Renate Schmidt

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Last Statements

Ich muss einen Schluck trinken. Das Trinken hat übrigens nichts mit dem gestrigen Abend, sondern mit einer leichten Erkältung zu tun.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Schröder, die Aussage „in guter Bilanz sonnen“ hat meine Kollegin Grimm-Benne hier nicht gemacht. Lesen Sie bitte an dieser Stelle noch einmal nach.
Herr Dr. Daehre, ich hatte bei Ihrem Redebeitrag das Gefühl, Sie sind über unseren Antrag erschrocken.
Wenn wir Ihnen damit eine Möglichkeit geben, im Januar noch einmal ausgiebig darüber zu diskutieren, dann ist das doch eigentlich eine gute Sache, weil wir es dann alle wissen. Ich verstehe den Alternativantrag noch immer
nicht. Keiner von Ihnen in der Koalition ist darauf eingegangen, dass diese Familienpolitik wirklich ressortübergreifend komplex ist. Ihr Antrag wird bei der Mehrheit durchgehen. Wir haben noch einmal gezählt; es sind inzwischen genügend Leute hereingekommen. Einer hat gesagt, okay, wir wollen der SPD wenigstens so weit entgegenkommen, dass wir nicht nur in unserem Fachausschuss darüber reden,
sondern der Komplexität dieses Anliegens der Familienpolitik so weit entgegenkommen, dass auch in den dazugehörigen Ausschüssen berichtet wird.
- Ach ja, in der Öffentlichkeit eine gute Darstellung, aber im Ausschuss dürfen wir darüber nicht diskutieren. Das sehe ich nicht so ganz ein.
Herr Dr. Daehre, Sie sprachen auch davon, wie Studenten in Zukunft wohnen. Es gibt Orte, wo die Sache sogar möglich ist und wo die Studenten wohnen wollen. Ich muss Ihnen bezüglich des Abrisses ganz ehrlich sagen: Ich bin selber im Aufsichtsrat einer Wohnungsgenossenschaft und weiß, dass wir erst einmal das Geld brauchen, um leer stehenden Wohnraum abzureißen. Aber trotzdem müssen doch jetzt schon die Weichen gestellt werden,
damit das, was frei wird, auch vernünftig genutzt wird. Ich gebe zu, dass wir auch vor Ort daran arbeiten müssen, zumindest solche Kolleginnen und Kollegen von uns, die in ihren Kommunalvertretungen oder auch in den Wohnungsgesellschaften engagiert sind.
Die Frage meiner Kollegin Grimm-Benne, warum die Ausschreibungsfrist für den Wettbewerb zur familienfreundlichen Kommune verlängert wurde, haben Sie nicht beantwortet. Wollten Sie das nicht oder ist es nur untergegangen?
Das können Sie vielleicht nachholen.
Herr Schröder, Sie sagten, eine aktive Familiepolitik und der Stadtumbau gehören zusammen. Ich bin auch dieser Meinung. Das gehört wirklich zusammen. Ich bitte Sie aus diesem Grunde noch einmal, Ihren Alternativantrag zu bedenken und unserem Antrag zuzustimmen. Wenn das nicht möglich ist, dann sollten Sie wenigstens Ihren Alternativantrag erweitern. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Vogel, auf Ihre Rede werde ich gleich eingehen, zumindest auf den letzten Abschnitt.
In Sachsen-Anhalt alles okay? - Es ist in der Zeitung zu lesen gewesen und in der Rede heute zu hören gewesen. Ich erkenne es auch an.
Wir haben eine umfangreiche Kontrolle. Gerade im Lebensmittelbereich muss man hoch anerkennen: 80 % aller Einrichtungen sind im vorigen Jahr kontrolliert worden. Die Zahlen, die sich nach den letzten Skandalen
ergeben haben, hat der Minister ebenfalls genannt. Das sind für mich alles anerkennenswerte Strukturen, die in Sachsen-Anhalt zur Sicherheit der Verbraucher im Lebensmittelbereich führen.
Sie haben auch Recht: Der Verbraucherschutz ist eine Querschnittsaufgabe, betrifft viele Ressourcen. Das Interesse auf der Ministerbank - einschließlich des MP, muss ich sagen - ist allerdings bei der Ressortübergreifung wahrscheinlich nicht ganz so groß.
Es ist heute auch schon sehr viel davon geredet worden, welche hochwichtige Aufgaben unsere Verbraucherzentralen mit der Information und der Beratung haben. Das kann ich nur befürworten. Die Verbraucherzentralen tun eine ganze Menge; viele Menschen suchen sie auf. Aber das ist es nicht allein.
Richtig ist auch, dass der Verbraucherschutz von der EU mitbestimmt wird. Das ist ganz richtig und vor allem auch ganz wichtig in einer Zeit, in der Produkte, die unsere Gesundheit beeinflussen könnten - seien es nun Lebensmittel, Fleisch, Gemüse, Obst, seien es Verbrauchsgegenstände; alle möglichen Dinge können unsere Gesundheit beeinflussen -, quer durch Europa transportiert und sogar noch darüber hinaus gehandelt werden.
Sie erwähnten, dass sich das Landesamt für Verbraucherschutz als kompetente Fach- und Beratungsbehörde und auch als Ansprechpartner für die Öffentlichkeit erwiesen habe. Das mag richtig sein. Aber wie ist es denn nicht nur mit der Beratung, sondern auch mit dem Auskunftsrecht einzelner Bürger?
Frau Vogel, in einem muss ich Ihnen ganz gewaltig widersprechen, und zwar in dem, was Sie zu Frau Künast gesagt haben. Bereits zweimal sind in der Vergangenheit Anläufe zu einer verbesserten Verbraucherinformation im Vermittlungsausschuss gescheitert, nämlich im Jahr 2002 beim Verbraucherinformationsgesetz und im Jahr 2005 im Rahmen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzes. Zuletzt verweigerten Sie sich einem Kompromiss im Rahmen der Neuordnung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts, der einen Auskunftsanspruch gegenüber Behörden über dort vorliegende Informationen zu Lebensmitteln vorsah. Es wurde lediglich die Möglichkeit der öffentlichen Information durch Behörden ins Gesetz aufgenommen.
Inzwischen steht allerdings die Union dem Verbraucherinformationsgesetz viel aufgeschlossener gegenüber. Es gibt dafür wahrscheinlich zwei Gründe: Erst einmal haben wir jetzt eine große Koalition und wahrscheinlich ist der Denkprozess ein bisschen in die Richtung weitergegangen, und zweitens werden wahrscheinlich die letzten Fleischskandale, die wir in der Bundesrepublik hatten, dazu ein Übriges beitragen haben.
Jedenfalls hat sich Herr Seehofer bereits in den Koalitionsverhandlungen - allerdings nicht zur CDU, sondern zur CSU gehörend - zur Verbraucherinformation bekannt und festgestellt, dass auch die Unternehmen in die Pflicht genommen werden und Informationen geben müssen. Selbstkontrolle allein reicht nicht.
Nach den Vorstellungen der Union sollen nun durchaus auch bei Behörden vorhandene Produktinformationen erschlossen werden. Einen Auskunftsanspruch gegenüber Unternehmen sieht sie nur als letztes Mittel. Dieser Anspruch muss auf europäischer Ebene einheitlich ge
regelt werden. Dazu kann man ja oder nein sagen, es stimmt schon: Es muss auf europäischer Ebene einheitlich geregelt werden.
Aber vor dem Hintergrund des aktuellen Fleischskandals dürfte auch der Union mittlerweile vermittelbar sein, dass nicht erst ein langwieriges Einigungs- und Rechtssetzungsverfahren auf europäischer Ebene durchgeführt werden kann. Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation muss direkt gehandelt werden und müssen entsprechende rechtliche Auskunftsansprüche und Informationsrechte der Verbraucherinnen und Verbraucher festgeschrieben werden.
Entsprechend haben sich bereits Minister Seehofer und der bayerische Minister Schnappauf geäußert, wobei die Begründung Schnappaufs für die bisherige Verweigerungshaltung der Union eine Verdrehung der Tatsachen ist. Die Einschränkung des Auskunftsanspruchs bei Betriebsgeheimnissen und laufenden Verwaltungsverfahren war vor allem eine Forderung der CDU-geführten Länder. Rot-Grün hätte sofort darauf verzichtet.
Ein umfassendes, eigenständiges Verbraucherinformationsgesetz, das den Verbraucherinnen und Verbrauchern Informationen bei Behörden und der Wirtschaft zugänglich macht, muss zügig vorgelegt werden. Ein solches Gesetz dient in besonderem Maße auch der Wirtschaft, weil schwarze Schafe genannt und zur Rechenschaft gezogen werden. Die ordentlich und verantwortlich handelnden Unternehmen müssen dann nicht mehr unter Skandalen und kriminellen Machenschaften Einzelner leiden.
