Rolf Seidel
Appearances
Last Statements
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Gesetz zur Ausführung des Bundesmeldegesetzes und zur Änderung weiterer Gesetze ist notwendig geworden, da am 1. Mai 2015 das neue Bundesmeldegesetz in Kraft treten wird und damit das Sächsische Meldegesetz ersetzt. Somit werden die bislang unterschiedlichen Herangehensweisen in den Meldegesetzen der einzelnen Bundesländer vereinigt.
Neben der Regelung der Zuständigkeiten geht es insbesondere darum, die derzeit bestehenden Melderegister in unseren Kommunen zum Sächsischen Melderegister weiterzuentwickeln. Damit werden die dem Freistaat zustehenden Kompetenzen ausgeschöpft, um ein modernes, schnelles und wirtschaftlich arbeitendes Meldewesen zu erreichen. Die kommunalen Behörden werden entlastet, da Datenübermittlung und Auskünfte, die regelmäßig und automatisiert erledigt werden können, nur noch aus dem Sächsischen Melderegister erfolgen, in dem die bisherigen kommunalen Kernmelderegister aufgehen werden.
Sachsen muss, wie die anderen Bundesländer auch, gewährleisten, dass rund um die Uhr entsprechende Anfragen von Sicherheitsbehörden möglich sind. Das ist bei kommunalen Meldebehörden in dem Maße nicht möglich. Der Freistaat verfügt mit der Sächsischen Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung, der SAKD, über ein Rechenzentrum mit gut ausgebildeten Mitarbei
tern, die einen hohen Sicherheitsstandard im Umgang mit unseren Daten gewährleisten können und werden.
Der Gesetzentwurf der Staatsregierung wurde mehrmals im Innenausschuss beraten und öffentlich am 27. März 2014 angehört. In dieser Anhörung kam der Direktor der SAKD, Herr Thomas Weber, zu folgendem abschließenden Urteil – ich zitiere –: „Der vorliegende Gesetzentwurf regelt die Umsetzung der sich aus dem Bundesmeldegesetz ergebenden Aufgaben und gleichzeitig nutzt er die gegebenen gesetzlichen Möglichkeiten, um an vielen Stellen Vereinfachungen im Verwaltungsvollzug zu realisieren. Das sächsische Melderecht wird modern und schnell. Technische Anforderungen, Änderungen und Anpassungen werden an einer Stelle gebündelt und dort konzentriert umgesetzt.“
In den Beratungen des Innenausschusses verdeutlichte auch unser Datenschutzbeauftragter, Herr Andreas
Schurig, dass diese Vorschläge seiner Behörde bei der Erarbeitung des Gesetzes vollumfänglich berücksichtigt wurden. Ich möchte Herrn Andreas Schurig für die Unterstützung und die Begleitung des Verfahrens namens der Koalition recht herzlich danken. Danke schön, Herr Schurig.
Die Koalition hat zum Gesetzentwurf der Staatsregierung noch einige Ergänzungen vorgenommen, die zum Teil bei der Anhörung angesprochen wurden und uns wichtig sind. So soll dem Suchdienst des Deutschen Roten Kreuzes ein Zugang auf den zentralen Meldebestand des Freistaates Sachsen nach Maßgabe des Bundesmeldegesetzes zur
Erfüllung seiner Aufgaben eingeräumt werden. Ebenso stellen wir sicher, dass unsere Kirchen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben in der Seelsorge, in Diakonie und Caritas und in der Kirchensteuererhebung bisher auf die Daten der kommunalen Meldebehörden zugreifen konnten, um ihre eigenen Melderegister abzugleichen, dies auch weiterhin können.
Der Grundkatalog des Bundesmeldegesetzes bleibt hier zum einen hinter den Regelungen des aktuellen sächsischen Gesetzes zurück, zum anderen berücksichtigt er naturgemäß nicht die Staatskirchenverträge des Freistaates mit dem Heiligen Stuhl und den evangelischen Landeskirchen.
Die Regelungen ermöglichen landesweit einen sicheren Abgleich der vorhandenen Bestandsdaten mithilfe der beschlossenen bundesweiten technischen Standardisierungsverfahren. Sie führt zu mehr Datensicherheit und reduziert den Aufwand in den Behörden.
Außerdem ist es notwendig, dem Innenministerium die Befugnisse zum Erlass für Rechtsverordnungen zu erteilen, damit bis zum 1. Mai 2015 die Verfahrensausführung zur Übermittlung und zum Abruf von Meldedaten geregelt werden kann und somit eine rechtskonforme Situation zum Bundesrecht vorliegt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Innenausschuss hat den Gesetzentwurf und den Änderungsantrag in seiner 60. Sitzung am 5. Juni 2014 endberaten und beschlossen. Er empfiehlt dem Hohen Haus die Annahme des Gesetzentwurfes.
Ich möchte an dieser Stelle ganz herzlich dem Kollegen Jürgen Petzold danken, der mich am 5. Juni 2014, als ich krank war, vertreten hat. Heute ist er leider selbst krank. Ich wünsche ihm von dieser Stelle aus gute Besserung.
Recht herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der grundsätzliche Unterschied in der Schulpolitik wurde durch die Kollegin noch einmal recht deutlich benannt. Die eher linke Seite in unserem Haus möchte die Gemeinschaftsschule. Wir halten an dem gegliederten Schulsystem fest, und wir haben damit wunderbare Erfolge erreicht – nicht wir, sondern die Lehrerinnen und Lehrer und die Schülerinnen und Schüler.
Das bestätigen uns nicht nur die internationalen Studien, die wir alle kennen, die PISA heißen und Ähnliches. Das bestätigen uns auch die nationalen Studien des Instituts für neue soziale Marktwirtschaft, bei denen gerade die sächsischen Schulen immer und immer wieder vordere Plätze einnehmen.
Ja.
Dazu kann man natürlich Ausführungen machen. Erst einmal haben wir ein leistungsorientiertes Schulsystem.
Wir verschenken keine Abschlüsse, in keinem Punkt.
Wir haben ein sachsenweites Abitur und streben sogar ein bundesweites an, damit die anderen Länder die gesamte Leistungsbereitschaft, die unsere Schülerinnen und Schüler haben, ebenfalls beweisen können.
Zu dem unteren Bereich müssen wir uns gesondert unterhalten. Dort werden sehr unterschiedliche Auswertungsklauseln in den einzelnen Bundesländern angewendet. Das wissen Sie auch, meine Damen und Herren.
Nun kommen wir zur Nachbarschaftsschule Leipzig und dem Chemnitzer Schulmodell, wie es Kollegin Falken in ihrem Antrag begehrt.
Diese beiden Schulmodelle sind im Sinne des § 15 des Sächsischen Schulgesetzes festgelegt. Ich darf aus dem Abs. 1 zitieren: „Zur Weiterentwicklung des Schulwesens und zur Erprobung neuer pädagogischer und organisatorischer Konzeptionen können Schulversuche durchgeführt werden.“ In Abs. 2 steht: „Schulversuche bedürfen der Genehmigung der obersten Schulaufsichtsbehörde und sind in der Regel wissenschaftlich zu begleiten.“
Nun haben die beiden hier genannten Schulversuche genau die Aufgabe, neue pädagogische und organisatorische Konzeptionen durchzuführen, deren Wirksamkeit, deren Vor- und Nachteile für den Bildungsprozess und deren Vereinbarkeit mit dem sächsischen Schulsystem zu erproben. Eine jährliche Evaluation durch die Fakultät für Erziehungswissenschaften bei der hiesigen TU Dresden stellt sicher, dass diese Schulmodelle wissenschaftlich begleitet werden und dass die Bildungsergebnisse analysiert und verallgemeinerungsfähige Ansätze dokumentiert werden. Insofern erfüllt die Staatsregierung hier die exakte Umsetzung des § 15 unseres Schulgesetzes.
Nun sind Schulversuche von der Sache her nicht darauf angelegt, unbegrenzt fortgeführt zu werden. Zu einem gewissen Zeitpunkt sind die Erkenntnisse aus pädagogischen Ansätzen und didaktischen Versuchen auch erschöpft. Daher sind die beiden hier angesprochenen Schulversuche auf 2017 bzw. 2018 begrenzt. Das heißt aber nicht, dass diese Schulen ihre Arbeit dann einstellen müssten. Sie erscheinen mir, sie erscheinen uns auf der Wiese der staatlichen Schulen wie bunte Blumen, die unsere Schullandschaft wie auch andere Schultypen
bereichern und alternative Angebote für Kinder und Eltern bereitstellen.
