Thela Wernstedt

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Last Statements

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Birkner, ich verstehe, dass Sie das Thema „Corona-Strategie“ in diesem Tagungsabschnitt auf die Tagesordnung setzen wollten. Es beschäftigt uns ja auch alle.
Nun loben Sie auf der einen Seite die Landesregierung und sagen, es ist gut, nicht in diese Diskussion einzusteigen und wieder zu versuchen, sich gegenseitig zu überbieten, sondern zunächst ein bisschen ruhiger zu fahren. Auf der anderen Seite fordern Sie dann aber doch wieder eine Stellungnahme. Ich finde, Sie müssen sich schon überlegen, was Sie eigentlich wollen.
Die Landesregierung wird gleich selbst noch Stellung zu diesem Thema nehmen. Insofern muss ich sie jetzt auch nicht verteidigen, sondern kann im Sinne meiner Fraktion sprechen.
In Deutschland haben sich inzwischen sehr viele Forschergruppen und sehr viele Netzwerke und
Verbünde von Expertinnen und Experten sehr unterschiedlicher Art geäußert - Bildungsforscher, Infektionsforscher, Virologen, Mediziner etc. -, z. B. in dem Ad-hoc-Papier der Leopoldina vom 8. Dezember; Sie haben es erwähnt. Darin fordern sie einen harten Lockdown ab dem 25. Dezember inklusive des Einzelhandels und sagen, dass ab der nächsten Woche die Schulen schließen sollen - mit Ausweichmöglichkeiten für Schülerinnen und Schüler, die nicht so gut im Homeschooling beschult werden können.
Für dieses Papier haben sich also sehr viele zusammengeschlossen, und dieses Papier ist auch wohl überlegt. Ich finde es gut, dass sich die Wissenschaft jetzt sehr lautstark zu Wort meldet und Empfehlungen gibt. Ich finde aber auch, dass man einer Landesregierung zugestehen muss, dass sie sich erst einmal intern eine Meinung bildet und nicht sofort sagt, wie sie sich positioniert. Zu einem gegebenen Zeitpunkt wird sie sicherlich Auskunft geben.
Die Ständige Impfkommission hat sich bereits Anfang November breit aufgestellt. Sie hat zusammen mit dem Deutschen Ethikrat und der Leopoldina eine Impfstrategie überlegt, mit der der immer noch knappe Impfstoff gerecht verteilt werden kann. Auch das sind wohl überlegte Kriterien, die jetzt auch in die Planung und in die Anwendung kommen.
Nach meinem Eindruck handelt unsere Landesregierung, aber auch die Bundesregierung verantwortungsvoll und sehr überlegt, um ein möglichst großes Maß an Gerechtigkeit bei der Verteilung von knappen Gütern in dieser Krise walten zu lassen und dieses dann zu gegebener Zeit mitzuteilen.
Insofern, Herr Birkner, kann ich Ihre Kritik nicht nachvollziehen. Ich finde, dass sehr viele Forschergruppen und auch die Regierungen im Moment sehr hart daran arbeiten, einen vernünftigen Kurs zu fahren.
Nun kritisieren Sie auch, dass die Landesregierung mit den R-Faktoren und den Inzidenzzahlen sozusagen um sich schmeißt. Aber das sind eben sehr harte Kriterien, die einen Hinweis darauf geben, wie man in der nächsten Zeit steuern kann. Diese Zahlen sind sehr konkret, und es ist auch sehr konkret, was daraus folgt. Insofern kann ich auch an der Stelle Ihre Kritik nicht richtig nachvollziehen.
Ich kann gut nachvollziehen, dass die Opposition und ganz viele Menschen in der Bevölkerung gerne wissen möchten, wie es im Januar und Februar weitergeht. Mir selbst geht es ja auch so.
Wenn man einen harten Lockdown durchführt, wird man mit Sicherheit erreichen, dass die Infektionszahlen sinken, dass die Erkrankungszahlen und somit auch die Zahl der Todesfälle sinken. Wir wissen aber nicht, wie lange das dann anhält und was ist, wenn wir wieder öffnen: ob es dann nicht schnell zu einer dritten Welle kommt.
Im Moment kann nun einmal niemand sagen, wie sich das weiterentwickelt, auch nicht die Forschergruppen, die ich gerade zitiert habe. Deshalb finde ich es ein Stück weit ungerecht, von den Regierungen zu erwarten, Zukunftsprognosen abzugeben. Mehr als in die Glaskugel zu schauen, können die auch nicht.
Wie gesagt, ich habe großes Verständnis dafür, dass man das wissen möchte, weil mir das genauso geht. Auch ich möchte wissen, wie ich ab Januar bestimmte Dinge planen kann. Aber im Moment kann das wissenschaftlich begründet und mit gutem Gewissen niemand sagen. So ist die Lage nun einmal.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Was für ein Jahr! Ich sage ganz selbstbewusst, dass Sozialpolitik eine tragende Rolle bei der Krisenbewältigung hat und hatte, auch wenn naturgemäß nicht alles gleich gelingen konnte.
Wir in Niedersachsen haben gezeigt, dass wir füreinander da sind, schnelle politische Entscheidungen treffen und durchhalten können. Wir können uns auf unseren öffentlichen Dienst verlassen. Es wurde und wird gearbeitet bis zum Umfallen, und so viele ehrenamtlich Tätige haben Hilfe überall dort geleistet, wo sie nötig war. Das ist bei allen Schwierigkeiten in dieser Zeit und auch bei allem Leid, das zu tragen ist, eine wohltuende Erfahrung.
Ein paar Sätze zum Grundsätzlichen des Sozialhaushaltes:
Sozialpolitik ist in Niedersachsen ein Thema, das große Aufmerksamkeit genießt und finanziell gut ausgestattet ist, obwohl es natürlich auch immer noch besser geht. Das Volumen des Haushaltes im Einzelplan 05 umfasst 5,4 Milliarden Euro. Das sind 15 % des Gesamthaushaltes, und - Kollegin Joumaah hat es gerade gesagt - es ist der zweitgrößte Etat aller Ressorts.
Für das Jahr 2021 investieren wir zusätzliches Geld in die Gesundheitsversorgung und in die Bedingungen der Pflege - Stichwort „KAP.Ni“; wahrscheinlich wird die Ministerin gleich noch dazu ausführen - und legen auch ein besonderes Augenmerk auf den Maßregelvollzug. Das hat Kollege Meyer gerade schon erwähnt.
Rund 2,4 Milliarden Euro fließen in die Eingliederungs- und Sozialhilfe als gesetzlichen Pflichtbereich. Knapp 88,4 Millionen Euro stehen für freiwillige Leistungen zur Verfügung. Wichtig ist in diesem besonderen Jahr: Trotz der Einsparauflagen gibt es keine relevanten Einsparungen bei uns.
Wir geben über das Krankenhausinvestitionsprogramm 500 Millionen Euro in die niedersächsischen Krankenhäuser. Das ist auch jenseits einer Pandemie zur Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen medizinischen Versorgung wichtig.
In dieser Krise hat sich noch einmal besonders gezeigt, welch starke Partner unsere Krankenhäuser mit ihren fachkompetenten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus Medizin, Pflege, Physiotherapie und anderen Gesundheitsberufen sind. Wir können uns auf sie verlassen,
und wir können stolz auf ihre gute Ausbildung und ihre Motivation sein, bestmöglich für andere Menschen zu arbeiten.
Die Enquetekommission „Sicherstellung der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung in Niedersachsen“ ist auf der Zielgeraden. Die Arbeit wurde im Frühjahr unterbrochen, weil alle Mitglieder zur Bewältigung der Pandemie in ihren jeweiligen Funktionen gebraucht wurden. Wir ergänzen gerade den Bericht um die Erfahrungen aus der Krise und können dann im März hier im Plenum darüber debattieren. Danach wird es an die politische Umsetzung gehen.
Durch die Nachtragshaushalte haben wir dafür gesorgt, dass Schutzausrüstungen, die Kofinanzierung des Zukunftsprogramms Krankenhäuser des Bundes und der Corona-Pflegebonus auch überjährig finanziert werden.