Mit einem solchen Gesetz können wir unserem Anspruch an eine aktive Verbraucherpolitik gerecht werden, die sich an den Grundsätzen von Transparenz, Vorsorge, Verantwortung, Kontrolle und Nachhaltigkeit orientiert. Nur informierte Verbraucherinnen und Verbraucher können der Wirtschaft auf Augenhöhe begegnen. Das betrifft nicht nur den Lebensmittelbereich, sondern das betrifft auch andere Bereiche, die heute schon genannt worden sind. Seien es - Weihnachten steht vor der Tür - die Lichterbaumketten oder sei es im Gesundheitsschutz das Patientenrecht gegenüber dem Arzt, der Respekt gebietend im weißen Kittel vor einem kleinen Patienten steht. Trotzdem sollte man die Möglichkeit haben, auf Augenhöhe mit diesen Menschen zu sprechen.
Eine Koordinierung, wie Sie es vorhaben, Herr Minister, halte ich für wichtig und vor allen Dingen für richtig. Das ist für mich eine sehr wichtige Sache. Worüber ich sehr froh bin, ist, dass in diesem Fall offensichtlich die Initiative Mitteldeutschland mit den Ländern Thüringen und Sachsen im Gegensatz zu vielen anderen groß angekündigten Dingen, die hier im Land passieren sollten, im Verbraucherschutz oder in der Kontrolle durch die Labore, die nun wirklich sehr viel Geld kosten, funktioniert. Darüber bin ich an sich recht froh.
Aber über eines müssen wir uns auch klar sein: „Geiz ist geil“ oder „Hauptsache billig“ kann im Lebensmittelbereich, in der Pflege oder auch bei Kosmetika, vor allem bei Gesundheits- und anderen Gebrauchsgegenständen nicht immer funktionieren. Die Bezeichnung „billig“ - sie klingt übrigens für mich sogar billig - betrifft nicht unbedingt immer das Preiswerteste und schon gar nicht das, was unsere Menschen brauchen.
Es kommt noch eines dazu: Lebensmittel - Fleisch, Gemüse, Gemüse aus aller Welt vor allen Dingen; wir brauchen heute offensichtlich im Dezember noch Weintrau
ben, wir brauchen mitten im Sommer Mandarinen, ich weiß nicht warum, aber es ist so - werden heute bei einem Erzeugerpreis produziert, der nicht mehr zu händeln ist. Das Gleiche trifft auf unsere Milch und unser Schweinefleisch zu. Die Erzeuger, die Bauern, die Rinderhalter, die Milchproduzenten wissen schon bald nicht mehr, wie sie das hinbekommen sollen, um mit dem, was sie dafür bekommen, ihre Höfe zu halten.
Die Discounter setzen ihre Preise runter und wir selbst sind alle mit schuld beim Einkaufen im Discounter. Den Händler um die Ecke oder den Fleischer um die Ecke, bei dem man weiß, er bekommt sein Schlachtvieh von dort und dort, den gibt es schon fast nicht mehr.
Ferner möchte ich sagen, dass es einige Handelsketten wohl mit der Eigenkontrolle nicht so richtig halten. Die Eigenkontrolle oder wie Sie es nannten, die Kontrolle der Kontrolle, ist für mich äußerst wichtig und sie muss sein, weil es mit der Eigenkontrolle vom Erzeuger bis zur Ladentheke wohl nicht so funktioniert. Es funktioniert wohl auch nicht so mit dem QS-Siegel. Ich zitiere aus der „Zeit“ vom 1. Dezember 2005:
„Sowohl die Einzelhandelskette ‚real’ als auch der Fleischhändler Thomsen in Kiel, die verdorbenes Fleisch umetikettiert und angeboten haben, waren QS-zertifiziert. Was das Siegel garantiert, ist ohnehin gesetzlich vorgeschrieben, nämlich die Rückverfolgbarkeit des Lebensmittels von der Ladentheke bis in die Fabrik.“
Ich denke, die Kontrolle der Kontrolle ist nicht zu unterschätzen.
Allerdings muss ich eines sagen: In der gleichen Zeitung vom 1. Dezember 2005 wird etwas geschrieben, was ich absolut nicht teilen kann. Für mich ist das eine Herabsetzung der Menschen, die für uns arbeiten, nämlich derjenigen, die Kontrolle ausüben. Diese findet bei uns in den Kreisen statt. In der „Zeit“ steht: Zurzeit kontrollieren nämlich ausgerechnet die kommunalen Veterinäruntersuchungsämter die Schlachthöfe. Interessenkollisionen sind da vorprogrammiert. Ein Kreisveterinär, der den möglicherweise größten Gewerbesteuerzahler seiner Gemeinde genauer als üblich inspiziert, muss jedenfalls ein mutiger Mensch sein. - Ich denke, das trifft auf das Land Sachsen-Anhalt auf keinen Fall zu. Da muss ich jedem Recht geben, der das zurückweist.
Ich muss noch einmal auf die Discounter zurückkommen. Wir sind wirklich mit daran schuld. Die Verbraucher haben sich vermehrt den Billiganbietern zugewandt. Nur ein paar Beispiele dazu: 54 % des hierzulande verkauften Quarks werden an den Kassen der Discounter bezahlt. 53 % der Milch, 46 % des Frischgemüses und 35 % der Fleisch- und Wurstwaren - Frischfleisch ausgenommen - werden ebenfalls bei Discountern eingekauft. Dagegen stagniert die Biobranche nach dem Boomjahr 2001 trotz der verbreiteten positiven Einstellung zum Tierschutz und zum Ökoanbau bei einem Marktanteil von knapp 3 %.
Hierbei muss ich aber auch sagen, dass es eine staatliche Aufsicht und Kontrolle bei allen Produkten geben muss, sowohl beim Discounter als auch bei herkömmlich hergestellten Produkten, aber auch bei Bioprodukten. Denn so Leid es uns auch tut, es ging bereits durch die Schlagzeilen: Nicht bei allem, wo Bio draufsteht, ist auch Bio drin.
Das Ziel ist eine umfassende Verbraucherpolitik. Herr Minister, Sie sagen - ich darf Sie zitieren -, Verbraucher
schutz ist eine Querschnittsaufgabe. Unser Ziel ist eine umfassende Verbraucherpolitik. Gemeinsam gilt es zu gestalten, mit dem Wissen, dass ein Ganzes mehr ist als die Summe seiner Teile. Hierzu laden Sie ein. Ich sage Ihnen: Wir nehmen die Einladung an. - Ich danke Ihnen.
Herr Schwenke, Sie haben den Tag des Ehrenamtes erwähnt und das in einen Zusammenhang mit der Auswertung der Großen Anfrage gebracht. Ist Ihnen wäh
rend des Empfanges in der Kantine nicht auch aufgefallen, dass das alles andere als behindertengerecht war?
Ich hatte jemanden aus dem Kreis da, der vor längerer Zeit einen Schlaganfall hatte. Diesem Gast fiel das Sitzen an den Tischen garantiert schwer. Ich habe anschließend versucht, einem Rollstuhlfahrer beim Essenholen zu helfen. Den beiden anwesenden Rollstuhlfahrern blieben hinten im Speisesaal nur zwei Tische mit dem Blick zur Wand. Es waren keine Tische für Leute da, die nicht auf Stühlen sitzen, nur die Tische an der Wand, wo man aber nicht essen konnte. Geben Sie mir dahin gehend Recht, dass das damit nun gar nichts zu tun hatte?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Das Gesetz, über das wir heute entscheiden sollen, ist in seiner Qualität zwar etwas besser geworden, aber nur unwesentlich besser als bei seiner Einbringung. Das muss ich vorausschicken.
Auch die erwähnte Anhörung, die sehr umfangreich war, hat keinen durchgängig positiven Beitrag gebracht. In den meisten Fällen wurde von einem ersten Schritt in die richtige Richtung gesprochen. Der Stellenwert, den die Familie verdient, wurde dort nicht hervorgehoben.
Ich glaube nicht, dass wir auf das Gesetz, das heute zur Abstimmung vorliegt, 100-prozentig stolz sein können. Ich gehe davon aus, dass mit diesem ersten ganz kleinen Schritt - für mich ist es ein ganz kleiner Schritt, wie ihn die Kinder im Kindergarten tun - nicht der viel gepriesene Ruck in Sachen Familien- und Kinderfreundlichkeit durch die Gesellschaft gehen kann.
Es ist vorhin schon gefragt worden, wie es mit den Familienverbänden steht. Bereits nach der Anhörung, nämlich am 29. September 2005, haben wir von der Vereinigung der Familienverbände noch einmal einen zweiseitigen Kritikbrief erhalten. Auf ein, zwei Punkte daraus werde ich später noch einmal eingehen.