Ja, bitte.
Wir haben jetzt das Jahr 2017 bzw. 2018 geplant. Dann sind 27 und 28 Jahre um. Ich denke, dann sollte man einen Schulversuch beenden und in eine reguläre Schule überführen.
Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist übrigens sehr erfreulich, wenn sich Eltern intensiv mit Schule auseinandersetzen und sich mit um deren Gestaltung kümmern, was in diesen beiden Schulen sehr erfolgreich durchgeführt wird.
Natürlich muss man diese Art von Schule auch von ganzem Herzen wollen. Das gilt für Lehrer, für Eltern und ganz besonders für die Kinder. Gemeinsamer jahrgangsübergreifender Unterricht in drei Stufen wie beispielsweise in Leipzig, keine Notengebung bis zur 7. Klasse, sondern verbale Jahresberichte über die Entwicklung jedes einzelnen Schülers, kein Schulbezirk und daher Schüler aus dem gesamten Stadtgebiet, die genau das wollen: Projektunterricht, Wochenplanarbeit und anderes. Das ist durchaus nicht von jedem gewollt und auch nicht für jedes Kind geeignet. Aber das ist eben für manchen die richtige Schulform, die wir hier geschaffen haben.
Dass die Erfahrungen aus den Schulversuchen auch in die tägliche Praxis unseres erfolgreichen gegliederten Schulsystems überführt wurden, geht aus der Antwort der Staatsregierung auf diesen Antrag hervor. Im Zuge der Weiterentwicklung der sächsischen Mittelschule zur Oberschule haben wir auch Erkenntnisse aus diesen Modellschulen eingebracht. Die Angebote für besonders leistungsbereite Schüler und die Möglichkeit der Abweichung von der äußeren Differenzierung sind dafür Belege, genauso wie die Einführung der Leistungsgruppen ab Klassenstufe 5 und der zweiten Fremdsprache ab Klassenstufe 6.
Wir haben vor zwei Wochen im Rahmen eines schulpolitischen Forums unserer Fraktion hier in Dresden mit Vertretern der sächsischen Lehrerverbände, der Pädagogen aus dieser Schulart und auch Elternvertretern die Weiterentwicklung der Mittelschule zur Oberschule umfassend und teils auch kontrovers diskutiert. Einig sind wir uns alle darüber, dass die Oberschule das zentrale Element unseres gegliederten sächsischen Schulsystems ist und auch weiterhin bleibt und mit den neuen pädagogischen Ansätzen – natürlich unter Sicherung der notwendigen Ressourcen – weiterentwickelt werden wird. Praxis
nähe der Ausbildung und Erhöhung der Durchlässigkeit sind dabei Elemente, welche wir auch mit Blick auf den Fachkräftebedarf unserer sächsischen Wirtschaft besonders im Fokus haben und weiter haben werden.
Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, und damit komme ich auf den vorliegenden Antrag zurück, diese Weiterentwicklung findet im Rahmen unseres Schulgesetzes und unserer durch das Schulgesetz festgelegten Schulstrukturen statt. Wir werden in Sachsen keine flächendeckende Einheitsschule, keine Gesamtschulen zulassen, auch nicht durch die Hintertür!
Damit werden wir auch diesen Antrag ablehnen. So ist das.
Gleichwohl gilt es aber auch, eine klare Botschaft an die beiden hier zur Rede stehenden Schulstandorte zu richten. Dabei beziehe ich mich wiederum auf die Stellungnahme der Staatsregierung. Beide Standorte sind in der Schulnetzplanung sowohl in Leipzig als auch in Chemnitz als gesicherte Standorte festgeschrieben. In beiden Standorten sind vom jeweiligen Schulträger viele Mittel eingesetzt worden, um diese Schule in einen vorzeigenswerten Zustand zu versetzen, bzw. ist den Schulen ein Neubau zugewiesen worden. Niemand muss sich also, wie ich hier schon betont habe, um deren Fortbestand sorgen. Ich verweise darüber hinaus auf den als Schulschließungsmoratorium bekannten Beschluss, den wir hier eingebracht haben.
Meine Damen und Herren! Zum guten Schluss möchte ich an dieser Stelle neben den Eltern auch ganz besonders den Lehrerinnen und Lehrern der Nachbarschaftsschule Leipzig und des Chemnitzer Schulmodells danken,
die sich für andere konzeptionelle Ansätze und deren Umsetzung aufgeschlossen zeigen und mit hohem persönlichem und fachlichem Einsatz für gute pädagogische Ergebnisse sorgen und so den ihnen anvertrauten Kindern ihren Weg ins Leben ebnen helfen.
Danke schön.
Danke schön. Ich möchte mit Ihrer Genehmigung einen kleinen Redebeitrag nachschieben, Herr Präsident.
Natürlich ist die Nachbarschaftsschule in Leipzig schon längst aus dem Feld des Stadtteils herausgewachsen. Es sind aus ganz Leipzig Kinder – Mädchen und Jungen – an dieser Schule. Diese Schule wird von Eltern ganz bewusst ausgesucht, die sich auch sehr, sehr für diese Schule einsetzen. Zum anderen – ich hatte es vorhin schon gesagt – müssen die Kinder, die Lehrerinnen und Lehrer dieses Konzept wollen. Es ist nicht so einfach, meine Damen und Herren, auch Lehrerinnen und Lehrer zu finden, die dieses Schulkonzept mittragen.
Und nun zu Ihnen, Frau Stange. Es ist nicht so einfach, neue Schulleiter zu finden, wenn ein alter Schulleiter, hier beispielsweise Frau Schulze, das Rennen verlässt und sich einer anderen Aufgabe widmet. Wenn sich dann nur eine Person auf die Schulleiterstelle bewirbt, dann kann ich nicht davon sprechen, dass diese Schulleiterin der Schule „aufs Auge gedrückt wurde“. Man kann immer nur mit den Ochsen pflügen, die einem der Herrgott gegeben hat. Da wir nur eine Bewerbung hatten, konnte auch nur diese eine Dame die Stelle bekommen. Ich denke, das wissen Sie, und wir sollten uns nicht mit Falschdarstellungen bombardieren.
Danke.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Freistaat Sachsen hat sich in den letzten 20 Jahren eine vielfältige Angebotsstruktur für die berufliche Erstausbildung und die berufliche Fort- und Weiterbildung entwickelt. Diese Angebote kommen von freien Trägern der Berufsausbildung, von staatlichen berufsbildenden Schulen, direkt aus der Wirtschaft, den Gewerkschaften oder unseren Kammern. Es sind die vollzeitschulischen Maßnahmen, die duale Berufsausbildung oder spezielle Fort- und Weiterbildungsangebote. Dieses breite Engagement hat uns in den zurückliegenden Jahren ganz besonders geholfen, die angespannte Ausbildungssituation im Land in den Griff zu bekommen und jedem Auszubildenden einen Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen.
Aber Sie wissen auch, meine Damen und Herren, dass sich die Lage grundlegend gewandelt hat. Die Zahl der Auszubildenden hat sich seit 1995 auf etwa 70 000 halbiert. Diese Entwicklung hat natürlich direkte Auswirkungen auf die Berufsschullandschaft und dabei insbesondere auf die Standorte und den Umfang der angebotenen Ausbildungsgänge in den kreisfreien Städten und in den Landkreisen.
Mit dem vorliegenden Antrag soll auf die Entwicklung reagiert und regional ausgewogen ein bestands- und leistungsfähiges Netz von berufsbildenden Schulen in öffentlicher Trägerschaft geschaffen werden. Als ob es in den vergangenen Jahren keinerlei Entwicklung auf diesem Gebiet gegeben hätte! Dazu wird unter anderem vorgeschlagen, nicht nur die Klassenrichtwerte für Fachklassen zu reduzieren, sondern auch Ausbildungen, die einer
staatlichen Anerkennung bedürfen, wieder in die Hand von öffentlichen Berufsschulen zu geben. Also im Klartext: Dort, wo Berufe wie Staatlich anerkannter Erzieher bzw. Staatlich anerkannte Erzieherin oder Rettungsassistent von privaten Trägern ausgebildet werden, sollen diese Träger, die in all den vergangenen Jahren mitgeholfen haben, unseren Jugendlichen eine solide Berufsausbildung zu vermitteln, aus der Bildungslandschaft zurückgedrängt oder gar eliminiert werden.
