Protocol of the Session on February 28, 2001

(Zurufe von der PDS)

- Aber ich habe das Protokoll nachgelesen. Wenn Sie es nachlesen, werden Sie eines feststellen: Auf insgesamt 91 Seiten hat sich in Bezug auf die gesamte Diskussion, die vorher stattgefunden hat, kein neues Argument ergeben. Es gab keine neuen Einsichten,

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Umso schlimmer, wenn Sie alles schon wussten!)

wohl aber ein bis daher nicht gefundenes Maß an Populismus. Ein Beispiel dafür werde ich Ihnen gleich nennen.

Zum PDS-Entwurf gab es übrigens auch kritische Worte; das werden Sie auch zugeben, Herr Sarrach. Es gab zum Teil deutliche Ablehnungen, auch wenn einige ihn prima fanden.

Ihre Anträge, so haben Sie eben gesagt, Herr Sarrach, seien vom Städte- und Gemeindebund mit formuliert worden.

(Sarrach [PDS]: Nein!)

Sie haben sich auch beim Thema Ortsteilverfassung auf den Städte- und Gemeindebund bezogen. Der Sprecher des Städteund Gemeindebundes, den wir alle kennen oder zumindest schon gehört haben, hat in dieser Anhörung Folgendes gesagt:

„... was als Schmankerl draufgesetzt worden ist, aus einer erweiterten Ortschaftsverfassung, die mit Rechten ausgestattet ist, wie sie heute zum Teil nicht vorhanden sind, und darüber hinaus mit Budgetrechten, Vetorechten und Anhörungsrechten, die über das, was jetzt vernünftigerweise § 54 der Gemeindeordnung regelt, weit hinausgehen.”

Das wollen wir nicht. Anders ausgedrückt: Wir wollen keine Veränderung der Ortsteilverfassung, weil wir diese nicht gut finden.

Die Änderungsanträge, die Sie hier vorgelegt haben, sind in den Nummern 3/2463, 3/2464, 3/2465 und 3/2466 zum Teil verfassungsrechtlich bedenklich und die Gesamtverantwortung der Gemeinde würde geschwächt. Zum Teil setzen Sie überflüssige Normen; mit Normen haben Sie ja Erfahrungen. Zum anderen wird einer für den Bürger nicht überschaubaren Aufgabenzersplitterung Vorschub geleistet. Wir wollen Transparenz und Gemeinsamkeit.

Gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Abgeordneten Sarrach?

Nein, Herr Präsident. - Das Landesverfassungsgericht hat sich natürlich nicht auf die von der PDS ausgelegte Leimroute locken lassen, sondern ihr klare Worte ins Stammbuch geschrieben. Der PDS-Antrag wurde abgeschmettert. Ich weiß, dass Sie sich etwas anderes erhofft hatten. Die PDS hätte besser daran getan, mehr Zeit in die zuvor beschworene Auswertung der Anhörung zu investieren. Dann hätten Sie hier vielleicht erfolgreicher argumentieren können.

Lassen Sie mich noch ganz kurz etwas zu dem Entwurf der PDS zu einem Gesetz über die Grundsätze der Gemeindegebietsreform sagen. Wenn im Februar 2001 nach einer jahrelangen Diskussion über die Gemeindereform, nach zahlreichen Anhörungen und Untersuchungen und nach dem von der PDS groß aufgezogenen Kommunalpolitischen Forum vom 20. Januar dieses Jahres nicht mehr als dieser Gesetzentwurf und dieses Positionspapierchen, Ihre Stellungnahme zu den Leitlinien, herauskommen, dann kann ich nur sagen, dass es bei Ihnen inhaltlich nicht weit her ist. Ich werde Ihre Stellungnahme zu den Leitlinien in meiner Argumentation verwenden. Ich werde sagen: Das ist die Position der PDS; lesen Sie einmal nach, was da drin steht! Sie haben mir mit dieser Stellungnahme also einen großen Gefallen getan, weil in ihr nicht viel herüberkommt.

Die Quintessenz dessen, was Sie sagen, fasse ich wie folgt zusammen: Es gibt einen dringenden Reformbedarf, aber nicht mit uns. Der Unterschied zwischen Ihnen und uns ist: Wir gestalten die Dinge, Sie lassen sie laufen. Daher kann die Landesregierung den Vorstellungen der PDS nicht folgen.