Gerade dieser Brief hat mich zu der Frage gebracht - die Koalition hat in einer Ausschusssitzung einmal versichert, dass die Familienverbände bei der Erarbeitung des Gesetzes von Anbeginn dabei gewesen wären -, warum so ein Kritikbrief noch kommen kann. Es ist mir völlig unklar, warum noch so viele Einwendungen kommen, wenn die Verbände doch von Anfang an dabei waren. Oder sind die Hinweise, die von den Familienverbänden schon im Vorfeld gegeben worden sind, in keiner Weise berücksichtigt worden? - Denn hier ist noch ein ganzer Packen drin.
Auf die Frage, die Herr Sachse eben gestellt hat, will auch ich eingehen. Als Sie den Gesetzentwurf einge
bracht haben, war für mich eine Frage - Herr Dr. Daehre ist gerade nicht anwesend -, wie die Wohnungsbaurichtlinie einmal aussehen wird. Sie war damals noch nicht fertig. Inzwischen ist die Wohnungsbaurichtlinie fertig.
Wenn jetzt der Herr Minister in seiner Antwort auf die Frage von Herrn Sachse gesagt hat, dass das ein Gesetz ist, das nur von der Kindgerechtigkeit ausgeht, dann ist das wohl ein Widerspruch zu dem, was er vorher gesagt hat. Natürlich ist eine Familie auch da, wo ich mich wohl fühlen kann, auch da, wo ich Eltern pflege. Aber man kann das nicht nur von der Seite des Kindes aus sehen. Ich zitiere aus der Wohnungsbaurichtlinie, wer gefördert wird:
„Zum Haushalt müssen mindestens zwei Personen gehören, die verheiratet sind oder in einer eheähnlichen Gemeinschaft leben. Bei einem Ehepaar ohne Kinder... kann das Bruttoeinkommen... betragen...“
Wenn das eine kindbezogene Gesetzesvorlage sein soll oder auch der Beschluss nur vom Kind ausgehend gefasst worden sein soll, ist das für mich ein Widerspruch.
- Aber ich bekomme Wohnungseigentum gefördert. - Ich will mich jetzt nicht auf ein Zwiegespräch mit Ihnen einlassen. Stellen Sie anschließend Ihre Frage. Das nur zur Wohnungsbaurichtlinie.
Ich denke, auch wenn etliche Punkte dabei sind, die inzwischen eingebracht wurden und die in die richtige Richtung gehen: So richtig stolz, Herr Minister, können wir auf dieses Gesetz wohl noch nicht sein.
Ich möchte aber eines sagen - das wurde von Herrn Rauls im Rahmen der Berichterstattung erwähnt -: Wir haben sehr viele Änderungsanträge eingebracht. Die wurden durchweg abgelehnt. Aber für eines bedanke ich mich noch nachträglich beim Innenausschuss. Ein Änderungsantrag, den wir eingebracht haben, ist nämlich mithilfe der Koalition nachträglich Wirklichkeit geworden. Herzlichen Dank dafür!
Sie haben heute - ich sehe schon, meine Redezeit geht zu Ende - einen Änderungsantrag von unserer Fraktion vorliegen. Diesen Änderungsantrag möchte ich mündlich ändern. In Abstimmung mit Herrn Jantos von der CDUFraktion nehmen wir aus diesem Änderungsantrag im ersten Absatz den Punkt 5 - Gewaltprävention - heraus, auch wenn es mir weh tut, regelrecht weh tut, ihn herauszunehmen. Aber wir nehmen den Punkt heraus, weil - auch das haben wir mit den Familienverbänden noch einmal abgesprochen - eben das Finanzmanagement noch wichtiger ist und mir signalisiert wurde, dass dies bei der CDU-Fraktion Zustimmung finden könnte.
Des Weiteren werden wir den Absatz 2 ändern. Statt „auch in Kindertagesstätten“ soll es heißen: „auch an Kindertageseinrichtungen“. Die Wörter „und Grundschulen“ sollen gestrichen werden. Diesen Punkt lassen wir drin, weil diese Kinderzentren in Abstimmung mit anderen zu schaffen sind, bei denen alles auf einem Fleck ist. Dann kann Bildung dort stattfinden und wir können die Eltern dort abholen, wo die Kinder sind. Es ist uns besonders wichtig, dass diesem Änderungsantrag - dazu ist wirklich ein Signal gegeben worden - endlich in dieser Form zugestimmt werden kann.
Auch wenn die Redezeit zu Ende ist, noch ein kurzes Wort zu unserem Abstimmungsverhalten. Wir wollen uns der Stimme enthalten, weil wir denken, dass es schon allein der erste kleine Schritt und die Überschrift gebieten, nicht dagegen zu stimmen. Aufgrund des Signals, dass unser Änderungsantrag Zustimmung erhalten wird, werden einige von unserer Fraktion diesem Gesetzentwurf zustimmen. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin nahe daran, mein Redekonzept beiseite zu legen. Obwohl nun alles in einem Glas ist und wir wissen, in welchem Kellerregal es steht, wird das Gesetz nicht besser. Das Erstellen des Gesetzes war beschlossen. Wir haben in den Ausschusssitzungen mehrfach nachgefragt - Sie werden sich daran erinnern -, wann es denn nun kommt. Aber der große Wurf ist es nun wirklich und wahrhaftig nicht geworden.
Allein der Gesetzestitel bezieht sich auf drei verschiedene Dinge, über die man umfangreiche Diskussionen führen könnte. Ich rede hier nicht von dem Kurznamen, sondern von dem Langnamen. Das sind schon drei Gesetze oder Verordnungen, die man machen könnte.
Trotzdem möchte ich mich bei Ihnen, Herr Minister, und allen, die daran mitgewirkt haben - ich schaue auch in die Richtung der CDU -, ganz herzlich dafür bedanken, dass wir jetzt wirklich wissen - Frau Birke hat sie alle aufgezählt; ich habe sie nur beispielhaft aufgeführt -,
was wir schon lange haben. Ich habe nur ein paar Beispiele in meinem Manuskript aufgeführt. - Entschuldigung, Frau Bull hat sie vernünftig alle nacheinander aufgeführt. Ich will das nicht wiederholen.
Was wird es nun geben? - Es gibt einen Familienpass. - Wir haben nicht voneinander abgeschrieben, aber ich habe ähnliche Formulierungen gefunden; es tut mir Leid.
Ich habe einen Pass und auch einen Personalausweis; dort steht, dass ich Bürgerin der Bundesrepublik Deutschland bin. Es besitzen hoffentlich alle einen Pass oder zumindest einen Personalausweis. Dann kommt der Familienpass; dort steht drin, dass ich Mitglied einer Familie bin. Aber was mache ich damit? Besuche ich damit die drei Landesmuseen und darf ich damit auf das Landesweingut oder was mache ich damit? Ich habe zwar in der Begründung gelesen, dass dafür Sponsoren gesucht werden. Ich hoffe, dass das klappt. Ich bin sogar sehr dafür; hoffentlich klappt es tatsächlich.
Das gegründete Familienbündnis hat jetzt schon genügend Leute. Ich hoffe, es werden noch mehr. Vielleicht sind im Familienbündnis wirklich welche dabei, die auch zum Inhalt dieses Familienpasses zu Sponsoren werden. Sponsoren suchen übrigens ganz viele, auch Vereine und dergleichen.
Die Erstellung eines Familienratgebers ist zu begrüßen. Das ist alles okay, wenn das Land genügend und auf eigene Kosten zur Verfügung stellt. Die Herausgabe eines Familienratgebers sollte meiner Meinung nach aber dort erfolgen, wo die Menschen sind, wo man sie sofort erreicht. Man sollte nicht irgendwo in einem Landkreis eventuell eine zentrale Stelle schaffen, wo ich erst mal
fragen muss, wo eine Stelle ist, und dann gehe ich da hin und bekomme über alles Auskunft. Ich denke, das funktioniert nicht.
Zu den §§ 7 und 8: Es wäre sehr schön, wenn die Richtlinie des Wohnungsbauministeriums wenigstens im Entwurf vorliegen würde. Mich würde wirklich interessieren, was darin stehen soll. Ich sehe ein, dass Wohnungseigentum Ortsgebundenheit begründet, aber in Anbetracht des enormen Leerstandes von Wohnungen muss unbedingt im Bestand gefördert werden. Wichtig ist auch - davon sprechen wir schon eine Weile - die Schaffung eines familien- und kinderfreundlichen Wohnumfeldes. Ich denke, das ist besonders wichtig.
Was sind praxisorientierte Handreichungen an die Kommunen? Welche Empfehlungen sind das und welche Kosten kommen auf die Kommunen zu? Im Übrigen tun die Kommunen heute schon alles in ihren Kräften Stehende.