Einen besonderen Schwerpunkt legt die SPDgeführte Landesregierung auf die Stärkung der Teilhabe. Mit 2,5 Milliarden Euro wird das Bundesteilhabegesetz auch im Jahr 2021 in Niedersachsen umgesetzt. In diesem Zusammenhang freuen wir uns besonders, dass es endlich gelungen ist, das Landesblindengeld weiter anzuheben. Es wurde Zeit.
Eine Dauerkrise lässt die Ungerechtigkeiten in einer Gesellschaft stärker hervortreten. Probleme konturieren sich schärfer. Nehmen wir die Situation vieler Frauen: Durch den Teil-Lockdown im Frühjahr ergaben sich massive Verschiebungen des Zeitbudgets zulasten von Familien, insbesondere von Frauen. Diejenige Sorgearbeit, die sonst nach extern gegeben wurde, fiel auf die Familien oder auf die Kinder betagter Eltern zurück. Wir erinnern uns: Schließung der Krippen und Kitas, Wegfall des Präsenzunterrichtes, Schließung der Grenzen - wodurch die Pflegekräfte für betagte Eltern
nicht mehr einreisen durften -, Verschiebung der Arbeit ins Homeoffice.
Die Frauen übernahmen in den Familien überwiegend notgedrungen, teils auch freiwillig, den traditionellen Platz, der da heißt: Haushaltsführung, Kinderbetreuung, Sorge um die betagten Älteren und Erwerbsarbeit - alles zusammen eine völlige Überlastung. Natürlich gibt es auch Männer, die Sorgearbeit übernehmen. Statistisch sind es aber nach wie vor sehr viel mehr Frauen - besonders in dieser Krise.
Es ist fast vorhersagbar, dass ausgerechnet die Oppositionspartei, deren Frauenanteil nach wie vor sehr niedrig ist, die Finanzierung der hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten in ihrem Haushaltsentwurf zusammenstreicht. Eine beklagenswerte Einstellung der FDP!
Es ist ein interessantes Phänomen, dass in der großen Unsicherheit einer Krise praktisch alle in traditionelle Denkmuster fallen: die Regierenden mit ihren Problemlösungsstrategien und die Bürgerinnen und Bürger in ihrem individuellen Verhalten.
Dazu gehört auch, die Familie als Hort der Sicherheit und Stabilität anzusehen - was sie vielfach auch ist. Eine ganz wunderbare Einrichtung! Aber wir wissen auch, dass sie es nicht in jedem Fall ist. Da, wo räumlich Enge, wenig finanzieller Spielraum, Existenzsorgen und Machtgefälle in den Beziehungen sind, kommt es unter LockdownBedingungen zur Verschärfung von Gewaltsituationen in Partnerschaften und gegenüber Kindern. Die offiziellen Zahlen der Polizei hinken noch nach. Die Beratungsstellen haben schon ein erhöhtes Aufkommen, und es gibt erste Untersuchungen, die eindeutig auf eine Zunahme der Gewalt gegen Frauen und Kinder hinweisen.
Wir unterstützen in diesem Haushalt mit 9,2 Millionen Euro die Frauenhäuser und Frauenberatungsstellen in Niedersachsen. In der Auswertung der Krise wird auch zu schauen sein, wie Angebote noch passgenauer gemacht werden müssen.
Der Staat hat vielen Menschen viel zugemutet, um die Infektionszahlen zu bremsen und das Gesundheitssystem leistungsfähig zu erhalten. Besonders diejenigen, die auf Betreuung und Unterstützung angewiesen sind, weil die häuslichen Verhältnisse anderes aus vielerlei Gründen nicht zulassen, sind abgeschnitten gewesen. Schnell wurde dann die Rede vom „Systemrelevant-Sein“ zum Kampfbe
griff in der politischen Arena um Aufmerksamkeit und Ressourcen.
Ich halte wenig davon. Es gibt gute Begründungen, warum in der Dauerkrise Kindertagesstätten, Schulen und Aufenthalte für Jugendliche zugänglich bleiben müssen, wie das jetzt auch passiert. Kinder haben nämlich um ihrer selbst willen einen Anspruch auf Lernen und Entwicklung. Menschen mit Behinderungen brauchen strukturierte Tagesabläufe und die Begegnung mit anderen Menschen dringend, und ihre Familien können das nicht dauerhaft alleine leisten. Deswegen darf es uns nie wieder passieren, dass wir keine ausreichende persönliche Schutzausrüstung für all diese Bereiche haben. Im Moment sind die Lager voll.
Über die Pflege ist schon viel gesagt worden. Ich will im Zusammenhang mit der in Auflösung befindlichen Pflegekammer hier noch anfügen, dass es mir ein besonderes Anliegen ist, dass die Ethikkommission, die an der Pflegekammer angesiedelt ist, erhalten bleiben möge. Wie? Darüber müssen wir noch genauer nachdenken.
Ein paar Worte zu den Haushaltsüberlegungen von Bündnis 90/Die Grünen: Die Fraktion ist großzügig und möchte 28 Millionen Euro mehr ins Ressort geben. Die Sparvorschläge von rund 300 000 Euro beziehen sich ausgerechnet auf Personalstellen im Sozialministerium, das vor Überlastung nicht mehr weiß, wie es arbeiten soll, und bereits 30 Stellen leihweise aus anderen Häusern bekommen hat.
Schulgeldfreiheit für Heilerziehungsberufe ist
grundsätzlich zu befürworten, erfordert aber noch viele Verhandlungen mit dem Kultusressort, weil die Zuständigkeit dort liegt.
Gemeinschaftliche Wohnformen für Ältere werden weiterhin von uns unterstützt.
Interessant finde ich, im Gegensatz zum Kollegen Meyer, die Idee, 5 Millionen Euro zur Einführung einer pauschalen Beihilfe für die GKV für Beamtinnen und Beamte zur Verfügung zu stellen.
Meine Kollegin Annette Schütze wird gleich noch weiter zum Thema „Kinder und Jugendliche“ ausführen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Acht Entschließungsanträge auf einen Schlag - auch an diesen Anträgen, die sich allesamt mit unterschiedlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie beschäftigen, sieht man, wie lange und facettenreich wir uns als Parlament bereits mit Themen rund um Corona beschäftigt haben.
Über zwei der Anträge ist die Zeit insofern hinweggegangen, als die antragstellende Fraktion nicht mehr existiert. Da ist es folgerichtig, dass sie von uns als zuständigem Ausschuss für Soziales für erledigt erklärt wurden.
Die Fraktion der FDP hat zwei sehr umfangreiche Anträge erarbeitet - einen im April, einen im Juni. Im April war im Titel noch die Hoffnung ausgedrückt, schnell zur Normalität zurückkehren zu können. Im zweiten Titel gingen Sie richtigerweise von einer zweiten Welle aus.
Die in beiden Anträgen durchaus differenziert dargestellten Forderungen sind inzwischen weitgehend durch Regierungshandeln umgesetzt. Das betrifft Teststrategien, Behelfskrankenhäuser, Beatmungsplätze, Konzepte für Kitas und Schulen, Stärkung des ÖGD, Grippeimpfkampagnen, Ausbau der Telemedizin und vieles andere.
Die Strategie, diese Anträge noch im Verfahren zu halten, obwohl man sie schon für erledigt hätte erklären können, wurde heute Morgen erkennbar, indem Sie, Herr Birkner und Herr Bode, noch einmal neue Forderungen formuliert haben. Man macht es nicht überschaubarer, wenn man Anträge, die sich bereits durch den Zeitablauf erledigt haben, jetzt durch ganz aktuelle Aspekte auffrischt.
Vielleicht hätte man auch einen neuen Antrag stellen können; aber das muss ich Ihnen überlassen.
Ich glaube, dass die Regelungen zu der Frage, wie viele Personen sich vor und nach den Feiertagen treffen dürfen, in der Tat ein Stück weit willkürlich sind. Herr Toepffer hat aber bereits eine angemessene Begründung dafür geliefert, warum man sich für die Zahl fünf oder eventuell zehn entschieden hat.