Meine Damen und Herren von der Linksfraktion – und im Änderungsantrag der SPD-Fraktion ist das ja ähnlich –, ich muss mich schon sehr, sehr wundern. Einerseits feiern Sie sich mit dem Urteil des Verfassungsgerichtshofes in Leipzig als Retter der freien Schulen im Freistaat Sachsen, andererseits wollen Sie aber mit diesem Antrag freien Berufsschulen den bildungspolitischen Kampf ansagen. In diesem Zusammenhang ist es auch irgendwie aberwitzig, wenn Sie die Berufsschulen in freier Trägerschaft in die Beratungen zur Schulnetzplanung einbeziehen wollen, wohl wissend, dass diese Berufsschulen nach diesem Antrag langfristig gar nicht mehr ausbilden. Wie, meine Damen und Herren der Linksfraktion, ist das Geforderte mit dem Richterspruch in Leipzig vereinbar?
Ich darf aus besagtem Urteil auszugsweise aus den Seiten 36 und 37 zitieren: „In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob im Ausgangspunkt überhaupt eine verfassungsrechtliche Pflicht des Staates besteht, ein flächendeckendes Netz öffentlicher allgemeinbildender Schulen vorzuhalten.“
Wenn also der Verfassungsanspruch für ein flächendeckendes Netz allgemeinbildender öffentlicher Schulen nach dem von Ihnen so gefeierten Urteil nicht gegeben ist, wie sieht es dann erst für berufsbildende Schulen aus? Es wäre wirklich zu schön, wenn Sie hier in diesem Hohen Haus diesen Widerspruch auflösen könnten.
Mir fällt eigentlich nur noch Goethes „Zauberlehrling“ ein: „Denn die Geister, die ich rief, wird‘ ich nun nicht los.“
Des Weiteren sehe ich einen erneuten Widerspruch in der Forderung nach Sicherstellung eines leistungs- und bestandsfähigen Netzes an berufsbildenden Schulen auf der einen und der Forderung nach Senkung der Klassenrichtwerte und Verzicht auf die Auflösung von Standorten auf der anderen Seite. Denn warum soll man sich einerseits in Zusammenarbeit mit der kommunalen Ebene und den anderen Schulträgern Gedanken über eine nachhaltige Struktur von berufsbildenden Schulen machen, zu der es natürlich auch gehört, Ausbildungsgänge an bestimmten Orten zu konzentrieren, während Sie auf der anderen
Seite in der Konsequenz alle Ausbildungsberufe an allen bisherigen Standorten behalten wollen?
Ich weiß, dass Sie im Antrag den Schwerpunkt auf langfristig besonders nachgefragte Berufe legen. Im Zweifel kann ich darunter aber auch fast jeden Ausbildungsberuf fassen. Außerdem muss man sich in diesem Zusammenhang dann auch die Frage stellen, wie man die dafür benötigte Infrastruktur sicherstellen und auch langfristig finanzieren will. Ich rede da noch nicht einmal von den zusätzlich benötigten Fachlehrern, sondern weise auch auf die dann vorzunehmenden Umbauten oder die notwendigen Neubauten einschließlich der Innenausstattung hin. Auch müsste dann die Frage gestellt werden, warum überhaupt eine Schulnetzplanung benötigt wird.
Meine Damen und Herren, gerade das zuletzt Gesagte ist nicht unerheblich. Die Schulnetzplanung ist eben Aufgabe der Landkreise und der kreisfreien Städte. Dort gehört sie primär auch hin, denn die Verantwortlichen vor Ort wissen am besten um die jeweilige Situation. Sie vollziehen diese Aufgabe in eigener Zuständigkeit. Dabei werden sie selbstverständlich durch das Kultusministerium und die nachgeschaltete Sächsische Bildungsagentur vor Ort unterstützt. Natürlich nimmt damit der Freistaat seine Aufgabe für die Fachklassenbildung und eine ausgewogene Verteilung der Berufsbilder in unseren Berufsschulzentren mit wahr. Diese ist durch die genannte demografische Entwicklung auch nicht gerade einfacher geworden. Das ist keine Frage. Deshalb müssen und werden gerade bei Berufen mit geringerer Nachfrage regionale oder gar länderübergreifende Lösungen gesucht und gefunden, um die Qualität der Ausbildung sicherstellen zu können.
Sicher kann dieser dynamische Prozess gemeinsam mit den Kammern, den Sozialpartnern, den Landkreisen und den kreisfreien Städten weiter optimiert werden. Auch das ist keine Frage. Anders ist die Gestaltung der Berufsausbildung in unseren Berufsschulzentren und diversen privaten Anbietern Jahr für Jahr überhaupt nicht möglich. Diese gemeinsame Handlungsweise sollte auch weiterhin verfolgt werden, und es sollten keine Sonderwege geschaffen werden, welche unter Umständen mehr Irritationen hervorrufen als die Lösung des Problems darstellen.
Ich will damit zum Schluss kommen. Dieser Antrag rennt zum einen offene Türen ein, zum anderen wirft er mehr Fragen auf, als dass er Lösungen bietet oder gar zur Stärkung von öffentlichen Berufsschulen im Freistaat beiträgt. Wir lehnen daher diesen Antrag ab.
Ich danke Ihnen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte die Kolleginnen und Kollegen meiner Fraktion bitten, diesem Änderungsantrag nicht zuzustimmen. Wir haben das im Arbeitskreis sehr häufig diskutiert. Wir können eine Selektion der Schulen in freier Trägerschaft in von uns gewollte oder von uns nicht gewollte Schulen nicht vornehmen.
Das Verfassungsgerichtsurteil hat das eben noch einmal bestätigt. Genau das wollen Sie, Frau Stange, und ich möchte Sie darum bitten, diesen Änderungsanträgen nicht zuzustimmen.
Danke.
Frau Dr. Deicke, wissen Sie, dass ich einen ganzen Teil dieser Forderungen, die Sie jetzt gerade aufgemacht haben, vor wenigen Jahren an den Bundesverkehrsminister weitergeleitet habe, nämlich bei der Eröffnung der Südlandebahn am Flughafen Schkeuditz. Der Bundesverkehrsminister hieß Wolfgang Tiefensee interjection: (SPD). Die Antwort war: nichts, null Komma nichts. Vielleicht wenden Sie sich mal an diesen Kameraden. – Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Dr. Stange! Die umfangreiche Antwort der Staatsregierung auf über 1 200 Seiten zu dieser Großen Anfrage Ihrer Fraktion und die darin enthaltenen Inhalte zeigen ja wohl, dass die Berufsausbildung bei der Staatsregierung bei Weitem nicht ins Aus geschickt wird und auch keine zu geringe Beachtung findet, sondern dass die Probleme in diesem Bereich durchaus im Staatsministerium von unserer Frau Staatsministerin Kurth im Auge behalten und Lösungen weiterentwickelt werden. An dieser Stelle sind wir vor Kurzem erst gewesen.
Während wir in den zurückliegenden Jahren durch die zu geringen Ausbildungskapazitäten in sächsischen Unternehmen und ein hohes Maß an vorhandenen, gut ausgebildeten Fachkräften am sächsischen Arbeitsmarkt ein im Verhältnis zu den Bewerbern zu geringes Angebot an dualen Ausbildungsplätzen zu verzeichnen hatten, hat sich dieses Verhältnis nunmehr erheblich gewandelt. Ursachen dafür sind die positive wirtschaftliche Entwicklung, das Größenwachstum unserer Unternehmen und natürlich die demografische Entwicklung. Viele Firmen stellen zusätzliche Ausbildungsplätze zur Verfügung, um nachhaltige Personalvorsorge zu betreiben. Unternehmen verlassen sich nicht mehr wie bisher ausschließlich auf die Angebote des Arbeitsmarktes oder die Möglichkeiten vollzeitschulischer staatlicher Ausbildung, sondern bilden zunehmend selbst aus.
