzen. Schauen Sie bitte in den Entwurf des Nachtragshaushaltes! Schauen Sie hinein und Sie können lesen, dass diese Koalition kein Strohfeuer, nein, ganz im Gegenteil, dauerhaft, solide und nachhaltig mehr denn je in die Zukunft Brandenburgs investieren wird:

(Zurufe von der PDS)

in die Schulbildung der jüngsten Brandenburger, verehrte Frau Kollegin, in die landesweite Ausstattung aller Schulen mit internetfähigen Schulcomputern - hören Sie bitte einmal zu! -, in mehr BAföG für Brandenburger Studenten sowie mehr Sachmittel für unsere Hochschulen. Wir arbeiten an der Zukunft unseres Landes, der Region Berlin-Brandenburg.

Meine Damen und Herren, die Hunde bellen, aber die Karawane zieht weiter, nicht gen Osten, sondern gen Zukunft. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Für die DVU-Fraktion spricht Frau Hesselbarth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bischoff, könnten Sie mir vielleicht alles, was Sie hier fachlich sagten, aufschreiben? Ich glaube, dafür reicht eine Briefmarke.

(Beifall bei der DVU)

Etwas Unsolideres als den Nachtragshaushaltsentwurf 2001 der Landesregierung habe ich noch nicht gelesen. Unsere Fraktion lehnt den vorliegenden Entwurf daher vollinhaltlich ab. Sowohl der Entwurf des Nachtragshaushalts wie auch der neu gefasste Finanzplan für die Jahre 2000 bis 2004 sind das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben stehen.

Ich begründe die Ablehnung unserer Fraktion wie folgt: Mit

dem vorliegenden Nachtragshaushalt soll die Nettokreditaufnahme um 570 Millionen DM von bisher 275 Millionen DM auf nunmehr 845 Millionen DM erhöht werden. Damit erhöht sich das Haushaltsvolumen von bisher 19,1 Milliarden DM auf 19,5 Milliarden DM.

Begründet wird dies seitens des Finanzministeriums mit einem Konsolidierungsbedarf für 2001 von ca. 1,2 Milliarden DM. Dieser setzt sich aus etwa 570 Millionen DM Steuermindereinnahmen aufgrund der Steuerreform des Bundes, 300 Millionen DM Zusatzausgaben, die bei der Verabschiedung des Doppelhaushaltes angeblich noch nicht vorhersehbar gewesen wären, und einer globalen Minderausgabe in Höhe von 194 Millionen DM zusammen.

Wenn ich die Grundrechenarten richtig gelernt habe, klafft zwischen dem Gesamtbedarf für 2001 und der Zusatzdeckung per Neuverschuldung immer noch eine Lücke von sage und schreibe 630 Millionen DM. Diese wirklich fehlenden 630 Millionen DM sind - und das und nichts anderes ist die Wahrheit - in Ihren famosen Nachtragshaushaltsplan für 2001 überhaupt nicht eingearbeitet. Ganz im Gegenteil haben Sie, Frau Ministerin, obwohl Sie in Ihrer Presseerklärung vom 24. Januar 2001 den Konsolidierungsbedarf noch mit gut und gerne 1,1 bis 1,2 Milliarden DM angaben, diesen sodann bei Vorlage des Nachtragshaushaltsentwurfs auf 958,6 Millionen DM heruntergerechnet.

Ich frage Sie, Frau Ministerin: Welche Zahl gilt denn nun? Denn bei der von Ihrem Haus erstgenannten Zahl von 1,2 Milliarden DM Finanzbedarf ergäbe sich eine weitere Deckungslücke von 241 Millionen DM. Dies, meine Damen und Herren, dürfte durchaus realistisch sein.

Doch gehen wir ans Eingemachte und sehen wir uns einmal die angeblich unvorhersehbaren Zusatzausgaben von immerhin 389 Millionen DM an! - So wollen Sie bei der Verabschiedung des Doppelhaushaltes unter anderem nichts gewusst haben von einem Mehrbedarf bei der Bildungsreform von über 12 Millionen DM, bei den Zuweisungen für Hochschulen von 34 Millionen DM - davon allein über 11 Millionen DM aufgrund der Novellierung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes -, beim Maßregelvollzug in Höhe von 7 Millionen DM, damit Herrn Ziels Patienten nach dem Fall Schmökel und anderen in Zukunft doch nicht mehr so leicht entweichen können. Dazu kommen 1,6 Millionen DM bei der Technologieförderung, 4 Millionen DM bei der Finanzierung der BSE-Folgelasten, 2 Millionen DM für die Fernstraßenplanung, 108 Millionen DM für die Schülerbeförderung im Rahmen des übrigen ÖPNV und 100 Millionen DM für Erstattungen an den Bund für Zusatzversorgungssysteme nach DDR-Recht.