Es geht - das wissen Sie alle - um die Zahl der Kontakte. Je mehr Kontakte entstehen, desto mehr Infektionen und damit auch schwere Verläufe sind statistisch zu verzeichnen. Wer sagt, dass in Betrieben oder auch in Familien wieder mehr Kontakte zugelassen werden dürfen, sollte auch formulieren, an welcher Stelle er dann Kontakte einzuschränken gedenkt. Das kann man sich sicherlich überlegen. Aber dafür wäre noch ein konkreter Vorschlag der FDP-Fraktion vonnöten.
Der Antrag, über den Herr Bode gesprochen hat, ist noch im Verfahren. Wir haben ihn im Sozialausschuss zurückgestellt, weil wir uns damit intensiver auseinandersetzen wollten, um zu schauen, an welchen Stellen gegebenenfalls zugestimmt werden kann.
In den letzten Monaten ist viel diskutiert und um den richtigen Weg gerungen worden, diese Krise zu bewältigen. Im Sozialausschuss konnten wir durch die regelmäßigen, sehr zeitnahen und hochrangig besetzten Unterrichtungen - durch die Ministerin, die Leitung des Krisenstabes oder auch die zuständigen Fachreferatsleitungen - immer wieder in die kritische Auseinandersetzung über die Ausgestaltung und Umsetzung der jeweiligen Verordnung eintreten. Das ist jetzt noch einmal, wie Sie aus der letzten Ausschusssitzung berichtet haben, intensiviert worden. Als Abgeordnete haben wir viele Rückmeldungen aus der Bevölkerung bekommen, die wir auf diese Weise direkt weiterleiten und mit denen wir Veränderungen bewirken konnten.
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat im letzten Plenum zur letzten Corona-Verordnung eine Fleißarbeit abgeliefert. Wie sonst soll man die zahlreichen Anträge zur letzten Plenarsitzung würdigen, die überwiegend nur einen oder zwei Forderungspunkte enthalten,
fast alle die gleiche Einleitung hatten und sofort zur Abstimmung gestellt wurden?
Copy-and-Paste macht es in Sekundenschnelle möglich.
Was soll uns das sagen? Soll uns das sagen, dass parlamentarische Arbeit nur im Plenum stattfindet? Dass die Grünen trotz ellenlanger Fragenkataloge seit Monaten im Sozialausschuss immer noch nicht die richtigen Fragen gestellt haben?
Oder dass hier viel heiße Luft für die Öffentlichkeit produziert wird?
Ärgerlich ist vor allem derjenige Antrag, mit dem die Grünen in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken versuchen, dass die Landesregierung von oben nach unten eine Erhöhung der Wochenarbeitszeit verfüge.
Die von Ihnen so heftig kritisierte Verordnung ist bereits im Frühjahr in Kraft getreten, als niemand wusste, wie sich die Pandemie entwickeln würde. Auch von Ihnen ist das nicht kritisiert worden. Jetzt wurde sie erneut in Kraft gesetzt, da wir zu dem Zeitpunkt, zu dem sie erneuert wurde, in einem exponentiellen Anstieg der Infektionszahlen waren, der jetzt gerade etwas gebremst ist. Vor einem solchen Hintergrund muss eine Regierung dafür Sorge tragen, dass die Kapazitäten des Gesundheitssystems so ausgerichtet werden, dass alle Kranken, die es brauchen, versorgt werden können. Das ist die Verantwortung einer Regierung.
Dazu zählt auch eine größere Flexibilität bei der Gestaltung von Arbeitszeiten und Schichtmodellen. Aber diese ist mitbestimmungspflichtig. Das ist gut und richtig so. Denn nur so kann jede Einrichtung für sich bestimmen, was zur Krankenversorgung nötig ist und was von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht mehr leistbar ist. Es geht um Flexibilität in einer langanhaltenden Krisensituation, um nicht mehr, aber auch nicht um weniger.
Da wir alle uns seit Monaten in einer nationalen Krise befinden, können nicht alle Fragestellungen und Probleme im Berufsfeld der Pflege mal so
eben beseitigt werden. Es wäre ja schön, wenn wir all die neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten, die wir bräuchten. Man kann sie sich aber nicht backen.
Alle arbeiten bis zum Anschlag, um diese Krise zu bewältigen. Aber die Grünen stellen larmoyant fest, dass in den letzten Monaten noch nicht alle generellen Probleme gelöst sind - so als hätten wir nicht im selben Ausschuss gesessen.
Das Thema Corona wird uns als Parlament weiter beschäftigen, und als größte regierungstragende Fraktion werden wir das mit unserer Fachlichkeit und mit unserem Engagement und in Verantwortung vor unserer Bevölkerung weiter gestalten. In diesem Sinne bitte ich Sie, den Abstimmungsempfehlungen der federführenden Ausschüsse zu folgen und die von der FDP-Fraktion heute eingebrachten Änderungsvorschläge abzulehnen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Kollege Bajus, ich weise zurück, dass ich behauptet hätte, Sie hätten die falschen Fragen gestellt.
- Nein! Ich habe das in Frageform formuliert.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manchmal muss man ja auch sehen, dass Regierungskoalitionen nicht immer einer Meinung sind. An dieser Stelle werde ich also das, was ich sonst häufig sage, nicht sagen, nämlich dass ich mich den Worten des Koalitionspartners gerne anschließe.
Die SPD hat laut und ausführlich gesagt, dass sie ein Paritätsgesetz befürwortet. Wir haben uns im letzten Jahr auf den Weg gemacht und parteiintern einige Modelle erarbeitet, die dann auch veröffentlicht worden sind: zwei Modelle mit Wahlkreisveränderungen, die natürlich herbe Einschnitte für die Art und Weise, wie dann die neuen Wahlkreise aussehen und aufgestellt werden müssen, bedeuten, und ein Modell, das sich an das anlehnt, was in Brandenburg und Thüringen schon parlamentarisch beschlossen worden ist.
Aber dann kam Corona, und alle Kräfte des Landes wurden gebündelt, um einigermaßen mit der Krise umzugehen. Daher sind wir in dem Gesetzgebungsverfahren noch nicht weitergekommen. Es ist aufgeschoben, aber nicht aufgehoben.
Als ich den Antrag der Grünen gelesen habe, hatte ich ein Déjà-vu-Erlebnis, weil wir vor noch nicht
einmal anderthalb Jahren einen ähnlichen Antrag der Grünen bereits abgelehnt hatten. Ich finde, dass wir zurzeit sehr ausgelastet sind. Neben der Corona-Krise werden wir einen Corona-Sonderausschuss bekommen. Wir haben eine EnqueteKommission zum Kinderschutz am Start, wir haben eine Enquete-Kommission zum Ehrenamt eingesetzt, und wir haben schon eine Enquete-Kommission zur medizinischen Versorgung in unserem Flächenland am Laufen. Das alles wird gleichzeitig im Herbst stattfinden. Ich weiß nicht, wie gerade eine kleine Fraktion wie die der Grünen diese Arbeitsbelastung noch bewerkstelligen soll.
- Sie schaffen das mit jugendlichem Elan, Frau Kollegin Byl.
- Man muss seine Ressourcen auch vernünftig einschätzen. Ich jedenfalls glaube, das ist zu viel.
Der Gesetzentwurf, den wir haben wollen, wird vorbereitet. Nur sind wir in einer Koalition, und wie Sie gerade gehört haben, ist der Koalitionspartner auf einem anderen Pfad unterwegs. Das ist auch legitim. Der Weg zu einem Paritätsgesetz wird also noch ein längerer sein, und da werden natürlich auch noch - das hat die Frau Kollegin gerade schon ausführlich besprochen - sehr relevante verfassungsrechtliche Fragen geklärt werden müssen.
Ich habe ein Stück weit die Hoffnung, dass je intensiver wir über das Thema debattieren - insofern ist es am Ende auch wertvoll, dass wir heute darüber sprechen -, umso mehr auch die Parteien in Gang kommen, deren Frauenanteil bislang noch nicht so hoch ist. Ich gucke mich mal hier vorne um. Bei der Fraktion zu meiner Rechten habe ich nicht so viel Hoffnung, dass sich da etwas bewegen wird, aber vielleicht tut sich auch dort etwas.