Ich komme zu Absatz 3, der den ÖPNV betrifft. Bedeutet dieser Absatz die Selbstbestätigung oder Wiederholung beschlossener Regelungen, um sie noch einmal in einem Kontext darzustellen? Im Übrigen haben die kommunalen Spitzenverbände in den schriftlichen Stellungnahmen zur Anhörung - das ist übrigens nicht aufgegriffen worden - darauf hingewesen, dass mit dieser Regelung beim ÖPNV mit enormen Einnahmeverlusten zu rechnen ist, die durch den Landesgesetzgeber kompensiert werden müssen. Die Kommunen können sich das nicht mehr leisten. Die bereitgestellten Investitionsmittel für den ÖPNV können dafür auch nicht verwendet werden. Das wissen Sie sehr genau.
Zu § 8 ist zu sagen, dass viele Kommunen im Rahmen ihrer Möglichkeiten kostengünstige Flächen zur Schaffung von Wohneigentum bereits jungen und anderen Familien zur Verfügung gestellt haben. Ich denke, das weiß jeder von Ihnen.
Bezug nehmend auf die Finanzen ist es schon bemerkenswert, dass bereits vor der Einbringung des Gesetzentwurfes der Landesrechnungshof zur Finanzierung des Gesetzes Kritik geäußert hat, wie in der „Mitteldeutschen Zeitung“ vom 26. Mai 2005 nachzulesen ist.
Wie Sie bemerken, wirft dieser Gesetzentwurf viele Fragen auf. Aber darüber können wir ausgiebig in den Ausschüssen sprechen.
Einen Hinweis habe ich noch. Natürlich ist es für Kinder immer besser, in einer stabilen Partnerschaft aufzuwachsen. Wir können uns aber nicht dem Umstand verschließen, dass es heute viele andere Lebensgemeinschaften oder auch Alleinerziehende gibt. In der Begründung zur Präambel ist der Familienbegriff, auf dem dieses Gesetz beruht, beschrieben. Besser wäre es, bereits in der Präambel zum Gesetzentwurf den Familienbegriff zu definieren. Die Präambel des Gesetzentwurfes hat gerade einmal elf Zeilen, aber die Begründung zur Präambel umfasst zwei A4-Seiten.
Abschließend möchte ich aus der Stellungnahme des Katholischen Familienverbandes zitieren:
„Wir sehen diesen Entwurf als einen ersten Schritt der Landesregierung, Interessen von Familien für das eigene Handeln zum Maßstab werden zu lassen. Der vorliegende Entwurf darf aber kein Schlusspunkt sein.“
Dem schließe ich mich an. Ich schließe mich auch den von Herrn Jantos beantragten Überweisungen an. - Danke schön.
Ich frage die Landesregierung:
1. Stimmt die Landesregierung mit der Aussage des Ministers Herrn Kley auf der Abschlusskonferenz am 18./19. November 2004 überein, der feststellte, dass die Hälfte der Kinder in Sachsen-Anhalt außerhalb von Familien geboren werden?
2. Wie definiert die Landesregierung den Begriff „Familie“?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich kann leider nichts zu Protokoll geben. Ich habe in meinem Redemanuskript viel zu viel herumgeschmiert. Ich schicke aber erst einmal eines voraus: Wir werden dem Antrag zustimmen.
Ich glaube, die Bundesfamilienministerin, meine Namensvetterin, würde sich darüber freuen;
denn sie reist durch die ganze Republik, um in den Kommunen für das zu werben, was auch hier im Land bereits geschehen ist, um Familienbündnisse innerhalb der Kommunen zu finden.
Wir haben ja im Land schon welche. Ich möchte nur drei nennen. Das sind Familienbündnisse in Halle, Magdeburg und Schönebeck. Was an dem Bündnis in Halle ganz besonders ist - das finde ich bei so einem Bündnis besonders gut -: Da hat nicht der Stadtrat beschlossen, wir gründen jetzt ein Familienbündnis, sondern es war eine Wohnungsbaugenossenschaft. Es kam also sozusagen von den Menschen selbst und von dort, wo die Familien leben, dass wir etwas für die Familien tun müssen.
Ich begrüße jede Möglichkeit der Aktion, die zu mehr Familienfreundlichkeit auch in den Kommunen führt.
Was aber auf jeden Fall auch in ein kommunales Bündnis mit hinein muss, das ist die örtliche Wirtschaft. Die muss da mit hinein, weil sich Familien nicht nur dort wohl fühlen, wo sie leben, sondern auch dort - das sagen Sie ja selbst -, wo sie arbeiten. Die Wirtschaft brauchen wir. Anderenfalls kann keiner arbeiten gehen. Das ist nun einmal so. Das müssen wir unbedingt noch erreichen.
Es ist für mich auch wichtig, dass wir hierbei alle Formen der Familie ansprechen; denn die klassische Familie aus Mutter, Vater und Kind - Sie haben es ja heute schon vorgeführt - gibt es eben nicht mehr ausschließlich. Auch in der heutigen Fragestunde sind die Kinder von Alleinerziehenden wieder ausgespart worden. Auch diese gehören zu einer Form von Familie. Wir müssen sie dabei berücksichtigen.
Ich denke, was bei den Familienbündnissen vor Ort ganz wichtig ist, sind Netzwerke unter den Familien, weil es immer weniger geschieht, dass bei der jungen Familie mit den Kindern auch noch Großeltern, Tante oder Onkel leben, die eventuell auch einmal eingreifen könnten.
Wir stimmen dem Antrag zu. Ich habe aber noch eine Bitte. Bevor der Wettbewerb von der Landesregierung ausgerufen wird - ich gehe davon aus, dass das abgesprochen ist -, würde ich gern im Ausschuss einmal über den genauen Wettbewerbsinhalt und über die zu erwartende Auswertung sprechen wollen, insbesondere über die Frage, was eigentlich mit dem Wettbewerbssieger passiert, wenn das mit Geld zusammenhängt, wo es eigentlich drinsteckt. Den formalen Selbstbefassungs
antrag werden wir dann stellen. - Ansonsten werden wir auch der Ergänzung, Herr Kurze, zustimmen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Immer wieder hören und lesen wir von Fällen, in denen Kinder bzw. Säuglinge ausgesetzt wurden. Wie reagieren wir? - Doch meistens mit blankem Entsetzen, mit der Frage: Wie kommt eine Mutter dazu, ihr Kind einfach irgendwo hinzulegen, wo es dann meistens - bei Säuglingen innerhalb kürzester Zeit - an Unterkühlung stirbt? Wie viel Leid, wie viel Aussichtslosigkeit treibt eine Frau dazu, heimlich zu entbinden und das Baby auszusetzen? Einige der Gründe, die eine Mutter dazu bewegen, hat Frau Ferchland in ihrer Einbringungsrede bereits genannt.
Ein Wechsel der Politik, eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit für diese Problematik und die Einsicht, dass diese Mütter nicht kriminell sind, entstanden mit der Aktion „Findelkind“ in Hamburg. Damit ist auch - das ist allgemein bekannt - die Babyklappe geboren worden. Aber das allein war es nicht. Dort wird eine intensive Beratung angeboten, und zwar eine anonyme Beratung, wenn die junge Frau das so möchte. Außerdem bietet die Babyklappe die Möglichkeit, ein Kind, ein Baby, geschützt abzugeben.
Dieses Projekt war der Start für die Babyklappe - ein geschützter warmer Raum, gut überwacht, sodass dem Kind nicht nachträglich durch eventuelle Unterkühlung oder andere Gefahren etwas zustößt. Sofort erfolgt eine Pflege des Babys und die Mutter hat acht Wochen lang oder noch länger die Möglichkeit, sich zu dem Kind zu bekennen. Vor allem aber ist der Druck genommen; denn die Mutter unterliegt in dem Fall keiner Strafverfolgung.
Übergebene Kinder sind - so sagt es die Statistik - ca. zwei Stunden bis zehn Tage alt. Auch das ist ein Zeichen dafür, wie hoch der psychische Druck bei einer Mutter noch nach der Geburt ist.
Der Übergabe eines Kindes in eine Babyklappe geht eine heimliche Geburt ohne medizinische Versorgung voraus. Das ist die Crux dabei, das Kritische, und zwar für das Kind und für die Mutter; denn nicht jede Geburt verläuft reibungslos. Das wissen wir. In einer Klinik kann eine sofortige intensive medizinische Betreuung erfolgen. Gesundheitliche Schäden bei Kindern und Müttern können so weit wie möglich vermieden werden.
Aus diesem Grund ist eine Legalisierung der anonymen Geburt in einer Klinik nur zu begrüßen. Die Legalisierung würde auch die Entbindung mit falschen Sozialversicherungskarten vermeiden helfen. Darüber hinaus wären in einer Klinik eine längere Schwangerenbetreuung im Vorfeld mit einer anonymen Beratung und auch eine Beratung und Betreuung nach der Entbindung möglich. Ich bin mir ganz sicher, dass sich mehr Mütter im Anschluss an eine solche Beratung und auch nach einem Zusammensein mit dem Kind zu ihrem Kind bekennen würden.