Ich habe diese Vorbemerkungen gemacht, um deutlich herauszuarbeiten, dass wir uns ernsthaft mit diesen Fragen beschäftigt

haben. In diesem Lande hat man - Sie wissen das doch besser als ich, weil Sie hier länger politisch tätig sind - seit vier, fünf Jahren darüber diskutiert. Es gibt keine neuen Argumente und es muss jetzt entschieden werden. Wer sagt, er höre jetzt neue Argumente, der hat vorher geschlafen oder hat Wachs in den Ohren gehabt. Die Zeit ist reif für eine Entscheidung.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD - Zuruf der Abgeordneten Frau Stobrawa [PDS])

- Frau Kollegin, wir müssen mit unserer Entscheidung auch gegenüber unseren Bürgerinnen und Bürgern glaubwürdig sein, die wissen wollen, wo es lang geht, und die selber sagen, dass die Entscheidungen überfällig sind. Unterhalten Sie sich doch einmal mit Leuten im Lande!

(Prof. Dr. Bisky [PDS]: Tun wir!)

Wir haben die Leitlinien vorgelegt. Der Landtag hat durch Entschließungsantrag diese Leitlinien zur Kenntnis genommen. Gemäß Ziffer 1 dieser Entschließung betrachtet der Landtag die Leitlinien als tragfähige Basis für die Schaffung leistungsfähiger Kommunalstrukturen. Die Leitlinien zeigen den Reformbedarf und die daraus abgeleiteten Lösungsansätze auf. Sie bilden einen Orientierungsrahmen für Gemeinden und Richtlinien für die Kommunalaufsichtsbehörden bei der Beratung und Entscheidung über zukünftige Gebiets- und Verwaltungsreformen auf kommunaler Ebene. Insoweit ist der Handlungs- und Entscheidungsrahmen vorgegeben. Dies ist in der jetzigen Situation wichtig. Die Leitlinien binden auch den Minister des Innern. Wir machen keine Reform nach Gutsherrenart, wie Sie bisweilen vermitteln wollen.

Die Vorlage von Leitlinien oder einer kommunalen Zielplanung durch den Minister des Innern und ein anschließender Diskussionsprozess stellen ein Verfahren dar, das in anderen Bundesländern üblich ist und dort erfolgreich absolviert wurde. Von daher wären wir gut beraten, uns diese Erfahrungen zunutze zu machen.

In vielen Bereichen ist unserem Gesetzentwurf nicht widersprochen worden. Sie machen Verbesserungsvorschläge, wie Sie meinen; wir halten sie für Veränderungs-, teilweise sogar für Verschlimmbesserungsvorschläge. In Ihrem Papierchen, der Stellungnahme, sagen Sie, die Gemeindegebietsreform solle durchgeführt werden, allerdings freiwillig. Wir hoffen, dass es freiwillig ist. Aber wenn Sie Ihre Obstruktionspolitik intensivieren, kann es sein, dass Sie etliche Leute daran hindern, zu einer gemeinsamen Überzeugung zu kommen. Darum haben auch Sie von der PDS eine hohe Verantwortung, woran wir Sie in den Diskussionen auch messen werden. Wir werden daher in der öffentlichen Diskussion nicht vergessen, welche Verweigerungshaltung Sie einnehmen.

(Beifall bei der CDU)

In diesem Punkt haben wir auch mit Blick auf Ihren neuen Vorsitzenden ein paar Fragen. Ein neues Gesicht macht keine moderne Partei, wie auch eine neue Frisur keinen neuen Menschen macht. Das ist nun einmal so.

(Vietze [PDS]: Das stimmt! - Weitere Zurufe von der PDS)

- Bei mir, Frau Kollegin.

(Klein [SPD]: Das geht uns beiden so!)

Wir müssen, meine Damen und Herren, im Hinblick auf die amtsfreien Gemeinden zwischen der Meinung des Landkreistages und der Position des Städte- und Gemeindebundes einen Spagat machen. Jeder von uns kann aus den 91 Protokollseiten ein Zitat herausziehen, das ihn voll bestätigt. Darum müssen wir das Gesamte sehen. Der Städte- und Gemeindebund und der Landkreistag haben dazu unterschiedliche Vorstellungen. Das wissen wir und damit haben wir uns auseinander gesetzt. Darum versuchen wir, dies auszutarieren, und darum haben wir uns intensiv mit der Frage der Ortschaftsverfassung im Einzelnen befasst. Dies ist auch ein Teil dieses Gesetzentwurfs.

Damit es klar ist: Die Kirche bleibt im Dorf, die Freiwillige Feuerwehr auch. Das Leben spielt sich in unseren Dörfern ab. Wir hoffen, dass wir durch diese Gemeindegebietsreform die Möglichkeit finden, die Entwicklung der Dörfer insgesamt besser zu unterstützen. Wenn wir in dieser Frage eine gemeinsame Position haben, dann sollten wir überlegen, welche Wege es gibt, um dieses Ziel zu erreichen. Von daher verstehe ich manchmal die Aufregung nicht, die hier an den Tag gelegt wird.