Am Ende sind es jedenfalls die Parteien, die in größerer Zahl Kandidatinnen aufstellen müssen, und das dürfen sie auch freiwillig tun. Und wenn das nicht passiert, kommt sicherlich eines Tages ein Paritätsgesetz - wahrscheinlich aber nicht mehr in dieser Legislaturperiode.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das ist der Bösewicht:
Die neue Verordnung in der Fassung, die auch auf der Homepage des Sozialministeriums zu finden ist.
Das ist ja ein ganz schöner Hüttenzauber hier. Gott sei Dank hat der Kollege Meyer gerade schon ein bisschen die Luft herausgelassen. Als ich mir gerade angehört habe, was die Opposition alles zu kritisieren hat, hatte ich den Eindruck, einen ganz anderen Text als Sie gelesen zu haben.
Es ist richtig, dass diese Verordnung in den vergangenen Wochen und Monaten immer länger und komplizierter wurde und dadurch nicht mehr zu erfassen war. Allerdings ist diese vorliegende Fassung ein, wie ich finde, erfolgreicher Versuch, abzuspecken, besser zu strukturieren und eine Balance zu finden zwischen genauen Anweisungen, die die Bürgerinnen und Bürger vor Ort in ihren Vereinen, in den Werkstätten und Institutionen brauchen, und grundsätzlichen Anweisungen, wie man sich in bestimmten Lebenssituationen verhalten kann.
Wir alle müssen doch mal feststellen: Man kann doch weder durch eine zehnseitige noch durch eine hundertseitige Verordnung wirklich alle Situationen des Lebens so beschreiben, dass jeder sofort eine Handlungsanweisung erhält. Vielmehr muss man in einigen Teilen allgemeiner bleiben und die Freiheit geben, die Situationen so zu managen, wie sie das Leben einfach schreibt. Man kann in einem Ministerium nicht sämtliche Lebensgegebenheiten abbilden. Das funktioniert nicht.
Trotzdem gibt es das Spannungsfeld, über das Volker Meyer gerade gesprochen hat: Die einen wollen etwas genauere Anweisungen haben, und die anderen sagen: Was schreibt ihr uns das alles vor? Das können wir vor Ort selber regeln.
Ich glaube, dass hier ein einigermaßen guter Kompromiss gefunden wurde. Dass die Veröffentlichung im Gesetzblatt fehlerhaft gewesen ist, ist eine ärgerliche Angelegenheit, die aber bereinigt werden kann, ohne dass es hier gleich zu riesigen Ausschreitungen bei irgendwelchen Veranstaltungen kommt, wie die Kollegin Guth es gerade formuliert hat.
Dabei will ich es bewenden lassen. Ich kann sie lesen. Ich glaube ferner, dass eine Verordnung nicht ohne Paragrafen auskommt. Und im Zweifel haben auch die kommunalen Spitzenverbände viele Juristen, die sich gegenseitig helfen können.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP hat einen guten Aufschlag gemacht und einen Katalog kluger Maßnahmen vorgelegt, die in Erwägung gezogen werden müssen, um einer zweiten Welle, so gut es geht, zu begegnen - so sie denn eintreffen sollte. In welcher Form, ob überhaupt und, wenn ja, wann, wissen wir einfach noch nicht. Aber die meisten rechnen damit, dass etwas kommen wird.
Die meisten Dinge, die Sie in diesem Antrag vernünftigerweise aufgeführt haben, sind allerdings bereits in Bearbeitung. Petra Joumaah hat gerade schon eine sehr differenzierte Aufzählung vorgetragen. Zu einigen Punkten möchte ich noch etwas anfügen.
Krankenhausbetreiber und -geschäftsführer machen uns darauf aufmerksam, dass die hohen Leerstände, die über Wochen bestanden haben, nicht nur zu großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten geführt haben, weil einfach keine Einnahmen generiert werden konnten, sondern auch dazu,
dass wichtige Behandlungen von Patienten mit anderen Erkrankungen nur unzureichend durchgeführt werden konnten. Aus diesen beiden Gründen ist es sinnvoll, dass die Freihaltekapazitäten heruntergefahren worden sind und weiter heruntergefahren werden. Die Geschäftsführer der Krankenhäuser berichten uns - egal, ob sie in größeren oder kleineren Häusern arbeiten -, dass sie sehr schnell in der Lage sind - innerhalb von 24 bis 72 Stunden -, wieder Intensivkapazitäten und auch Normalstationskapazitäten freizuziehen.
Mit dem Corona-Gesetz, das wir am 15. Juli beschließen werden, werden wir ja auch festlegen, dass wir weiterhin darauf setzen, dass auch Rehakliniken relativ schnell entsprechende Kapazitäten bereitstellen können.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen - diesen Punkt führen Sie explizit auf -, dass es eine große Beruhigung ist, dass wir das Behelfskrankenhaus auf dem Messegelände haben. Gott sei Dank ist es bisher in keiner Weise in Anspruch genommen worden, weil die normalen Krankenhäuser und die Rehakliniken auch in der bisherigen Hochphase von Erkrankungen im April und Mai noch nicht einmal annähernd an ihre Kapazitätsgrenzen gestoßen sind. Deshalb werden wir dieses Behelfskrankenhaus möglicherweise weiterhin nicht brauchen, sodass es im Moment als nicht so rational erscheint, weitere Behelfskrankenhäuser in anderen Städten Niedersachsens zu schaffen.
Gleichwohl ist es gut, dass wir dieses Behelfskrankenhaus haben. Wir haben gezeigt, dass man ein solches Behelfskrankenhaus in einem technisch gut durchdachten Kraftakt innerhalb von 14 Tagen hochziehen kann. Das ist ja im April erfolgt. Ich selbst hatte die Gelegenheit, es zu besichtigen. Es ist beeindruckend, welche personelle Logistik dahintersteht und welche topologischen Überlegungen mit Blick auf die Messehalle angestellt worden sind, damit bei einem Massenansturm von Infizierten Infektionswahrscheinlichkeiten reduziert werden können. Auch in diesem Behelfskrankenhaus könnten - wenn alle Stricke reißen - bis zu 30 Beatmungsplätze geschaffen werden. Vorgesehen sind bis jetzt nur 5 bis 10, aber diese Kapazitäten könnte man noch erweitern.
Insofern haben wir hier schon relativ viel in der Hinterhand, was wir bislang, Gott sei Dank, noch nicht gebraucht haben.
Über Testkapazitäten hat Petra Joumaah gerade schon einiges gesagt. Man kann sozusagen darüber streiten, welche einzelnen Bereiche noch intensiver und regelmäßiger getestet werden müssten. Die Strategie ist ja schon verändert worden.
Ich möchte noch ein besonderes Augenmerk auf Einrichtungen der Behindertenhilfe legen, die in dem Katalog Ihres Antrags noch nicht enthalten sind. Aber ich denke, da wir kommen wir in der Diskussion im Ausschuss zusammen.
Der Öffentliche Gesundheitsdienst gehört gestärkt. Ich glaube, dass wir gut daran tun, diese Thematik in dem geplanten Sonderausschuss zum Thema Pandemie, den wir alle im Hintergrund schon vorbereiten, ausführlich zu besprechen. Wir sollten jetzt keine Schnellschüsse im Rahmen des Nachtragshaushalts machen, sondern uns sehr genau überlegen, was wir im Falle des Falles brauchen. Ich könnte mir vorstellen, dass man auch im Öffentlichen Gesundheitsdienst eine Art atmendes System schafft - so ähnlich wie aktuell mit Blick auf die Bettenkapazitäten - und nicht Tausende von Stellen für den Fall einer Pandemie, der alle 10 bis 20 Jahre eintritt, vorhält, sondern Mitarbeiter schult und dann von Arbeitsstätten abzieht. Aber das sollte man in Ruhe auch mit den Experten des ÖGB überlegen.
Der Einsatz von Telemedizin hat einen erstaunlichen Sprung gemacht. Der Deutsche Ärztetag hat im letzten oder vorletzten Jahr - ich erinnere es nicht mehr ganz genau - schon die grundsätzliche Freigabe beschlossen, sodass Ärzte mehr telemedizinische Angebote machen dürfen. In der Corona-Zeit sind ja schon Krankschreibungen und zum Teil auch Sprechstunden telemedizinisch abgewickelt worden. Die KV und die Ärztekammer sind eng dran an diesem Thema. Alle haben ein Interesse daran, dass diese Möglichkeiten in einem vernünftigen Rahmen erhalten bleiben. Modellprojekte werden unterstützt und in Zukunft - so denke ich - noch variiert und ausgeweitet, sodass diese Form der Behandlungen die bisherigen Formen weiterhin ergänzen kann.