Auch wenn die Gesamtzahl der dualen Ausbildungsplätze in Sachsen im vergangenen Jahr leicht rückläufig war, hat sich das Verhältnis von Angebot und Nachfrage deutlich geändert. Es ist ein Zeugnis dafür, dass Unternehmen nun bei rückläufigen Schulabgängerzahlen und nach wie vor relativ vielfältigen Angeboten in vollzeitschulischen Ausbildungen ihre betrieblichen Ausbildungsmöglichkeiten am unternehmerischen Bedarf orientieren. Genau hier treffen wir auf das Problem, welches ein Umsteuern am sächsischen Ausbildungsmarkt und damit auch eine Neubewertung von Ausbildungsgängen in Sachsen notwendig macht.
Am 5. November 2012 resümierte die Agentur für Arbeit in Sachsen für das zurückliegende Berichtsjahr 2011/2012 noch insgesamt 843 Ausbildungsbewerber, denen sage und schreibe 1 645 – also fast das Doppelte – an freien Ausbildungsstellen im dualen System gegenüberstanden.
Warum bei dieser Situation Unternehmen weniger Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen, ist zwar betriebswirtschaftlich sicher verständlich, jedoch mit Blick auf eine strategische Personalplanung nach wie vor nicht der richtige Weg, um auch künftig seinen Facharbeiterbedarf zu decken. Gerade vor dem Hintergrund der rückläufigen Bewerberzahlen für berufliche Ausbildungen müssen Unternehmen noch stärker für attraktive Berufe und gute berufliche Perspektiven werben – und bitte auch bisher schwer vermittelbaren jungen Leuten eine Ausbildungschance ermöglichen.
Doch zurück zur Großen Anfrage und damit zur beruflichen Bildung in Sachsen. Ein Blick in die Antwort der Staatsregierung zeigt, wie viele Ausbildungsberufe in Sachsen angeboten werden. Die Aufzählung ist schier unerschöpflich, der Spezialisierungsgrad teilweise exorbitant hoch. Hinzu kommt, dass einige Ausbildungsberufe sowohl vollzeitschulisch als auch im dualen System angeboten werden. Diese Doppellungen gilt es zukünftig zu vermeiden. Sie kosten unnötig Steuergelder, ohne dass sie für die Ausbildungssuchenden die Situation am Ausbildungs- und später am Arbeitsmarkt tatsächlich verbessern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich war selbst 20 Jahre Berufsschullehrer und weiß, wie wichtig eine fundierte theoretische und praktische Ausbildung für unsere künftigen Fachkräfte in Unternehmen und Verwaltung ist. Wir hier im Hohen Hause haben gemeinsam mit der Staatsregierung in den vergangenen fast zwei Jahrzehnten um die Bereitstellung vollzeitschulischer Angebote oder um Anreize zur ÜberBedarf-Ausbildung gerungen, um jedem Schulabgänger eine Ausbildung anbieten zu können und ihn fit für den Arbeitsmarkt zu machen. Unsere Wirtschaft hatte es – und tat sich – schwer, im dualen System jedem Jugendlichen eine Chance zu geben und den ausgebildeten Fachkräften eine Perspektive zu bieten. Ich bin den vielen Bildungsträgern und den staatlichen Berufsschulen außerordentlich dankbar, dass es gelungen ist, diese für unsere jungen Menschen schwierige Situation gut zu meistern.
Nun stehen wir aber vor neuen Herausforderungen. Lassen Sie mich zur aktuellen Situation die Vorsitzende der Geschäftsführung der Regionaldirektion Sachsen der Bildungsagentur für Arbeit vom November 2012 zitieren. Sie sagte: „Im vergangenen Ausbildungsjahr hat sich der Ausbildungsmarkt verändert. Damit ist kein Schulabgänger gezwungen, in einem anderen Bundesland nach freien Lehrstellen zu suchen“, und ich meine, das ist gut so. Das ist der Einstieg in eine notwendige Umsteuerung im Bereich der beruflichen Bildung. Wir müssen uns darum bemühen, in erster Linie die Bedarfe der sächsischen Wirtschaft, insbesondere des Handwerks und des Mittelstandes, abzudecken und Fachkräfte dort zu qualifizieren, wo sie in Sachsen benötigt werden.
Die duale Ausbildung ist dafür am besten geeignet. Sie zeichnet sich durch Praxisnähe, Aktualität der Inhalte, technologische Grundlagen und eine hohe Übernahmerate der Absolventen aus. Damit steht für uns die duale Ausbildung im Vordergrund bei der Novellierung und Fortentwicklung beruflicher Bildung im Freistaat. Aber meine Kolleginnen und Kollegen des Schularbeitskreises und ich waren im Frühjahr 2012 nicht sonderlich über die Qualität des ersten Schrittes dieser Entwicklung erfreut. Zu unkoordiniert, zu global und zu wenig abgestimmt war der erste Aufschlag der Staatsregierung bei der Reduzierung landesrechtlich geregelter Berufe und bei der Stärkung der dualen Ausbildungsgänge im April 2012. Die Kritik der kommunalen Ebene und der Wirtschaftsvertreter sowie der Schulträger war und ist berechtigt, und wir nehmen diese natürlich sehr ernst. Ich danke in diesem Zusammenhang Frau Staatsministerin Kurth für einen wesentlich besseren zweiten Anlauf und die nochmalige intensive und fachlich fundierte Prüfung der anstehenden Schritte.
Wir sichern nunmehr auch weiterhin Ausbildungsgänge, für die eine duale Entsprechung nicht vorhanden ist, und gewährleisten damit weiterhin ein breites Angebot an beruflicher Qualifikation. Aber die Berufsfachschulen für Technik sowie die Berufsfachschule für Wirtschaft und die einjährige Berufsfachschule für Gesundheit, Pflege und Informatik werden damit ihre Bildungsgänge beenden. Hingegen bleiben die Berufsfachschule für medizinische Dokumentation, für Pflegehilfe, Sozialwesen, für die bundesrechtlich geregelten Gesundheitsfachberufe sowie für Musikinstrumentenbauer in unserem Musikwinkel und für die Uhrmacher bestehen. Für sie gibt es keine oder zurzeit eine unterentwickelte duale Entsprechung. Dieser Situation wird damit ausdrücklich Rechnung getragen. Auch die sächsischen Fachhochschulen – das freut mich besonders – bleiben ohne Abstriche erhalten; bilden doch gerade sie im Sektor über dem Facharbeiterabschluss Experten aus, die dringend gebraucht und von der Wirtschaft nachgefragt werden.
Ich bin davon überzeugt, dass wir für die derzeit noch ausgewählten offenen Ausbildungsberufe, wie beispielsweise im gestaltungstechnischen Bereich, durchaus noch eine für die jeweilige Branche zuträgliche Lösung finden werden. Gleichwohl bleibt unser Appell an die Wirtschaft erhalten, sich im Interesse ihres Nachwuchses noch stärker in bisher nicht angebotenen Branchen um duale Ausbildungsprozesse und duale Angebote zu bemühen.
Die nunmehr erfolgte breite Beteiligung der Kammern, der Fach- und Unternehmerverbände, der Arbeitsagentur, der kommunalen Spitzenverbände sowie der Fach- und Lehrerverbände, der Gewerkschaften und der Vertreter der Schulen in freier Trägerschaft sichert eine breite Information und Akzeptanz dieser Maßnahmen, auch wenn – wie wir wissen – nicht alle mit 100 % zufrieden sein werden.
Wir sollten das Ergebnis der Verhandlungen gemeinsam tragen und uns auf den Weg machen, diese Reform der
beruflichen Bildung zu begleiten. Das bedeutet für mich allerdings auch, dass wir uns in zwei, drei Jahren die Ergebnisse und Entwicklungen im Bereich der Berufsausbildung und des Ausbildungsmarktes ansehen, evaluieren und neue Schritte hin zur weiteren Stärkung der dualen Ausbildung prüfen müssen und können.
Eines halte ich jedoch darüber hinaus zur Sicherung des qualitativ hochwertigen Netzes an Berufsschulen und Berufsschulzentren – besonders auch in unseren ländlichen Räumen – für dringend geboten: Wir brauchen in Zukunft eine noch stärkere Schulnetzkoordinierung.