All dies, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, wussten Sie selbstverständlich im Juni letzten Jahres noch nicht! Das können Sie erzählen, wem Sie wollen, nicht jedoch uns und auch nicht den Wählerinnen und Wählern draußen im Lande!

(Beifall bei der DVU)

Selbstverständlich wussten Sie genauso wenig, dass Sie 5,6 Millionen DM für Maßnahmen der strafrechtlichen Rehabilitierung nach dem Ersten SED-Unrechtsbeseitigungsgesetz mehr ausgeben müssen, als ursprünglich geplant, oder eben auch 17,5 Millionen DM für die Novellierung des Wohngeldgesetzes.

Auch die 2,2 Millionen DM Mehrausgaben für Gefangenenentlohnung waren Ihnen völlig unbekannt - und dies, obwohl die zugrunde liegenden Bundesgesetze entweder im Juni 2000 bereits verabschiedet waren oder Ihnen doch als Entwürfe längst vorlagen.

Ich sage Ihnen, das, was Sie hier betreiben, ist haushaltspolitische Augenwischerei und hat mit der Realität nicht das Geringste zu tun.

Während der Haushaltsdebatte im Juni 2000 forderten wir, den Haushaltsplan zurückzunehmen und ihn in einer solideren Fassung unter Berücksichtigung aller Unwägbarkeiten und insbesondere ohne die als globale Minderausgabe ausgewiesenen Deckungslücken neu vorzulegen.

Dass eine Nettoneuverschuldung unabweisbar ist, wussten wir zu diesem Zeitpunkt längst, und das sagten wir auch.

Sie, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, und insbesondere Sie, Frau Ziegler, als damalige SPD-Sprecherin im Finanzausschuss wussten es natürlich ebenso und boxten den unsoliden Haushalt trotzdem durch.

Nun liegt der Nachtragshaushalt vor, der den Doppelhaushalt an Unausgewogenheit übertreffen soll. Er enthält wesentlich mehr Unwägbarkeiten und weitere Deckungslücken. Einige Beispiele gefällig?

Sind Sie sicher, Frau Ministerin, dass es bei den Zuweisungen an die Berlin Brandenburg Flughafen Holding GmbH bei einem Mehrbedarf von 55 Millionen DM bleibt? - Wir nicht! Waren Sie nicht bei der gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse für Haushalt und Finanzen sowie für Recht anwesend, in der unter anderem der Verfassungsgerichtspräsident Dr. Macke klar und deutlich nachwies, dass die geplanten 1,2 Millionen DM Mehrausgaben für die Gerichte hinten und vorn nicht reichen? - Unsere Fraktion geht von einem Mehrbedarf von mindestens 3,5 Millionen DM aus.

Eine Unverfrorenheit ist es angesichts dieser Tatsachen im Übrigen, dass sich Herr Minister Schönbohm seine undemokratische Verfassungsschutzbehörde mit einer Million DM zusätzlich alimentieren lassen will. Schon die bisher eingestellten 1,2 Millionen DM wären wesentlich sinnvoller bei den Gerichten des Landes Brandenburg angelegt gewesen oder finden Sie das nicht, Herr Prof. Dr. Schelter? - Herr Stange, richten Sie ihm das bitte aus!

Frau Ministerin, wie können Sie überhaupt von Minderausgaben für Zinsen in Höhe von sage und schreibe 60 Millionen DM gegenüber dem bisherigen Haushaltsansatz ausgehen angesichts der Tatsache, dass die Zinsen im Moment wohl eher wieder steigen als sinken? - Auch dies bleibt Ihr Geheimnis.

Doch nun zu einem anderen Thema, Frau Ministerin. In einer Pressemitteilung Ihres Ministeriums vom 14. März 2001 hatten Sie sich öffentlich darüber gefreut, dass das Steueraufkommen Brandenburgs seit 1991 um jährlich 12 % gestiegen ist. Offensichtlich in seiner Steuerschätzungseuphorie hatte Ihr Haus dann wohl auch die Steuereinnahmen des Landes so hoch angesetzt. Sie müssen jetzt hergehen und die Steuerschätzung um die Irrsinnssumme von 528 Millionen DM nach unten korrigieren,

wozu noch 14 Millionen DM Mindereinnahmen aus Bundeszuweisungen kommen.

Bedenkt man angesichts dieser haushaltspolitischen Mangellage noch die Tatsache, dass der Haushaltsabschluss 2000 mit einer Zusatzverschuldung von 326,9 Millionen DM endete - nämlich mit 951,9 Millionen DM an Nettokreditaufnahme gegenüber den geplanten 625 Millionen DM -, dass der Finanzausschuss auf Ihr Betreiben, Frau Ziegler, kürzlich außerplanmäßige Verpflichtungsermächtigungen für die Jahre 2002 und 2003 für Ihre Landesfirma LEG - oder sollte ich lieber „Landespleitefirma” sagen? - von 53 Millionen DM beschloss, dass es bei der geplanten Chipfabrik in Frankfurt (Oder) auch eine Investition vom Land geben muss und dass die geplanten Reformvorhaben wie die Polizeistrukturreform, die Gemeindegebietsreform, die Forstreform oder auch die Schulreform im vorliegenden Nachtragshaushalt nicht oder - wie bei der Bildungsoffensive - kaum erwähnt werden, so ist das vorliegende Papier bestenfalls für den Papierkorb oder den Reißwolf geeignet, nicht jedoch dazu, darüber im Plenum abzustimmen.