Für das Kind kommt noch ein Vorteil dazu: Es ist nicht mehr total anonym. Zumindest das Geburtsdatum ist bekannt. Damit gilt es nicht mehr als Findelkind; denn es ist eine Angabe vorhanden.
Initiativen zur anonymen Geburt gibt es bereits seit längerem. Wir haben heute gehört, dass sich bereits der Bundesrat damit befasst und es im September noch einmal behandelt; hoffentlich wird es auch verabschiedet werden.
Aber die völlig anonyme Geburt - auch das haben wir gehört - hat auch Nachteile für das Kind. Es hat im Nachgang keine Chance, sein Herkunft zu erfahren und damit sein Menschenrecht auf Kenntnis der eigenen Identität wahrzunehmen. Ich erinnere daran - das ist heute schon gesagt worden -, dass es in Frankreich nicht nur die Möglichkeit der anonymen Geburt, sondern auch die der geheimen Geburt gibt. Dabei fließt alles mit ein, was Herr Becker vorhin gesagt hat.
Meine Redezeit geht zu Ende; deshalb will ich nicht weiter auf die rechtlichen Aspekte eingehen. Wir haben uns im Vorfeld bereits darüber unterhalten. Da die Problematik sehr wichtig ist, sollten wir uns im Ausschuss ausführlich darüber unterhalten. Der einzige Dissens in Bezug auf den Vorschlag der FDP-Fraktion besteht darin, dass ich gern den Gleichstellungsausschuss mit der Federführung betraut sehen möchte; der Ausschuss für Recht und Verfassung sollte mitberatend sein. - Herzlichen Dank.
Herr Kurze, die Kommunalwahlen liegen gerade hinter uns. Auch viele Kolleginnen und Kollegen aus Ihren beiden Fraktionen sind Kreistags- oder Stadt- oder Gemeinderatsmitglieder. Wenn dieses Nachfolgeprogramm, das hoffentlich kommen wird - das glaube ich Ihnen
auch -, erst im Laufe der Haushaltsberatungen aufgestellt wird, wie wollen Sie dann - wir natürlich auch - in den Kreisen oder in den kreisfreien Städten die Haushalte aufstellen, wenn Sie eigentlich gar nicht wissen, was denn da mal kommen wird? Können Sie mir erklären, wie Sie dann Ihre Arbeit als Kommunalvertreter machen werden?
Eine Nachfrage habe ich noch, Herr Kurze: Sie haben eben die Zahlen 70 : 30 genannt, „oder ähnlich“ sagten Sie dazu. Es wird im Protokoll stehen. Kann man sich auf die 70 : 30 dann auch verlassen? Ich denke, man wird Sie, wenn Sie die Zahlen heute hier nennen - es steht im Protokoll, es ist eine öffentliche Veranstaltung -, darauf festnageln. Kann man sich darauf verlassen?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gerade weil es nicht nur ein Konzept, sondern ein Programm ist und von der PDS-Fraktion eine Erweiterung einzelner Punkten eingebracht wurde, verstehe ich nicht, warum Sie der Überweisung dieses Antrags nicht zustimmen.
Bis zum heutigen Morgen wusste ich noch nicht, dass die Landesregierung jetzt doch so weit ist, obwohl es für das zweite Quartal angekündigt wurde. Ich wusste bis zum heutigen Morgen noch nicht, dass es am 2. Juli 2004 endgültig auf der Tagesordnungspunkt steht. Ich war deshalb der PDS-Fraktion dankbar dafür, dass sie einen solchen Antrag noch einmal eingebracht hat, um die Sache etwas zu forcieren.
Ohne auf die einzelnen Punkte einzugehen, möchte ich - ich bin gespannt auf das, was am 2. Juli 2004 dabei herauskommt - an einige Dinge erinnern, die unser Ministerpräsident auch in seiner Regierungserklärung zu diesem Thema gebracht hat. Zum Beispiel sprach er auch von einem Familienleistungsgesetz. Man wird sehen, ob davon schon die Rede ist. Ob man persönlich oder die Fraktion dafür ist oder nicht, wird sich zeigen.
Im Rahmen der Regierungserklärung ist noch etwas gesagt worden - auch darauf bin am 2. Juli 2004 gespannt -, was zur Familienpolitik gehört, nämlich dass die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten nun zu Familienbeauftragten werden sollen. Ich persönlich lehne dies allerdings ab, weil das eine mit dem anderen nichts zu tun hat. Wir habe heute davon gesprochen - und zwar alle, die bisher geredet haben -, dass die Männer inzwischen ihre Familiendaseinsvorsorge mehr einfordern als noch vor 50 Jahren. Das sage ich jetzt einmal. Es ist so. Ich denke, dem sollten wir Rechnung tragen.
Am meisten bin ich auf das angekündigte Landesbündnis mit der Wirtschaft gespannt. Dass es möglich ist, ein Landesbündnis mit der Wirtschaft hinzubekommen, das zeigt sich an einem anderen Ort. So ist zum Beispiel die Bundesministerin für Familien von der Handelskammer in Hamburg zu deren Jahrestagung am 19. Januar 2004 eingeladen worden. Ich zitiere:
„Sie haben erkannt, dass die Zukunft unserer Familien, die Zukunft unserer Kinder in gemeinsamer Verantwortung von Politik, Wirtschaft und
Gesellschaft liegt, Familienfreundlichkeit eine wichtige Dimension für die zukünftige Gesellschaft darstellt.“
Ich darf aus der gleichen Rede weiter zitieren:
„Familienpolitik ist kein weiches Politikfeld für wirtschaftlich gute Zeiten, das leider, leider, wenn es wirtschaftlich schlechter geht, zurückstehen muss, sondern es läuft genau umgekehrt: Ohne eine erfolgreiche Familienpolitik gibt es weniger Wachstum, gibt es weniger Innovation, ist soziale Sicherheit in unserem Land schwerer organisierbar. Weniger Kinder bedeuten heute schon weniger Wohlstand für unsere Gesellschaft; mehr Kinder sind dagegen unsere Zukunft.“
Bei einer weiteren Veranstaltung, bei einer Auftaktveranstaltung für ein regionales Bündnis, das im Gegensatz zu einem Landesbündnis - - Ich muss Frau Bull darin Recht geben, Familienpolitik sollte man zunächst hauptsächlich vor Ort machen; man sollte, wenn es irgendwie möglich ist, Regionalbündnisse bilden; denn ob Familien sich wohlfühlen, entscheidet sich vor allem dort, wo sie leben und arbeiten.
Im Hinblick auf die Wirtschaft ist zu sagen: Aktuelle Studien belegen, dass eine familienbewusste Personalpolitik für ein positives Image und eine höhere Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sorgt.
Rein betriebswirtschaftlich gerechnet, stehen den Kosten für familienfreundliche Maßnahmen wesentlich höhere Einsparungen durch niedrigere Krankenstände, niedrigere Einarbeitungskosten und bessere Arbeitsleistungen gegenüber. Deshalb unterstütze ich ein Familienaudit für Betriebe, das allerdings auch für die Verwaltung gelten muss.
Ich bedauere insbesondere - die Entwicklung und Umsetzung von familienfreundlichen Arbeitszeitmodellen auch in der Landesverwaltung ist ein Punkt -, dass mit der Bildung des Landesverwaltungsamtes in Halle für etliche Familien eine Situation eingetreten ist, die alles andere als familienfreundlich ist. Den Müttern und Vätern, die berufstätig sind und auswärts arbeiten, gelingt es zeitlich kaum, ihre Kinder morgens in die Einrichtung zu bringen und abends wieder abzuholen, weil der Anfahrtsweg zur Arbeit sehr lang geworden ist. Ich weiß, dass daran gearbeitet wird, aber als Familienfreundlichkeit kann man das auch in der Landesregierung absolut nicht bezeichnen.
Meine Damen und Herren! Das sind einige Punkte, die ich anführen wollte. Ich weiß, dass das, was Frau Bull heute eingebracht hat, sehr umfangreich ist und dass man nicht in allen Punkten wirklich übereinstimmt. Ich weiß aus Nebendiskussionen, die wir geführt haben: Es gibt schon einen Dissens in der Frage, was eigentlich Familie ist. Auch darüber, was Familie nun wirklich ist, sollte man diskutieren. Wir stimmen darin ziemlich überein, aber es gibt auch andere Ansichten. Warum sollte man das nicht ausdiskutieren?
