Christoph Bratmann

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich weiß es noch ganz gut aus eigener Erfahrung: Wenn im Lehrerzimmer von der Landesschulbehörde die Rede war - ich glaube, das war in vielen Lehrerzimmern landauf, landab der Fall -, dann hielt sich die Begeisterung in Grenzen, um es einmal freundlich zu formulieren.
Es gab im Jahr 2016 eine Onlinebefragung des Kultusministeriums - die Kollegin Hamburg hat sie angesprochen - unter dem Titel „Mehr Zeit für gute Schule“, die zum Ergebnis hatte, dass die Beratungs- und Unterstützungsleistungen der Landesschulbehörde mit „nicht zufriedenstellend“ bewertet wurden - und das vor dem Hintergrund, dass über 1 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Arbeit bei der Landesschulbehörde seit vielen Jahren sehr engagiert verrichten. Nur kam dies offensichtlich an den Schulen - insbesondere bei den Lehrkräften, aber auch bei den Schülerinnen und Schülern sowie deren Eltern - nicht in dem Maße an, wie es hätte der Fall sein müssen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, allein das ist schon Grund genug, um sich einmal Gedanken zu machen, ob die Struktur einer solchen Behörde noch zukunftsweisend ist und ob sie ihrem Auftrag noch gerecht wird. Das war ausschlaggebend für das Kultusministerium, genau hier anzusetzen - und nicht, dass es einen unliebsamen Behördenleiter gab, liebe Kollegin Hamburg. Ich glaube, wenn es nur darum gegangen wäre, hätte man keine ganze Behörde umbauen müssen. Das ist nicht der Grund; da verkennen Sie meines Erachtens die Problematik und den Sinn dessen, was wir gerade mit Blick auf die Landesschulbehörde tun.
Der Auftrag der Landesschulbehörde muss sein, Beratung, Unterstützung und Qualitätssicherung zu gewährleisten; denn das, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat für den Bildungsauftrag in Niedersachsen eine ganz herausragende Bedeutung.
Das ist unheimlich wichtig für gute Schule. Dem kommen wir meines Erachtens mit dieser Umstrukturierung ein ganzes Stück näher.
Das Thema der Verschlankung der Verwaltung wird immer sehr populistisch aufgegriffen. Behörden erleben manchmal sozusagen ein gewisses Behörden-Bashing, und wenn - auch in den Medien - von unserer Verwaltung die Rede ist, ist das an der einen oder anderen Stelle nicht sonderlich wertschätzend.
Lassen Sie mich an dieser Stelle festhalten: Dass wir in Deutschland und insbesondere hier in Niedersachsen gut durch die Corona-Pandemie gekommen sind, hat auch damit zu tun, dass wir eine gut funktionierende öffentliche Verwaltung haben; denn viele Menschen in diesen öffentlichen Verwaltungen machen ihren Job sehr engagiert und gut. Von daher können wir den vielen Angestellten im öffentlichen Dienst und auch den Beamtinnen und Beamten für das, was sie bis hierhin geleistet haben, dankbar sein. Und das gilt insbesondere auch für die Landesschulbehörde.
Nun geht es darum, dass Entscheidungswege kürzer werden, die Kommunikation direkter wird und der eigentliche Dienstleistungsauftrag der Landesschulbehörde damit besser gewährleistet wird. Somit geht es auch nicht um Stellenabbau - alle Stellen bleiben erhalten -, sondern es geht um eine sinnvolle Strukturreform, liebe Kolleginnen und Kollegen. Denn eines ist klar: Alles, was in den Regionalabteilungen passiert, muss den Schülerinnen und Schülern, deren Eltern und natürlich den Lehrkräften zugutekommen. Daran muss sich solch eine Behörde nun mal messen lassen.
Klar ist: Alle Leitungen der vier Regionalabteilungen sehen das genauso. Sie waren in diesen Prozess der Umstrukturierung mit einbezogen. Dieser Prozess war sehr transparent.
- Liebe Kollegin Hamburg, das alles ist nachzulesen!
Und über diesen Prozess ist auch schon im Kultusausschuss berichtet worden.
Ich glaube, dass wir auf einem guten Weg dahin sind, dass insbesondere die Serviceorientierung der Landesschulbehörde zukünftig wesentlich besser zur Geltung kommen wird.
Mit dem Ausbau der Regionalabteilung zu den vier regionalen Landesämtern wird die Ebene vor Ort zudem gestärkt - in Braunschweig, Hannover, Osnabrück und Lüneburg. Die Devise dabei ist: Näher ran an die Schulleitungen und an die Lehrkräfte, und das mit einem klaren Dienstleistungsauftrag. Ich baue darauf, dass diese Devise genau so umgesetzt wird.
Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, eines ist klar: Schule steht heute - und das ist hier ja schon vielfach besprochen worden - vor ganz anderen Herausforderungen: Inklusion, Digitalisierung,
Schulsozialarbeit, Elternarbeit. Das sind die Anforderungen an eine gute Schule. Das hat sich in den letzten 20, 30 Jahren deutlich verändert. Die Anforderungen an gute Bildung sind wesentlich vielschichtiger geworden, und eine Behörde wie die Landesschulbehörde muss denen auch gerecht werden. Deshalb ist die Reform richtig und sinnvoll.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich an dieser Stelle im Namen der SPD-Fraktion einmal Danke sagen an die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Landesschulbehörde, an die vielen Lehrkräfte im Land, die insbesondere in den Zeiten der Corona-Pandemie einen schwierigen Job machen, bei dem sie wahrscheinlich auch häufiger mit einem mulmigen Gefühl in ihre Klassen gehen, und lassen Sie mich auch Danke an die vielen Schülerinnen und Schüler sagen, die sich in dieser Zeit mehrheitlich sehr verantwortungsbewusst verhalten.
Denen allen - und Ihnen auch, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren - wünsche ich ein besinnliches Weihnachtsfest und einen guten Rutsch in ein hoffentlich besseres 2021.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Christian Calderone und Eva Viehoff haben schon darauf hingewiesen: Gestern und auch heute noch vor 82 Jahren brannten in Hannover, in meiner Heimatstadt Braunschweig und in vielen anderen Orten im heutigen Niedersachsen wie auch auf deutschem Boden generell die Synagogen. Es brannten Wohnhäuser und Privatwohnungen. Es wurden Menschen misshandelt, verächtlich gemacht, verschleppt, ermordet. Diese sogenannte Reichspogromnacht markierte dabei den Übergang von
Entrechtung und Verfolgung bis hin zur planmäßigen Auslöschung jüdischen Lebens durch Massenvernichtung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Gedenken daran bedeutet nicht nur, dass die Opfer niemals vergessen sind. Es bedeutet auch, dass wir alle gemeinsam Verantwortung dafür tragen, dass so etwas nie wieder und nicht im Ansatz passieren darf.
Der Ungeist des Antisemitismus - auch das ist schon vielfältig dargestellt worden - ist nicht tot, er existiert weiterhin und existiert gerade auch in solchen Krisenzeiten wie diesen, weil verschwörungstheoretische Ansätze nicht selten mit Antisemitismus verknüpft sind.
Es gibt vielfältige Formen des Antisemitismus: vom faschistischen, rechtsextremen Antisemitismus bis hin zum radikalen Islam. Alledem müssen wir entschieden entgegenwirken, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen.
So war der Anschlag auf die Synagoge in Halle vor ziemlich genau einem Jahr, der uns allen noch sehr präsent ist, als eine schwere Holztür eine Katastrophe verhinderte, auch der Anlass, im Niedersächsischen Landtag die Mittel für die Arbeit der jüdischen Verbände und Gemeinden zu erhöhen und den Schutz jüdischen Lebens noch stärker, als wir es schon bisher getan haben, in den Fokus zu stellen.
So sind im Haushalt 2020 die vertraglichen Landesleistungen an die beiden jüdischen Landesverbände einmalig um insgesamt 2 Millionen Euro erhöht worden. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass beide Verbände seit über zwei Jahren um eine Erhöhung der vertraglichen Landesleistungen bitten, zumal diese in Niedersachsen deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegen. Deshalb ist die Forderung nach dauerhafter Angleichung der Landesleistung an den Bundesdurchschnitt aus unserer Sicht angemessen. Dieser Forderung müssen wir nun nachkommen.
