Protocol of the Session on August 26, 2004

Darüber hinaus sage ich auch mit Blick auf den LEG-Untersuchungsausschuss: Das Land hat weder ein funktionierendes Beteiligungsmanagement, was heute schon öfter gesagt worden ist, noch ein effektives Beteiligungscontrolling. Es gibt kein funktionierendes Vertragsmanagement - die Intel-Verträge sprechen da eine deutliche Sprache -, geschweige denn ein effektives Vertragscontrolling.

Den Frankfurterinnen und Frankfurtern bleibt von einem großen Traum nur ein weithin sichtbares Mahnmahl verfehlter brandenburgischer Landespolitik.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort erhält erneut die SPD-Fraktion. Für sie spricht jetzt der Abgeordnete Schulze.

Herr Präsident! Verehrte Anwesende! 100. Sitzung. Ein wichtiges Thema. Tagesordnungspunkt 1: LEG-Untersuchungsausschuss. Tagesordnungspunkt 2: Chipfabrik-Untersuchungsausschuss. Ich kann nur sagen: Schade, schade, schade! Wir haben hier zum Teil eine Chance verpasst. Einige konnten der Versuchung nicht widerstehen, hier ein bisschen die Messer zu wetzen.

Schade finde ich auch das zwischenzeitliche große Desinteresse in diesem Saal. Zeitweise war kaum die Hälfte der Abgeordneten anwesend, waren die Regierungsbänke leer. Auch von den Journalistinnen und Journalisten, die sich mit den heutigen Themen beschäftigt haben, waren nur wenige anwesend. Ich meine, das muss hier gesagt werden.

Wir reden beim Thema Chipfabrik-Untersuchungsausschuss über einen der größten wirtschaftspolitischen Skandale in dieser Wahlperiode. Die heutige Sitzung ist leider keine Sternstunde. Das muss man mit Bedauern feststellen, wenn man auch zwischen den einzelnen Beiträgen differenzieren muss.

Im Zusammenhang mit dem Tagesordnungspunkt 1 ist die Herangehensweise des Ausschusses und seiner Mitglieder heute hier deutlich geworden, im Vergleich dazu auch die unterschiedliche Herangehensweise von Abgeordneten im Chipfabrik- Untersuchungsausschuss. Ich meine, das war mit Händen zu greifen.

So erreicht man - unsere heutige Sitzung geht bekanntlich über den Äther - leider nicht die Zustimmung bei den Bürgern, wenn man die Vorurteile über Politik und Politiker bedient.

Zu dem Beitrag des Kollegen Lunacek möchte ich nur kurz bemerken, dass ich traurig darüber bin, weil wir im Untersuchungsausschuss schon ein bisschen weiter waren.

(Lunacek [CDU]: Oh!)

Ein Untersuchungsausschuss wird in der Regel dann eingesetzt, wenn Fehler gemacht wurden und es etwas aufzuklären gilt. Das ist hier zweifellos der Fall gewesen. Anderenfalls hätten wir uns nicht so oft in diesem Hause damit beschäftigt.

Heute ist hier viel geredet worden über die Abläufe, die man auch in dem schriftlichen Bericht nachlesen kann. Es hat eine Anamnese gegeben zu der Frage, wie es zu dieser herrlichen Katastrophe kommen konnte. Hier und da wurden auch Diagnosen gestellt. Von Therapie, also von der Frage, wie wir das in Zukunft anders machen können, ist nur sehr wenig gesprochen worden. Dankenswerterweise hat der Ministerpräsident in seinem kurzen Beitrag dazu zwei oder drei wesentliche Dinge gesagt.

Ich meine, wir müssen konstatieren, dass dort, wo Menschen arbeiten, auch Fehler gemacht werden. Einige sind schon länger in der Verantwortung und haben deshalb mehr auf der Latte. Andere sind erst seit 1999 dabei und wollten alles besser machen. Auch sie müssen nun erfahren, dass Fehler dazugehören. Die spannende Frage ist nicht, ob man Fehler macht, sondern die, wie man damit umgeht. Andere, die immer alles besser wissen, haben ebenfalls schon Fehler gemacht, haben ein ganzes Land gegen die Wand gefahren. Ich finde, dass Belehrung da oftmals nicht die richtige Reaktion ist.

Die gute Zusammenarbeit zwischen den Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss ist schon angesprochen worden, aber die Frage der Konsequenzen ist nicht erwähnt worden. Wo sind die internen und strukturellen Fehler? Politische Bewertung hin, politische Bewertung her, aber wir müssen doch aus diesem ganzen Vorgang eine Lehre ziehen und klären, wie wir das in Zukunft verhindern können.

Was mich persönlich in der ganzen Zeit der Arbeit des Untersuchungsausschusses sowohl bei den Zeugenvernehmungen als auch bei der Sichtung der Akten gestört hat, war, dass es immer wieder hieß: Dafür haben wir keine Verantwortung. - Meine Damen und Herren, das ist etwas, was die Bürger stört, was auch mich persönlich stört. Wir haben dafür die Verantwortung. Dieses Plenum, dieser Landtag, diese Landesregierung haben die Verantwortung. Aber Verantwortung heißt nicht, dass wir Schuld haben oder dass Verantwortung mit Schuld gleichgesetzt werden darf. Ich denke, daran müssen wir auch arbeiten; denn das macht einen Teil unserer Glaubwürdigkeit aus.