Ich spreche noch nicht einmal von Schulnetzplanung, aber einer Koordinierung für die Berufsausbildung in unseren Berufsschulzentren. Hier müssen die Akteure sowohl auf kommunaler Ebene – insbesondere die Landkreise und die kreisfreien Städte als Träger der Schulnetzplanung –, als auch die Vertreter der Wirtschaft und die Vertreter aus unseren SBAs an einen Tisch, um die Infrastruktur und die berufsbildenden Angebote im Freistaat Sachsen zu sichern, die Qualität zu erhalten und zukünftig Schülerströme besser zu koordinieren und zu lenken.
Dies bedeutet auch, bestehende Standorte inhaltlich zu differenzieren. Nur so kann es uns gelingen, das gut ausgebaute und leistungsfähige Netz an Einrichtungen und den darin wirkenden sehr guten Fachexperten – auch unter Berücksichtigung der Veränderungen am Ausbildungsmarkt – langfristig zu erhalten.
Ja.
Frau Dr. Stange, ich glaube nicht, dass Fachklassenausbildung Schulkoordinierung aushebelt,
sondern Fachklassenbildung ist erforderlich, um die notwendige Schülerinnen- und Schülerstärke an einem Schulzentrum konzentrieren zu können. Wir können es uns nicht leisten, an mehreren Schulzentren Miniklassen zu etablieren, weil uns das – erstens – sehr viel kostet und weil wir – zweitens – auch die Fachexperten an den
entsprechenden Berufsschulzentren konzentrieren müssen.
Beispielsweise haben wir in Schkeuditz die Fachklassen für den gesamten ostdeutschen Raum für Glaser. Diese Ausbildung muss einfach konzentriert werden. Genauso gilt es für die Polsterer in Freital usw.
Wir müssen mit der Fachklassenbildung natürlich die entsprechenden Lehrlingsstärken an den entsprechenden Berufsschulzentren konzentrieren, um dort eine fachlich gute, hochwertige Ausbildung zu leisten.
Das ist ganz einfach unsere Aufgabe.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die berufliche Bildung im Freistaat Sachsen verändert sich ständig: mit der wirtschaftlichen Entwicklung, den Schülerzahlen und den benötigten Berufen im Freistaat. Unsere Aufgabe besteht darin, dieses System so anzupassen, dass möglichst alle Schüler einen für sich interessanten Ausbildungsplatz finden, der auch durch die sächsische Wirtschaft nachgefragt und benötigt wird. Nur wenn die Unternehmen ihren Fachkräftebedarf decken können, werden sie sich weiterentwickeln und wachsen können. Bei der nach wie vor noch bestehenden Kleinteiligkeit in Sachsens Mittelstand ist dies dringend notwendig.
Diesen Weg müssen wir gemeinsam im Dialog mit den Schulen, den Kammern und der kommunalen Ebene gehen, und zwar offen und ideologiefrei. Nur so werden wir auch im nationalen Wettbewerb um die besten Fachkräfte bestehen können.
Abschließend möchte ich an dieser Stelle unseren Berufsschullehrerinnen und Berufsschullehren, den Schulleitern in den staatlichen BSZs, den privaten Ausbildungseinrichtungen sowie allen Fachberatern und Ausbildungsmeistern für ihren vielfältigen und von häufigen Veränderungen bestimmten Einsatz für die Berufsausbildung unserer Jugend danken.
Danke schön. Das verdienen die Kollegen.
Ohne diese selten im Fokus der Öffentlichkeit stehenden wirklichen Meister der Lehre wäre das in der Beantwortung der Anfrage offengelegte Pensum in der Anpassung der Ausbildung nicht möglich gewesen und an dessen positive Weiterentwicklung nicht zu denken.
Diese Kolleginnen und Kollegen haben es verdient, mehr im Fokus der Öffentlichkeit zu stehen und für ihre wirklich herausragende Arbeit den Dank von uns zu bekommen. Ich denke, das ist auch in Ihrem Namen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die beiden Fraktionen FDP und CDU bitten, dem Entschließungsantrag nicht zu folgen. Er geht in seinem Punkt I von falschen Voraussetzungen aus, die wir keineswegs unterstützen können. Wenn er in Punkt 1 sagt, dass die Staatsregierung keine aussagekräftige Datenbasis hat, dann widerlegen die Antworten der Staatsregierung auf die Große Anfrage mit über Tausend Seiten doch diese Feststellung schon in der Grundlage.
Das Gleiche gilt für die Punkte 4, 5 und Punkt 6, der total falsch ist und der Wirklichkeit nicht entspricht. Wir können einem Antrag, der auf falschen Grundlagen gestellt wird, keinesfalls unsere Mehrheit geben. Wir bitten auch darum, dass wir dieses umfängliche Thema weiter im Ausschuss behandeln. Dort gehört es meines Erachtens auch hin, Frau Dr. Stange.
Danke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin nun kein Experte auf dem Sozialgebiet, aber wenn man sich in unserer sächsischen Praxis hier und da umhört, dann tut es einem schon weh, wenn man das Prinzip
"Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" auf eklatante Weise verletzt sieht.
Lassen Sie mich zwei Beispiele dazu bringen, die ich in meinem politischen Leben erlebt habe. In der Stadt Leipzig gibt es die Leipziger Verkehrsbetriebe. Dort verdient ein Busfahrer circa 17 Euro pro Stunde. Das ist ein guter Stundenlohn. Diese Leipziger Verkehrsbetriebe haben einen Betrieb ausgegliedert, den Leoliner. Dort verdient ein Busfahrer 7,50 Euro pro Stunde.
Und das ist unter der Verantwortung des Oberbürgermeisters der Stadt Leipzig, Herrn Burkhard Jung, passiert: SPD.
Ein zweites Beispiel: Während meines letzten Wahlkampfes bin ich in Betrieben gewesen, auch in Kitas meines Wahlkreises, und während der Beschäftigung mit dem BRKG-Gesetz habe ich auch mit sehr vielen Rettungsdienstlern gesprochen. Einige arbeiten beim ArbeiterSamariter-Bund. Die Vorsitzende des Arbeiter-SamariterBundes in Sachsen heißt Margit Weihnert. Sie war eine Kollegin von uns und gehört der SPD an.
Sondern? – Von der AWO, naja, das ist die gleiche Fakultät.
(Widerspruch bei der SPD und bei den LINKEN – Stefan Brangs, SPD: So viel zum Thema Sozialpolitik! – Zuruf von den LINKEN: Sie haben in der Tat keine Ahnung!)
Herr Brangs, schönen Dank für die Berichtigung.
Die Arbeiterwohlfahrt hat in Radefeld einen Kindergarten. Ich habe dort mit der Kindergartenleiterin gesprochen, die mich fragte: Herr Seidel, können Sie sich nicht dafür einsetzen, dass wir bei der AWO genau die gleichen Löhne erhalten wie in den staatlichen Kindergärten und in den Kindergärten anderer Organisationen?
Das, Herr Brangs, sind sozialdemokratische Verantwortungen. Dazu kann ich Ihnen sagen: Diese Zweizüngigkeit, die Sie hier vollziehen, steht mir bis obenhin.
Danke schön.
Alle 185 Eigenbetriebe und Beteiligungen der Stadt Leipzig
unterstehen der LVV. Der Kopf dieses Unternehmens, der Aufsichtsratsvorsitzende dieser Gesellschaft, heißt Burkhard Jung und ist Oberbürgermeister der Stadt Leipzig.
Er ist dafür verantwortlich.
Frau Friedel, in allen Ehren, denn eines müssten Sie dem Hohen Haus erklären: Wieso bezahlt die Caritas, wieso bezahlt die Diakonie, wieso bezahlt das Deutsche Rote Kreuz in ihren Kindergärten wesentlich mehr Geld als die AWO?
Das liegt nicht an den Verhältnissen, denn alle erhalten das Gleiche. Aber dort, wo Sozialdemokraten vorn sind, klaffen Anspruch und Wirklichkeit ganz schön auseinander, meine Damen und Herren.
