Protocol of the Session on January 24, 2001

"nach ihrem steuerpolitischen Konzept saldiert, ergibt sich ein zusätzliches Steueraufkommen pro Jahr zwischen 125 und 170 Milliarden DM."

Lesen Sie mal Ihre eigenen lnternetseiten, da können Sie das alles nachvollziehen.

(Zuruf von der PDS: Ja, die richtigen Leute besteuern, Herr Lunacek! - Weitere Zurufe von der PDS)

Das kann man auch an Ihrem Tun ablesen. Sie haben in den Haushaltsverhandlungen die Erhöhung aller möglichen Steuereinnahmen im Landeshaushalt beantragt. Die PDS hat in diesem Jahr beantragt - die Unterlagen haben wir alle noch vorliegen -: 20 Millionen DM mehr Lohnsteuer, 40 Millionen DM mehr veranlagte Einkommensteuer, 20 Millionen DM mehr Körperschaftsteuer, 40 Millionen DM mehr Kfz-Steuer. Das sollte man den Menschen draußen sagen. Die Biersteuer wollten Sie nicht erhöhen, das haben wir damals auch festgestellt.

Meine Damen und Herren! Was die PDS mit dem Stichwort "soziale Gerechtigkeit" bemäntelt, ist in Wahrheit eine immer stärkere Abzocke des Bürgers mit dem Ziel, alles über den Staat zu regeln, den Bürgern eigenen Spielraum und eigene Verantwortung zu nehmen, um den alles beglückenden Sozialismus zu simulieren.

(Beifall bei SPD und CDU)

Im Ergebnis entmündigen Sie damit die Bürger, weil Sie ihnen immer mehr eigene Entscheidungsfreiheit nehmen. Sie töten damit auch den Leistungswillen. denn wenn sich Leistung nicht mehr lohnt, wird auch weniger geleistet.

(Zurufe von der PDS)

Das ist der falsche Weg. das wollen wir nicht. Wir wollen eigenverantwortliche Bürger, die selbstbestimmt ihr Leben gestalten können. Wir wollen, dass der Staat dort hilft, wo es notwendig ist.

(Zurufe von der PDS)

Wir wollen eine soziale Politik, aber wir wollen keine sozialistische.

Meine Damen und Herren! Brandenburg hat kein Einnahmeproblem; wir haben ein Ausgabeproblem. Brandenburg hat 20 °/0 mehr Einnahmen im Landeshaushalt je Einwohner als vergleichbare alte Bundesländer. Wir haben dennoch Probleme, die Ausgaben in den Griff zu bekommen. Deshalb muss klar konstatiert werden: Wir leisten uns zu viele konsumtive Ausgaben. Brandenburg hat lange über seine Verhältnisse gelebt. Wir haben einen hohen, zu hohen Schuldenstand angehäuft.

uingesetzt wird. Das allein genügt allerdings nicht. Wir sind uns darüber einig, dass es in diesem Jahr ein Haushaltsstrukturgesetz geben muss, das im Ergebnis ein solides Gleichgewicht zwischen Ausgaben und Einnahmen schafft. Das wird in mancher Frage ein schmerzhafter Prozess, aber die Chancen und die Notwendigkeiten überwiegen.

Was wir benötigen. ist eine konsequente Orientierung auf einen schlanken, aber handlungsfähigen Staat. Wir müssen darüber reden, was das Land leisten kann, was es leisten muss und was die Bürger vom Land erwarten. Wir müssen auch offen die Frage diskutieren, und zwar ohne Tabus: Was hat sich inzwischen mehr zu einer Belastung anstatt zu einer Hilfe entwickelt? Wir müssen den Abbau von Normen und Standards vorantreiben. Das ist im Übrigen auch Ziel des Koalitionsvertrages. Viel 13iirokratie. viele Normen und Standards werden von den Bürgern. von den Kommunen und von den Unternehmen als überflüssige Gängelung empfunden und sind verzichtbar. Verzichtbar ist damit auch vieles an teurer Bürokratie.

Ich frage: Ist es wirklich hinnehmbar, dass wir ein aufgeblähtes, alles regelndes Umweltschutzgesetz haben, das dem Bürger - bis herunter auf sein privates Anwesen - in jede Kleinigkeit hineinredet? Ich habe es selbst erlebt. Wenn man auf dem eigenen Grundstück einen Baum von mehr als 10 cm Durchmesser fällen will. muss man eine Antragsorgie über sich ergehen lassen. Leute kommen und sehen sich das an, man bekommt Aufla gen und bezahlt das. Kollege Schulze hat neulich im Arbeitskreis mitgeteilt, dass er auf seinem eigenen Anwesen eine Birke gefällt hat, dies ebenfalls beantragen musste - sie war im Übrigen tot - und die Auflage bekommen hat. das Holz fünf Jahre zu lagern. Da fragt man sich: Ist das alles wirklich noch zeitgemäß?