Welches Fazit muss im Hinblick auf eine strukturelle Veränderung in der Zukunft unbedingt gezogen werden? - Es ist vom Kollegen Vietze und anderen schon angesprochen worden, dass auch der Landtag seine Rolle überdenken muss. Auf der Tagesordnung steht: die Verantwortung der Landesregierung und des Landes am Scheitern des Projektes Chipfabrik. Wir sind ein Teil dieser verfassungsmäßigen Strukturen und wir müssen uns fragen: Wie konnte es dazu kommen, dass wir es uns haben gefallen lassen, falsch informiert worden zu sein? Welche Falschinformationen sind gelaufen oder welche Märchen sind aufgetischt worden? - Allerdings gehören dazu immer zwei: einer,

der ein Märchen erzählt, und einer, der es glaubt.

Ein Weiteres muss dieser Landtag konstatieren: Es hat zu den verschiedensten Themen, die der Untersuchungsausschuss bearbeitet hat, auch immer Mahner in diesem Hause gegeben. Für die Zukunft muss gelten, dass Mahner in diesem Hause ernst genommen und nicht untergepflügt werden. Wenn ich gleich wieder von der PDS-Fraktion höre, dass es bei ihr nicht so ist, dann kann ich nur sagen, liebe Kollegen: Sie schließen solche Abgeordneten dann gleich aus der Fraktion aus.

(Zuruf von der PDS: Danke für die Belehrung!)

Ein weiteres Problem ist - das ist im Untersuchungsausschuss, bei der Sichtung der Akten und der Zeugenvernehmung, auch deutlich geworden -, dass es auch strukturelle Probleme in der Landesverwaltung gibt. Wie wird hier zusammengearbeitet? Die Häuser sind voneinander abgeschottet. Dass nicht vertrauensvoll zusammengearbeitet wird, ist, denke ich, ein Teil der Genese des Problems. Die Frage der Personalpolitik hat der Ministerpräsident dankenswerter- und richtigerweise schon angesprochen. Daraus müssen der neue Landtag und die neue Landesregierung Konsequenzen ziehen; denn es ist eben nicht egal, wer auf welche Weise Minister, Aufsichtsrat, Chef eines Instituts oder Beirats wird.

Wir müssen mehr externen Sachverstand in den Landtag hineinziehen, um uns zu verstärken, damit wir uns selbst motivieren. Wir müssen in Zukunft die Motive sorgfältiger prüfen, warum dieser oder jener einen Antritt macht, ein Projekt vorzutragen und zu verwirklichen.

Schwerer als der Verlust von 100 Millionen Euro Fördermitteln wiegt der Vertrauensverlust in der Region. Diesbezüglich hätten wir heute bei den Bürgern punkten können, indem wir nämlich die Verantwortung annehmen und nicht wieder aufeinander einschlagen.

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Schluss Ihres Beitrags!

Herr Präsident, lassen Sie mich noch als Schlusswort ein gutes deutsches Sprichwort zitieren, das, denke ich, auf diesen und den ersten Sachverhalt zutrifft: Den Irrtum zu erkennen ist leichter als die Wahrheit zu suchen und zu finden. Der Irrtum liegt auf der Oberfläche. Damit lässt sichs wohl leben, aber die Wahrheit in der Tiefe verborgen und dort zu suchen ist nicht jedermanns Sache.

Dieses Problem haben wir auch in den Untersuchungsausschüssen gehabt und gesehen: Es bleibt eine offene Aufgabe und eine offene Wunde, mit der wir umgehen müssen. Unsere Aufgabe ist es, das gestörte Vertrauen der Bürger in die Politik und in den demokratischen Rechtsstaat wiederzugewinnen. Das erreichen wir nicht dadurch, dass wir aufeinander einschlagen, sondern dadurch, dass wir versuchen, die Lehren zu ziehen. - Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Wir sind am Ende der Rednerliste. Ich beende die Aussprache. Damit sind der Bericht des Untersuchungsausschusses 3/3 Drucksache 3/7770 - einschließlich Anlage zur Kenntnis genommen und die Arbeit des Untersuchungsausschusses 3/3 beendet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 2 und rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

2. Lesung des Fünften Gesetzes zur Änderung des Landesbeamtengesetzes

Gesetzentwurf des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport

Drucksache 3/7574

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Bildung, Jugend und Sport

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der PDS-Fraktion. Frau Abgeordnete Große, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Die ursprünglichen Pläne der Koalition, die in aller Eile vom Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport eingebrachte Gesetzesänderung in einem Schnellverfahren durch den Landtag zu peitschen, sind von der PDS-Fraktion durchkreuzt worden. Das wird uns nun, Herr Kollege Senftleben, als Wahlkampf ausgelegt. Doch auch in Wahlkampfzeiten sollte man auf dem Teppich und vor allem bei der Wahrheit bleiben.