Es gibt noch andere Punkte. Ich muss sagen, bezüglich der Forderung nach Abschaffung des Ehegattensplittings benutze ich die gleichen Worte wie Frau Bull: Wir sind in unserer Fraktion mehrheitlich dafür. Aber es gibt auch noch andere Dinge.
Ich begreife nicht, warum Sie das ablehnen. Ich bin der Meinung, dass wir über jeden einzelnen Punkt im
Gleichstellungsausschuss und im Ausschuss für Gesundheit und Soziales diskutieren sollten.
Wir unterstützen ebenfalls eine Überweisung in beide Ausschüsse. - Danke schön.
Ich dachte, ich kann meine Frage zurückziehen, weil ich ursprünglich die gleiche Frage stellen wollte wie Herr Bischoff. Doch jetzt haben Sie eine neue Frage provoziert. Wie sollen denn die Fraktionen an einem Programm mitarbeiten, wenn die Vorstellungen darüber, was dort mit hinein könnte, im Vorfeld bereits abgelehnt werden, ohne in einen Ausschuss überwiesen zu werden?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sozialpolitisches Gesamtkonzept und familienpolitisches Konzept gehören für mich zusammen, obwohl sie sich in einzelnen Teilen unterscheiden. Es gibt Dinge, auf die Frau Liebrecht gerade sehr ausführlich eingegangen ist, die die Sozialpolitik allein betreffen, und es gibt Dinge, die nur die Familienpolitik betreffen. Trotzdem gehören sie unmittelbar zusammen.
Ich bedauere es sehr, dass ich heute wieder einmal gehört habe, dass es ein sozialpolitisches Gesamtkonzept erst zum Ende der Legislaturperiode geben soll.
Ich bin froh darüber, dass wenigstens am letzten Dienstag zur Kabinettssitzung - ich habe es aus der Presse erfahren - wieder einmal die Familienpolitik im Mittelpunkt stand und dass das oftmals angekündigte Leitbild dazu nun im zweiten Quartal vorgestellt werden soll. Ich will darauf etwas näher eingehen.
Sozialpolitik ist meines Erachtens ein bisschen mehr als nur darauf abzuzielen, dass wir mehr Arbeitsplätze brauchen. Die brauchen wir unbenommen und damit wäre schon vieles gelöst, aber es ist, glaube ich, noch mehr.
Es ist so, dass die Menschen, die nicht mehr im Arbeitsprozess stehen können, weil sie entweder zu alt sind oder weil sie keine Arbeit haben - darauf ist Frau Bull besonders eingegangen -, besonderer Hilfe bedürfen, weil das Armutsrisiko bei diesen Menschen besonders hoch ist. Darum halte ich es für die Sozialpolitik für ganz besonders schlimm, dass besonders viele Angebote, die die Beratung dieser Menschen betreffen, immer mehr eingeschränkt werden oder den Kommunen, die ja selber riesengroße Löcher in ihren Haushalten haben wegen der immer geringeren Zuführung an die Kommunen, allein überlassen werden.
Dazu gehört zum Beispiel auch die Förderung der Schuldnerberatung. Wir reden doch gerade wieder über eine neue Insolvenzmöglichkeit. Ich wollte es nur als ein Beispiel anbringen.
Natürlich finde ich ein modernes Rettungsdienstgesetz ganz toll. Wenn ich dabei an den ersten Referentenentwurf denke, weiß ich nur nicht, was mit verlängerten Hilfefristen und dergleichen verbessert worden ist.
Ich weiß auch nicht, was Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch bedeutet außer Kinderbetreuung und Jugendbetreuung am Nachmittag. Damit sind wir bei dem gleichen Thema und dabei kommt man natürlich automatisch zur Familie, zum Feststellenprogramm, bezüglich dessen ich eine große Gefahr für die künftigen Jahre sehe.
Ich weiß nicht, wer das Feststellenprogramm weiterhin finanzieren soll, wenn es tatsächlich auslaufen sollte; denn die Kommunen können es nicht allein übernehmen. Wenn es auslaufen sollte, geht uns sehr, sehr vieles verloren - nicht für die Hortkinder und nicht für die Kindergartenkinder, aber gerade für die Jugendlichen, die am Nachmittag in einen Klub oder eine Freizeiteinrichtung mit einer ordentlichen pädagogischen Betreuung gehen, weil die Familie eben nicht stimmt.
Es gibt Jugendliche, die sich dafür entschuldigen, dass sie bereits um 13.15 Uhr kommen, obwohl die Einrichtung erst um 14 Uhr öffnet. Ich habe es persönlich erlebt. Ich will das an dieser Stelle sagen.
Ich möchte noch einmal auf die Familienpolitik zurückkommen. Ich bin froh darüber, dass Herr Minister Kley heute darauf hingewiesen hat, dass dies ein ressortübergreifendes Thema ist. Aus meiner Sicht spielt da sehr vieles mit hinein, nicht nur die Schaffung eines baulichen Umfeldes. Ich weiß nicht, wie wir das gemeinsam hinbekommen. Ich denke, dies ist nur zu schaffen, indem wir gemeinsam versuchen, mit vielen Leuten darüber zu reden.
Ich finde es beispielsweise furchtbar, dass sich heutzutage die Leute über den Bau eines neuen Spielplatzes oder - das ist noch viel gefährlicher - eines Bolzplatzes aufregen, dass sie dagegen sind, sich sogar zusammenschließen und Unterschriften sammeln. Hingegen finden sie Hunde, die früh um 5 Uhr bellen, nicht so tragisch. Das bedeutet nicht, dass ich etwas gegen Haustiere einzuwenden habe. Ich würde mich dagegen verwahren, Haustiere aus den Wohnungen zu verbannen. Aber diese Tendenz finde ich tatsächlich äußerst bedenklich.
Ich denke, die Familienfreundlichkeit ist in Deutschland, nicht nur in Sachsen-Anhalt - ich habe aber den Eindruck, dass es hier so langsam besonders schlimm ist -, etwas, das man nicht mehr nur mit Geld bezahlen kann. Ich weiß auch nicht, wie man das deutlich machen kann. Vielleicht muss man die Medien einmal darauf hinweisen, dass Familien und vor allem die Kinder in den Familien etwas Wichtiges sind.
An dieser Stelle will ich allerdings auf die Vielfältigkeit der Familienformen nicht noch einmal eingehen. Für mich ist die Familie dort, wo Kinder sind. Dabei ist es egal, ob die Betreffenden verheiratet sind oder nicht. Aber darüber ist heute bereits mehrfach geredet worden.
Ich freue mich auch darüber, dass sogar die FDP diesen Punkt erkannt hat.
Einen weiteren Punkt möchte ich ebenfalls noch ansprechen, nämlich den Zusammenhang mit der Bildung. Zur Familienpolitik gehört auch die Bildungsgerechtigkeit. Ich denke nicht, dass es im Hinblick auf die Familienpolitik förderlich ist, eine frühzeitige Selektierung vorzunehmen und die Kinder, die den Anforderungen nicht so ganz gerecht werden können, von einer Förderung auszuschließen.
Nachweislich haben Kinder aus den Familien, die wirtschaftlich nicht so gut dastehen, weniger Chancen, sich sowohl im Vorfeld als auch in der Schule in gleicher Weise zu bilden, als Kinder, die aus reicheren Familien kommen. Das wissen wir. Das ist mehrfach nachgewiesen worden. Darum halte ich eine Selektierung nach der 4. Klasse, wie sie nun wieder eingeführt wird, nicht für sinnvoll.
Es ist eben nicht damit getan, dass unser Bauminister Herr Dr. Daehre am Aschermittwoch in Wolfen sagt, Tugenden wie Ordnung und Disziplin an den Schulen müssten wieder hergestellt werden. Ich habe nichts dagegen. Dort gibt es zum Teil erhebliche Mobbingprobleme.
Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Jedoch ist inzwischen an den Schulen tatsächlich ein gewisses Gewaltpotential vorhanden. Davor können wir nicht die Augen verschließen. Auch vor etwas anderem verschließe ich nicht die Augen, nämlich davor, dass es mit Ihrer Hilfe gelungen ist, die Beratungsmöglichkeiten, die Schulsozialarbeit abzuschaffen.
Ich möchte nicht noch einmal auf das Thema Familiengeld eingehen. Das hat Frau Bull bereits getan. Das Fol
gende geht auch in die Richtung der Bundesregierung. Ich bin an dieser Stelle ganz ehrlich. Es gibt viele allein erziehende Väter und Mütter. Zwar sind es mehr Mütter als Väter, aber es gibt auch allein erziehende Väter. Ich bedauere es sehr, dass durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts noch keine Alternative zur Abschaffung des Haushaltsfreibetrags für allein Erziehende geschaffen wurde. Das bedauere ich ausdrücklich. Ich gehe davon aus, dass es dafür einen Ausgleich geben muss. Dies kann auch eine Aufforderung an unsere eigene Landesregierung sein, an einer baldigen Lösung mitzuwirken.