Auch ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. Ich denke, dabei werden wir wieder einiges miteinander lernen.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Viel Richtiges ist schon gesagt worden. Die AfD versucht hier, das Zerrbild zu zeichnen, dass wir hier angeblich Versorgungsengpässe haben. Das ist nicht so. Alle Patientinnen und Patienten in Niedersachsen und in Deutschland, die bestimmte Medikamente brauchen, bekommen sie auch. Aber es kann zu Lieferschwierigkeiten kommen. Die Unterschiede hat Volker Meyer gerade dezidiert aufgeführt. Dieses Problem ist da, es ist auch relevant, und es ist seit vielen Jahren im Fokus der Bundesregierung und auch der Länderregierungen.
Kollegin Bruns hat schon auf eine Gesetzgebung aus diesem Jahr hingewiesen, die versucht, Schritte zu unternehmen, damit Versorgungsengpässe relativ schnell erkannt werden. Es gibt seit nunmehr vier Jahren einen Jour fixe zwischen verschiedenen Arzneimittelkommissionen, Apothe
kern, Ärzten und der produzierenden Industrie, der sich regelmäßig zusammensetzt und ein Monitoring macht.
Es gibt inzwischen auch gesetzliche Vorgaben, dass sehr rechtzeitig angezeigt werden muss, wenn es möglicherweise bald zu Lieferengpässen kommen kann. Das hat übrigens zur Folge gehabt, dass wir in der Corona-Pandemie schon Mitte März angezeigt bekommen haben, dass das Mittel Propofol zur Narkoseführung auf Intensivstationen möglicherweise bald knapp wird und Ärzte besonders bei der Narkoseführung darauf achten sollen, dass sie auch mit anderen Mitteln arbeiten, damit es nicht zu ernsthaften Engpässen und einer dann nicht mehr so guten Versorgung kommt. Wir haben also schon Instrumente geschaffen, und sie wirken auch. Daran kann man und muss man weiter arbeiten.
Frau Janssen-Kucz hat darauf hingewiesen, dass wir auch in Bezug auf die Frage umdenken müssen, ob es immer das Allerbilligste sein muss und ob wir nicht auch für Lager- und Vorratshaltung und rechtzeitige Warnungen mehr bezahlen müssen. An diesem Thema sind die Regierungen seit vielen Jahren dran.
Wir werden uns sicherlich im Ausschuss nach einer Unterrichtung damit intensiv beschäftigen. Aber man kann hier nicht so tun, als wenn die AfD das Problem erfunden hätte und nun die Welt retten müsste. Das ist definitiv nicht der Fall. Ich sehe unseren Beratungen mit Interesse entgegen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wie kommen wir verantwortungsvoll weiter durch die Krise, und wie können wir Wege aus ihr heraus finden? Damit beschäftigen wir uns schon den ganzen Tag.
Die Wissenschaftsjournalistin Laura Spinney
schrieb 2017 zum Jahrestag der größten Pandemie der Menschheitsgeschichte im Jahre 1918: Die Spanische Grippe überflutete von einem Augenblick auf den anderen den gesamten Globus. In der zweiten Welle der Pandemie starben die meisten Menschen auf der Erde. Doch gibt es weder in London noch in Moskau noch in Washington, D. C., irgendein Monument, das an die Pandemie erinnert. Die Spanische Grippe schlägt sich in persönlichen Erinnerungen nieder, nicht im kollektiven Gedächtnis. Sie - gemeint ist die Pandemie - ist nicht nur ein biologisches, sondern auch ein soziales Phänomen. Man kann sie nicht von ihrem historischen, geografischen und kulturellen Kontext trennen. - Laura Spinney schreibt eindrucksvoll, dass die Spanische Grippe die Menschheit verändert zurückließ.
Warum erzähle ich das? - Die Corona-Pandemie zeigt nicht nur uns, dass es unwichtig wird, was im Januar noch weltbewegend schien, dass wir auf vieles verzichten und vieles anders machen können. Wir sehen, dass die meisten Menschen zu großer Solidarität in der Lage sind und sich im Sinne aller an Einschränkungen halten, dass gute Organisation und funktionierende Institutionen Leben retten und dass die Deutschen Vertrauen in ihre Bundesregierung und ihre Landesregierungen haben.
Spinney schreibt, dass die Pandemie die Welt damals sehr verändert hat. Das wird auch heute so sein. Die Diskussion darüber, wie Schritte aus der Krise vernünftigerweise aussehen können, hat begonnen.
Politisch ist aus unserer Sicht zu fragen und zu beantworten, welche zeitlichen und sachlichen Etappenziele bei einem allgemein akzeptierten Risikolevel formuliert und umgesetzt werden können, um weitere Öffnungsperspektiven zu bieten.
Die zu Beginn gebotenen und akzeptierten Kontaktbeschränkungen müssen weiter kurzfristig
analysiert und begründet werden. Die Begründung der kontaktbeschränkenden Maßnahmen mit ihren tiefen Einschnitten in unser wirtschaftliches, kulturelles und soziales Leben braucht überaus komplexe Güterabwägungen unter den Bedingungen von Unsicherheit.
Aber noch in der Phase der akuten Krisenbewältigung müssen wir darüber reden, welche Folgen der Maßnahmen zur Krisenbewältigung - z. B. Kontaktverbote in Pflegeheimen - angemessen sind. Allein schon diese Frage stellt sehr komplexe Anforderungen an eine verantwortungsvolle Güterabwägung; denn alte und vorerkrankte Menschen sind besonders gefährdet, an der COVID19-Erkrankung zu sterben. Gleichwohl gibt es für alle Menschen auch ein allgemeines Lebensrisiko. All diese Aspekte sind zu diskutieren und zu bewerten.
Insofern sind die Überlegungen der Fraktionen der FDP, der AfD und der Grünen legitim und wichtig, auch wenn wir naturgemäß nicht alle Positionen teilen.
Beim Lesen des FDP-Antrags habe ich mich gefreut, weil inzwischen jeder einzelne Punkt durch Regierungshandeln erledigt ist.
Die AfD macht in ihrem Magnum Opus den aussichtslosen Versuch, Wege aus der Krise kleinteilig zu beschreiben, lässt dabei allerdings z. B. wirtschaftliche Erwägungen völlig außen vor, indem sie bei jeder Maßnahme glaubt, eine Öffnung erreichen zu können, wenn Abstands- und Hygieneregeln eingehalten werden. Dass dann Personal- und Sachkosten nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zum Ertrag stehen, ignoriert sie.
Überall in Deutschland wird mit Hochdruck daran gearbeitet, Testverfahren für Virus- und Antikörpernachweise zu entwickeln und im größeren Umfang herzustellen. Die Landesregierung hat unlängst 10 Millionen Euro für die Erforschung zur Verfügung gestellt. Insofern sind auch diese Punkte Ihres Entschließungsantrags in Bearbeitung.
Wir müssen darüber reden: Die Welt wird sich nach der Krise verändert haben. Auch bisher unlösbar scheinende politische Vorhaben werden in Bewegung geraten. Wer hätte gedacht, dass in wenigen Tagen hohe Summen für den Ausbau des öffentlichen Gesundheitsdienstes vom Bund zur Verfügung gestellt werden?
Noch befinden wir alle uns im unmittelbaren Krisenbewältigungsmodus. Aber für den Rechtsstaat ist es elementar wichtig, nicht dauerhaft in einem Denken des Ausnahmezustands zu verbleiben. Eine Überlastung unseres Gesundheitssystems muss vermieden werden. Bisher ist das gelungen, aber die Gefahr ist nicht vorbei. Es ist noch nicht erwiesen, ob es eine kluge Entscheidung war, eine vorsichtige Öffnung bereits in dieser Woche zuzulassen. Antikörpertests und jetzt auch ein Impfstoff in einer Studie geben zwar längerfristig Anlass zur Hoffnung, stehen aber aktuell noch nicht zur Verfügung. Es bleibt die Frage, ob nicht ein etwas längeres, strenges Kontaktverbot mit Senkung des R-Wertes am Ende eine schnellere Öffnung aller Lebensbereiche zur Folge haben könnte und ob wir uns mit den bisherigen Entscheidungen nicht geradewegs auf eine zweite Infektionswelle zubewegen. Wir wissen es nicht.
