Bernd Busemann
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Ich mache es auch ganz kurz. Aber weil der Kollege Briese offenbar eine Immunität gegen bildungspolitische Anflüge hat, will ich Ihnen hier nur eins auch aus meinem Verständnis als Volksvertreter, die wir hier alle sind, sagen. Sie haben Ihre Rede mit Fingerzeigen nach dem Motto „Sie haben dafür usw.“ gespickt. Ich kann Ihnen nur sagen: Wir alle sind für die Einhaltung von Recht und Gesetz verantwortlich.
Wir alle sind für die Einhaltung unserer Verfassung verantwortlich, jeder mit einer gewissen Aufgabenverteilung, auch Sie hier als Abgeordneter.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin im Hinblick auf meinen originären Beruf als Notar über dieses Ansinnen, was hier von der einen oder anderen Seite kommt, geradezu erschüttert. Es geht um die Grundbuchordnung.
Im Grundbuch gibt es aus guten Gründen eine Abteilung I, die den Bestand und die Eigentümer beschreibt, eine Abteilung II, in der die dinglichen Rechte abgesichert sind, und eine Abteilung III, in der Grundschulden, Hypotheken usw. eingetragen sind.
Kann die Landesregierung bestätigen, dass es, was das Grundbuch angeht, erstens tunlicherweise so ist, zweitens es so bleiben sollte und keine Abteilung für Parteiprogramme und Informationsbroschüren aufgemacht werden sollte?
Herr Kollege Möhrmann, die 120 Millionen Euro, um die es vorhin ging, stammen letztlich von unseren Bürgern. Aber sie werden im Landeshaushalt dargestellt und vom Finanzminister dieser Regierung erwirtschaftet.
- Warten Sie einmal ab, wie das Ganze ineinandergreift! „Von der Bank“ war Ihre Grundregel.
- Bei uns ist das die Ausnahme.
Von Jahr zu Jahr entfernen wir uns von solch einer Grundhaltung. Wenn Sie früher aufgehört hätten, zu regieren, wären wir schon bei ausgeglichenen Haushalten.
Aber sei’s drum! Die 120 Millionen Euro stellen wir dar.
Ich finde, Frau von der Leyen hat einen tollen Vorstoß gemacht.
Das ist nicht so einfach. Wer solche Vorstöße macht, ist immer gleich mit Kritikern und Schlaumeiern aus aller Herren Länder gesegnet, die wissen, wie es besser geht.
Ich finde, sie hat um der Sache willen einen ganz wichtigen Vorstoß gemacht. Das muss man ihr erst einmal positiv anrechnen.
Bei Ihnen habe ich eher das Problem, dass es Ihnen parteitaktisch und -strategisch nicht richtig in den Kram passt, dass nun gerade Frau von der Leyen damit gekommen ist.
Aber ich denke, das Thema ist wichtig. Sie hat es auf die Tagesordnung gehoben, und jetzt werden wir es entsprechend bearbeiten.
Vielleicht hat der Stern nicht ganz sauber formuliert, was Frau von der Leyen zur Frage der Verpflichtung à la Niedersachsen gesagt hat. Da haben wir miteinander klarstellen können - Frau von der Leyen auf ihrer Seite, wir sowieso -, dass wir super Angebote machen, gerade auch im dritten
Jahrgang, dass wir aber keine Verpflichtungsmodelle fahren wollen. Ich brauche einem Haushälter doch nicht zu erklären, welche Gesamtkonsequenzen das hätte. Der, der Verpflichtungen in die Gesetze schreibt, muss die Gesamtveranstaltung bezahlen. Das können wir doch gar nicht leisten.
Also machen wir gute Angebote. Ich bin außerordentlich überzeugt: Wenn wir ein gutes inhaltliches Angebot machen, wenn wir beim dritten Jahrgang, der uns und auch Herrn Beck besonders wichtig ist - Sie sind ja mehr beim ersten Jahrgang unterwegs -, Beitragsfreiheit sicherstellen, dann müsste es doch mit dem Sonstwas zugehen, wenn wir nicht auf freiwilliger Basis eine Beteiligungsquote von 99 % bekämen, gerade auch was Kinder aus bildungsfernen Schichten anbelangt. Die Eltern denken doch mit. Sie sind besorgt um ihre Kinder. Sie wären doch mit dem Klammersack gepudert, wenn sie ein tolles Angebot, das auch noch kostenlos ist, nicht annähmen.
Wenn manche Leute vielleicht einfach vergessen, ihre Kinder zur Kita zu schicken, ist das eher ein Fall für Jugendhilfe und Sozialarbeit. Ich argumentiere, dass wir keine Verpflichtungsmodelle brauchen.