Ich bin froh, dass im Parlament zumindest Einigkeit dahin gehend besteht, dass die beiden Anträge in die Ausschüsse überwiesen werden. Frau Liebrecht, ich gebe Ihnen Recht. Selbstverständlich ist es Ihnen unbenommen, den Fragekatalog im Ausschuss zu erweitern. Wegen dieser Einigkeit sollten wir eigentlich froh und dankbar sein. Allerdings ist eine Überweisung der Anträge in die Ausschüsse nicht erforderlich, weil sie so formuliert sind, dass direkt darüber abgestimmt werden kann. Ich bitte um Zustimmung für beide Anträge. - Danke schön.
Herr Minister, kann ich Ihren letzten Worten entnehmen, dass es möglich ist, auch bereits geplante Projekt, die noch in diesem Jahr fertig gestellt werden sollten, über die Zusammenarbeit mit der Otto-von-Guericke-Universität zu finanzieren? Ich meine damit ein spezielles Projekt - das sollten Sie vielleicht kennen -: In Köthen finden in diesem Jahr wieder die Internationalen Bach-Festtage statt. Es war bereits seit längerem geplant, in diesem
Jahr zur Eröffnung einen Frauenort im Zusammenhang mit der ersten Frau Bachs zu erstellen.
Danke schön, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Der Landkreistag beklagt in seiner Pressemitteilung vom 4. September 2003, dass das Land lediglich die vom Bund im Rahmen der Kostenerstattung bereitgestellten Mittel weiterleitet. Die Einsparungen auf Landesseite aufgrund der Verpflichtung der Landkreise und kreisfreien Städte, Grundsicherungsleistungen auch an Bewohnerinnen und Bewohner von Pflege- und Behinderteneinrichtungen zu zahlen, werden aber nicht an die Kommunen weitergereicht.
Ich frage die Landesregierung:
1. Wie hoch schätzt die Landesregierung anhand der vorliegenden Anträge auf Grundsicherung die Mehrkosten für die Landkreise und kreisfreien Städte ein?
2. Wie bewertet die Landesregierung die Berechnung des Landkreistages, dass die im Haushaltsplanentwurf 2004 eingestellten Mittel lediglich einen Teil der zu erwartenden Mehrkosten der Kommunen decken?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als ich die Antwort auf die Kleine Anfrage von Herrn Gärtner gelesen habe, habe ich gedacht: Was denn nun? Herr Kurze, ich mache Ihnen dabei keinen Vorwurf. Aber es ist nicht ganz richtig, dass es aus Ihrer Fraktion heraus nicht Widerstände gegen das Ursprungsgesetz gibt.
Mein ursprünglicher Gedanke war, das ist fast eine Unterstellung. Aber ich erinnere mich noch sehr gut an die Diskussion, die wir in diesem Hohen Hause zu dem Ursprungsgesetz, dessen Folgen derzeit sichtbar werden, geführt haben. Einige von der Regierungsbank - ich nehme Herrn Kley aus - waren damals Abgeordnete und haben entsprechend reagiert.
Ich hatte schon böse Gedanken, aber ich habe jetzt gehört - ich denke, es ist keine Lüge -, dass nach der Einbringung des Gesetzentwurfs der PDS auch in die Arbeit der Landesregierung endlich ein bisschen Power kommt. Jedenfalls bin ich froh darüber, dass sich die PDS die Arbeit gemacht hat, diesen Gesetzentwurf einzubringen,
auf den hier schon gewartet wird.
Ich danke Ihnen dafür, dass Sie gesagt haben, dass wir den Gesetzentwurf nicht ad acta legen, sondern dass wir ihn und den, der noch eingebracht wird, parallel behandeln. Es wäre nicht das erste Mal, dass wir zwei Gesetzentwürfe parallel behandeln.
Ich wundere mich darüber - aber das ist die Sache der Landesregierung -, dass die Federführung für diesen Gesetzentwurf beim Sozialministerium liegt. Auch ich plädiere dafür, den Gesetzentwurf der PDS zur federführenden Beratung in den Innenausschuss und zur Mitberatung in die Ausschüsse für Recht und Verfassung sowie für Gleichstellung, Familie, Kinder, Jugend und Sport zu überweisen. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bereits am 17. Januar 2002 haben wir über dieses Thema, Bildung im Vorschulalter, im Kindergarten, debattiert. Damals hat die Landesregierung schon einmal den Auftrag erhalten, ein entsprechendes Konzept zu erarbeiten, wie es heute wohl auch wieder gefordert werden wird.
Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, dass sich die CDU-Fraktion dem damals fürchterlich widersetzt hat, weil es nicht mehr geschafft werde und zusätzliche Aufgaben auf die Erzieherinnen zukämen und das alles nicht zu machen sei. Ich bin eigentlich froh darüber, dass sich die Erkenntnis in beiden Fraktionen gewandelt hat - wenngleich die FDP damals noch nicht im Parlament vertreten war.
Das mag vielleicht auch daran liegen, dass Professor Olbertz eine ganz andere Meinung dazu hat. Ich konnte in einem Artikel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ lesen, dass er sich für eine gute Vorbereitung in Kindergärten einsetze, die gezielt auf Einschulung abziele. Natürlich solle man dort nicht Lesen und Schreiben lernen, aber mit bestimmten Dingen umgehen lernen, zum Beispiel mit der Schere üben, Vorstellungsvermögen trainieren, Takt und Rhythmus beherrschen usw. Der Kindergarten habe eine Bildungsaufgabe. - So stand es in der Zeitung; Aussagen von Professor Olbertz.
- Ich kann das vollkommen unterstreichen.
Ich will aber dazu sagen, dass wir diesen Gedanken schon etwas eher hatten. Ich kann mich noch an eine Veranstaltung im Filmmuseum in Wolfen erinnern, die unter dem Motto stand „Kindergärten damals und heute“. An der Veranstaltung haben aus dem Landtag Frau Liebrecht und ich teilgenommen. Schon zu diesem Zeitpunkt hatten die damalige Sozialministerin und der damalige Bildungsminister gemeinsam vorgetragen, dass etwas zu tun sei. Ich konnte auf dieser Veranstaltung lernen, dass es in Sachsen bereits zu dieser Zeit eine wissenschaftliche Begleitung von Bildungsaufgaben in Kindergärten gab. Das ist etwas, was wir aufgegriffen haben.
Frau Liebrecht, Sie werden sich erinnern, dass in dieser Veranstaltung viele Kindergärtnerinnen gesagt haben: Wir würden gern, wissen aber nicht wie. Wie sollen wir es anpacken und was ist gefordert? - Deshalb finde ich es gut, dass das Konzept weiter verfolgt wird. Man kann auch auf die Vorarbeit, die von der alten Landesregierung schon etwas geleistet wurde, zurückgreifen. Zum Beispiel besteht auch schon Kontakt zu der MartinLuther-Universität, wo schon eine Skizze des Projektes besteht.
Die Jugendministerkonferenz hat das Thema ebenfalls aufgegriffen. Ich bin darüber sehr froh.
Was ist Bildung? - Ich habe lesen können, dass der Bildungsprozess der Kinder eigentlich schon mit der Geburt beginnt und nicht erst mit drei Jahren, wenn sie in den Kindergarten eintreten. Ich glaube, der Begriff ist wirklich noch zu definieren.
Was natürlich sehr wichtig ist - deshalb müssen wir darüber auch reden -, ist der Lerndrang, die Wissbegierde und all das, was nützt, die Welt zu erkennen, was gerade im jüngeren Kindesalter besonders ausgeprägt ist. Das muss gefördert und darf nicht gebremst werden, wie es manchmal vorkommt, weil man als Erwachsener etwas darüber stülpen möchte.
Ich bin froh über den Änderungsantrag der CDU- und der FDP-Fraktion. Ich möchte Sie namens meiner Fraktion aber darum bitten, dass beide Anträge in die Ausschüsse für Gleichstellung, Familie, Kinder, Jugend und Sport und für Bildung und Wissenschaft überwiesen werden. Herr Kley, ich gebe Ihnen vollkommen Recht; auch ich möchte, dass der Ausschuss für Gleichstellung, Familie, Kinder, Jugend und Sport federführend berät. Beide Anträge sollten überwiesen werden, weil, wie im schulischen Bereich auch, doch noch sehr vieles offen ist und wir noch sehr ausgiebig über die Problematik diskutieren müssen. - Danke schön.