Selbst die als globale Minderausgabe für 2001 ausgewiesene Deckungslücke von 294 Millionen DM haben Sie auf 240 Millionen DM künstlich heruntergerechnet - in der Hoffnung, die Haushaltssperre könne diese Summe erbringen.

Bereits während der letzten Ausschusssitzung mussten Sie zugeben, dass in diesem Jahr noch 201 Millionen DM offen sind und dass für 60 Millionen DM keine Deckungsmöglichkeiten da sind. Also lassen Sie sich noch einmal vorsorglich die Blankomöglichkeit einer weiteren Neuverschuldung von einer halben Milliarde DM am Landtag vorbei offen.

Wir sollen als Parlamentarier heute diesen „Ermächtigungsparagraphen” auch noch beschließen. - Aber nicht mit uns! Unsere Forderung bleibt bestehen: Überarbeiten Sie dieses Papier, setzen Sie endlich an den richtigen Stellen Prioritäten, so wie es versprochen wurde! Denken Sie daran, dass kein Unternehmen in der freien Wirtschaft so haushalten kann, wie Sie es hier vormachen!

Dann eines zum Abschluss noch ganz deutlich: Länger über so viel Unausgewogenheit zu reden, ist mir meine Zeit zu schade, und wir werden auch einer Ausschussüberweisung nicht zustimmen. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, begrüße ich herzlich Gäste aus Perleberg. Offensichtlich haben die Prignitzer heute Wandertag. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Das Wort hat nun Herr Abgeordneter Lunacek. Er spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Landesregierung zum Nachtragshaushalt für 2001 liegt uns

vor und er sieht vor, die Einnahmen und Ausgaben des Landes um 352 Millionen DM zu erhöhen. Brandenburg wird damit insgesamt 19,49 Milliarden DM ausgeben, sofern wir diesem Gesetzentwurf zustimmen.

Wichtig ist mir, dass der Haushalt 2001 weiterhin deutlich unter dem Ansatz des Vorjahres liegt, nämlich um etwa 200 Millionen DM. Der Weg der Konsolidierung wird damit weitergeführt.

Zugleich steigt die Nettokreditaufnahme um 570 Millionen DM. Diese Steigerung der Neuverschuldung gegenüber den ursprünglichen Planungen ist schmerzlich. Wer allerdings kritisiert, sollte eine andere Lösung nennen. Die habe ich bisher von niemandem, auch nicht in den Ausschüssen gehört.

Notwendig wird die erhöhte Kreditaufnahme aufgrund von Steuerausfällen in exakt dieser Höhe, bedingt durch die von Brandenburg mitgetragene Steuerreform.

Meine Damen und Herren, wir haben heute die 1. Lesung des Nachtragshaushaltes und es ist sicherlich nicht üblich, bei einem Nachtragshaushalt eine so umfassende Debatte darüber zu führen, aber das gibt die Chance, auf einzelne Punkte etwas intensiver einzugehen. Das möchte ich hiermit tun.

Wir brauchen uns mit den vorgelegten Änderungen zum Landeshaushalt nicht zu verstecken. Im Gegenteil! Gegenüber den Planungen haben wir im Landeshaushalt für dieses Jahr eine Finanzierungslücke von 1,15 Milliarden DM. Uns fehlen gegenüber den ursprünglich geplanten Einnahmen und Ausgaben damit knapp 500 DM pro Einwohner.

Es gibt verschiedene Ursachen für diese Finanzierungslücke. Hauptursache ist die im Sommer vergangenen Jahres vom Bund und dann auch von den Ländern beschlossene Steuerreform. Diese Steuerreform bedeutet, dass wir in diesem Jahr 570 Millionen DM weniger Einnahmen haben werden - Geld, das wir den Bürgern belassen, ihnen nicht mehr aus der Tasche ziehen. Das ist ein Punkt, der mir von zentraler Bedeutung erscheint: Wir ziehen den Bürgern weniger aus der Tasche, wir lassen ihnen mehr.

Die große Koalition hat dieser Steuerreform zugestimmt, auch aus brandenburgischem Interesse, weil davon ein kräftiger Wachstumsschub für die Wirtschaft in Deutschland ausgeht. Dies bedeutet mittelfristig mehr Arbeitsplätze, eine Senkung der Arbeitslosigkeit und in einigen Jahren auch Mehreinnahmen für den Staatshaushalt.