Dem wird dadurch Rechnung getragen, dass durch die Änderungen der Verträge sowohl die einmalige
Erhöhung als auch geplante laufende Erhöhungen ab dem Jahr 2021 eingearbeitet sind. Diese Änderungen bedürfen gemäß Artikel 35 Abs. 2 der Niedersächsischen Verfassung der Zustimmung des Landtages. Ich hoffe, sie werden heute sehr breit getragen, weil wir uns in diesem Punkt, denke ich, alle einig sind und alle einig sein müssen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es geht nicht nur darum zurückzublicken. Es steht ein ganz besonderes Jubiläum bevor. Im Jahr 2021 feiern wir 1 700 Jahre jüdisches Leben auf deutschem Boden. Die erste jüdische Gemeinde in Deutschland ist nachweislich im 4. Jahrhundert in Köln gegründet worden. Das zeigt: Jüdisches Leben gehört zu unserer Identität in Deutschland und in Niedersachsen. Es zu schützen, es zu fördern, es zu unterstützen, muss Teil unserer Identität sein, und wir müssen es als vordringliche Aufgabe ansehen. Das ist gut für unser Land Niedersachsen, und das ist gut für unsere Gesellschaft, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Somit hoffe ich, dass die vielen angekündigten deutschlandweiten Veranstaltungen für das Jubiläumsjahr 2021 unter dem Motto „1 700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ möglichst nicht den Corona-Beschränkungen zum Opfer fallen. Ich hoffe, dass es zumindest in der zweiten Jahreshälfte möglich sein wird, dieses Jubiläum angemessen zu feiern. Denn eines ist klar: Die jüdischen Gemeinden und Verbände vor allem in Niedersachsen leisten einen immens wichtigen Beitrag für unser Gemeinwesen. Diesen Beitrag müssen wir unterstützen.
Diesen Beitrag sollen wir unterstützen. Denn auch zukünftig sollen sie das in noch stärkerem Maße tun können. Unser Land wird davon in vielfältiger Hinsicht profitieren. Deshalb bitte ich um Zustimmung.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Ein bisschen kann ich die Unordnung verstehen, das ist ja auch ein ganz schöner Themenschwenk. Vom Wolf zur Situation am Ausbildungsmarkt fällt mir jetzt auch keine vernünftige Überleitung ein, aber das Thema, dem wir uns jetzt zuwenden werden, ist natürlich unglaublich wichtig. Die Corona-Pandemie, die uns hier ja in vielen Bereichen beschäftigt, hat natürlich auch am Ausbildungsmarkt für eine Situation gesorgt, die äußerst schwierig ist.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Corona-Pandemie hat vieles, was unser Leben betrifft, verändert. Aber eines bleibt natürlich gleich, nämlich dass die Sicherung des Fachkräftenachwuchses nach wie vor die existenziell wichtige Bedingung für eine starke niedersächsische Wirtschaft ist. Und deshalb ist es richtig und gut, Maßnahmenpakete auf den Weg zu bringen, die Ausbildungsplätze sichern, die Unternehmen unterstützen, die aber auch die Auszubildenden unterstützen.
Denn die Voraussetzungen haben sich für viele Betriebe in der Corona-Situation nun einmal deutlich verschlechtert. Viele waren vom Lockdown betroffen, und in der beruflichen Bildung war das Problem, dass nicht nur die berufsbildenden Schulen geschlossen waren, sondern auch Betriebe nicht arbeiten konnten, in der Veranstaltungswirtschaft faktisch sogar von einem Berufsverbot betroffen waren. Gastronomie und Teile des Einzelhandels waren über Wochen geschlossen, und im produzierenden Gewerbe und in der Industrie waren Lieferketten unterbrochen, sodass die Auszubildenden natürlich in doppelter Hinsicht darunter gelitten haben: Sie konnten nicht in die berufsbildenden Schulen, und sie konnten auch nicht im Betrieb tätig sein. Das hat dazu geführt, dass Ausbildungen unterbrochen wurden, dass Prüfungen
nicht abgelegt werden konnten, dass Prüfungen verschoben werden mussten. Das hat leider auch bei einzelnen Auszubildenden dazu geführt, dass sie die Prüfung unter diesen erschwerten Bedingungen nicht bestanden haben.
Auch wenn sich die Stellenlage im Bund wie auch in Niedersachsen erst einmal gar nicht so dramatisch darstellt, darf das nicht darüber hinwegtäuschen, dass es zum einen weniger Stellen gibt, aber zum anderen auch weniger Bewerberinnen und Bewerber. Deswegen ist es natürlich umso wichtiger, dass Maßnahmen auf den Weg gebracht werden, die den Fachkräftebedarf decken helfen und den jungen Menschen einen guten Start ins Berufsleben ermöglichen - auch in Zeiten, in denen niemand weiß, ob es pandemiebedingt nicht doch wieder zu Einschränkungen des öffentlichen Lebens kommt. Ob es noch einen weiteren Lockdown geben wird - das hoffen wir alle nicht -, wissen wir eben nicht.
Nun zu den Eckpunkten des Aktionsplans, liebe Kolleginnen und Kollegen. Es geht darum, Ausbildungsbetriebe zu unterstützen. Deshalb gibt es Prämien für Betriebe, die Ausbildungsverträge verlängern, gerade wenn die Ausbildung pandemiebedingt unterbrochen war. Diese Prämie beträgt 500 Euro. Es gibt zudem eine Prämie für Betriebe, die zusätzliche Ausbildungsverträge abschließen, insbesondere mit Jugendlichen mit Vermittlungshemmnissen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, im Zusammenhang mit beruflicher Bildung war auch immer wieder in der Diskussion, dass wir bislang - bis hin zu Corona am Anfang des Jahres - eine Situation hatten, in der es auf der einen Seite Ausbildungsplätze gab, die unbesetzt waren, und wir auf der anderen Seite aber immer noch unversorgte Jugendliche hatten, insbesondere die mit Vermittlungshemmnissen, wie das so schön heißt. Das sind, auf Deutsch gesagt, einfach diejenigen, die keinen geraden Schulweg, keine gute Schulkarriere hatten, aber trotzdem einen guten Start ins Berufsleben haben müssen. Im Sinne dieser Jugendlichen, meine sehr verehrten Damen und Herren!
Wir unterstützen also nicht nur die Betriebe, sondern wir unterstützen auch die überbetriebliche Lehrlingsausbildung. Sie ist insbesondere im Handwerk, der Landwirtschaft und der Bauwirtschaft ein ganz entscheidender und wichtiger Baustein, und da wird der Landesanteil zusätzlich zu den Bundesmitteln deutlich erhöht.
Wir unterstützen aber auch die Auszubildenden. Durch das Programm „Brücke in Ausbildung“ werden an den berufsbildenden Schulen bis zum 1. Dezember 2020 alle Kräfte gebündelt, um noch nicht vermittelte Jugendliche in Ausbildung zu bringen. Auch das wird finanziell abgesichert.
Und wir belohnen Mobilität und Flexibilität bei den Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz annehmen, der weiter als 45 km von zu Hause entfernt ist, mit einer Prämie von 500 Euro. Hier sei gesagt, dass das kein Ersatz für kostengünstige Schülerfahrkarten im Sek-II-Bereich, wie sie im Koalitionsvertrag stehen, ist, sondern eine kurzfristige Maßnahme, um die Mobilität von Jugendlichen zu unterstützen, und das ist, denke ich, ein richtiger Schritt in diesem Zusammenhang.
Diese Maßnahmen ergänzen das Paket „Schutzschirm für Ausbildung“, welches auf Bundesebene geschnürt wurde. Die Sozialpartner IHK, Handwerkskammer, Unternehmerverbände und der DGB begrüßen das Paket. Ich glaube, das zeigt, dass wir mit unseren Maßnahmen an der richtigen Stelle angesetzt haben, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Abschließend bleibt festzuhalten: Für eine gute Perspektive am niedersächsischen Ausbildungsmarkt müssen alle Beteiligten an einem Strang ziehen. Die Arbeitgeber müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein und weiter ausbilden, die Jugendlichen sollten bei ihrer Berufswahl offen und flexibel sein, Lehrkräfte sowie Berufsberaterinnen und Berufsberater sind im Hinblick auf Berufsorientierung und Vermittlung mehr denn je gefragt, und Politik muss unterstützen und gute Voraussetzungen schaffen, wie wir das mit diesem „Aktionsplan Ausbildung“ machen.
Eines bleibt festzuhalten: Es darf keine verlorene „Generation Corona“ am Ausbildungsmarkt geben, denn der Wohlstand unseres Landes hängt maßgeblich vom Fachkräftenachwuchs ab.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin zwar nicht abergläubisch, aber ich kann mich noch ganz gut an Freitag, den 13. März 2020, erinnern. Das war der Tag, an dem bundesweit die Schulschließungen verkündet worden sind - in Absprache der Kultusministerkonferenz mit der Bundeskanzlerin. Das war für die Bildungspolitik ein ziemlich schwarzer Tag. Ich glaube, das kann man so feststellen. Alles das, wofür auch wir hier im Landtag gemeinsam gestritten haben, zunächst gemeinsam mit der Kollegin Hamburg in der rot-grünen Zeit und später auch
mit den Kolleginnen und Kollegen von der CDU, nämlich Schulsozialarbeit, Ganztagsausbau, soziales Lernen von- und miteinander von der Krippe bis in die Schule, die Entkoppelung von Bildungserfolg und sozialer Herkunft - sprich: von den familiären Bedingungen zu Hause - und nicht zuletzt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf - alles das konnte nur eingeschränkt oder gar nicht stattfinden. Und das ist natürlich bildungspolitisch - auf Deutsch gesagt - ziemlicher Mist und eine unbefriedigende Situation.