Ich könnte noch weitere Beispiele aus Leipzig nennen, wenn ich nur an das ganze Korruptionsgeflecht denke.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Wir haben uns im Innenausschuss in der letzten Sitzung am 13. September in unserem Gremium intensiv mit den beiden in Rede stehenden Tätigkeitsberichten des Sächsischen Datenschutzbeauftragten zum Schutz des Persönlichkeitsrechts im nicht öffentlichen Bereich und mit dem Datenschutz im öffentlichen Bereich und der Stellungnahme der Staatsregierung zu diesen Berichten beschäftigt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die meisten Abgeordneten des Innenausschusses haben mit dem Datenschutzbeauftragten ihre Probleme geklärt. Ich sehe gerade Kollegen Lichdi, der ausführlich an der Diskussion teilgenommen hat. Wer nicht bei dieser Diskussion anwesend war, war Frau Bonk.
Sie nimmt uns nun mit ihrer Rede die Redezeit weg, beschimpft unseren Datenschutzbeauftragten, aber zu der Zeit, als sie im Ausschuss mit ihm hätte in Dialog gehen können, war sie nicht anwesend. Ich finde so ein Verhalten schoflig, Frau Bonk.
Bitte, Herr Lichdi.
Ich habe keine Frage erkannt, tut mir leid.
Das war mir als Ausschussvorsitzendem unbekannt. Trotzdem kann ich meine Fragen, die ich an den Datenschutzbeauftragten habe, über meine Kollegen in der Fraktion in den Ausschuss einspeisen, wie das andere Kollegen im Ausschuss ebenfalls machen.
Ja, natürlich.
Nein, ich bin nicht bereit, ein Thema, das wir im Ausschuss ausführlich und detailliert in mehre
ren Stunden behandelt haben, hier im Plenarsaal noch einmal aufzurufen.
Das sage ich Ihnen jetzt gleich. Es ist nämlich ausgesprochen unfair, über den Datenschutzbeauftragten – das sage ich jetzt in Anführungszeichen – „herzuziehen“, der in diesem Haus kein Rederecht hat. Aber im Ausschuss können wir das in aller Ruhe entsprechend den Gepflogenheiten machen.
Meine Damen und Herren! Herr Schurig, unser Datenschutzbeauftragter, hat im Ausschuss ausführlich und detailliert zu beiden Berichten Rede und Antwort gestanden. Ich kann für meine Fraktion feststellen, dass der Datenschutz – insbesondere im öffentlichen Bereich – mehr und mehr im Bewusstsein der sächsischen Behörden verankert ist, wenn auch hier und da noch Defizite zu verzeichnen sind.
Lobenswert ist, dass die Staatsregierung unseren Datenschützer nicht nur im formal vorgesehenen Rahmen, sondern auch vorab bei Projekten um seine Mitarbeit bittet, und wir hoffen und wünschen, dass diese gute Zusammenarbeit noch enger wird, um vielleicht im nächsten Datenschutzbericht Übereinstimmung in allen angesprochenen Fällen zu erreichen.
Nein, Frau Friedel, Sie können dann hier sprechen.
Herr Schurig hat uns ebenfalls darauf aufmerksam gemacht, dass die Europäische Kommission dem Europäischen Parlament Entwürfe für eine Verordnung und eine Richtlinie zum Datenschutz vorgelegt hat. Wird diese, wie vorauszusehen, im Jahr 2013 durch das Parlament und den Ministerrat beschlossen und anschließend nationales Recht werden, so müssen hier im Hause im Jahr 2014 alle relevanten Gesetze des Freistaates durch das Innenministerium, durch unseren Datenschutzbeauftragten und durch Sie, die Abgeordneten des Hohen Hauses, angepasst werden. Das wird eine Mammutaufgabe, mit der die Weichen für diese Aufgabe für das nächste Jahrzehnt gestellt werden.
So positiv die Entwicklung in den letzten Jahren im öffentlichen Sektor ist, so viel Arbeit liegt im Privatbereich noch vor uns. Herr Schurig sprach von „Datenschutzbrachland“, obwohl auch hier das Interesse an Fragen des Datenschutzes immer mehr zugenommen hat, was sich auch an einer Vervierfachung der Anfragenanzahl an den Datenschützer ablesen lässt. Allerdings müssen wir auch und gerade für diesen Bereich feststellen, dass mit der derzeitigen Personalausstattung präventive Kon
trollen nicht im wünschenswerten Ausmaß stattfinden können.
Wir konnten uns im Ausschuss ausführlich mit den beiden Berichten beschäftigen. Wir – nun spreche ich im Namen meiner Fraktion – danken Ihnen, Herr Schurig.
Wir danken Ihnen für Ihre vielfältige und fachlich gute Arbeit und Ihre unaufgeregte und sachliche Außendarstellung. Bitte geben Sie diesen Dank auch an die Damen und Herren in Ihrer Abteilung weiter.
Sie, meine Damen und Herren, bitte ich, dem einstimmigen Beschluss des Innenausschusses zur Kenntnisnahme der Berichte des Datenschutzbeauftragten zu folgen und ihre Zustimmung zu geben.
Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE basiert also auf einem Bericht des MDRNachrichtenmagazins „Exakt“, der am 21. März ausgestrahlt worden ist. Zunächst möchte ich zu diesem Bericht sagen – und das ist nicht der erste Bericht, zu dem ich das sagen kann –, dass er schlecht ist, um nicht zu sagen, Unsinn. Es ist nicht zum ersten Mal, dass in dieser Sendung im MDR-Magazin „Exakt“ Unsinn verbreitet worden ist.
Ihr Beitrag, Herr Kollege Bartl, strotzt vor Eventualitäten und Vermutungen und daraus gezogenen Schlussfolgerungen,
und das haben Sie in langer Rede hier dargelegt, aber etwas Konkretes haben Sie uns nicht mitteilen können.
Dass Sie, meine Damen und Herren auf der linken Seite, einen derartigen Bericht erneut zum Anlass nehmen, die Nutzung des Flughafens für Sonderverkehre infrage zu stellen, liegt wohl in der Natur der Sache, denn Sie versuchen ja aus allem Möglichen und Unmöglichen politischen Honig zu saugen. Deshalb komme ich zuerst zum Punkt 3 Ihres Antrages.
Sooft Sie es auch versuchen, Herr Bartl, sich selbst und auch den Sachsen etwas anderes einzureden, fest steht doch eines: Der Flugbetrieb am Flughafen Leipzig findet auf gesicherter rechtlicher Grundlage statt.
Dazu hat ja die Fraktion DIE LINKE bereits am 03.12.2009 einen Antrag mit der Drucksachsennummer 5/702 mit der Überschrift „Sofortige Intervention der Staatsregierung zur Unterbindung der weiteren rechtlichen militärischen Nutzung des Flughafens Leipzig/Halle für Kriegseinsätze in Afghanistan …“ gestellt.
Nein, danke. – Dieser Antrag war Gegenstand einer öffentlichen Anhörung hier im Hause im Februar und der Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss hat in seiner 6. Sitzung am 17.03. diesen Antrag abgelehnt und festgestellt, dass eine rechtswidrige Benutzung bzw. eine nicht genügende Betriebsgenehmigung nicht vorliegt.
Der Planfeststellungsbeschluss zum Aufbau des Flughafens und auch die Betriebsgenehmigung erlauben demnach die Ablehnung von derartigen Sonderverkehren aufgrund militärischer Anforderungen bzw. zur Erfüllung von Bündnisverpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit seinem Urteil vom 27.07.2008 bestätigt, dass für diese Flüge ein unabweisbarer Bedarf besteht. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 15. Oktober 2009 stützt diese Aussage. Entsprechende Verfassungsbeschwerden – das wissen Sie auch, Herr Bartl – hat das Gericht abgewiesen.
Eigentlich lassen diese Fakten keinen Spielraum zur Interpretation zu.
Dass Sie es dennoch wiederholt tun, zeugt für mich von einer gewissen Realitätsferne.
Zu Punkt 2.1 des besagten Antrages lässt sich zusammenfassend sagen, dass der Flughafen mit Schreiben vom 16. Mai 2008 vom Sächsischen Staatsministerium des Innern einige bautechnische Sicherheitsempfehlungen bekommen hat. Diese Empfehlungen sind in Abstimmung mit dem Landeskriminalamt, der Bundespolizeidirektion und dem Ministerium für Wirtschaft und Arbeit des Freistaates Sachsen umgesetzt worden. Das war im Jahr 2009, meine Damen und Herren.