Manchmal mit einem gewissen Amüsement sehe ich, wie jetzt innerhalb der Großen Koalition in Berlin gerungen wird, wenn es darum geht, was für das große Unternehmen ausgegeben werden soll. Jetzt zieht man sich darauf zurück, dass man bereits für den Ausbau der Tagesplätze 1,5 Milliarden Euro gegeben habe; das sei genug. Das sind die üblichen Spielchen; das sei zugestanden.
Wenn wir aber mit Frau von der Leyen und anderen - ich schließe mich da gerne an - frühkindliche Bildung definieren und über Kitas sowie über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sprechen, dann muss sich bei der Gewichtung ergeben, dass es sich um eine Aufgabe von nationalem Interesse handelt. Dann ist es auch statthaft, dass sich der Bund beim Denken und beim Handeln entsprechend einbringt, damit wir das alle miteinander schultern
und damit es auch schnell geht, damit wir nicht 20 Jahre palavern, bis mal einer etwas macht. Dann hätten wir nämlich gar keine Kinder mehr, und dann wäre es umsonst.
Dann muss man sich zusammenraufen. Bei allem Föderalismus - ich bin ein großer Anhänger der föderativen Ordnung - glaube ich: Wenn der Wille da ist, wenn das große, gemeinsame Interesse entsprechend unterschrieben ist, dann wird der Bund Wege finden, sich mit zusätzlichen Mitteln einzubringen. Da sind schon die einen oder anderen Gedanken gefasst worden. Ich selber habe mich an einen Vorschlag von mir von vor einem Jahr erinnert, der jetzt kurioserweise in Deutschland wieder auftaucht: Wenn der Bund sich beteiligen will, kann er das doch durchaus auf der Schiene der Umsatzsteuerverteilung tun. Das ist ein ganz einfaches Ding. Da muss keine Verfassung geändert werden. Dafür müssen sich nur vernünftige Leute an einen Tisch setzen und einigen.
Herr Kollege, sind Sie bereit, meinen Hinweis zur Kenntnis zu nehmen, dass im aktuellen Jahr und auch im Vorjahr knapp 60 % der Lehrlinge im dualen System unterwegs sind bzw. waren?
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Geschätzte Frau Kollegin, wir haben keine hellseherischen Kräfte. Stellen Sie Ihre Frage bitte im September-Plenum! Dann liegen wir sehr nahe am ersten Schultag.
- Die haben wir eben nicht verbindlich für das ganze Land ermittelt.
Die Eltern befinden sich zum Teil ja auch noch in der Entscheidungsphase. Also warten Sie bitte den Stichtag ab! Nach der Kommunalwahl lässt sich das wahrscheinlich auch fairer miteinander abklären.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auf diese drei bis sechs Fragen vielleicht doch eine kurze Antwort: In der Stadt Hannover scheint es Usus zu sein, dass man mit vorgezogenen Anmeldedaten meint einschätzen zu können, wohin die Reise geht. Die Erfahrung aber lehrt, dass die tatsächlichen Anmeldezahlen am ersten Schultag andere sind und insbesondere im Hauptschulbereich höher sind.
Ein ordentlicher Kultusminister und eine ordentliche Schulbehörde lassen sich nicht auf Spekulationen ein, sondern sagen am Stichtag, wie die Verhältnisse sind. Das ist der Redlichkeit geschuldet.
Sonst werfen Sie mir in der nächsten Plenarsitzung im September vor, ich hätte hier mit falschen Zahlen operiert. In die Ecke kriegen Sie mich aber nicht!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Janßen, wenn Sie mich nur nach den Trends fragen, dann will ich dazu auch etwas sagen. Also: Wir können für den Hauptschulbereich insgesamt eine Bildungsbeteiligung von 20 % bis 21 % verzeichnen. Einige Standorte sind schwach ausgelegt, andere Standorte ragen deutlich in die 20 % hinein.
Wir rechnen für den neuen fünften Jahrgang mit einem Anmeldeverhalten zwischen 15 % und 20 %, eher unter 20 %. Aber das ist, wie gesagt, eine ganz vorsichtige Prognose.
Darauf müssen sich die Schulträger gerade an den Standorten mit schwacher Hauptschulbeteiligung einstellen. Es ist ja kein Geheimnis, dass eine schwache Hauptschulbeteiligung dort zu verzeichnen ist, wo es breite Gesamtschulangebote gibt. Dort muss der Schulträger möglicherweise eine besondere Regelung finden.