Die Schäden, die durch längerfristige Kontakteinschränkungen und die Prioritätenverschiebungen in unserem Gesundheitssystem entstehen, sind für viele Menschen immens und werden mit jedem Tag größer. Dies alles gilt es, in die Überlegungen mit einzubeziehen und sowohl parlamentarisch als auch öffentlich zu diskutieren. Eine Ministerialbürokratie mit ihren Krisenstäben kann nicht allein die gesamte Fülle des Lebens abbilden. Dafür braucht es eine lebendige demokratische Öffentlichkeit.
Der in diesen Tagen oft zitierte Satz, die Krise sei die Stunde der Exekutive, ist nicht ganz falsch,
aber auch nicht ganz richtig. Er greift schlicht zu kurz. Gerade in einer so komplexen Krise kommt es auf das Zusammenwirken des gewaltengegliederten und föderal organisierten Staats mit der großen Vielfalt an gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Stimmen an. Insofern ist dem Deutschen Ethikrat zuzustimmen, der formuliert hat, dass die Corona-Krise die Stunde demokratisch legitimierter Politik ist.
Und jetzt würde ich gerne an meinen Kollegen weitergeben.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jetzt haben wir einen krassen Themenwechsel mit diesem wunderbar plakativen Titel „Rettet die 112“. Aber wie immer ist die Wirklichkeit komplizierter.
Die Verantwortlichkeiten und die Finanzierung des Gesundheitswesens und damit auch des Rettungsdienstes sind auf unterschiedliche politische Ebenen verteilt - wie fast alle Themen in unserem Land. Das macht auch jede politische Beschäftigung mit dem Gesundheitswesen heillos komplex. Kurze, verständliche Zusammenfassungen sind dabei eine Herausforderung.
Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen hat in seinem Gutachten 2018 über die bedarfsgerechte Steuerung der Gesundheitsversorgung die aktuelle Situation der Notfallversorgung in Deutschland analysiert und einen erheblichen Reformbedarf in den unterschiedlichen Versorgungsbereichen festgestellt sowie richtungsweisende Empfehlungen zur Neuordnung erarbeitet.
Ich zitiere aus dem Referentenentwurf des BMG zur Reform der Notfallversorgung, der uns seit Januar 2020 vorliegt, dessen grundlegende Ideen aber schon über das gesamte letzte Jahr in den Fachkreisen diskutiert worden sind:
„Vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass es für eine bedarfsgerechte und ressourcenschonende Notfallversorgung einer einheitlichen, qualitätsgesicherten Ersteinschät
zung der von Hilfesuchenden als Notfälle empfundenen Erkrankungssituationen und einer professionellen Steuerung und Vermittlung in die aus medizinischer Sicht gebotene Versorgungsstruktur bedarf. Dies setzt eine integrierte Notfallversorgung voraus, die durch eine verbindliche Kooperation aller handelnden Akteure des Rettungsdienstes und der ambulanten und stationären Notfallversorgung zu erreichen ist und durch eine digitale Vernetzung begleitet sein muss.“
Das ist eine Möglichkeit, in zwei Sätzen komplizierte Sachverhalte zusammenzufassen.
Die Landkreise sind Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes und stellen die Versorgung von Kranken und Verletzten rund um die Uhr innerhalb von 15 Minuten ab Meldung des Vorfalls sicher. Nur diese 15 Minuten hat man nämlich bei Vorliegen eines Kreislaufstillstandes zur Reanimation ohne zerebrale Folgeschäden. Die Landkreise nehmen diese Zuständigkeit professionell und zuverlässig seit vielen, vielen Jahren und mit guten Kenntnissen regionaler Besonderheiten wahr.
Wenn die kommunalen Spitzenverbände an dieser Stelle öffentlich Alarm schlagen, ist es richtig, hier genau hinzusehen.
In der Enquetekommission zur Sicherstellung der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung in Niedersachsen haben wir uns im Frühjahr 2019 ausführlich mit den Problemen des Rettungsdienstes und der Notaufnahmen beschäftigt. Währenddessen kursierten schon die ersten Ideen für den Referentenentwurf zur Neuordnung des Rettungswesens nach den Vorschlägen des Sachverständigenrates durch die Fachgremien.
In dieser Enquetekommission haben wir nach den Vorschlägen des Sachverständigenrates die Bildung regionaler integrierter Leitstellen zur Koordination aller nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr und des Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes bereits im letzten Frühjahr miteinander konsentiert. Das heißt konkret, dass nicht nur wie bisher die Rettung und der Krankentransport über die Feuerwehrleitstellen organisiert werden - hier kommt auch endlich die 112 ins Spiel -, sondern zusätzlich soll der kassenärztliche Notdienst, der jetzt bundesweit noch die Telefonnummer 116117 hat, dort integriert werden.
Hier gibt es aber eine folgenschwere Unschärfe, die von den kommunalen Spitzenverbänden aus meiner Sicht völlig zu Recht angemahnt wird: Das neue Terminservicegesetz nutzt die Telefonnum
mer 116117 ebenfalls - aber für Patientinnen und Patienten, die selbst keinen Facharzttermin bekommen. Gleichzeitig erreicht man aber bundesweit unter dieser Nummer den hausärztlichen Notdienst. Wenn zukünftig die Telefonnummer des Rettungsdienstes 112 mit der 116117 in einer integrierten Leitstelle aufläuft, um die Notfälle entsprechend ihrer Dringlichkeit durch die Disponenten zu steuern, ist schwer vorstellbar, wie diese Disponenten gleichzeitig noch für Facharzttermine sorgen sollen.
Der Referentenentwurf spart dieses Problem aus, aber es ist da und sollte im Vorfeld gelöst werden, ehe es in der praktischen Anwendung zu unlösbaren und damit auch gefährlichen Situationen kommt. In der Enquetekommission haben wir dieses Problem diskutiert, aber noch keine Position konsentiert.
Bei der Kostenschätzung im Referentenentwurf dazu, was die Veränderung der Verteilung der Patienten in die unterschiedlichen Träger kosten würde, gibt es große unbestimmte Bereiche. Dass die kommunalen Spitzenverbände dies nicht einfach so hinnehmen können, ist völlig verständlich. Das darf auch nicht passieren.
Ich fasse zusammen: In der hier vorliegenden Problemlage heißt es, dass die Rettungsleitstellen nicht mit Terminsuchen belastet werden dürfen, dass es keine unkalkulierbaren Kostenverschiebungen zu Ungunsten der Kommunen geben darf und überhaupt ohne die Beteiligung der Länder und der Kommunen keine strukturellen Entscheidungen bezüglich der Notfallversorgung einfach nur auf Bundesebene getroffen werden sollten.
Unsere Enquetekommission ist ein gutes Beispiel dafür, dass man mit allen wichtigen Playern auf diesem Gebiet strittig, aber am Ende im Konsens Entscheidungen treffen kann.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich schließe mich meinem Kollegen Volker Meyer an. Wir haben regelmäßige Unterrichtungen durch Frau Ministerin Reimann zu dieser Thematik seit etlichen Wochen bekommen, seitdem das Coronavirus weltweit ein Problem ist. Sie hat auch immer sehr kurzfristig reagiert, wenn neue Erkenntnisse für Niedersachsen - Verdachtsfälle und Ähnliches - vorlagen, die sich bisher zum Glück nicht als Coronafälle erwiesen haben. Aber es ist wahrscheinlich eine Frage der Zeit, bis auch wir den ersten Fall bzw. die ersten Fälle haben werden.