Eine Gefährdungslagebewertung erfolgte also erstmalig 2008 und wird seitdem regelmäßig fortgeschrieben; zuletzt erfolgte dies im Jahre 2011. Dabei sind jeweils keine Erkenntnisse zutage getreten, aus denen sich eine „öffentlich bekannt gewordene immense Gefährdung“ – wie es im Antrag beschrieben wird – des Flughafens Leipzig ableiten ließe.
Nein, Herr Bartl. – Gegenstand der Bewertung war im Übrigen auch die Zwischenlandung der US-amerikanischen Streitkräfte sowie die Stationierung der AN 124 im Rahmen des SALIS-Projektes.
Es ist bezeichnend für die Qualität des benannten Fernsehbeitrages, dass eine darüber hinausgehende Gefähr
dungsanalyse scheinbar nur dem MDR-Team bekannt ist. Außerdem sind weder die Mitteldeutsche Flughafen AG noch das Landeskriminalamt oder die Bundespolizei von diesem Team zum Sachverhalt befragt worden. Eine saubere Recherche, meine Damen und Herren, sieht anders aus. Ich bitte auch die Verantwortlichen derartiger Beiträge zu bedenken, dass mit einer solch verzerrenden Berichterstattung einzig und allein die Bevölkerung verunsichert wird.
Gleiches gilt auch für diesen darauf konstruierten Antrag.
Aus all diesen Gründen empfehle ich meinen lieben Kolleginnen und Kollegen, diesen Antrag abzulehnen.
Ich danke Ihnen.
So ist es, Herr Präsident. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte Ihnen gern mein Abstimmungsverhalten erklären. Ich habe dem Artikel 4, der Verlagerung des Rechnungshofes aus Leipzig heraus, nicht zugestimmt. Als geschichtsbewusster Sachse und als Leipziger war ich dagegen, weil der Rechnungshof als Oberrechnungskammer am 24. Mai 1707
durch Erlass August des Starken in Leipzig gegründet wurde und seit dieser Zeit seinen Sitz in Leipzig hatte. Damit war er der erste Landesrechnungshof – wenn Sie so wollen – in den Ländern des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Zum einen finde ich, man sollte so eine über 300-jährige Tradition nicht brechen.
Zum anderen, meine Damen und Herren, kann ich die Einschätzung meines geschätzten Kollegen Dr. Jürgen Martens zur Einordnung dieses Wegzuges des Landesrechnungshofes in den Landesentwicklungsplan nicht teilen.
Danke schön.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fraktion DIE LINKE hat den Entwurf eines Gesetzes
über die Bestellung von hauptamtlichen kommunalen Beauftragten für die Fragen der Migrationsgesellschaft vorgelegt. Wir haben es im Ausschuss diskutiert.
Ich möchte voranschicken, dass die Fraktion der CDU der festen Überzeugung ist, dass die Integrationspolitik nicht nur bei uns im Freistaat, sondern in ganz Deutschland künftig mehr an Bedeutung gewinnen wird. Aufgrund der demografischen Entwicklung und des weltweiten Wettbewerbs um die besten Fachkräfte müssen wir alles daransetzen, ausländische Mitbürger in unserer Gesellschaft zu integrieren, und zwar solche – und das möchte ich hier ganz besonders betonen –, die neben einem gesicherten Aufenthaltstitel auch ein gesichertes Einkommen in Deutschland haben, die also eine berufliche Perspektive in unserem Land besitzen und mit dafür sorgen, dass es bei uns weiter vorangeht.
Anders, als es DIE LINKE in diesem Gesetzentwurf postuliert, müssen wir uns in diesem Zusammenhang aber auch die Frage stellen, wen wir eigentlich integrieren wollen. Sicherlich gehört zu diesem Personenkreis niemand, der mit großer Wahrscheinlichkeit und aus guten Gründen kein Bleiberecht in Deutschland hat. Es ist auch den abgelehnten Asylbewerbern gegenüber nicht richtig, hier übertriebene oder ganz einfach falsche Hoffnungen zu schüren.
Der Gesetzentwurf will die Kommunen zur Bestellung eines Migrationsbeauftragten verpflichten, wobei er in Kommunen ab 40 000 Einwohnern hauptamtlich tätig sein soll.
Um es vorweg zu sagen: Wir lehnen diesen Gesetzentwurf ab, und zwar aus folgenden drei Gründen:
Erstens. Es handelt sich um einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung und in die Organisationshoheit der Kommunen. Der staatliche Eingriff wäre nur dann angemessen, wenn die kommunale Aufgabenerfüllung nicht sichergestellt wäre, aber dafür gibt es keinerlei Hinweise. Das Gegenteil ist der Fall. In Sachsen gibt es derzeit 19 kommunale Ausländer- und Integrationsbeauftragte, und zwar in Markkleeberg, in Torgau, in Zschopau, in Chemnitz, in Leipzig und in Dresden sowie in allen zehn Landkreisen. Überall dort gibt es Ausländer- und Integrationsbeauftragte. Acht davon sind ehrenamtlich tätig, elf hauptamtlich.
Zweitens. Die Hauptamtlichkeit muss nicht unbedingt ein Indikator für bessere Qualität der Aufgabenerfüllung sein.
Meine Damen und Herren von den LINKEN, warum sollte ein hauptamtlicher Mitarbeiter beispielsweise auf einer Halbtagsstelle bessere Arbeit leisten als ein engagierter Ehrenamtlicher, der mit den entsprechenden Verbänden, Vereinen und Organisationen vernetzt ist? Die Entscheidung, wer besser dafür geeignet ist, soll doch bitte schön vor Ort getroffen werden.
Außerdem ist Integration eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Deshalb ist es gut, verstärkt Ehrenamtliche und die Migranten selbst einzubeziehen. Es gibt eine Vielzahl von Akteuren der Migrations- und Integrationsarbeit in
Sachsen. Unter anderem sind das 23 Jugendmigrationsdienste, 35 Migrationsberatungsstellen, Ausländerbeiräte in den Städten Dresden, Chemnitz, Leipzig und Zittau sowie eine Vielzahl von Vereinen und sonstigen nicht öffentlichen Stellen.
Beauftragte haben daneben immer nur eine ergänzende Funktion. Die Kommunen müssen die Möglichkeit haben, diese Beauftragten auch wieder abschaffen zu können, sobald ein rechtlich oder kommunalpolitisch befriedigender Zustand erreicht ist. Andernfalls droht ein Verharren in bürokratisch aufwendigen Strukturen. Letzten Endes werden dadurch die Verantwortung der demokratisch legitimierten Organe und die Flexibilität der Kommunalverwaltung beeinträchtigt.
Drittens. Die Versuchungen des Zentralismus und die Halbwertzeit seines Verfalls sind groß. Dieser Gesetzentwurf zielt darauf ab, zusätzliche Personalstellen im öffentlichen Dienst zu schaffen. Sollten wir nicht eigentlich dort, wo es angezeigt ist, unnötige Standards abbauen, um unsere Ressourcen sinnvoller einsetzen zu können? Mit diesem Gesetzentwurf soll genau das Gegenteil passieren. Hier soll ein neuer kommunaler Standard ohne Rücksicht auf die tatsächlichen Bedürfnisse vor Ort geschaffen werden, wofür den Kommunen laut Artikel 85 Abs. 2 der Sächsischen Verfassung auch noch der Mehrbelastungsausgleich vom Freistaat erstattet werden müsste.
Meine Damen und Herren! Wir sind der festen Überzeugung, dass das, was hier zentral geregelt werden soll, unsere sächsischen Kommunen in eigener Verantwortung viel besser vor Ort entscheiden können, sollen und zurzeit auch tun. Deshalb bitte ich namens unserer Fraktion darum, diesen Gesetzentwurf abzulehnen.
Recht herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir uns als Politiker im Rahmen unserer Ausschussarbeit, wie es beispielsweise der Innenausschuss gemacht hat, einmal ins Ausland begeben oder privat andere Länder besuchen und uns dort umschauen, dann stellt man als aufmerksamer Beobachter sehr schnell den Vorteil unseres Rechtsstaates fest. Es ist alles, fast alles irgendwo geregelt: entweder in den Gesetzen des Bundes oder in den Gesetzen der Länder.
Für die Aufnahme von Ausländern in Deutschland ist das im Gesetz über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet niedergeschrieben. Es ist seit dem 1. Januar 2005 in Kraft – also ein Gesetz der Regierung Schröder und ihres Innenministers Otto Schily und somit der rot-grünen Koalition.