Nun schreibt der Kultusminister den Schulträgern natürlich nicht vor, wie sie sozusagen in Wahrung ihrer Selbstverwaltungshoheit diese Belange zu beordnen haben. In städtischen Gebieten haben die Schulträger viele verschiedene Möglichkeiten. In ländlichen Bereichen übrigens auch, abseits von Beteiligungsquoten. In meiner emsländischen Heimat gibt es z. B. verbundene Systeme - die sind gesetzlich abgesichert -, die sehr erfolgreich arbeiten.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Körtner, gestatten Sie mir zunächst eine kleine Korrektur: Es geht hier nicht um die Schule als Gebäude und System, sondern um die Schülerinnen und Schüler, die dort begabungsgerecht
beschult werden sollen. Meine Damen und Herren, ich will Ihnen einmal sagen, wie ich das alles wahrnehme. Immer, wenn es Halbjahreszeugnisse gibt, kommt in den Medien wie von Geisterhand die große Stimmungsmache gegen die Hauptschule auf. Dann wird auf einmal gesagt, wie schlimm das da alles ist und dass die Eltern ihre Kinder nicht auf die Hauptschule schicken wollen.
Als im Frühling dieses Jahres bundesweit über die Rütli-Schule in Berlin diskutiert und ich gefragt wurde, ob es solche Fälle auch in Niedersachsen gibt, konnte ich erklären, dass es sie hier schon aufgrund der hiesigen Struktur nicht gibt. Wir haben in Niedersachsen natürlich unsere eigenen Probleme, aber die sind eben nicht von der Art und Weise wie die an der Rütli-Schule. Ich weise bei solchen Gelegenheiten gerne darauf hin, dass wir in unseren Hauptschulen Sozialarbeiter haben. So etwas war Berlin bis vor kurzem fremd. - Damit will ich sagen: In dieser schwierigen Diskussionslage konnte ich für unsere Hauptschülerinnen und Hauptschüler eine Lanze brechen.
Meine Damen und Herren - egal, von welchem Flügel dieses Parlamentes -, nehmen Sie mir bitte eines ab: Trotz meiner Arbeitsbelastung komme ich durchaus im Lande herum. Gerade in den letzten Monaten habe ich eine Reihe von Schulgebäuden eingeweiht. Ich kann Ihnen nur sagen: Wir haben an unseren Hauptschulen so tolle junge Leute,
dass ich den Eindruck habe, dass wir hier im Landtag eine Phantomdebatte führen. Die jungen Leute an den Hauptschulen spielen Theater, nehmen an Arbeitsgemeinschaften teil, treiben Sport und machen Musik, liefern ordentliche Arbeitsergebnisse ab und finden durchweg ihren Weg ins duale Ausbildungssystem. Für diese jungen Leute tut es mir Leid, dass bei dieser Diskussion nicht nur eine Strukturvariante diskreditiert wird, sondern auch die jungen Leute höchstpersönlich.
Im Mittelpunkt unserer Schulpolitik und unserer schulpolitischen Betrachtungen steht das Individuum und nicht eine abstrakte Struktur oder Ideologie. Deshalb müssen wir immer überlegen, wie unser Schul- und Bildungssystem der einzelnen Schülerin oder dem einzelnen Schüler weitestgehend gerecht werden kann. Dabei ist klar, dass wir
bei 1,2 Millionen Schülern nicht 1,2 Millionen verschiedene Schulen haben können.
Während wir uns also dieser Herausforderung stellen, kritisieren Sie nur. Sie sagen, die und die Hauptschule hat nicht genügend Anmeldungen, und deswegen muss man sie schließen. Gleichzeitig erwecken Sie den Eindruck, dass mit einer Gesamtschule das Heil ausbrechen würde. Ich sage Ihnen: Das wird mitnichten so sein. Die jungen Hauptschülerinnen und Hauptschüler mit all ihren Stärken, aber zugegebenermaßen auch mit all ihren Schwächen brauchen in jeder Variante - egal, welches System man präferiert - eine begabungsgerechte Beschulung, eine Berufsorientierung, mehr Förderunterricht, die Unterstützung von Sozialarbeitern und anderes mehr. Das Problem, das wir dort haben, lässt sich nicht über Strukturdiskussionen und schon gar nicht über die Einheitsschule lösen, sondern nur dadurch, dass man den jungen Menschen individuell gerecht wird. Und das können wir - Prozentzahl hin, Prozentzahl her am besten in unserem gegliederten Schulwesen unter Beibehaltung der Hauptschule leisten.
Herr Kollege, können Sie sich vorstellen, dass die Ausländerkommission den Kultusminister zu dieser Thematik auch einmal einlädt?