Ich bin eigentlich nur über eine Bemerkung in Ihrem Redebeitrag gestolpert,
- ja, eine - auch wenn der Antrag von der PDS kam. Sie haben gefragt, warum der Antrag eingebracht wurde. Auch wir sind eine Oppositionspartei. Wollen Sie mit dieser Bemerkung der Opposition das Recht absprechen, Anträge zu stellen?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In dem Beschluss in Drs. 3/71/5297 B vom 22. Februar 2002 bittet der Landtag die Landesregierung, einen Gesetzentwurf zum Schutz vor häuslicher Gewalt noch vor der Sommerpause einzubringen. Der Tatendrang, den die CDUFraktion noch im Januar hinsichtlich dieses Themas zeigte, scheint jedoch verflogen zu sein.
Deshalb haben wir als SPD-Fraktion jetzt die Initiative ergriffen.
An der Tatsache, dass nach wie vor vor allem im sozialen Nahraum zum Teil unvorstellbare Gewalt ausgeübt wird, kommen wir nicht vorbei. Das geht durch alle gesellschaftlichen Schichten und trifft zu 90 % Frauen und Kinder, aber auch die im Haushalt lebenden alten Menschen. Für uns steht beim Schutz vor häuslicher Gewalt nicht das Polizeirecht im Vordergrund, sondern die Hilfeangebote für die Opfer, was insbesondere den Ausbau der Interventionsstellen einschließt.
Seit dem Aktionsplan der Bundesregierung zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen, der Verabschiedung des Gewaltschutzgesetzes vom 1. Januar 2002 und des Landesaktionsplans von Sachsen-Anhalt ist viel geschehen. Das Thema ist nicht mehr tabu. Es ist von hinter der Wohnungstür vor die Wohnungstür geholt worden.
Viele öffentliche Veranstaltungen, Schulungen der Polizei und der Justiz, der Leitfaden „Hinsehen“, die Beratungsstelle „Pro Mann“ - um nur einige Beispiele zu nennen - haben dafür gesorgt, die Bevölkerung für diese Gewalterscheinungen zu sensibilisieren.
Das Gewaltschutzgesetz des Bundes gibt dem Opfer die Möglichkeit, zivilrechtliche Maßnahmen und Schutz zu erlangen. Bis die gefährdete Person sich entschieden hat, ob sie zivilrechtlich gegen die gewalttätige Person vorgehen will, bis dann die gerichtliche Entscheidung auch tatsächlich getroffen ist, bedarf es aber des sofortigen Schutzes und der Beratung.
Der Gesetzentwurf gewährleistet den Grundrechtsschutz der gefährdeten Person, beachtet aber auch grundrechtlich geschützte Positionen der gewalttätigen Personen, gegen die die Polizei einschreitet. Wir sind uns der Schwere des Eingriffs bei einer Wegweisung aus der eigenen Wohnung bewusst. Deshalb wollen wir mit einer spezialgesetzlichen Regelung die Wegweisung auf eine rechtsstaatlich einwandfreie Grundlage stellen.
- Ich komme noch darauf zu sprechen.
Die Platzverweisung nach § 36 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes kann nicht länger andauern als die Gefahr, zu deren Abwehr sie verhängt wird. Dauert die Gefährdung nicht an, kann die fortdauernde Wegweisung wohl kaum auf die polizeiliche Generalklausel gemäß § 13 SOG gestützt werden.
Es ist müßig, darüber zu streiten, ob die neu in das SOG aufzunehmende Regelung klarstellt, was die Polizei schon jetzt darf, oder ob sie eine bisher nicht vorhandene Eingriffsbefugnis schafft.
Mir als Familienpolitikerin kommt es darauf an, dass der Schutz vor häuslicher Gewalt praktische Fortschritte macht.
Das setzt voraus, dass den Beamtinnen und Beamten der Landespolizei die notwendige Rechtssicherheit für ihr Einschreiten gegeben wird, an der es gegenwärtig noch mangelt. In Baden-Württemberg, wo ein Modellversuch zur Bekämpfung der häuslichen Gewalt auf Grundlage der polizeilichen Generalklausel stattfand,
hielt ein Verwaltungsgericht diese Grundlage für nicht ausreichend. In dem Abschlussbericht der dortigen interministeriellen Arbeitsgruppe vom November 2001, in der Vertreter des Sozial-, des Innen- und des Justizministeriums mitarbeiteten, wird folgerichtig eine spezielle gesetzliche Normierung des Platzverweises empfohlen.
In der öffentlichen Anhörung, die unser Innenausschuss am 19. Dezember 2001 durchführte, erklärte der Vertreter des Innenministerium Baden-Württembergs - Frau Präsidentin, ich darf mit Ihrer Erlaubnis zitieren -:
„Obwohl sich nach den Ergebnissen des Platzverweisverfahrens in unserem Modellprojekt diese unmittelbare Notwendigkeit nicht ergibt, ist mittlerweile klar, dass das Land Baden-Württemberg den Platzverweis speziell gesetzlich regeln wird.“
Wie ist nun dieser Sachverhalt zweckmäßig und zugleich rechtsstaatlich einwandfrei zu regeln? - Die CDU hat im Mai 2001 einen Gesetzentwurf eingebracht, der in der zweiten Beratung am 22. Februar 2002 keine Mehrheit gefunden hat. Dieser Gesetzentwurf war von apodiktischer Kürze.
Unser Gesetzentwurf stimmt mit dem der CDU in nur einem, allerdings sehr zentralen Punkt überein. Anknüpfungspunkt für das polizeiliche Handeln ist eine gegenwärtige Gefahr für ganz bestimmte bedeutsame Rechtsgüter, nämlich Leib, Leben und Gesundheit der gefährdeten Person. Dieser Punkt ist dem Gewaltschutzgesetz des Bundes entnommen, das zu Jahresbeginn 2002 in Kraft getreten ist.
Im Unterschied zum CDU-Entwurf enthält unser Entwurf ausreichend differenzierte Regelungen, die ein Höchstmaß an effektivem Grundrechtsschutz gewährleisten.
Ich verhehle nicht, dass sich unser Entwurf eng an eine in diesem Jahr in Nordrhein-Westfalen in Kraft getretene Neuregelung anlehnt, die im Ländervergleich aus unserer Sicht am allerbesten abschneidet. Ich will das ein einem Beispiel deutlich machen.
Wir wollen in das Gesetz aufnehmen, dass die Polizei die gefährdete Person über Beratungsangebote zu informieren und ihr anzubieten hat, durch Weitergabe ihrer
personenbezogenen Daten eine Kontaktaufnahme mit einer Beratungseinrichtung zu ermöglichen. Die Weitergabe von Name, Anschrift und Telefonnummer setzt nach Datenschutzrecht normalerweise eine Unterschrift voraus. Hier soll wegen der Ausnahmesituation, in der sich die gefährdete Person befindet, ein entsprechender Vermerk in der Einsatzdokumentation ausreichen.
Das geht weniger weit als der so genannte Pro-AktivAnsatz nach dem österreichischen Recht. Dort werden die Daten - allerdings ohne entsprechende Willensbekundung der gefährdeten Person - durch die Polizei an eine Interventionsstelle übermittelt, die dann dieser Person Beratung und andere Hilfe gewährt. Das dürfte nach unserer Ansicht zu weit gehen.
Wir haben den Gesetzentwurf eingebracht, um diesen Schutz zu gewähren, aber auch, um den Schutz der Grundrechte sowohl des Opfers als auch des Täters zu gewährleisten. Das ist nur ein Punkt, in dem sich unser Gesetzentwurf von dem der CDU-Fraktion vom Mai 2001 unterscheidet.
Lassen Sie mich weitere Punkte ansprechen. In dem CDU-Entwurf war für die Wegweisung eine Dauer von sieben Tagen vorgesehen.
Nachdem dieser Zeitraum in der Anhörung als zu kurz bezeichnet worden war, hat Herr Becker eine Verdopplung auf 14 Tage vorgeschlagen. Wir wollen das gleiche Zeitmaß wählen, wie es in Nordrhein-Westfalen bestimmt wurde: in der Regel zehn Tage, bei Bevorstehen einer gerichtlichen Entscheidung maximal 20 Tage.
Die Polizei darf der gewalttätigen Person alle Wohnungsschlüssel abnehmen.
Zum Grundrechtsschutz der gewalttätigen Person. Im Interesse eines wirkungsvollen Schutzes muss der räumliche Bereich der Wegweisung genau bezeichnet werden. In Einzelfällen kann sich dies auf die Wohnung und auf Nebengelasse beschränken, zum Beispiel bei Berufsausübung in der unmittelbaren Umgebung der Wohnung.
Zum Schutz der gefährdeten Person und zur Durchsetzung der Wegweisungsmaßnahme hat die Polizei mindestens einmal im Zeitraum der Wegweisung die Maßnahme zu überprüfen.
Der Gesetzentwurf garantiert auch die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Justiz; denn das Gericht hat der Polizei die Beantragung des zivilrechtlichen Schutzes und den Tag der gerichtlichen Entscheidung unverzüglich mitzuteilen.