Hier wurden die Aufenthaltstitel neu definiert, Ausweisungstatbestände schärfer gefasst, Integrationskurse und die Einrichtung einer Härtefallkommission auf Länderebene, so auch bei uns in Sachsen, gefordert und eingerichtet. Es sind Einreise und Aufenthalte im Bundesgebiet geregelt. So wird im § 4 dieses Gesetzes festgelegt, dass Ausländer für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels bedürfen, also eines Visums, einer Aufenthaltserlaubnis, einer Niederlassungserlaubnis oder der Erlaubnis zum Daueraufenthalt. So sind also der Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung, der
Erwerbstätigkeit und im Abschnitt 5 der Aufenthalt aus völkerrechtlichen, humanitären und politischen Gründen eindeutig geregelt.
Die GRÜNEN begehren nun mit diesem Antrag eine gesetzliche Regelung oder eine ungesetzliche Selbstverpflichtung, die Deutschland quasi zwingt, jährlich und vorab eine festgelegte Anzahl an Flüchtlingen kontinuierlich aufzunehmen. Sie wollen damit weg von der jetzigen Einzelfallprüfung hin zu einer globalisierten Einreiseerlaubnis. Wir als Koalition stehen zu der bisherigen klaren aufenthaltsrechtlichen Regelung des Bundes.
Der § 23 des Aufenthaltsgesetzes gibt der obersten Landesbehörde, also dem Ministerium des Innern, die Möglichkeit, aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung besonders gelagerter politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland Ausländern oder bestimmten Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis im Einvernehmen mit dem Bundesinnenministerium zu erteilen. Das gleiche Recht hat auch der Bundesinnenminister. Auch er kann anordnen, dass das Bundesamt für Integration und Flüchtlinge in Nürnberg Ausländern oder Ausländergruppen eine Aufenthaltserlaubnis erteilt, auch hier im Benehmen mit den Ländern.
Dieser § 23 dieses Gesetzes wird auch praktisch angewandt. So erfolgte im Dezember 2008 eine entsprechende Anordnung des Bundesministeriums des Innern im Rahmen des sogenannten Umsiedlungsprogramms des UNHCR zur Aufnahme von insgesamt 2 500 Flüchtlingen aus dem Irak, die in Syrien und Jordanien Zuflucht fanden, in Deutschland. Auch Sachsen hat dieser Aufnahme zugestimmt und seinen festgelegten Anteil der Flüchtlinge aufgenommen.
Wir sehen, dass das Gesetz seine Wirkung positiv entfalten kann. Deutschland ist ein weltoffenes Land und hilft wirklich Hilfebedürftigen vor Ort und an zweiter Stelle hier in unseren Bundesländern. Wir wollen keine globale Aufenthaltsgenehmigung, wir wollen keine Kontingentierung, wir wollen weiterhin die Prüfungen im Einzelfall, und wir wollen die bewährte Zusammenarbeit zwischen dem Innenminister des Bundes und den Innenministern unserer Länder so erhalten, wie sie jetzt ist. Wir bitten daher, diesen Antrag abzulehnen.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade haben wir jemanden gehört, der mit 180 durch offene Türen saust und sich dabei offensichtlich hier und da den Kopf einrennt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir gehen diese Debatte in aller Ruhe an, denn wir als Koalition halten uns an die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland. Deutschland ist eines der wenigen Länder dieser Welt, in dem der Schutz von Flüchtlingen Verfassungsrang hat. § 16a Grundgesetz schreibt vor, dass politisch Verfolgte – –
Herr Gansel, wenn Sie irgendetwas sagen wollen, gehen Sie ans Mikro und sprechen dort und hören Sie mit dem Zwischengequake auf!
Im Grundgesetz ist festgelegt, dass politisch Verfolgte und Menschen, die wegen ihrer religiösen Grundentscheidung einer staatlichen Verfolgung unterliegen, in Deutschland Asyl finden, weiterhin Menschen, die wegen ihrer Rasse, wegen ihrer Staatsangehörigkeit oder wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe in ihrem Land verfolgt werden. Diese können nach dem Asylverfahrensgesetz bzw. Aufenthaltsgesetz Asyl bzw. Aufenthalt in Deutschland genießen.
Ja.
Herr Gansel, ich bin mit meiner Antwort auf die Rede Ihres Kollegen überhaupt noch nicht soweit. Deswegen setzen Sie sich bitte wieder hin und warten meine Rede ab! – Danke schön.
Nein, danke. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Deutschland hat sich dieser Pflicht zur Aufnahme von Verfolgten nie entzogen. Deutschland hat bei dem Kriegselend im auseinanderbrechenden Jugoslawien 300 000 Kriegsflüchtlinge aufgenommen. Wir haben aus vielen Ländern dieser Welt Verfolgte in unserem Land aufgenommen und versuchen, sie hier zu integrieren.
Nun hat die arabische Revolution in Nordafrika gesiegt. Die politischen Despoten sind in einigen Ländern zum Teufel gejagt worden. Jetzt steht den jungen Männern aus Tunesien und anderen Ländern der Sinn danach, aus wirtschaftlichen Gründen nach Norden zu wandern, sei es nach Italien, nach Frankreich, nach Österreich oder nach Deutschland.
Wir müssen eindeutig sagen: Diese Flüchtlinge sind nicht wegen ihrer politischen Überzeugung oder wegen ihrer religiösen Grundentscheidung auf Wanderschaft, sondern sie suchen – das ist menschlich verständlich – ein besseres Leben in Europa.
Allerdings haben wir dafür bei uns
keinerlei gesetzliche Grundlage. Meine Damen und Herren! Wir fordern Italien auf, diesen jungen Menschen nicht etwa ein Ticket nach Norden auszustellen, sondern wir fordern Italien auf, seiner Pflicht aus den europäischen Gesetzen nachzukommen und diese jungen Menschen wieder in ihr Heimatland zu schicken.
Wir können ihnen den Rat mitgeben, falls sie nach Dänemark, Belgien, Frankreich oder Deutschland kommen wollen: Gehen Sie bitte in die Botschaft, stellen Sie sich vor, welchen Beruf Sie erlernt oder welches Studium Sie absolviert haben, und sorgen Sie auf allgemeingültigem, nicht illegalem Weg dafür, in unsere Länder zu kommen.
Berlusconi hat voriges Jahr getönt, wer aus Tunesien nach Italien kommt, wird mit offenen Armen empfangen, erhält einen Arbeitsplatz und eine Wohnung. Er hat damit 23 000 Tunesier nach Italien gelockt, davon haben nur 2 000 einen Asylantrag gestellt und diese 2 000 Asylanträge müssen selbstverständlich untersucht werden.
Jetzt ist natürlich die verdammte Pflicht und Schuldigkeit der italienischen Regierung, zum einen die Rechtslage in Europa einzuhalten und zum anderen die tunesischen Flüchtlinge nach Tunesien zurückzuführen und sich dieses Problems nicht durch Delegierung in andere europäische Länder zu entledigen.
Meine Damen und Herren! Es ist nicht so, dass Deutschland keinerlei Flüchtlinge aufnimmt; das wissen wir alle. Wir haben im vorigen Jahr 41 000 Flüchtlinge in Deutschland aufgenommen.
Das waren 50 % mehr als 2009. All diesen Menschen gehört unsere Solidarität. Deutschland hat sich dazu bekannt, dass es die Kriegsflüchtlinge, die in Malta angekommen sind, unterstützt und davon welche in Deutschland aufnimmt.
Wir als Koalition unterstützen unseren Innenminister dabei, dass er gesagt hat: „Wenn Italien seine Hausaufgaben nicht macht, brauchen wir auf jeden Fall verstärkte Kontrollen.“
„Ihre vorübergehende Wiedereinführung und die Aussetzung des Schengener Systems sind denkbar.“
Wir unterstützen unseren Innenminister, Markus Ulbig, und bitten ihn, ein Auge auf diese Situation zu haben und den Bundesinnenminister, Herrn Hans-Peter Friedrich, dabei zu unterstützen.
Meine Damen und Herren! Wir brauchen keine Wirtschaftsflüchtlinge in Größenordnungen in Deutschland,