Wir sind uns aber alle einig - vielleicht bis auf eine Fraktion hier im Hause -, dass diesen Umstand nicht die Landes- oder die Bundespolitik zu verantworten hatte, sondern dass das einer globalen Pandemie geschuldet war. Der Gesundheitsschutz stand im Vordergrund, es ging um die Eindämmung des Infektionsgeschehens. Von daher blieb uns kaum eine andere Wahl.
Ich glaube auch, an dieser Stelle feststellen zu können, dass die pädagogischen Folgewirkungen schwieriger sind, sprich: die pädagogischen Versäumnisse aus dieser Zeit wiegen schwerer als versäumter Unterrichtsstoff, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir sind uns auch alle einig, dass es jetzt den konstruktiven parlamentarischen Streit darüber
braucht, wie es weitergeht. Wie wollen wir jetzt mit der Situation umgehen? Welche Pläne braucht es nach den Sommerferien? Welche Lehren sind aus dem, was bisher geschehen ist, und aus dem, was Politik bisher gemacht hat, zu ziehen? - Ich bin der FDP deshalb durchaus dankbar für diesen Antrag, der aus meiner Sicht sinnvoll und richtig ist, aber auch weniger Sinnvolles enthält. Ich möchte gern aus diesem sehr umfangreichen Machwerk - es sind immerhin fast fünf Seiten, die die FDP aufgeschrieben hat - drei Punkte aufgreifen.
Der erste ist das FDP-Konzept der Sommerschule für Niedersachsen, darüber hinaus geht es um das wichtige Thema Digitalisierung und die Bedingungen für den Abiturjahrgang 2020/2021.
Zur sogenannten Sommerschule: Ich glaube, auch da besteht Einigkeit, dass es in diesen Sommerferien verstärkt Angebote des Lernens und der pädagogisch begleiteten Freizeitgestaltung geben muss. Das muss auf freiwilliger Basis passieren. Von daher liegt der Schlüssel aus unserer Sicht in der Kooperation vor Ort, die aus sinnvollen Bildungs- und Betreuungsangeboten in der Verzahnung von Jugendhilfe und Schule bestehen muss. Und auch hier geht es darum, nicht nur versäum
ten Unterrichtsstoff aufzuholen. Da sind mir der Antrag und das Ansinnen der FDP zu eindimensional. Ich glaube, das Wichtige ist, dass Schülerinnen und Schüler wieder in den Lernmodus kommen. Viele Schülerinnen und Schüler - gerade die, die aus sogenannten bildungsbenachteiligten
Haushalten kommen - haben das Problem, dass sie nicht im Lernmodus waren, dass das, was sie sich beispielsweise hinsichtlich ihres Arbeitsverhaltens, hinsichtlich ihrer sprachlichen Fähigkeiten erarbeitet haben, in der Zeit verlorengegangen ist, in der sie gezwungenermaßen zu Hause waren.
Anliegen einer freiwilligen Ferienschule müsste es also in erster Linie sein, dass das aufgearbeitet wird. Aber da reicht es dann auch nicht, nur Frontalunterricht zu machen und nur in Mathematik, Deutsch und Englisch zu beschulen, sondern da braucht es mehr.
Ich denke, der richtige Weg ist hier das Angebot der „LernRäume“, der Kooperationsprojekte, die das Kultusministerium vorgestellt hat. In diese Richtung sollte es gehen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Ansinnen muss es einfach sein, auch in den Ferien Möglichkeiten und Räume gemeinsamen Lebens und Erlebens für die Schülerinnen und Schüler zu schaffen.
Nun zu den Forderungen im Bereich der Digitalisierung.
Wir sind uns einig, dass digitaler Unterricht den Präsenzunterricht nicht ersetzt, sondern ihn sinnvoll ergänzt. Die Digitalisierung in der Schule und im Bildungsbereich insgesamt ist ja nicht in erster Linie vorangetrieben worden, um das Lernen zu Hause zu ermöglichen, sondern wurde als sinnvolle Ergänzung des Unterrichts angesehen. Jetzt, in Pandemiezeiten, haben wir gemerkt, wie wichtig die Digitalisierung aber auch für das Lernen zu Hause ist und welche Chancen in der Digitalisierung liegen. Aber natürlich haben wir auch festgestellt, welche Defizite wir - ehrlich gesagt, auch in Niedersachsen - in diesem Bereich noch haben.
Hier trifft ebenfalls zu, dass die Corona-Pandemie nicht nur neue Probleme schafft, sondern auch bestehende Probleme verschärft. Das Kultusministerium und die regierungstragenden Fraktionen haben aber auch hier reagiert. Wir haben relativ schnell die niedersächsische Bildungscloud an den Start gebracht, sodass alle Schulen die Möglichkeit haben, an einer digitalen Lernplattform teilzunehmen. Die Schulen sind insoweit auch schon gut
unterwegs, natürlich in ganz unterschiedlicher Hinsicht: Manche nutzen zusätzliche Konzepte, IServ beispielsweise.
Wir sehen, dass immer mehr Schulen an der niedersächsischen Bildungscloud teilnehmen. Wir sehen, dass die Mittel zur Beschaffung von digitalen Endgeräten nun endlich genutzt und massenhaft abgerufen werden, was für die Schülerinnen und Schüler außerordentlich wichtig ist. Und wir freuen uns darüber, dass die 52 Millionen Euro, die jetzt vom Bund zur Verfügung gestellt wurden, auch genutzt werden, damit die Schulen die Geräte leihweise, insbesondere an bedürftige Schülerinnen und Schüler, weitergeben können. Auch hier stehen wir noch vor großen Herausforderungen, aber die richtigen Schlüsse sind gezogen worden, meine sehr verehrten Damen und Herren. Dafür bin ich durchaus dankbar.
Lassen Sie mich abschließend noch Folgendes sagen: Ich bin in dieser Zeit häufiger an Schulen unterwegs - das tut der eine oder anderen von uns sicherlich auch - und unterhalte mich mit Lehrkräften und, wenn es irgendwie möglich ist, auch mit Schülerinnen und Schüler und auch mit Eltern, die ohnehin Kontakt zu Abgeordneten aufnehmen. Ich habe durchaus Lob für das Kultusministerium feststellen können. Anwesende frühere Kultusministerinnen und Kultusminister werden vielleicht bestätigen können, dass Lob von den Schulen für das Kultusministerium ein rares Gut ist. An den niedersächsischen Schulen wird vor allen Dingen die unaufgeregte Art, die Klarheit und die Transparenz, die Grant Hendrik Tonne an den Tag legt und mit seinen Briefen an die Lehrkräfte immer wieder bestätigt, geschätzt. Mir hat eine Lehrkraft, die unverdächtig ist, der SPD nahezustehen, gesagt, sie sei froh, dass sie zurzeit Lehrerin in Niedersachsen sei, ganz anders als ihre Schwester, die Lehrerin in Nordrhein-Westfalen sei. - Das könnte damit zusammenhängen, dass die Kultusministerin in NRW von der FDP kommt. Aber das vermag ich nicht zu beurteilen.
Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie der Pressemitteilung des Kultusministeriums vom 5. Mai entnommen werden kann, ist nach dem erfolgreichen Start mit den Abschlussklassen an den allgemein- und berufsbildenden Schulen auch die Rückkehr der vierten Klassen unter Wahrung der Abstands- und Hygieneregeln gut verlaufen.
Mit der Vorstellung des „Phasenplan-Kita“ am 4. Mai 2020 liegt neben dem Stufenplan für allgemein- und berufsbildende Schulen auch ein Fahrplan zur schrittweisen Erhöhung der Betreuungskapazitäten für Einrichtungen der frühkindlichen Bildung vor. Dabei hat die Landesregierung wiederholt erklärt, dass es ihr Ziel ist, jeder Schülerin und jedem Schüler noch vor den Sommerferien die Rückkehr in die Schule zu ermöglichen und auch allen Kita-Kindern die Chance zu geben, ihre Erzieherinnen und Erzieher wiederzusehen und mit ihren Freundinnen und Freunden zu spielen.
Vor diesem Hintergrund fragen wir die Landesregierung:
1. Welche Grundsätze werden bei der schrittweisen Ausweitung der Notbetreuung in den Kitas verfolgt?
2. Welche Leitlinien werden beim stufenweisen Wiedereinstieg in den Schulbetrieb verfolgt?
3. In welchen Abständen sollen eine Neubewertung der Lage für Schulen und Kitas vorgenommen und eine Entscheidung über weitere Öffnungsstufen getroffen werden?
Vielen Dank.
Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über Art und Weise der Einbringung des Antrags ist schon von meiner Vorrednerin und von meinen Vorrednern viel gesagt worden.