Bislang haben auch die professionell organisierten Meldeketten und sozusagen Infektionsketten des Landesgesundheitsamtes zu der Frage, wer mit wem wann Kontakt gehabt hat, und der anderen Gesundheitsämter funktioniert. Man konnte bisher
alles eingrenzen. Aber auch da müssen wir damit rechnen, dass es jetzt unter Umständen dazu kommt, dass man an einigen Stellen etwas nicht eingrenzen kann oder größere Schwierigkeiten als vorher hat. Italien ist einfach näher als China. Man kann die ganzen Wege nicht mehr so gut kontrollieren.
Dennoch besteht hier überhaupt kein Anlass zu irgendwelcher Panikmache, die man hier in der Tat in manchen Redebeiträgen schon erkennen konnte.
Ich habe sehr großes Vertrauen in die Fachexpertise unserer Gesundheitsämter und unserer Ministerien, die dieses Thema bisher mit großer Sensibilität und Aufmerksamkeit behandelt haben. Wir werden mit Sicherheit weiter regelmäßig unterrichtet werden. Darauf setze ich fest.
Ich habe auch keinen Anlass zu Zweifeln. Wir werden diese Herausforderung hier in Niedersachsen mit Besonnenheit meistern.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben im Ausschuss eine sehr sachliche und gute Debatte zu diesem Thema geführt. Bis auf die AfD sind wir uns hier im Hause auch darüber einig, dass wir die Sicherheit für die Patientinnen und Patienten mit dem höchsten Standard halten wollen, dass wir gleichzeitig aber auch unseren Fachleuten ein Stück weit auf die Finger gucken und auf Diskriminierung achten wollen.
In den in Rede stehenden Richtlinien sind Diskriminierungen enthalten. Wir trauen es unseren Fachleuten, die Medizin machen, die Mikrobiologie machen, sehr wohl zu, dass sie das diskriminierungsfrei und mit hohen Sicherheitsstandards gestalten können. Wir sind da frohen Mutes und schicken die ganze Gesellschaft einfach noch einmal auf den Weg, diese Richtlinien durchzusehen.
Alle Kritikpunkte sind hier schon benannt worden; ich muss sie nicht wiederholen. Insofern geben wir jetzt einen Arbeitsauftrag, und wir sind zuversichtlich, dass der auch ordentlich erfüllt wird.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Niedersächsische Landtag befasst sich regelmäßig mit Fragen rund um die Geburtshilfe, auch schon in der letzten Wahlperiode und in den Wahlperioden davor. Insofern kann man sich selber natürlich immer an die Stelle der ersten Fraktion stellen. Man wird aber immer noch jemanden finden, der schon früher zu diesem Thema gesprochen hat, weil es ein wichtiges Thema und ein Thema in Entwicklung ist und insofern immer wieder neu aufgegriffen werden muss.
Derzeit befindet sich - das ist schon dargestellt worden - die Geburtshilfe in einem gewaltigen Umbruch; denn die Ausbildung wird grundlegend geändert. Das stellt alle, die sich mit der Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen Geburtshilfe beschäftigen, vor große Herausforderungen.
Wir begrüßen die nun erfolgende, schon sehr lange geforderte Akademisierung des Berufes und hoffen, dass diese nun neue Ausbildung ein Magnet für junge Menschen wird, die diesen schönen Beruf ergreifen möchten.
Auf der Bundesebene ist in diesem Zusammenhang ein großer Wurf gelungen: Die Ausbildung wird vergütet. Es ist keine BAföG-Beantragung notwendig. Wir begrüßen diese Anerkennung des hohen Wertes dieser Ausbildung sehr.
In Niedersachsen wollen wir sicherstellen, dass das Studium flächendeckend angeboten werden kann. In Göttingen, Hannover, Oldenburg und Osnabrück laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren; die Ostfalia wird noch ein wenig länger brauchen, aber es gab auch schon Gespräche mit dem Wissenschaftsministerium in der Richtung.
Um die Fachexpertise in den Hebammenschulen für das Studium nutzbar zu machen, brauchen wir eine Verlängerung der Übergangszeiten - nicht um etwas hinauszuzögern, sondern um unsere gut ausgebildeten und sehr erfahrenen Lehrkräfte an den Hebammenschulen exzellent einzubinden.
Die Sozialministerin hat alle in der geburtshilflichen Versorgung wichtigen Partner zu einem Runden Tisch eingeladen, um Fragen der Ausbildung und der Versorgung miteinander zu klären und zu planen. Das ist hier auch schon angesprochen wor
den. Dafür brauchen wir aber Zahlen, Zahlen, Zahlen, die im Übrigen auch schon lange von den Hebammenverbänden gefordert werden. Daher führen wir eine Meldepflicht ein, die uns diese detaillierten Auskünfte liefern wird.
Es war - wie immer bei diesem Thema - eine sachorientierte und engagierte Debatte im Sozialausschuss, für die ich allen Kolleginnen und Kollegen danken möchte. Es bleiben weiter noch nicht abschließend, aber vorübergehend geklärte Problemfelder wie der Fachkräftemangel, die Haftpflichtfragen und andere. Wir werden die Frage der geburtshilflichen Versorgung in unserem schönen Flächenland weiter aufmerksam politisch begleiten und, wo nötig, steuern.
Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und bitte um Annahme unseres Antrages. Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich frage die Landesregierung, ob die gestiegene Anzahl der Personen, die in den Maßregelvollzug eingewiesen werden, gegebenenfalls auf eine veränderte Rechtsprechung zurückzuführen ist. Wenn das so sein sollte: Gibt es Lösungsmöglichkeiten oder Veränderungsansätze dafür?
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon vielfach gesagt worden: Im Haushalt 2020 legen wir frauenpolitisch einen Schwerpunkt auf Schutzmaßnahmen vor Gewalt. Wir unterstützen die Kommunen in Niedersachsen, die in den letzten Monaten neue Frauenhausplätze geschaffen haben, um dem regionalen Mangel an Plätzen zu begegnen, mit 400 000 Euro. Und wir fördern Maßnahmen für von Menschenhandel betroffene Frauen, sodass die Vereine SOLWODI und KOBRA mit Schutzwohnungen ihre wertvolle und notwendige Arbeit für diese Frauen weiterführen können.
Uns ist auch eine gestärkte Präventionsarbeit wichtig. Wenn Gewalt geschieht, ist das Problem bereits in massiver Form vorhanden und durch Einstellungen und Verhaltensweisen der Täter verfestigt. Arbeit gegen die Ideologie von natur- oder gottgegebenen Geschlechterhierarchien und dem damit verbundenen Machtgefälle ist von großer Bedeutung. Das muss überall dort unterrichtet und gesagt werden, wo junge Menschen zusammenkommen: in der Schule, beim Sport, in den Religionsgemeinschaften, in vielen anderen Vereinen. Es gibt auf diesen Feldern schon Programme und Schulungen, die aber noch verstärkt werden müssen. Das sind Ziele unseres Entschließungsantrages, den wir heute beraten.
Prävention muss auch dort greifen, wo Gewalt schon stattgefunden hat, um Wiederholungen zu minimieren. Daher haben wir auch die Zuschüsse für die Einrichtungen erhöht, die mit Tätern arbeiten. Sie sind deswegen erfolgreich, weil die Männer, die zu Tätern geworden sind, lernen, mit Konflikten anders umzugehen.
Kollegin Pieper hat schon auf einige weitere Aspekte unseres Entschließungsantrages und auch der Förderungen hingewiesen. Wir müssen Second-Stage-Angebote schaffen, damit wir einen lückenlosen Schutz für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Familien gewährleisten können.
Die Istanbul-Konvention, der Deutschland vor zwei Jahren beigetreten ist, ist eine sehr gute Richtschnur für Maßnahmen für von Gewalt betroffene Frauen. Das Ziel ist ein Leben ohne Gewalt in freier Selbstbestimmung.
Bei den Streichungen, die die AfD in ihrem Haushaltsansatz vorgenommen hat, kann man trefflich ihre Weltordnung erkennen; denn Sie trennen Ihre Welt in einen binären Code: männlich und weiblich. Damit ist eine Hierarchie verbunden, in der Männer mehr wert sind als Frauen. Die sollen die Kinder bekommen und auf sie aufpassen. Etwas anderes fällt Ihnen nicht ein. Gleichstellung scheint Ihnen schon verwirklicht, und Sie berücksichtigen dabei nicht den Verfassungsauftrag, dass der Staat darauf hinzuwirken hat, dass die Gleichstellung auch tatsächlich zu erfolgen hat. Insofern ist, wenn man es etwas scharf formuliert, Ihr Haushaltsantrag verfassungswidrig.