(Beifall bei der PDS)

Nicht wir wollten diese Gesetzesänderung und nicht wir haben uns dieses Husarenstück geleistet; wir haben lediglich darauf bestanden, eine grobe Unterlassung der Landesregierung nicht ohne weiteres durchgehen zu lassen und die Aushebelung des § 72 des Landesbeamtengesetzes, nach dem die Spitzenverbände an einer derartigen Gesetzesänderung zu beteiligen sind, nicht zuzulassen.

Durch den Druck der Opposition wurden die Spitzenverbände mittlerweile zwar gehört, aber - wie fast immer - ohne Wirkung. Einhellig lehnten sowohl der Deutsche Beamtenbund als auch die GEW die Gesetzesänderung ab und machten überzeugend deutlich, welche negativen Auswirkungen sie haben wird. Doch die Abgeordneten der großen Koalition hatten kein offenes Ohr für diese Warnungen.

Noch einmal zum Sachverhalt: Durch die Änderung des Landesbeamtengesetzes soll erreicht werden, dass sowohl Beamte als auch Angestellte auf Reisekostenvergütung und Auslagenerstattung verzichten können. Das Bundesarbeitsgerichtsurteil vom 11.09. aber hat die tarifrechtlichen Ansprüche von angestellten Lehrkräften gestärkt. Angestellte Lehrkräfte können

nach diesem Urteil also nicht wirksam verzichten. Das bisherige Verfahren, nach dem alle Lehrkräfte gezwungen waren, auf Reisekostenerstattung zu verzichten - die Klassenfahrt wäre ja sonst nicht genehmigt worden -, war also unrechtmäßig.

Seit 14 Jahren haben Lehrkräfte selbst Geld bezahlt, um eine Arbeit leisten zu können, die eindeutig zu den dienstlichen Pflichten zählt. Lehrkräfte haben also in Millionenhöhe zur Konsolidierung des Haushalts beigetragen. Dafür gebührt ihnen Dank. Geradezu skandalös ist, dass das MBJS die Summe der durch Lehrkräfte erbrachten Eigenleistungen noch nicht einmal grob beziffern kann.

Derzeit steht einer Schule mit ungefähr 400 Schülern eine lächerliche Gesamtsumme von etwa 130 Euro für ein ganzes Schuljahr für alle Klassen und für alle Lehrer zur Verfügung. Das dürfen sich dann etwa 30 Lehrkräfte teilen. Mit der vorgesehenen Gesetzesänderung wird ein zusätzlicher moralischer Druck auf Lehrer ausgeübt. Natürlich wollen Lehrkräfte Klassenfahrten machen. Das Unverständnis war groß, als die Schulämter ihnen dieses wegen des BAG-Urteils versagten. Natürlich hält auch die PDS-Fraktion Klassenfahrten für unverzichtbar, aber nicht um den Preis der dauerhaften Selbstausbeutung.

In Mecklenburg-Vorpommern ist man einen anderen Weg gegangen. Unter rot-roten Bedingungen wurden 600 000 Euro zusätzlich eingestellt, um dem neuen Bedarf zu entsprechen. In Brandenburg wurden die Mittel für Schulfahrten von 2003 nach 2004 aber um 140 000 Euro gekürzt.

Diese Gesetzesänderung ist auch deshalb ein Skandal, weil sie weit über Klassenfahrten und über Lehrkräfte hinausgeht. Sie betrifft Dienstreisen aller Art, also auch Kosten für Aus- und Fortbildung, und sie ist eine Öffnung für den generellen Verzicht auf Reisekostenrückerstattung für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst.

Darüber hinaus ist ernsthaft nach der Rechtsrelevanz des vorliegenden Entwurfs zu fragen; denn das Bundesreisekostengesetz wird damit nicht außer Kraft gesetzt. Dort ist in § 3 der Anspruch auf Reisekostenvergütung eindeutig geregelt. Danach werden nur Reisekosten vergütet, die zur Erledigung des Dienstgeschäfts notwendig sind.

Wir halten die bestehende Rechtssituation für ausreichend und lehnen die vorgesehene Gesetzesänderung ab. Wir fordern die Landesregierung auf, eine am Bedarf orientierte, mit dem Haushalt 2005 eine anteilige Finanzierung von Reisekosten für Klassenfahrten, Dienstreisen, Aus- und Fortbildungsreisen vorzulegen. - Danke.

(Beifall bei der PDS)

Das Wort erhält die SPD-Fraktion. Für sie spricht die Abgeordnete Melior.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will die Polemik an dieser Stelle nicht fortsetzen. Es ist Polemik, weil wir im Wahlkampf sind. Da nutzt jeder die Gunst der Stunde. Ich will sie hier ausdrücklich nicht nutzen,

weil es um einen sachlichen Tatbestand geht. Es geht um eine Gesetzesänderung. Diese Gesetzesänderung soll zur Gleichbehandlung von Beamten und Angestellten führen; nicht mehr und nicht weniger.

Zum Sachverhalt hat meine Kollegin Ingrid Siebke hier schon bei der 1. Lesung einiges gesagt. Ich denke, weitere Diskussionen dazu sind entbehrlich.