Der Antrag ist in der Tat überflüssig, und die Debatte um die Verlagerung der beruflichen Bildung vom Kultusministerium zum Wirtschaftsministerium, die er anstößt, ist ebenso überflüssig.
Da ich aber Pädagoge bin und immer an die Weiterentwicklung von Menschen und an Erkenntnisgewinn glaube, will ich noch einmal drei Gründe anführen - vielleicht lassen Sie sich die noch einmal durch den Kopf gehen, Herr Rykena, bevor Sie weitere solche Anträge stellen -:
Erstens. Sie haben schon in der Überschrift zu Ihrem Antrag unterschlagen, dass es sich bei der beruflichen Bildung zuvorderst um Bildung handelt. Sie schreiben von „Berufsschulen“; im Fachjargon heißt es aber „berufsbildende Schulen“. Diesen Bildungsaspekt muss man sehr ernst nehmen. Denn zur beruflichen Bildung gehört auch, dass man in der berufsbildenden Schule die Mehrdimensionalität des Wirtschafts- und Arbeitslebens beleuchtet.
Vor diesem Hintergrund kann man sagen: Auch in der beruflichen Bildung darf nicht alles dem Primat der Ökonomie untergeordnet werden. - Das ist aus meiner Sicht ein ganz wichtiger Aspekt.
Zweitens. 40 % der Schülerinnen und Schüler in den berufsbildenden Schulen in Niedersachsen werden in sogenannten Vollzeitschulformen unterrichtet. Dazu zählen das Berufliche Gymnasium, die Fachoberschule, die Berufsfachschule, demnächst die neue Berufseinstiegsschule, das BVJ usw.
Das sind die Schulformen, Herr Rykena, die Sie in Ihrer letzten Rede hier despektierlich als Reparaturbetriebe der allgemeinen Bildung bezeichnet haben. Damit diskreditieren Sie nicht nur die vielen
Hundert engagierten Lehrkräfte, die dort tätig sind, sondern Sie diskreditieren auch die Leistungen der Schülerinnen und Schüler, die über diese Schulformen höherwertige Abschlüsse erwerben und damit einen besseren Einstieg in das Arbeits- und Berufsleben haben. Das allein zeigt schon Ihre Haltung zur beruflichen Bildung.
Die Curricula für diese Schulformen, beispielsweise für das Berufliche Gymnasium Gesundheit und Soziales, die Fachoberschule Gestaltung oder die Berufsfachschule Technik, müssen natürlich von Pädagogen erstellt werden, und die sitzen nun einmal im Kultusministerium. Dort passiert das Ganze, und dort ist es nun einmal auch richtig aufgehoben und nirgendwo anders, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Der dritte Grund, aus dem die von Ihnen angestoßene Debatte überflüssig ist, ist der, dass die Kooperation zwischen Wirtschaft und beruflicher Bildung vor Ort stattfindet. Gehen Sie einmal in die berufsbildenden Schulen und gucken Sie sich das dort an! Die berufsbildenden Schulen vor Ort sind in der Regel ein starker und guter Kooperationspartner der Wirtschaft. Vom Handwerksbetrieb über Industriebetriebe bis hin zu Pflegeeinrichtungen im Dienstleistungssektor - überall wird kooperiert und findet der Austausch statt, auch mit den Kammern - mit der Industrie- und Handelskammer und der Handwerkskammer - und natürlich auch mit dem übergeordneten Bündnis Duale Berufsausbildung. Von daher sind wir schon sehr weit, was die Kooperation zwischen Wirtschaft und beruflicher Bildung angeht, und müssen uns zu diesem Thema mit Sicherheit nichts von Ihnen von der AfD anhören, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Abschließend kann man sagen: Die berufliche Bildung - auch das war eine Unterstellung - wird von dieser rot-schwarzen Koalition nicht stiefmütterlich behandelt. Wir haben der beruflichen Bildung im Koalitionsvertrag sehr viel Raum gegeben. Wir haben uns vieles vorgenommen, und natürlich müssen wir uns insbesondere von der Opposition aus Grünen und FDP daran messen lassen, was wir in diesem Bereich leisten und wie wir das, was in unserem Koalitionsvertrag steht, mit Leben füllen. Wir haben uns etliches vorgenommen. Wir haben mit den vergangenen Haushaltsberatungen
schon viel erreicht. Wir werden aber noch weitere Schritte gehen.
Von daher kann man sagen: Die berufliche Bildung hat bei dieser Koalition einen hohen Stellenwert, und sie ist im Kultusministerium hervorragend aufgehoben.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Januar, das ist immer die Zeit der Neujahrsempfänge, und ich war - ich glaube, wie viele andere Kolleginnen und Kollegen hier aus dem Haus auch - auf einigen Neujahrsempfängen, insbesondere bei den Wirtschaftsverbänden, den Kammern, bei der Handwerkskammer, bei der Industrie- und Handelskammer z. B. Da trifft man viele Akteure aus der beruflichen Bildung, Schulleitungen, mit denen man gut ins Gespräch kommen kann. Ich schätze das immer sehr und nutze das gerne, um Handlungsaufträge mitzunehmen und auch die Politik, die wir hier in Niedersachsen machen, zu erörtern.
Bei den Neujahrsempfängen 2019 wurde uns vieles ins Stammbuch geschrieben und gesagt: Wir haben Sorge, wir haben Bedenken hinsichtlich der Budgetproblematik. Wir haben Sorge hinsichtlich der Unterrichtsverpflichtungen, und wir haben insbesondere Sorge hinsichtlich der Flexibilität, was die Einstellung von Vertretungslehrkräften angeht - alles vor dem Hintergrund der Einsparverpflichtungen im Bereich der Budgets.
Bei den Neujahrsempfängen 2020 habe ich von den Akteuren der beruflichen Bildung - und es waren einige, die ich getroffen habe - viel Zuspruch erhalten. Sie haben gesagt: Mit dem BBS-Paket, das mit dem Haushalt im Dezember beschlossen wurde, sind mehrere Schritte in die richtige Richtung gegangen worden. Viele waren über die 15 Millionen Euro erleichtert, mit denen wir die Budgets abgesichert haben.
Sie wussten auch zu schätzen, dass die Stellen aus SPRINT im Haushalt verstetigt werden und sie damit viel mehr Möglichkeiten haben, die Unterrichtsversorgung zu verbessern. Das erfuhr viel Wertschätzung, und es war klar, dass das nicht
ausreicht, sondern dass wir weitere Schritte gehen müssen. Aber es waren Schritte in die richtige Richtung, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Um darüber hinaus langfristig zu einer besseren Unterrichtsversorgung zu kommen, müssen wir genau das machen, was Kollege Försterling eben auch angesprochen hat und was durchaus auch zu den Entschließungsanträgen der FDP und der GRÜNEN identisch war.
Wir haben ja gehört, die FDP versteht sich nun als Serviceopposition, und von daher bin ich immer für Stichworte dankbar, die dazu beitragen, dass wir gemeinsam zu guten Lösungen kommen. Zwei Punkte sind da wichtig:
Erstens. Wir brauchen mehr grundständig ausgebildete Lehrkräfte im System der beruflichen Bildung. Darüber kann kein Dissens bestehen, und es gibt eine entsprechende Arbeitsgruppe zwischen dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur und dem Kultusministerium, die genau das erarbeiten soll. Das geht nur nicht von heute auf morgen. Wir sind aber auf dem Weg.
Zweitens. Wir müssen auch den Seiten- und Quereinstieg erleichtern und entbürokratisieren. Auch das war hier schon mehrfach Thema. Auch da sind wir auf dem Weg, und ich würde mir wünschen, dass da einiges noch schneller geht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Das alles wurde auch in der Anhörung weitgehend begrüßt, die wir zum Thema berufliche Bildung durchgeführt haben. Es gab in der Anhörung allerdings auch interessante Kontroversen, und ich will dazu ein ganz wichtiges Thema herausgreifen, die wohnortnahe Beschulung. Im Koalitionsvertrag steht, dass wir sehr auf die wohnortnahe Beschulung setzen und die wohnortnahe Beschulung wichtig ist.