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Ist es zeitgemäß - ich nenne bewusst Dinge. die sowohl A- wie auch B-Ressorts betreffen, weil es mir wirklich um die Sache geht -, dass wir den Denkmalschützern...

Herr Abgeordneter Lunacek, ehe Sie weitere Bäume lagern: Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Ist es wirklich zeitgemäß, dass wir den Denkmalschützern die Möglichkeit geben, wegen einiger Scherben, die bei Grabearbeiten gefunden werden, Millionen-Investitionen im Bereich der Innenstädte zu blockieren?

(Beifall bei der CDU)

Ist es vertretbar. den Unternehmen dann auch noch die Kosten für diese Grabearbeiten aufzuerlegen'? Ich habe selbst erlebt, wie zweistellige Millionensummen an Investitionen wegen solcher Dinge über Jahre hinweg blockiert wurden und die Investoren abgesprungen sind.

Seit wenigen Jahren wird hier umgesteuert und dies muss konsequent fortgeführt werden. Wir werden deshalb sehr genau darauf achten, dass das Ziel der Stellenreduzierung wirklich

(Zuruf der Abgeordneten Frau Kaiser-Nicht [PDS])

Ich möchte Beispiele dafür nennen, wie andere Dinge aus dem

Umweltschutzbereich ausufern. Sie können z. B. von Altenhof am Werbellinsee in den Nachbarort fahren. Dort existiert eine Straße, in der die Umweltschutzbehörden Hand in Hand mit dem Biosphärenreservat verhindern, dass ein Fahrradweg gebaut wird. Dort fahren täglich viele Kinder zur Schule. Das ist ein typisches Beispiel dafür, dass für manche Ideologen Käfer und Gräser wichtiger sind als Kinder. Das ufert aus.

Wenn wir wirklich Ernst damit machen wollen,

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Bisky [PDS])

dass wir den Landeshaushalt sanieren, dass wir einen schlanken, handlungsfähigen Staat bekommen, der auch Soziales leisten kann, dann müssen wir mit der Novellierung dieser Gesetze Ernst machen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren. ich fordere Sie auf: Tun Sie hier mit! Machen wir Ernst! Dann werden wir die Probleme in Brandenburg auch lösen. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke ihnen. Herr Abgeordneter Lunacek. - Das Wort geht an die Fraktion der DVU. Frau Abgeordnete Hesselbarth.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr große Worte sind jetzt hier gefallen. Werden diesen dann auch Taten folgen?

Lassen Sie mich meinen Ausführungen aber ein Zitat voranstellen:

".., wir müssen darauf achten, dass die finanzielle Handlungsfähigkeit des Landes auch in Zukunft erhalten bleibt und nicht durch unkontrolliert ansteigende Zinslasten aufgezehrt wird. Trotz des historisch niedrigen Niveaus zahlen wir jährlich anderthalb Milliarden Mark Zinsen. Die Zinslast übersteigt damit die Etats der Ressorts - z. B. der Ressorts für Wirtschaft, Inneres und Wissenschaft.

Diese Entwicklung müssen wir stoppen, wenn wir die Entwicklung des Landes auch in Zukunft noch verantwortlich gestalten wollen... Die Koalitionsvereinbarung beinhaltet, die jährliche Nettokreditaufnahme bis zum Jahr 2002 schrittweise auf null zurückzuführen. Es führt kein Weg an dieser Tatsache vorbei. Wir werden mittelfristig nicht mehr Geld ausgeben können. als wir einnehmen. Das bedeutet, dass alle von der Koalition beschlossenen Vorhaben in den vorgegebenen finanziellen Gesamtrahmen eingepasst werden müssen."

So sprachen Sie, Herr Ministerpräsident Dr. Stolpe, in ihrer Regierungserklärung am 24. November 1999.