(Frau Kaiser-Nicht [PDS]: Ich verstehe sie schon lange!)

Auch die örtlichen Akteure haben die Möglichkeit, im Rahmen ihrer gemeinsamen Verhandlungen, im Rahmen der Freiwilligkeit und in der Ausnutzung dieses Gesetzes die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sich die Gemeinden oder Ortschaften in den Entscheidungsprozess einbringen können.

(Frau Osten [PDS]: Sie kennen doch Ihr eigenes Gesetz und wissen, dass das nicht so ist!)

- Doch, das ist so.

Im Gegensatz zu anderen Bundesländern wie zum Beispiel Sachsen, Niedersachsen oder Thüringen, also Ländern, die nicht nur von der CDU regiert sind, was sonst ja immer vorgeworfen wird, werden Entscheidungsrechte nicht obligatorisch eingeräumt. Aber in den Hauptsatzungen können Regelungen unter Berücksichtigung der örtlichen Interessenlage getroffen werden. In Thüringen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz ist übrigens auch in den zweistufigen Gemeindemodellen die Ortschaftsverfassung eingeführt worden. Kurzum, wir befinden uns mit unserem Modell in guter Gesellschaft und haben uns der Erfahrungen bedient, die andere gemacht haben.

Jetzt muss das Gesetz in Kraft treten; vor Ort wartet man darauf. Ich habe Briefe bekommen - Sie vermutlich auch -, in denen es heißt: Wir wollen endlich Klarheit haben, damit wir wissen, wohin es geht. Von daher ist es an der Zeit, dass wir gemeinsam daran arbeiten, unsere Mitbürger von der Notwendigkeit der Veränderung zu überzeugen. Wenn dieses Gesetz verabschiedet sein wird, müssen wir gemeinsam daran arbeiten, dass es auch umgesetzt wird.

Klar ist auch, dass das Gesetz nicht gegen die Bürger geht. Ich werbe vor Ort und auch heute vor den Abgeordneten des Landtages darum, sich diesem Prozess anzuschließen. Ich bitte die

Abgeordneten der PDS darum, wenn sie mit ihren Änderungsanträgen nicht durchkommen, dass sie wenigstens sagen, dass wir eine Veränderung brauchen. Bekennen Sie sich doch zu der Notwendigkeit von Veränderungen und bekennen Sie sich dazu, dass der Weg zumindest in Teilbereichen auch für Sie akzeptabel ist! Dann können Sie auch sagen, wo er nicht akzeptabel ist.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, wir sind am Ende eines langen Diskussionsprozesses. Ich möchte mich besonders bei den Koalitionsfraktionen für die Art der Zusammenarbeit bedanken. Natürlich haben wir auch in der Koalition Auseinandersetzungen gehabt.

Es ist ein Bestandteil der Demokratie, sich um den richtigen Weg, um den besseren Weg auseinander zu setzen. Dies haben wir gemeinsam gemacht und dies hat in großer Kollegialität stattgefunden, weil wir gesagt haben: Wir wollen das tun, was für Brandenburg richtig ist.

Ich möchte mich auch bei meinen Mitarbeitern bedanken, denn auch für sie war es eine schwere Zeit. Ich möchte mich besonders bei denen bedanken, die ins Land hinausgehen, um diese Leitlinien zu erklären. Es sind Leitlinien der Landesregierung; dafür können Sie mich prügeln. Es sind Leitlinien des Landtages, die er zur Kenntnis genommen hat; darüber können wir diskutieren. Aber tun Sie mir einen Gefallen: Beschimpfen Sie nicht meine Mitarbeiter, die hinausgehen, um das zu tun, wozu sie verpflichtet sind, weil das ihre Aufgabe ist!

(Frau Osten [PDS]: Wer beschimpft denn hier wen?)

Das wäre meine Bitte an Sie. Wirken Sie alle daran mit, dass das nicht passiert!

(Beifall bei der CDU)

Ihnen schulde ich Dank und ich hoffe, wir werden gemeinsam diese Aufgabe schultern können. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und teilweise bei der SPD)

Ich danke dem Innenminister. - Das Wort geht noch einmal an die Fraktion der PDS. Bitte, Frau Dr. Enkelmann! Aber Ihre Zeit ist sehr gering bemessen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein Wort an Herrn Petke: Herr Petke, Sie haben hier verschiedene Lösungsansätze versprochen und ich verspreche Ihnen jetzt: Wir werden Sie beim Wort nehmen. Aber Sie waren auch derjenige, der durch das Land getourt ist und gesagt hat: Der Sack ist zu, es passiert nichts mehr. - Also, wir werden uns wieder sprechen.

(Beifall bei der PDS)