In der Anhörung allerdings hat die Industrie- und Handelskammer durchaus eine andere Sichtweise deutlich gemacht als die Handwerkskammer. Die Handwerkskammer hat gesagt, die wohnortnahe Beschulung wie eine Monstranz vor sich herzutragen und nur auf sie zu setzen, werde der Sache und vor allen Dingen der Qualität der Ausbildung
nicht immer gerecht. Das zeigt, dass das Thema komplex ist und wir einen Mittelweg zum Thema wohnortnahe Beschulung finden müssen. Der Weg, der aus unserer Sicht der richtige ist, ist der Weg der regional abgestimmten Bildungslandschaften. Die Kompetenz dazu liegt bei den Schulträgern vor Ort, die liegt bei den Regionen, und wir können das Ganze landesseitig nur unterstützen und moderieren. Hier ist der Weg „ermöglichen statt verordnen“ der richtige, und ich hoffe, dass es da deutlich vorangeht, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Alles in allem ist in dem Entschließungsantrag von SPD und CDU vieles enthalten, was Daueraufgaben im Bereich der beruflichen Bildung betrifft. Die Sicherung der Unterrichtsversorgung ist eine Daueraufgabe, bei der wir noch weiter liefern müssen. Die Stärkung unserer berufsbildenden Schulen im Allgemeinen ist eine Daueraufgabe. Auch die Kooperation mit der Wirtschaft ist eine Daueraufgabe. Da sind wir auf einem guten Weg. Da haben wir schon wichtige Schritte getan. Aber diese Aufgabe muss uns weiter umtreiben, solange diese Koalition besteht - und natürlich auch darüber hinaus.
Damit komme ich zum Antrag der AfD. Herr Rykena, Sie fordern, die Zuständigkeit für die berufsbildenden Schulen in das Wirtschaftsministerium zu verlagern. Das Thema ist nicht neu. In der Tat kommt es in der beruflichen Bildung auf eine gelingende Kooperation zwischen Wirtschaft und Schulen an. Berufliche Bildung bleibt aber im Kern Bildung.
Ich verweise hier auf die wichtige Aufgabe, die den berufsbildenden Schulen zukommt und die ich an dieser Stelle mehrfach genannt habe.
Es zeugt von dem Bild, das Sie, Herr Rykena, von berufsbildenden Schulen haben, wenn Sie von einem unterfinanzierten Reparaturbetrieb der Allgemeinbildung reden. Sagen Sie das mal Berufsschullehrkräften, die in den Schulformen Berufliches Gymnasium, Fachoberschule und Berufsfachschule unterrichten, die das gern und voller Stolz tun, weil diese Schulformen wichtig für unser Land und für unser Bildungssystem sind! Sagen Sie denen das mal! Sie werden die entsprechen
den Antworten kriegen. Da bin ich mir ziemlich sicher.
Diese Schulformen und die berufsbildenden Schulen im Allgemeinen sind ganz wichtige Bausteine unseres Bildungssystems. Denn sie sorgen dafür, dass auch Schülerinnen und Schüler, die im Bereich der allgemeinbildenden Schulen nicht den geraden Weg gegangen sind, zu höherwertigen Abschlüssen kommen und daneben auch noch wichtige berufspraktische Erfahrungen sammeln können. Sie helfen dabei, sich beruflich zu orientieren und den wichtigen Weg auf den Arbeitsmarkt zu finden. Das ist unglaublich wichtig. Daran werden wir weiter festhalten. Deshalb ist Ihr Antrag abzulehnen.
Zum Vorwurf der stiefmütterlichen Behandlung kann ich abschließend nur sagen: Die regierungstragenden Fraktionen von SPD und CDU und vor allem unser Kultusminister Grant Hendrik Tonne stehen für die Gleichwertigkeit von akademischer, allgemeiner und beruflicher Bildung. Das werden wir auch weiter so handhaben.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Rund jeder sechste Schüler in der Bundesrepublik Deutschland und rund 10 % der Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen geben an, schon mal Opfer von Mobbingattacken gewesen zu sein.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, liebe Kolleginnen und Kollegen: Bei mir liegt die Schulzeit schon etwas länger zurück. Ich frage mich manchmal: Wie war das damals? Gab es das damals auch schon? Der Begriff Mobbing ist ja seit ungefähr 20 Jahren geläufig. Gab es schon zu unserer Schulzeit Mobbing? - Ich glaube, dass das der Fall war. Es hieß nur anders; es wurde nur anders bezeichnet. Aber jeder, der sich an die eigene Schulzeit zurückerinnert, dürfte Erinnerungen daran haben, dass es Schülerinnen und Schüler gab, die über einen längeren Zeitraum gezielt ausgegrenzt wurden, die über einen längeren Zeitraum verächtlich gemacht und gedemütigt wurden.
Genau das bezeichnet man heute als Mobbing. Nicht jeder Konflikt ist als Mobbing einzustufen; nicht jede Auseinandersetzung in der Schule fällt darunter. Mobbing geschieht immer über einen längeren Zeitraum. Es hat immer zum Ziel, jemanden langfristig auszugrenzen, zu demütigen und verächtlich zu machen.
Das zeigt, wie wichtig es ist, dass wir hier geschlossen mit diesem Antrag ein Signal senden, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wichtig und interessant ist auch, sich mit Schilderungen von Betroffenen auseinanderzusetzen.
Es hat damit angefangen, dass Mitschüler sich über mein Aussehen lustig gemacht haben. Später wurden mir die Hände festgehalten und eine Mülltonne auf dem Kopf gesetzt. - Das sagt eine Viertklässlerin aus Niedersachsen.
Eine andere Schülerin, 16 Jahre alt, sagt: Ich konnte mich nicht mehr auf die Hausaufgaben konzentrieren. Immer wieder habe ich in den WhatsApp-Kanal geklickt, immer wieder auf mein Facebook-Profil und bei Instagram geguckt, ob meine Mitschülerinnen und Mitschüler nicht schon wieder etwas Neues über mich gepostet haben.
Diese Beispiele verdeutlichen den Schaden, der besonders bei jungen Menschen entsteht, wenn sie Opfer von Mobbingattacken werden. Psychi
sche Langzeitschäden, mit denen es den Geschädigten schwerfällt, soziale Bindungen aufzubauen, sind dabei leider keine Seltenheit. Aggressives Verhalten und Selbstverletzungen, im schlimmsten Fall bis zur Selbsttötung, können das Ergebnis solcher Mobbingattacken sein.
Während Mobbing in den unteren Klassenstufen meist in einer physischen Auseinandersetzung beobachtet werden kann, gibt es bei den älteren Schülerinnen und Schülern häufig das Phänomen des sogenannten Cybermobbings zu beobachten.
Der Kollege Försterling und andere haben es hier schon angesprochen. Cybermobbing hat eine ganz andere Qualität, weil der Zugriff für die Lehrkräfte, für die Mitschülerinnen und Mitschüler und alle die, die am Prozess im Bereich der Schule beteiligt sind, natürlich viel schwieriger ist. Wir erleben häufig, dass Schülerinnen und Schüler morgens völlig aufgelöst in der Schulklasse sitzen, dass ein Konflikt entstanden ist, obwohl er in der Klasse gar nicht beobachtbar war, und dieser Konflikt hat seine Ursache in dem, was am Wochenende oder nach Schulschluss in sozialen Netzwerken stattgefunden hat.
Das zeigt, dass wir mit den üblichen Instrumenten, mit denen an Schule gearbeitet wird, dem nicht mehr gerecht werden können, dass wir neue Instrumente brauchen und dass wir vor allen Dingen - auch das ist schon gesagt worden - im Bereich der Prävention und im Bereich der Sensibilisierung noch einiges aufzuholen haben, auch wenn in diesem Zusammenhang bereits viel passiert ist, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Viele Eltern von betroffenen Schülern - das gilt im Übrigen auch für die Eltern der Täter - sind ratlos ob des Verhaltens, und viele Lehrkräfte sind damit häufig überfordert, weil sie nicht die Möglichkeiten haben, direkt zuzugreifen, direkt in Erfahrung zu bringen, was die Ursachen dieser Mobbingattacken sind. Von daher ist es wichtig, dass wir mit diesem gemeinsamen Entschließungsantrag jetzt Dinge auf den Weg bringen, die zwar nicht das Phänomen Mobbing beenden werden, die aber den Schülerinnen und Schülern und vor allen Dingen den Lehrkräften mehr Handwerkszeug an die Hand geben, um diesem Phänomen entgegenzutreten.
Ich finde es ganz wichtig, dass wir das in großer Geschlossenheit tun - zusammen mit unserem Koalitionspartner, der CDU, aber auch mit der Fraktion der FDP, von der der Anstoß kam, und den Grünen.
Die AfD spielt ja eine ganz besondere Rolle. Das ist ja auch von meinem Vorredner Lasse Weritz schon angesprochen worden. Wir gedenken heute Morgen, lieber Kollege Rykena, der Opfer des Holocausts. Was macht die AfD? Die Antwort der AfD ist: Sie spricht über sich selbst als Opfer.
Wir reden heute Abend über die Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen, die Opfer von Mobbing werden, und natürlich auch über die Täter. Und was macht die AfD? Sie spricht in erster Linie über sich selbst als Opfer. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das ist wirklich bezeichnend, das ist unwürdig und der Sache einfach nicht angemessen.