Aber wie sieht die finanzielle Lage nun wirklich aus? Hatte man uns Parlamentariern während der Haushaltsdebatte des vergan

genen Sommers bereits ein unausgewogenes Stückwerk, in dem eine Deckungslücke von einer halben Milliarde DM klaffte, vorgesetzt und gegen den Widerstand auch unserer Fraktion mithilfe der Koalitionsfraktionen durchgeboxt, so werden wir uns als Parlamentarier voraussichtlich im Monat März mit einem Nachtragshaushalt zu beschäftigen haben, den wir ebenfalls bereits vorausgesagt hatten.

Nach dem heutigen Stand beträgt das auszugleichende Defizit allein im Jahr 2001 1,2 Milliarden DM. Davon sollen 570 Millionen DM an Steuermindereinnahmen aufgrund der so genannten Steuerreform des Bundes durch Neuverschuldung ausgeglichen werden, womit sich die Nettoneuverschuldung im Jahr 2001 auf 845 Millionen DM erhöhen und damit deutlich über der Nettoneuverschuldung im Jahr 2000 und fast bei der Nettoneuverschuldung 1999 mit einer Milliarde DM liegen wird,

Herr Ministerpräsident. wo bleibt denn angesichts dieser Tatsachen der von Ihnen angekündigte Stopp der Zinslasterhöhung? Merkwürdig ist auch. dass unsere Landesregierung nicht bereits im Jahr 2000 die durch die so genannte Steuerreform der Bundesregierung verursachten Mindereinnahmen erkennen konnte und stattdessen im November 2000 gegenüber der Presse noch mit unwahren Zahlen über rund 100 Millionen DM Steuermehreinnahmen für 2001 aufgrund der Steuerschätzung openerte.

Zu den nicht vorausgesagten Steuermindereinnahmen kommen noch 294 Millionen DM aus der globalen Minderausgabe wegen ungedeckter Mittel sowie circa 310 Millionen DM an angeblich nicht vorhersehbaren Zusatzkosten, z. B. für Zuschüsse an die Kommunen für den ÖPNV, Zuschüsse Für die Flughafenholding BBF, Nachzahlungen für Zusatzversorgungssysteme nach DDR-Recht. Mehrbelastungen durch die BAFÖG-Novelle und an BSE-Folgelasten, hinzu - und Schmöke] nicht zu vergessen.

Ich frage mich, was an diesem Doppelhaushalt bei so viel geplanten nicht vorhersehbaren und ungedeckten Kosten überhaupt noch an gedeckten Kosten übrig bleibt. Das sind die Tatsachen. Ihr Haushalt ist also nichts anderes als finanzpolitische Makulatur und bereits seit Monaten obsolet.

In Wahrheit wird es auch nicht bei den 310 Millionen DM bleiben. Allein die Kosten der geplanten Castortransporte durch Brandenburg werden auf 15 Millionen DM im Jahr 2001 geschätzt. Darüber hinaus will der Innenminister nochmals 22 Millionen DM, uni seine Verfassungsschutzbehörde um 25 Stellen aufzustocken. Der Landespräventionsrat schlä gt schätzungsweise mit bisher ungeplanten weiteren 1,4 Millionen DM zu Buche.

Die bereits von der Finanzministerin verfügte Haushaltssperre soll, so ist zu hören. knapp 200 Millionen DM erbringen, was jedoch zulasten der Bürger sowie der Ihrerseits mit einem Finanzloch von 350 Millionen DM belasteten Kommunen des Landes gehen wird. Selbst bei knappster Kalkulation und Nichtberücksichtigung der so genannten globalen Minderausgabe fehlen nach heutigem Stand zur Defizitdeckung nach Angaben des Finanzministeriums noch über 90 Millionen DM.

Von einer Rückführung der Nettoneuverschuldung auf null im Jahr 2002 kann also keine Rede mehr sein. Einerseits klafft laut mittelfristiger Finanzplanung im noch zu verabschiedenden Haushalt des Jahres 2002 bereits heute durch die globale Min

derausgabe in Höhe von 421 Millionen DM eine Lücke und andererseits erklärt Frau Finanzministerin, dass eine Rückführung der Nettoneuverschuldung auf null frühestens im Jahr 2004 möglich wäre. Wäre. Herr Lunacek!

Kommen Sie bitte zum Schluss, Frau Abgeordnete Hesselbarth!

Ja, ein letzter Satz. - Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank und von den Koalitionsfraktionen, ich fordere Sie auf: Zeigen Sie weiter - so wie heute bereits angefangen - Gesicht und erklären Sie den Bürgerinnen und Bürgern die wirkliche finanzielle Lage des Landes Brandenburg!

(Kulmert [SPD]: Das haben Sie doch gemacht!)