Wir werden im nächsten Jahr frauenpolitisch weitergehen. Wir werden hier mit einem Parité-Gesetz ins Plenum kommen, damit die Gleichstellung auch endlich in den Parlamenten ankommt.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Am Montagmorgen hatten wir eine Anhörung im Rahmen der Enquetekommission zur Weiterentwicklung des Gesundheitswesens und zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung in Niedersachsen. Die Sitzung der Enquetekommission begann mit der Erinnerung an eine Krankenschwester, die Weltruhm erlangt hat, nämlich Florence Nightingale. Wir haben uns mit der Situation der stationären Pflege in Niedersachsen beschäftigt. Drei Expertinnen und Experten aus verschiedenen Krankenhäusern haben uns sehr fachkundig Auskunft gegeben und alle unabhängig voneinander betont, dass eine Kammer aus ihrer Sicht eine wichtige Vertretung für die Pflege ist.
Wenn man sich einmal die englische und die deutsche Tradition der Krankenpflege ansieht, stößt man auf sehr interessante Entwicklungen und auch auf Unterschiede.
Mit Florence Nightingale hat in England im 19. Jahrhundert ein wichtiger Entwicklungsschub stattgefunden. Sie hat als berühmteste Aktion im Krimkrieg wesentliche Aspekte zur Neuordnung des Sanitätswesens im Militär beigetragen - als Frau, die mit Militär früher nie etwas zu tun hatte. Insgesamt hat sie wichtige Impulse für die Krankenpflege, für die Hygiene, für die Altenpflege und für die Armenfürsorge in England gegeben, und zwar auf einer säkularen Basis.
In Deutschland ist die Krankenpflege hingegen durch die Konfessionen geprägt. Es gab ganz viele Nonnen und auch Priester und Mönche, die sich darum gekümmert haben. Nach der Reformation gab es auch ganz viele Diakonissen, die sich in die Krankenpflege und Armenfürsorge eingebracht haben. Sie haben das damals für Gotteslohn getan.
Warum erwähne ich das alles so ausführlich? - Zu der Zeit der Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert gab es innerhalb der Krankenpflege einen erbitterten Streit darüber, ob diese Art der Arbeit überhaupt bezahlt werden darf, weil Frauen zunehmend diesen Beruf ergriffen haben, um schlichtweg ihren Lebensunterhalt damit zu verdienen. In dieser Auseinandersetzung herrschte
eine solche Erbittertheit, wie ich sie heute auch in der Auseinandersetzung um eine legitime Vertretung in Form einer Kammer wahrnehme. Herr Kollege Birkner hat das gerade auch angesprochen und gesagt, dass wir wieder zu anderen Formen der Auseinandersetzung um die wichtigen Fragen kommen sollten. Dem kann ich mich nur anschließen.
Wir sind nach wie vor davon überzeugt, dass die Pflege eine geeinte Stimme braucht, um vor allen Dingen auch in den politischen Gremien an der Weiterentwicklung des Gesundheitswesens mitwirken zu können. Wir nehmen auch wahr, dass diese Zuarbeit und Mitarbeit zuverlässig und sehr konstruktiv geleistet werden. Die Enquetekommission ist schon verschiedentlich erwähnt worden. Frau Ministerin Reimann hat auch die anderen Gremien genannt. Hier leistet die Kammer gute Arbeit. Wir können auf sie zählen.
Luft nach oben ist bei der Kammer als Dienstleisterin für ihre Mitglieder. Auch das ist schon angesprochen worden. Es sind Fehler gemacht worden. Sicherlich ist auch der Umgangston zu verbessern. Das wird in der Kammer laufend analysiert, und es wird auch verbessert. Wir müssen daran arbeiten, dass Fehler in dieser Art und Weise gar nicht erst passieren. Da sind wir uns sicherlich auch einig.
Ich möchte die Arbeit der Pflegekammer in den parlamentarischen Gremien nicht mehr missen. Wir müssen sehr hart daran arbeiten, dass sie auch eine gute Dienstleisterin für ihre Mitglieder wird. Ich bin aber davon überzeugt, dass uns das gelingen wird.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die wichtigen Stichworte sind von meinen Vorrednerinnen alle schon genannt worden, ich werde sie nicht wiederholen. Wir schließen uns dem als SPD-Fraktion an, und ich denke, das wird wie in der letzten Wahlperiode auf einen gemeinsamen Antrag oder auf breite Zustimmung - wie auch immer - hinauslaufen.
Es ist ernüchternd, zu sehen, wenn sich etwas bewegt - und es hat sich etwas bewegt, seitdem Ihr letzter Antrag gestellt worden ist -, dass sich trotzdem in hochrangig wissenschaftlich besetzten Gremien, wie sie ja zwischen der Bundesärztekammer, dem Paul-Ehrlich-Institut usw. gebildet worden sind, um zu einer neuen Richtlinie zu kommen, quasi durch die Hintertür auch bei hochrangigen, reflektierenden Wissenschaftlern weiterhin Vorurteile halten oder neu einschleichen, die in wesentlichen Punkten gerade nicht dazu führen, dass diskriminierende Formulierungen nicht mehr vorkommen.
Es ist wichtig, auf das Risikoverhalten abzustellen. Es wird aber schwierig sein, eine lebenspraktische Regelung zu finden. Denn es bleibt ein diagnostisches Fenster, in dem noch nicht nachgewiesen werden kann, ob bestimmte Infektionskrankheiten bei einem Menschen, der spenden will, vorliegen.
Ansonsten bleibt festzuhalten: Jeder, jede und alles, was sich dazwischen verortet, der, die oder das spenden möchte, ist herzlich dazu eingeladen und ist als Spender willkommen. Über den Sicherheitsaspekt werden wir sicherlich auch ausführlich beraten und Unterrichtungen bekommen, welche Überlegungen es insgesamt gibt, um dann zu einem guten Antrag zu kommen. Ich freue mich auf die Beratungen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon ein Phänomen: Herr Bothe ist ja in unseren Ausschusssitzungen. Er nimmt auch an den Sitzungen der Enquetekommission teil.
Er bekommt es ja eigentlich mit, wenn wir darüber diskutieren, wenn wir Unterrichtungen und ähnliche Dinge haben, wenn Pläne geschmiedet werden, wenn deutlich wird, wo die Zuständigkeiten liegen.
Es ist nicht einfach so per Knopfdruck machbar, dass Niedersachsen alle Verpflichtungen aller anderen politischen Ebenen übernimmt. Das ist einfach eine politische Illusion in einem föderalen Staat, in dem es unglaublich viele Verknüpfungen der politischen Ebenen gibt. Insofern kann man darüber eigentlich immer nur den Kopf schütteln.
Die Haftpflichtproblematik ist derzeit für die Hebammenverbände nicht das vorherrschende Problem. Es gibt den Sicherstellungszuschlag. Es gibt die Gesprächsverbindung mit den Krankenkassen. Wenn da nachjustiert werden muss, wird das getan werden. Es ist kein vordringliches Problem, das im Moment auf der Tagesordnung steht.
Ich will nicht alles wiederholen, was die Rednerinnen und Redner vor mir sachlich richtig festgestellt haben. Wir werden das Thema weiterhin ausführlich im Sozialausschuss beraten, so wie wir es in der letzten Wahlperiode gemacht haben, so wie wir es in dieser Wahlperiode kontinuierlich tun. Man staunt immer nur darüber, dass die AfD im Plenum eine große Showveranstaltung fabriziert, während sich in den Ausschusssitzungen weder Herr Rykena großartig zu den Studienplätzen geäußert hat, noch Herr Bothe sich sehr intensiv an diesen Diskussionen beteiligt. Insofern will ich das jetzt nicht in die Länge ziehen.
Ich freue mich auf die Ausschussberatungen. Da werden wir das kompetent und, wie ich uns kenne, wahrscheinlich in weitgehender Einmütigkeit beraten können.
Vielen Dank.