Es gilt auch, noch einmal auf das Interview des Kollegen Rykena - der Kollege Weritz hat es schon angesprochen - einzugehen, das er vor einer Woche der Nordwest-Zeitung gegeben hat. Angesprochen auf das Phänomen und Problem des Mobbings an Schulen, fallen Ihnen genau zwei Punkte ein. In der Analyse sagen Sie, die Vielfalt sorgt dafür, dass wir mehr Mobbing an Schulen haben, und zum Lösungsansatz sagen Sie, wir brauchen mehr Möglichkeiten, dass Lehrer härter durchgreifen können. - Das ist in der Bildungspolitik das Muster, das man bei der AfD immer wieder erkennen kann: Migration als Wurzel allen Übels und pädagogisch zurück in die 50er-Jahre. - Das ist mit uns nicht zu machen. Da ist auch klar geworden, warum die anderen Fraktionen mit Ihnen bei diesem Thema nicht zusammengekommen sind, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Es gilt, heute angemessene pädagogische Ansätze zu finden, um Schülerinnen und Schüler zu stärken, damit sie im Mobbingbereich nicht Opfer, aber auch nicht Täter werden; denn eines ist auch schon richtigerweise gesagt worden: Auch die Täter und noch mehr die Täter zeugen ja von einer schwachen Persönlichkeit. Deswegen sind Ansätze wie z. B. das buddY-Programm oder der No Blame Approach, die mittlerweile in Schulen schon erfolgreich erprobt werden, der richtige Weg.
Eines aber ist besonders hilfreich im Kampf gegen Mobbing, nämlich der Ausbau der Schulsozialarbeit, den diese Landesregierung ja schon länger auf den Weg gebracht hat. Deswegen sind wir auf einem guten Weg. Ich fürchte aber, dieses Thema wird uns noch weiter beschäftigen.
Ich freue mich, dass wir mit großer Geschlossenheit heute ein Signal setzen, um Mobbing in Niedersachsen im Sinne unserer Schülerinnen und Schüler erfolgreich und wirksam zu bekämpfen.
Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! „Das tritt nach meiner Kenntnis … ist das sofort, unverzüglich“ - wer erinnert sich nicht an die Worte des SED-Politbüromitglieds Günter Schabowski, die er am Abend des 9. November gegen 19 Uhr in einer Pressekonferenz gesprochen hat und mit denen er mehr oder weniger unfreiwillig etwas ausgelöst hat, dessen wir vor Kurzem schon zum 30. Mal gedacht haben?
Ich muss gestehen, dass ich jetzt ein wenig improvisiere, weil ich erst heute Morgen erfahren habe, dass ich diese Rede in Vertretung meiner erkrankten Kollegin Silke Lesemann halten darf.
Mir sind viele Erinnerungen durch den Kopf gegangen, die ich an diesen Tag habe. Ich war damals 20 Jahre alt. Wie Sie wissen, komme ich aus Braunschweig, und dort hat man es ein bisschen zeitversetzt relativ intensiv erfahren. Wir waren in der Nacht vom 9. auf den 10. November in der Stadt unterwegs, wie junge Leute das so machen. Als vor McDonalds am Bohlweg in Braunschweig - wer sich da auskennt, weiß, dass das mitten in der Innenstadt ist - die ersten Trabis auffuhren, hatte das in etwa den Sensationswert, als wäre im gegenüberliegenden Schlosspark ein Ufo gelandet.
Ich habe auch noch eine Erinnerung daran, wie es war, als ich im Sommer 1989 mit meinem Großvater noch in der DDR unterwegs war, mit einem neuen Golf, den er gekauft hatte, aber nicht mehr fahren konnte. Man kann sagen, dass das wie eine Reise in ein fremdes Land war. Sie zu unternehmen, war nur mit einem großen bürokratischen Aufwand in Vorfeld möglich. Wir sind durch Orte wie Osterwieck, Halberstadt und Quedlinburg gefahren - heute alles selbstverständlich.
Später war ich an einer Schule in Goslar tätig, in der ca. ein Drittel der Schülerinnen und Schüler aus Sachsen-Anhalt kamen. Wir haben vor zehn Jahren den 20. Jahrestag des Mauerfalls - oder besser gesagt: der Grenzöffnung im Harz - sehr erinnerungspolitisch im Politik- und Geschichtsun
terricht begangen. Es ist mir sehr eindrucksvoll in Erinnerung geblieben, dass wir mit einem ehemaligen Offizier der DDR-Grenztruppen den ehemaligen Grenzstreifen erkundet haben. Das war für die 17-, 18- und 19-jährigen Schülerinnen und Schüler ein eindrucksvolles Erlebnis, kannten sie das Ganze doch nur aus Erzählungen.
Das zeigt, dass es um Erinnerung geht, dass es um Zugänge zu einem Thema bei jungen Menschen geht, die nicht mehr erlebt haben, was ein Großteil der Mitglieder dieses Hauses noch persönlich erlebt hat. Es geht um das, was im Herbst 1989 in der DDR geschah, als alle ahnten, dass etwas passieren wird, aber niemand wusste, was passieren wird. Von daher ist es umso wichtiger gewesen, dass meine Kollegin, unsere Landtagspräsidentin Gabriele Andretta, mit dem Jugendforum eine wunderbare Veranstaltung dazu durchgeführt hat, die hervorragend angenommen wurde und genau das im Sinn hatte: Zugänge zu schaffen.
Es hat, meine sehr verehrten Damen und Herren, viele kleinere und größere Gedenkveranstaltungen in Erinnerung an den 9. November 1989 und vor allen Dingen auch an die Zeit davor gegeben.
Ich habe gesagt: Alle ahnten - das haben mir Freunde gesagt, die das damals in der DDR erlebt haben -, dass etwas passieren würde, aber keiner wusste, was passiert. - Das heißt, man hatte die Ahnung, dass möglicherweise auch etwas passieren könnte, auf das Herr Kollege Försterling schon eingegangen ist: Es hätte auch ganz anders kommen können. Es hätte auch geschossen werden können; es hätte zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen mit ungewissem Ausgang kommen können. Von daher ist es umso wichtiger, diejenigen wertzuschätzen, die größte Gefahren und auch Repressalien auf sich genommen haben, um für Demokratie und Freiheit zu kämpfen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der AfD, wenn Sie jetzt versuchen, dieses Erbe für sich zu okkupieren, dann liegen Sie falsch. Sie betonen das Trennende, das Ausgrenzende, das VölkischNationalistische. Das war nicht der Geist der Freiheitsbewegung in der DDR! Das muss man ganz klar sagen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, es wird klar: Wir dürfen das Erinnern nicht den Rechtspopulisten überlassen. Wir brauchen nach wie vor die vielen kleinen und großen Erinnerungsorte für die nachfolgenden Generationen. Deswegen war es gut, dass es eine sehr würdige Feier an der Gedenkstätte Marienborn gegeben hat, an einem Ort, an dem früher viele Menschen aus dem Westen - auch ich - beim Grenzübertritt ein mulmiges Gefühl hatten und an dem für viele Menschen aus dem Osten definitiv Schluss der Reise war, an dem auch viel Leid passiert ist. Es war wichtig, genau dort, an dieser Stelle, eine Erinnerungsfeier zu begehen - genauso wie an vielen anderen Stellen: im Harz, in Hornburg. Das ist schon gesagt worden.
Ich glaube, wir brauchen künftig immer wieder solche Erinnerungsfeiern, und wir brauchen auch Erinnerungsorte. Wir brauchen Foren mit jungen Menschen, wo der Geist von 1989 wiederbelebt und das Verbindende und nicht das Trennende betont wird,
wie es die AfD im Sinn hat, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Eines ist, glaube ich, sehr gut deutlich geworden: Sie stellen sich eine Feier mit nationalem Pathos zum Gedenken an die Ereignisse von 1989 vor. - Wir brauchen keine Feier mit nationalem Pathos. Wir brauchen ein Fest der Demokratie, -
- das wir in Demut und Dankbarkeit begehen - Dankbarkeit vor allem gegenüber denen, die das möglich gemacht haben. Dazu gehören auch unsere Freunde aus Polen, Tschechien und Ungarn. Sie haben schließlich damals den Eisernen Vorgang eingerissen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manchmal ist es ganz gut, wenn man als letzter Parlamentarier zu einem Tagesordnungspunkt spricht, weil man dann die Eindrücke der anderen Rednerinnen und Redner gleich einbeziehen und verarbeiten kann.
Mein Eindruck ist, dass wir hier wenig zum Thema - nämlich zu den Ergebnissen der IQB-Studie - gesprochen haben.
Kollege Försterling hat die Aktuelle Stunde zur Generalabrechnung mit der Landesregierung genutzt, mit den immer gleichen Textbausteinen. Er ist da geübt nach fast sieben Jahren Opposition.
Kollegin Hamburg entwickelt sich in die gleiche Richtung. Sie ist erst zwei Jahre in der Opposition und stellt dem Kultusministerium in vorwurfsvollem Ton viele Fragen,
ohne dabei Antworten und eigene Ideen zu nennen.
Und bei Herrn Rykena, der schon in seinem zweiten Beitrag wieder deutlich gemacht hat, dass er sich die Bildungspolitik von vor 100 Jahren zurückwünscht - - -
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Es wäre schon viel erreicht, wenn alle mich hören könnten. Ob mich alle verstehen, weiß ich nicht.
Da sind wir beim Kollegen Rykena, der in seinen ersten beiden Redebeiträgen heute Morgen schon deutlich gemacht hat, dass er sich eigentlich die bildungspolitischen Verhältnisse von vor 100 Jahren, vielleicht auch von vor 80 Jahren zurückwünscht.
Im bildungspolitischen Hier und Jetzt sind Sie jedenfalls nicht angekommen, Herr Rykena. Das machen Sie immer wieder deutlich.
Zum Thema: Ich fühle mich an einem Spruch erinnert, den mir mal ein Lehrer in der 7, Klasse ins Poesiealbum geschrieben hat und den vielleicht manche kennen:
„Algebra, Physik, Chemie - mancher denkt, er lernt es nie. Aber mancher, der das dachte, später doch Karriere machte.“
Vor diesem Hintergrund sind die Ergebnisse in Naturwissenschaften und Mathematik immer wieder Thema in diesem Saal. Drei ehemalige Kultusminister und ein aktueller Kultusminister könn
ten davon berichten, wenn man ihnen die nötige Zeit dazu geben würde.
Der IQB-Bildungstrend wurde zum zweiten Mal erhoben. Die Leistungen niedersächsischer Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe I - in der Klasse 9 - in Mathematik, Biologie, Chemie und Physik wurden überprüft. Rund 45 000 Schülerinnen und Schüler an rund 1 500 Schulen bundesweit waren daran beteiligt. Die Ergebnisse regen sicherlich zum Nachdenken an, und sie müssen uns auch zum Handeln anregen.
Es geht z. B. um die folgende Kompetenzen im Bereich Mathematik: mathematisch argumentieren, Probleme mathematisch lösen, mathematisch
kommunizieren. - Das zeigt schon: Bildung nach diesem Verständnis erreicht man nicht durch Eintrichtern, nicht durch immer neue Standards und nicht dadurch, dass man den Schülerinnen und Schülern immer mehr Leistungen abverlangt. Denn es geht um Zugänge. Das Eintrichtern funktioniert nicht mehr. Wer das erkennt, ist schon auf dem richtigen bildungspolitischen Weg.
Der Grundstein dafür, dass Kinder Zugänge zu Naturwissenschaften und zur Mathematik haben, wird schon früh gelegt - auch das wurde erkannt -, nämlich in der Kita. Wir haben heute viele Programme und Modelle in der Kita - von den Wissensforschern bis hin zu naturwissenschaftlichen Projekten, teilweise sogar schon im Krippenalter von 0null bis drei Jahren -, die Kinder anregen, Antworten auf die Fragen zu suchen, die sie natürlich haben, ihrer natürlichen Neugier entsprechend: Wie entsteht Feuer? Woher kommt der Regen? Was sind Ebbe und Flut? Warum schwimmen manche Gegenstände und andere nicht? - Sogar das adventliche Backen von Keksen, das demnächst wieder stattfinden wird, ist ein Zusammenspiel von Physik, Chemie und auch ein bisschen Mathematik.
Kinder haben von Natur aus durchaus Lust darauf und Interesse daran, sich naturwissenschaftliche Zusammenhänge zu erklären. Dieses Interesse wird mitunter durch Projekte in der Kita wie die, die ich genannt habe, geweckt. Es muss in der Grundschule weitergetragen werden, bis in die weiterführenden Schulen hinein. Und da stirbt das manchmal ab.
Das hat natürlich auch mit den von mir beschriebenen Zugängen zu tun. Es kommt darauf an, dass die Fachdidaktik die Schülerinnen und Schüler anregt und unterstützt, dass sie ihnen mitunter auch ihre Angst vor Mathematik nimmt. Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, für manche Schülerinnen und Schüler in Niedersachsen wie auch bundesweit beginnt mit dem Gong zur Mathestunde mitunter die schlimmste Zeit des Tages, und in Physik und Chemie sieht das nicht anders aus.
Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, dass wir in Niedersachsen viele Projekte haben - alle aufzuzählen, würde den Rahmen meiner Redezeit sprengen -, die sich damit beschäftigen, Schülerinnen und Schülern MINT-Fächer näherzubringen, ihnen die Angst zu nehmen und vor allen Dingen ihre Lust darauf zu wecken. Das ist das Entscheidende: Auf Mathematik, Biologie, Physik und Chemie kann man Lust haben. Das muss gefördert und das muss unterstützt werden.
Das ist vor allen Dingen eine Frage der Fachdidaktik. Da passiert viel auf der Ebene von Lehrerfortbildung. Da passiert viel auf der Ebene einer anderen Didaktik, die nicht darauf ausgelegt ist, Schülerinnen und Schülern nur Wissen einzutrichtern. Denn das würde heutzutage zu kurz greifen.
Auf diesem Weg sind wir, und den müssen wir entschieden weitergehen, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Lassen Sie mich am Ende noch zu einer Erkenntnis kommen -
- letzte Erkenntnis, liebe Frau Präsidentin -, die mich manchmal auch ein bisschen an die Politik hier erinnert: Die Mädchen holen die Jungen bei den Ergebnissen ein oder überholen sie sogar; sie sind aber wesentlich zurückhaltender und schätzen sich wesentlich schlechter ein. Jungen schätzen sich besser ein, können aber weniger.
Bei Mädchen ist es umgekehrt.
Es ist ein bisschen wie in der Politik: Männer haben keine Ahnung, das aber im Brustton der Überzeugung, -
- während Frauen überlegen, wie sie ihre Sachen einbringen.
Wir sind auf einem guten Weg und werden ihn weitergehen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir einen kurzen Seitenhieb auf die AfDFraktion. Herr Kollege Rykena, entschuldigen Sie bitte, dass ich mich jetzt nicht an Sie wende, sondern an die Fraktionen von CDU, FDP, Grünen und SPD, weil diese - bei aller Unterschiedlichkeit und allem Streit um gute Unterrichtsversorgung - die Erkenntnis teilen, dass die Welt sich verändert, dass die Gesellschaft sich verändert und Schule mit ihren Rahmenbedingungen mitverändert werden muss.
Von daher bin ich der Fraktion der Grünen durchaus dankbar für diese Anfrage. Denn sie zielt nicht nur auf eine Beschreibung des Zustandes der Unterrichtsversorgung ab, sondern sie stellt auch die Frage: Was macht gute Qualität an Schulen aus? - Ich glaube, es ist richtig, dass wir uns diese Frage hin und wieder stellen.
Was macht gute Schule aus? - Gute räumliche Bedingungen natürlich, gute Ausstattung, ein gutes Ganztagskonzept, pädagogische Unterstützung durch Schulsozialarbeit beispielsweise, die Möglichkeit der Differenzierung zur Umsetzung der
Inklusion - und ausreichend motivierte und gut qualifizierte Lehrkräfte; das ist ein ganz entscheidender Faktor.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich habe eben von der Erkenntnis gesprochen, dass die Welt sich verändert und Schule heutzutage unter anderen Rahmenbedingungen stattfinden muss. Wir müssen uns gemeinsam eines vorwerfen - das hat die Kollegin Hamburg durchaus selbstkritisch gesagt -: Wir haben in Niedersachsen zu lange gebraucht, um zu der Erkenntnis zu kommen, dass Schule sich verändern muss.
Andere Länder in Europa waren schneller beim Ganztag, bei der Inklusion, bei der Digitalisierung und auch bei Schulsozialarbeit und Schulpsychologie. Wir müssen einiges aufholen. Das macht die Sache schwieriger. Wir können nicht alles von heute auf morgen umstellen. Vielmehr brauchen wir ein ganzes Maßnahmenbündel, wie es jetzt auf den Weg gebracht wurde. Dazu aber später mehr!
Ein Wert, an dem deutlich wurde, dass Schule heute unter veränderten Bedingungen stattfindet, ist der Wert der Lehrkräftesollstunden pro Schülerin oder Schüler. Dieser Wert hat sich in den letzten sieben Jahren noch einmal deutlich erhöht, von 1,5 auf 1,7. Das liegt in erster Linie natürlich daran, dass es Zusatzbedarfe im Bereich der Inklusion und im Bereich des Ganztages gibt; im Bereich der Digitalisierung kommen die noch hinzu.
Die Tatsache, dass in Niedersachsen wie in allen anderen Ländern der Bundesrepublik Deutschland Lehrkräfte fehlen, hat eben damit zu tun, dass man an der einen oder anderen Stelle nicht besonders vorausschauend war. Denken wir einmal zurück! Wer vor 20 Jahren SchuIe erlebt hat, ganz gleich, ob als Schülerin oder Schüler oder als Lehrkraft oder als Eltern, der weiß: Damals waren die Schlagworte „Digitalisierung“, „Inklusion“ und selbst „Ganztag“ noch Fremdwörter. Man hatte damit relativ wenig zu tun. Vor 10 Jahren hatte man das bereits auf dem Schirm; es wurde aber noch kaum - nur an einzelnen Schulformen - umgesetzt.
Damit wird deutlich, dass in der Vergangenheit insgesamt zu wenige Lehrkräfte ausgebildet wurden. Es bringt uns aber nicht weiter, immer wieder nach früheren Verantwortlichkeiten zu suchen. Vielmehr müssen wir nach vorn schauen und die richtigen Weichen stellen.
Der Kultusminister hat ausgeführt, dass für das aktuelle Schuljahr 2019/2020 eine Unterrichtsver
sorgung von 99,8 % prognostiziert wird. Das ist erst einmal ein guter Wert. Noch viel wichtiger ist, dass der Saldo positiv ist. Im Kalenderjahr 2019 wurden 800 Lehrkräfte mehr eingestellt, als pensioniert wurden. 1 770 der 1 900 Lehrkräftestellen konnten besetzt werden. Das sind insgesamt ordentliche Zahlen. Daher verstehe ich die Rhetorik der Kollegin Hamburg nicht, die sie hier an den Tag gelegt hat. Wir haben nie behauptet, dass damit alle Probleme beseitigt sind, aber wir sind auf einem sehr guten Weg. Dafür bin ich dem Kultusministerium außerordentlich dankbar.
Klar ist: Wir brauchen zukünftig mehr Lehrkräfte. Das bedingt, dass wir auch mehr Studienkapazitäten brauchen. Der Kollege Weritz hat es schon ausgeführt: Das Wichtigste ist: Der Arbeitsort Schule muss attraktiv sein, und zwar in allen Schulformen, meine sehr verehrten Damen und Herren. Hierzu ist ein ganzes Bündel an Maßnahmen auf den Weg gebracht worden. Das ist richtig so; denn schnelle, einfache Lösungen, wie es die Opposition zum Teil suggeriert, gibt es nun einmal nicht.
Hervorzuheben ist das Programm „Starke Sek ISchulen“. Schon bei der Ankündigung wurde wieder gesagt, dass das alles viel zu kurz greife. Ich sage: Wir müssen eine Lanze für unsere Haupt-, Real- und Oberschulen brechen. Sie machen eine außerordentlich wichtige Arbeit, insbesondere an einigen Standorten in Niedersachsen. Die Haupt-, Real- und Oberschulen sind von entscheidender Bedeutung, nicht nur im Sinne der Bildungsgerechtigkeit, sondern auch, weil dort unser Fachkräftenachwuchs ausgebildet wird. Deswegen müssen wir diese Schulen auf dem Schirm haben und besser ausstatten, als es bisher der Fall war.
Außerdem ist die Personalgewinnungsprämie - um nicht zu sagen: „Dorflehrerprämie“ - angesprochen worden. Ich war ganz überrascht, liebe Kollegin Hamburg, welches Bild Sie von Lehrkräften haben. Sie haben nur auf den Neidfaktor abgezielt und gesagt, dass Kollegien neidisch sind, wenn Lehrkräfte an die Schulen kommen, die diese Prämie einheimsen. Ich habe ein anderes Bild von Lehrkräften. Das bedingt auch eigene Erfahrung. Ich glaube, sie sind froh, wenn es Entlastung von außen gibt, und sind deshalb außerordentlich positiv eingestellt, wenn diese Prämie dazu führt, dass sie besseren Unterricht machen können, weil einfach mehr Personal vorhanden ist.
Ich will noch auf einige Punkte eingehen, die hier genannt wurden und dem Ansatz folgen, man müsse eine Lösung haben und dann Probleme dafür schaffen, so wie es die Kollegin Hamburg hier vorgemacht hat. Insbesondere die Unterstellung, wir würden beim Ganztag kürzen, ist wirklich an den Haaren herbeigezogen, liebe Kollegin.
Es waren die SPD-geführten Landesregierungen, die den Ganztag massiv ausgebaut haben, und davon rücken wir auch keinen Deut ab. Das will ich hier klarstellen.
Ein Wort noch zum Kollegen Försterling. Ich nehme immer eine gewisse Jogginghosen-Mentalität in der Opposition wahr. Sie haben sich in sieben Jahren ein bisschen von gestaltender Politik entwöhnt, lehnen sich zurück und stellen Forderungen, die zum Teil widersprüchlich sind: TeamTeaching einführen, daneben kleinere Klassen, mehr Anrechnungsstunden, Lehrer früher in Pension schicken und so weiter und so fort. Das alles hört sich gut an und sorgt vielleicht bei Verbänden für Beifall. Es passt aber nicht zusammen, weil es überhaupt nicht durchgerechnet ist.
Deswegen: Kommen Sie zurück zu gestaltender Politik, lassen Sie uns die Probleme gemeinsam angehen, im Sinne unserer Schülerinnen und Schüler und der Lehrkräfte.
Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Das übernehme ich gern, liebe Kollegin Hamburg. Wenn Sie sich die Antwort des Kultusministeriums richtig durchgelesen haben, haben Sie gelesen - ich weiß nicht mehr genau auf welcher Seite; es steht aber auf jeden Fall drin -, dass man eher von einer Erhöhung der Zusatzbedarfe ausgeht. Und - ich habe es ja eben erwähnt - wir planen nicht, beim Ganztag zu kürzen. Wenn Sie mit drohendem Zeigefinger in Richtung der SPD sagen: „Lassen Sie die Finger vom Ganztag!“, dann unterstellt das, wir würden an den Ganztag herangehen und Kürzungen vornehmen wollen. Das wollen wir nicht. Das kann ich hier noch einmal bekräftigen, so wie ich es eben schon gemacht habe.
Vielen Dank.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die berufliche Bildung hat es in der Tat verdient, dass ihr - kurz vor der Mittagspause - alle Aufmerksamkeit zugewandt wird. Denn - wie der Kollege Bock schon beschrieben hat - selten waren sich die Unternehmerverbände, die Kammern und die Gewerkschaften so einig wie in der Frage, dass alles dafür getan werden muss, die berufliche Bildung in Niedersachsen weiter voranzubringen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, zu den guten Voraussetzungen für berufliche Bildung gehört natürlich eine gute Unterrichtsversorgung an den berufsbildenden Schulen. Die Tatsache, dass sich die Unterrichtsversorgung zuletzt leicht verbessert hat, ist erfreulich. Die nehmen wir erfreut zur Kenntnis. Aber es ist klar: In dieser Frage liegt noch viel Arbeit vor uns - deswegen auch dieser Antrag.
Klar ist aber auch, dass die Forderung, 100 % Unterrichtsversorgung an den berufsbildenden Schulen in absehbarer Zeit herzustellen, eine populistische Forderung ist, die in der Regel immer von der Opposition erhoben wird. Denn die berufsbildenden Schulen unterscheiden sich in ihrer Struktur nun einmal von den allgemeinbildenden Schulen. Zum Vergleich: Ein Klasse von fünf, sechs, sieben Bäckern oder Fleischern - wir haben gerade im Nahrungsmittelhandwerk mittlerweile solche Größen von Ausbildungsgruppen - bindet in etwa die gleichen Ressourcen an Lehrkräften wie eine 30-köpfige Gymnasialklasse. Das muss man zur Kenntnis nehmen. Von daher lässt sich die Unterrichtsversorgung an berufsbildenden Schulen nicht 1 : 1 mit der an allgemeinbildenden Schulen vergleichen.
Vor diesem Hintergrund müssen wir natürlich deutlich weiter kommen als 90,7 %. Aber zu behaupten, wir würden demnächst auf 100 % kommen können, wenn wir uns nur entsprechend anstrengen würden, das ist unseriös.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, deswegen soll das Maßnahmenpaket, das wir hier auf den Weg bringen, kurz-, mittel- und langfristig wirken. Ich will im Einzelnen erörtern, worum es geht.
Erst einmal geht es darum - da sind wir uns mit der Kollegin Hamburg und mit Sicherheit auch mit dem Kollegen Försterling einig -, dass die 260 Lehrkräftestellen, die befristet für den Schulversuch SPRINT geschaffen wurden, dringend im System gebraucht werden - zur Absicherung der Unterrichtsversorgung - und somit verstetigt werden müssen. Das ist uns allen völlig klar.
Diese Verstetigung ist eine Maßnahme, die uns kurzfristig helfen wird.
Das Gleiche gilt für die 50 Stellen für sozialpädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch diese Kräfte haben sich bewährt, und auch diese Kräfte werden dringend im System gebraucht. Auch deshalb ist es wichtig, dass wir ihre Verstetigung in diesem Antrag fordern. Und wir werden nicht nur fordern, wir werden auch liefern. Liebe Kollegin Hamburg, das kann ich Ihnen hier schon versprechen.